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Sun Tsu - Kunst des Krieges - Little-Idiot.de

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SUN TZU<br />

ON THE<br />

ART OF WAR<br />

THE OLDEST MILITARY<br />

TREATISE IN THE WORLD<br />

Translated from the Chinese with the „title „S un <strong>Tsu</strong> Ping Fa” with Introduction<br />

and Critical Notes<br />

BY<br />

DR. LIONEL GILES, M.A.<br />

Assistant in the Department of Oriental Printed Books and MSS.<br />

in the British Museum<br />

First Published in 1910<br />

Deutsche Übersetzung aus <strong>de</strong>m Englischen, Version 1.0, © Guido Stepken, Januar 2005<br />

mit verschie<strong>de</strong>nen, zusätzlichen Anmerkungen in ()<br />

Nachzulesen unter http://www.little­idiot.<strong>de</strong>/teambuilding/<strong>Sun</strong><strong>Tsu</strong><strong>Kunst</strong>Des<strong>Krieges</strong>.pdf<br />

auf Englisch mit einigen Bemerkungen zur Entstehung dieses Werkes:<br />

http://www.little­idiot.<strong>de</strong>/teambuilding/<strong>Sun</strong><strong>Tsu</strong>­ARTOFWAR.pdf<br />

To my brother<br />

Captain Valentine Giles, R.G.<br />

in the hope that<br />

a work 2400 years old<br />

may yet contain lessons worth consi<strong>de</strong>ration<br />

by the soldier of today<br />

this translation<br />

is affectionately <strong>de</strong>dicated.


Strategische Überlegungen<br />

SUN TSU on the ART OF WAR<br />

1 Strategische Überlegungen ..........................................................................................................................................1<br />

2Über die Kriegführung...................................................................................................................................................5<br />

3 Über das Planen einer Belagerung...............................................................................................................................7<br />

4 Über Formationen..........................................................................................................................................................9<br />

5 Kraft................................................................................................................................................................................10<br />

6 Leere und Fülle.............................................................................................................................................................12<br />

7 Über <strong>de</strong>n bewaffneten Kampf....................................................................................................................................14<br />

Anhang: “AR T OF WARfare” ......................................................................................................................................17<br />

9 Anpassung.....................................................................................................................................................................20<br />

10Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch............................................................................................................................................21<br />

11 Terrain..........................................................................................................................................................................24<br />

12 Neun Arten von Gelän<strong>de</strong>..........................................................................................................................................27<br />

13 Angriff durch Feuer...................................................................................................................................................31<br />

14 Über <strong>de</strong>n Einsatz von Spionen.................................................................................................................................32<br />

1 Strategische Überlegungen<br />

1. Je<strong>de</strong> Kriegshandlung ist für <strong>de</strong>n Staat von größter Be<strong>de</strong>utung<br />

2. Es ist eine Sache von Leben und Tod, <strong>de</strong>r Pfad, <strong>de</strong>r das Überleben sichert, o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Untergang<br />

führt. Daher ist es absolut unumgänglich, dieses Thema eingehend zu prüfen.<br />

3. Die Kriegskunst wird von fünf konstanten Faktoren geregelt, wobei man die eigene Bedachtsamkeit<br />

in Bedacht ziehen sollte, wenn man Vergleiche anstellt, die Bedingungen hierfür zu<br />

erkennen.<br />

4. Diese fünf Dinge sind (1) Das Gesetz <strong>de</strong>r Moral, (2) Himmel, (3) Er<strong>de</strong>, (4) die Führung selber, (5)<br />

die Metho<strong>de</strong> und die Disziplin. [Hier sollte „Gesetz <strong>de</strong>r Moral” ähnlich <strong>de</strong>m Tao von Lao Tzu als ein<br />

„P rinzip <strong>de</strong>r Harmonie” aufgefasst wer<strong>de</strong>n, welches unabhängig von <strong>de</strong>r Führung aufzufassen ist, für uns<br />

Europäer etwas ungewöhnlich gedacht.]<br />

5. Das moralische Gesetz (TAO) veranlasst die Menschen, stets das gleiche Ziel, wie die Führung zu<br />

verfolgen, sodaß sie vorbereitet sind, Leben und Tod zu teilen, sich nicht von Gefahren o<strong>de</strong>r<br />

Widrigkeiten abschrecken lassen, sich mit <strong>de</strong>r Führung i<strong>de</strong>ntifizieren. [Tu Yu zitiert Wang Tzu, <strong>de</strong>r<br />

folgen<strong><strong>de</strong>s</strong> sagte: „ Ohne ständige Übung wer<strong>de</strong>n die Offiziere nervös und unentschie<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Versammlung<br />

vor <strong>de</strong>r Schlacht, und <strong>de</strong>r General unentschlossen und zögerlich, wenn eine Krise bevorsteht]<br />

6. HIMMEL be<strong>de</strong>utet Nacht und Tag, Kälte und Hitze, Zeiten und Jahreszeiten. [Die Kommentatoren,<br />

<strong>de</strong>nke ich, machen ein unnötiges Geheimnis um zwei Wörter hier: Meng Shih bezieht sich auf „das Starke<br />

und das Weiche” , das „ zu­und abnehmen” vom Himmel. Wang Hsi mag darin richtig liegen, wenn er sagt,<br />

daß das mit <strong>de</strong>r „allgem einen Harmonie <strong><strong>de</strong>s</strong> Himmels” gemeint ist, einschließlich die fünf Elemente, die vier<br />

Jahreszeiten, Wind und Wolken und an<strong>de</strong>rer Phänomene.]<br />

7. ERDE umfasst Entfernungen, große und kleine, Gefahr und Sicherheit, offenes Gelän<strong>de</strong> und<br />

schmale Päße, die Möglichkeit zu leben und zu sterben.<br />

8. Führerschaft steht für die Tugen<strong>de</strong>n von Weisheit o<strong>de</strong>r Klugkeit, Aufrichtigkeit (auch Glaubwürdigkeit),<br />

aber auch Wohlwollen, Mut und Strenge (auch Geradlinigkeit). Die 5 Kardinaltugen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Chinesen sind: (1) Menschlichkeit o<strong>de</strong>r Wohlwollen, (2) Aufrichtigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Verstan<strong><strong>de</strong>s</strong>, (3)


Strategische Überlegungen<br />

Selbstachtung, Selbstdisziplin, o<strong>de</strong>r „Aus geglichenheit” (im Sinne <strong>de</strong>r inneren Harmonie), (4)<br />

Weisheit, Klugkeit, (5) Aufrichtigkeit o<strong>de</strong>r „guter Glaube”. Hierbei wer<strong>de</strong>n „W eisheit” und<br />

„Auf richtigkeit” klar vor „Mensc hlichkeit” und „ Wohlwollen” gesetzt, und die zwei militärischen<br />

Tugen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> „M utes” und „ Strenge” (Geradlinigkeit) ersetzt durch „Aufricht igkeit<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Verstan<strong><strong>de</strong>s</strong>” , „S elbstachtung” , „Selb stdisziplin” o<strong>de</strong>r „Ausgeglic henheit”.<br />

9. Metho<strong>de</strong> und Disziplin sollte verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n als das Ordnen <strong>de</strong>r Armee in ihre korrekten Unterteilungen,<br />

in <strong>de</strong>n Staffelungen von Rang unter <strong>de</strong>n Offizieren, bei <strong>de</strong>r Erhaltung <strong>de</strong>r Straßen<br />

und Wege, durch die die Versorgungsmaterialien die Armee erreichen können, und in <strong>de</strong>r<br />

Steuerung <strong>de</strong>r militätischen Aufwendungen.<br />

10. Je<strong>de</strong>r General hat von diesen fünf Dingen bereits gehört. Jene, die sie beherrschen, wer<strong>de</strong>n triumphieren;<br />

jene, die sie nicht beherrschen, wer<strong>de</strong>n scheitern.<br />

11. Benütze daher diese Beurteilungen, um Vergleiche anzustellen und um herauszufin<strong>de</strong>n, welche<br />

(militärischen) Bedingungen herrschen, wie folgt:<br />

1. Das heißt, welche politische Führung han<strong>de</strong>lt im Einklang mit <strong>de</strong>m moralischen Gesetz, <strong>de</strong>m<br />

„Tao”?<br />

2. Welcher von zwei Generälen ist <strong>de</strong>r fähigere?<br />

3. Wer verfügt über die besseren Voraussetzungen, was die Nutzung von HIMMEL und ERDE<br />

betrifft?<br />

4. Wessen Disziplin ist wirksamer? [Tu Mu erzählt eine bemerkenswerte Geschichte von Ts'ao Ts'ao<br />

(A.D. 155­220), <strong>de</strong>r so stark diszipliniert war, daß er einmal, in Einklang mit seinen eigenen Regeln, die<br />

er sehr ernst nahm, z.B. seine persönliche Regel gegen die Verletzung von stehen<strong>de</strong>m Korn, dieser sich<br />

selber zum To<strong>de</strong> verurteilte, daß er sein Pferd in das Feld laufen ließ. Jedoch konnte er überre<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />

anstelle <strong><strong>de</strong>s</strong> Verlierens seines Kopfes, daß es genügen wür<strong>de</strong>, seine Haare abzuschnei<strong>de</strong>n, um seine<br />

Vorstellung für Gerechtigkeit zu erfüllen. Ts'ao Ts'ao's eigener Kommentar zu diesem Vorfall ist bezeichnend<br />

kurz: „ Wenn Du ein Gesetz erläßt , sorge dafür, daß gegen es nicht verstoßen wird, und wenn<br />

doch, dann muß <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r dagegen verstößt, sterben."]<br />

5. Wessen Truppen sind die stärkeren? [Sowohl moralisch, als auch physisch. Frei zitiert nach Mei<br />

Yao­ch'en: "ESPIRIT DE CORPS and 'big battalions'"]<br />

6. Welche Soldaten und Offiziere sind besser ausgebil<strong>de</strong>t? [Tu Yu zitiert Wang Tzu wie folgt: „ Ohne<br />

ständige Übung wer<strong>de</strong>n die Offiziere nervös und unentschie<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>r Versammlung vor <strong>de</strong>r Schlacht,<br />

und <strong>de</strong>r General unentschlossen und zögerlich, wenn eine Krise bevorsteht (im chinesischen ist<br />

„Cha nce” = „ Krise”) ]<br />

7. Wessen System von Belohnung und Bestrafung ist klarer? [On which si<strong>de</strong> is there the most absolute<br />

certainty that merit will be properly rewar<strong>de</strong>d and mis<strong>de</strong>eds summarily punished?]<br />

14. Anhand dieser 7 Betrachtungen kann ich vorhersagen, wer gewinnen, und wer verlieren wird. [Li<br />

Quan: Eine politische Führung, die in Einklang mit <strong>de</strong>m Tao steht, wird sicherlich über eine militärische<br />

Führung verfügen, die intelligent und fähig ist.]<br />

15. Der General, <strong>de</strong>r meinen Ratschlag befolgt, und danach han<strong>de</strong>lt, wird erobern: ­ halte ihn unter<br />

<strong>de</strong>inem Kommando! [Die Form diese Paragraphen erinnert und daran, daß <strong>Sun</strong> Tzu's Abhandlung ausdrücklich<br />

für das Wohl seines Herrschers geschrieben wur<strong>de</strong>, für Ho Lu, Herrscher <strong><strong>de</strong>s</strong> Wu – Staates.] Der<br />

General, <strong>de</strong>r meinen Ratschlag nicht befolgt, o<strong>de</strong>r nicht danach han<strong>de</strong>lt: ­ entlasse ihn!


Strategische Überlegungen<br />

16. Während Du die Vorteile analysierst, die du aus meinem Ratschlag ziehst, nutze auch alle hilfreichen<br />

Umstän<strong>de</strong>, die über diese Regeln hinausgehen, und dahinter stecken. [Damit meinte er, daß es<br />

neben diesen allgemeinen Grundregeln noch weitere, bisher unent<strong>de</strong>ckte, implizite Regeln o<strong>de</strong>r „impl izite<br />

Logiken” gibt, die sich aus <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Situation ergeben.]<br />

17. Entsprechend <strong>de</strong>n vorteilhaften Umstän<strong>de</strong>n modifiziere dann <strong>de</strong>ine Pläne. Dann glie<strong>de</strong>re <strong>de</strong>ine<br />

Kräfte entsprechend und mache dir außergewöhnliche Taktiken zunutze. [<strong>Sun</strong> Tzu, als praktischer<br />

Soldat, verfügte damals über keine Theorien aus Büchern. Er warnt hier eindringlich, unseren Glauben und<br />

Han<strong>de</strong>ln nicht an <strong>de</strong>n abstrakten Prinzipien festzumachen. Chang Yu: „Währe nd die Hauptgesetze <strong>de</strong>r<br />

Strategie offenbar zum Nutzen von je<strong>de</strong>rmann aufgestellt wer<strong>de</strong>n können, mußt Du dich, von <strong>de</strong>n<br />

Tätigkeiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> geleitet, darauf einstellen, daß er eine vorteilhafte Position im aktuellen Kampf zu<br />

sichern versucht.” Am Vorabend <strong>de</strong>r Schlacht von Waterloo ging Lord Uxbridge, die Kavallerie befehlend,<br />

zum Herzog von Wellington, um zu erfahren, was seine Pläne und Taktiken für <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Tag zu erfahren,<br />

weil – wie er erklärte – er wohlmöglich Oberbefehlshaber plötzlich sein könnte, und er dann nicht<br />

imstan<strong>de</strong>n sein wür<strong>de</strong>, neue Pläne in einem kritischen Moment zu gestalten. Der Herzog hörte ruhig zu<br />

und sagte dann: „W er wird morgen als erster angreifen – „Ic h o<strong>de</strong>r Bonaparte?”, antwortete Lord<br />

Uxbridge. „Nun”, ergänzte er, „Bonapar te hat mir keine Einsicht in seine Pläne gegeben, und da meine<br />

Pläne von seinen abhängen, wie kann man von mir erwarten, zu sagen, welche Pläne ich habe?]<br />

18. Je<strong>de</strong> militärische Operation basiert auf Täuschung. [Colonel Hen<strong>de</strong>rson erzählt uns, daß Wellington,<br />

<strong>de</strong>r großartig in fast allen Bereichen <strong>de</strong>r militätischen Führung war, sich von an<strong>de</strong>ren dadurch unterschied,<br />

daß er die außeror<strong>de</strong>ntliche Fähigkeit hatte, seine eigenen (Truppen) Bewegungen (aber auch Pläne) so<br />

geschickt zu verbergen, und damit <strong>de</strong>n Feind, und sogar Freund, täuschte.]<br />

19. Wenn du auf einen Angriff vorbereitet bist, erscheine unvorbereitet. Wenn Du agierst, mit <strong>de</strong>n<br />

Streitkräften, erscheine untätig, wenn wir nahe sind, dann mache <strong>de</strong>n Feind glauben, wir wären<br />

noch weit entfernt, und wenn wir weit entfernt sind, mache ihn glauben, daß wir nahe sind.<br />

20. Halte Kö<strong>de</strong>r aus, um <strong>de</strong>inen Gegner zu verleiten, täusche vor, ungeordnet, unvorbereitet zu sein,<br />

und zerstöre ihn dann.<br />

21. Wenn <strong>de</strong>in Gegner sich seiner Sache sicher ist, sei auch vorbreitet. Wenn er von überlegener<br />

Stärke ist, weiche ihm aus.<br />

22. Wenn <strong>de</strong>r Gegner leicht erregbar ist, versuche, ihn zu irritieren. Täusche Schwäche vor, um die<br />

Arroganz <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners anzustacheln. [Wang Tzu, erwähnt von Tu Yu, sagte, daß ein guter Taktiker mit<br />

seinem Gegner spielt, wie eine Katze mit <strong>de</strong>r Maus spielt, zuerst Schwäche und Immobilität vortäuschend,<br />

um sich dann plötzlich auf ihn zu stürzen.]<br />

23. Wenn <strong>de</strong>r Gegner versucht, Ruhe zu fin<strong>de</strong>n, wie<strong>de</strong>r zu Kräften zu kommen, stelle ihm nach. [Das<br />

ist wahrscheinlich das, was Mei Yao­ch'en meinte, als er schrieb: „ Während wir Kraft tanken, sorge dafür,<br />

daß <strong>de</strong>r Gegner sich selber Mü<strong>de</strong> läuft. YU LAN: „Locke ihn an, und sorge dafür, daß er sich selber dabei<br />

vollständig erschöpft”] Wenn seine Kräfte vereinigt sind, spalte sie auf. [Weniger plausibel ist die Interpretation,<br />

die oft bevorzugt wird: „W enn Herrscher (o<strong>de</strong>r Befehlshaber) und Armee im Einklang sind,<br />

schiebe einen Keil dazwischen”]<br />

24. Greife an, wenn <strong>de</strong>r Gegner unvorbereitet ist, erscheine, wenn er es am wenigsten erwartet.<br />

25. Die Strategie, Stärke, Formation und das Vorgehen <strong>de</strong>r Kräfte, <strong>de</strong>rer sich das Heer bedient, um<br />

zum Sieg zu gelangen, dürfen niemals vorzeitig bekannt wer<strong>de</strong>n (beson<strong>de</strong>rs nicht <strong>de</strong>m Gegner).<br />

26. Nun führt <strong>de</strong>r General, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kampf gewinnt, in seinem Hauptquatier viele Kalkulationen<br />

durch, bevor er <strong>de</strong>n Kampf führt. Der General, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Krieg verliert, hat zuvor wenig Kalkulationen<br />

angestellt, wie er sich gegen <strong>de</strong>n Gegner zur Wehr setzt. So führen viele Kalkulationen zum<br />

Sieg und wenige Berechnungen zur Nie<strong>de</strong>rlage ­ Wenn ich diesem Punkt Aufmerksamkeit<br />

widme, so kann ich vorhersehen, wer wahrscheinlich gewinnen o<strong>de</strong>r verlieren wird.


2 Über die Kriegführung<br />

Über die Kriegführung<br />

1. Die Kosten <strong>de</strong>r Kriegsoperationen in einem Feld mit 1000 schnellen Streitwagen, ebenso vielen<br />

schweren Streitwagen, hun<strong>de</strong>rttausend Schutz­plattierten Soldaten, [Die „schnel len Streitwagen”<br />

waren leicht, und ­ entsprechend Chang Yu ­, verwen<strong>de</strong>t für <strong>de</strong>n Angriff; die „schweren Streitwagen"<br />

waren schwerer, und entworfen zwecks Verteidigung. Li Ch'uan sagt, daß die letzteren leicht waren, aber<br />

dieses scheint kaum wahrscheinlich. Die Analogien zwischen früherer, chinesischer Kriegsführung und <strong>de</strong>nen<br />

<strong>de</strong>r Griechen in Homers Schriften sind recht interessant. In je<strong>de</strong>m Fall war <strong>de</strong>r Kriegs­Streitwagen <strong>de</strong>r<br />

wichtige Faktor, da er <strong>de</strong>n Kern um eine bestimmte Anzahl von Fuss­Soldaten bil<strong>de</strong>te. Aus <strong>de</strong>n Zahlen, die<br />

hier gegeben wer<strong>de</strong>n, wissen wir, daß je<strong>de</strong>r schnelle Streitwagen von 75 Lakaien, und je<strong>de</strong>r schwere Streitwagen<br />

durch 25 Lakaien begleitet wur<strong>de</strong>, sodaß man die ganze Armee in tausend Bataillone teilen kann,<br />

je<strong><strong>de</strong>s</strong> aus zwei Streitwagen und hun<strong>de</strong>rt Männer bestehend.] mit <strong>de</strong>m Auftrag, tausend LI zu<br />

marschieren, [2.78LI sind eine Meile. Die Länge kann seit Zeit <strong>Sun</strong> Tzu's ein wenig geschwankt haben.]<br />

die Aufwendungen zuhause und an <strong>de</strong>r Front, einschließlich Unterhaltung <strong>de</strong>r Gäste, für kleine<br />

Einzelteilen wie Kleber und Farbe und die Summen, die für Streitwagen und Rüstungen<br />

aufgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, erreicht die Gesamtmenge von tausend Unzen Silber pro Tag. Das sind die<br />

Kosten <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufstellung einer Armee von 100.000 Männern.<br />

2. Wenn du in <strong>de</strong>n Krieg bist, und <strong>de</strong>r Sieg droht, sich hinauszuzögern, wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ine Waffen<br />

stumpf und die Kampfmoral lei<strong>de</strong>t. Belagerst du eine befestigte Stellung, wird sich <strong>de</strong>ine Kraft erschöpfen.<br />

3. Wenn du <strong>de</strong>ine Truppen lange Zeit im Feld belässt, wird es an Nachschub mangeln.<br />

4. Sind <strong>de</strong>ine Waffen stumpf und ist <strong>de</strong>ine Kampfmoral schwach, sind <strong>de</strong>ine Kräfte geschwun<strong>de</strong>n<br />

und <strong>de</strong>ine Vorräte erschöpft, dann wer<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>re Vorteil aus <strong>de</strong>iner Schwäche ziehen und sich<br />

erheben.<br />

5. Und auch wenn dir die klügsten Ratgeber zur Seite stehen, kannst du <strong>de</strong>n Lauf <strong>de</strong>r Dinge nicht<br />

mehr zu <strong>de</strong>inen Gunsten verän<strong>de</strong>rn. Daher habe ich von Unternehmungen gehört, die zwar<br />

ungeschickt, aber schnell waren, aber ich habe nie eine gesehen, die geschickt und langwierig<br />

gewesen wäre.<br />

6. Eine langwierige militärische Operation war für eine Nation noch nie von Vorteil.<br />

7. Daher können jene, die sich <strong>de</strong>r Nachteile eines Einsatzes von Waffen nicht voll und ganz bewusst<br />

sind, sich auch <strong>de</strong>r Vorteile eines Einsatzes von Waffen nicht voll und ganz bewusst sein.<br />

8. Jene, die das Militär vortrefflich einsetzen, heben Truppen nicht zweimal aus und transportieren<br />

<strong>de</strong>n Proviant nicht dreimal.<br />

9. Wenn du die nötige Ausrüstung aus <strong>de</strong>inem eigenen Land mitnimmst und dich, was <strong>de</strong>n Proviant<br />

betrifft, auf <strong>de</strong>n Feind verlässt, kannst du über reichlich Ausrüstung und Vorräte verfügen.<br />

10. Wenn ein Land durch eine militärische Operation verarmt, dann <strong><strong>de</strong>s</strong>wegen, weil es <strong>de</strong>n Nachschub<br />

an einen weit entfernten Ort beför<strong>de</strong>rt. Transportiere <strong>de</strong>n Nachschuh an einen weit entfernten<br />

Ort, und die Bevölkerung wird in Armut versinken.<br />

11. Jene, die in <strong>de</strong>r Nähe <strong><strong>de</strong>s</strong> Heeres leben, verkaufen zu hohen Preisen. Und hohe Preise lassen <strong>de</strong>n<br />

Reichtum <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes schwin<strong>de</strong>n.<br />

12. Sind die Reserven erschöpft, wird die Bauernschaft mit schweren For<strong>de</strong>rungen belastet<br />

13. Mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r Substanz und Erschöpfung <strong>de</strong>r Stärke wer<strong>de</strong>n die Steuern unter Druck<br />

eingetrieben. Sind Kraft und Güter aufgezehrt, dann blutet das eigene Land aus. Das gewöhnliche


Über die Kriegführung<br />

Volk büßt nicht nur 30%, son<strong>de</strong>rn sogar bis zu 70% Prozent seines Einkommens ein, währen<strong>de</strong> die<br />

Ausgaben <strong>de</strong>r Regierung für zerbrochene Streitwagen, erschöpfte Pfer<strong>de</strong>, Brust­Panzer und<br />

Helme, Bögen und Pfeile, Speere und Schil<strong>de</strong>r, bewegliche Schutzschil<strong>de</strong>r, Oxenkarren und<br />

schwere Wagen bis zu 40% <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten Einkommens ausmachen.<br />

14. Daher strebt ein weiser General danach, sich die Lebensmittel beim Feind zu verschaffen. Je<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Pfund Nahrung, das <strong>de</strong>m Feind abgenommen wird, wiegt zwanzig Pfund Nahrung auf, für die<br />

du selbst aufkommen musst. [Weil 20 Wagenkarren mit Ladung verbraucht wer<strong>de</strong>n beim Transport an<br />

die Front. Ein PICUL sind 65.6 Kilogramm.]<br />

15. Was <strong>de</strong>n Gegner vernichtet, ist Zorn; was zur Erbeutung <strong>de</strong>r Habe <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> führt, ist Belohnung.<br />

[Tu Mu sagt: "Belohnungen sind notwendig, um Soldaten <strong>de</strong>n Vorteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Sieges über <strong>de</strong>n Feind<br />

klar zu machen. Deswegen, wenn Du Güter <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> erbeutest, verwen<strong>de</strong> sie als Belohnungen, sodaß alle<br />

<strong>de</strong>ine Leute ein starkes Verlangen haben, zu kämpfen, je<strong>de</strong>r für seinen persönlichen Vorteil."]<br />

16. Daher belohne im Falle einer Wagenschlacht <strong>de</strong>njenigen, <strong>de</strong>r als erster min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens zehn Wagen erobert.<br />

Tausche ihre Farben aus und mische die erbeuteten Wagen unter die <strong>de</strong>inen. Behandle die<br />

gefangenen Soldaten gut und nimm dich ihrer an.<br />

17. Dies heißt, <strong>de</strong>n Sieg über <strong>de</strong>n Gegner zu erringen und obendrein die eigene Kraft zu stärken.<br />

18. Daher ist das Wichtigste in einer militärischen Unternehmung <strong>de</strong>r Sieg und nicht unnotig in die<br />

Läge gezogene Aktionen.<br />

19. Daher missen wir, dass <strong>de</strong>r Anführer <strong>de</strong>r Armee die Verantwortung für das Leben <strong>de</strong>r Menschen<br />

trägt und über die Sicherheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Staates entschei<strong>de</strong>t. [Wie Ho Shih bemerkt: "Krieg ist kein Kleckerkram.”<br />

<strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> erinnert hier an nochmals an Kapitel I, an welches hier nochmals erinnert wer<strong>de</strong>n soll.]<br />

3 Über das Planen einer Belagerung<br />

1. <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>: Die allgemein gültige Regel für <strong>de</strong>n Einsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Militärs lautet: Es ist besser, eine Nation<br />

unversehrt zu belassen als sie zu zerstören. Es ist besser, eine Armee unversehrt zu belassen als sie<br />

zu vernichten; es ist besser, eine Division unversehrt zu belassen als sie zu vernichten; es ist besser,<br />

eine Abteilung unversehrt zu belassen als sie zu vernichten; es ist besser, eine Einheit unversehrt<br />

zu belassen als sie zu vernichten. [Das Äquivalent eines Armee­Chors, wie Ssu­ma Fa<br />

berichtet, besteht aus 12500 Männern, Ts'ao Kung schreibt, ein Regiment besteht aus 500 Männern, eine<br />

Abteilung aus 100 bis 500 Männern, eine Kompanie aus 5 bis 100 Männern. Für die letzten bei<strong>de</strong>n, gibt<br />

Chang Yu exakte Zahlen von 100 bis 5 Männern an.]<br />

2. Daher beweisen jene, die je<strong>de</strong> Schlacht gewinnen, nicht wirklich höchstes Geschick. [Hier wird mal<br />

wie<strong>de</strong>r klar, daß kein mo<strong>de</strong>rner Stratege die Worte dieses alten, chinesischen Generals bestätigen wür<strong>de</strong>.<br />

Moltge's größter Triumph ist die Kapitulation <strong>de</strong>r kompletten französischen Armee bei Sedan, quasi ohne<br />

Blutvergießen.] Jene, die die gegnerische Armee hilflos machen, ohne es zu einem Kampf kommen<br />

zu lassen, sind die wahrhaft Vortrefflichen.<br />

3. Die höchste <strong>Kunst</strong> eines Generals ist die gegnerischen Pläne zu verhin<strong>de</strong>rn. [Ho Shih drückt das<br />

sehr klar aus: „ Wenn ein Feind einen Angriff gegen uns plant, müssen wir ihm zuvor kommen, in<strong>de</strong>m wir<br />

zuerst unseren Angriff ausführen.]<br />

Die nächstbeste Strategie ist es, Zusammenschlüsse <strong>de</strong>r gegnerischen Kräfte zu verhin<strong>de</strong>rn<br />

[Isoliere ihn von seinen Alliierten. Wir dürfen nicht vergessen, daß <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>, wenn er von Feindschaften re<strong>de</strong>t,<br />

er immer im Kopf hat, daß China damals in unzählige Staaten, Fürstentümer aufgeteilt war.]<br />

Die nächstbeste Strategie besteht darin, die Armee auf offenem Feld anzugreifen. [Wenn er bei<br />

vollen Kräften ist]<br />

Die schlechteste Strategie besteht darin, eine befestigte Stadt anzugreifen.


Über das Planen einer Belagerung<br />

4. Zur Belagerung einer Stadt darf es nur dann kommen, wenn kein an<strong>de</strong>rer Ausweg bleibt. [Noch<br />

ein gewichtiges Stück Militärtheorie: „ Another sound piece of military theory” . Die Boers han<strong>de</strong>lten nach<br />

dieser Devise 1899 und vermie<strong>de</strong>n die Aufspaltung ihrer Kampfkraft vor Kimberley, Mafeking o<strong>de</strong>r sogar<br />

Ladysmith; es ist mehr als wahrscheinlich, daß sie die die Situation gemeistert hätten, bevor die Briten ernsthaft<br />

die Bereitschaft hatten, sich ihnen entgegenzustellen.] Die Vorbereitung <strong>de</strong>r Schutzrüstungen, beweglichen<br />

Schutzschil<strong>de</strong>r und verschie<strong>de</strong>nem Kriegszubehör wird bis zu drei Monaten in<br />

Anspruch nehmen. [Es ist nicht ganz klar, was das chinesische Wort „ mantlets” beschreibt. Ts'ao Kung<br />

<strong>de</strong>finiert es einfach als „gro ße Schutzschil<strong>de</strong>r”, aber Li Ch'uan meint, daß sie die Köpfe <strong>de</strong>r Angreifer auf<br />

befestigte Städte schützen auf kurze Distanzen. Tatsächlich scheint es <strong>de</strong>m römischen TESTUDO gleich<br />

zukommen. Tu Mu sagt, daß sie rä<strong>de</strong>rne Vehikel wären, um Angriffe abzuwehren, was Ch'en Hao<br />

verneinte. Siehe supra II. 14. Der Name wird auch für Verteidigungstürme auf Stadtmeuern<br />

verwen<strong>de</strong>t. Von <strong>de</strong>n „ beweglichen Schutzschil<strong>de</strong>n” bekommen wir eine sehr klare<br />

Beschreibung von mehreren Kommentatoren. Diese waren hölzerne, Wurfgeschosse abwehren<strong>de</strong><br />

Karren auf vier Rä<strong>de</strong>rn, angetrieben von innen, be<strong>de</strong>ckt mit einfachem<br />

Sichtschutz, um bei Belagerungen Männer von und zu <strong>de</strong>n Schutzwällen zu bringen, die<br />

dann <strong>de</strong>n umgeben<strong>de</strong>n Wassergraben mit Er<strong>de</strong> füllen sollten. Tu Mu fügt hinzu, daß sie<br />

nun „hölzerne Affen” genannt wur<strong>de</strong>n.] und das aufschütten von Rampen zur Mauer hin<br />

wird weitere drei Monate dauern.[Dies waren große Hügel o<strong>de</strong>r Rampen aus Er<strong>de</strong>, gegen die feindlichen<br />

Mauern aufgeschüttet, um die Schwächen in <strong>de</strong>r Verteidigung ent<strong>de</strong>cken zu können, aber auch um die verstärkten<br />

Verteidigungstürme zu zerstören, die im vorhergehen<strong>de</strong>n Kommentar erwähnt sind.]<br />

5. Kann <strong>de</strong>r General seinen Zorn nicht kontrollieren, wird er seine Leute einen Schlag ausführen<br />

lassen, wie ausschwärmen<strong>de</strong> Ameisen [Dieses frische Grinsen von Ts'ao Kung stammt von <strong>de</strong>m Spektakel<br />

von Ameisen, die eine Wand erklimmen. Die Be<strong>de</strong>utung ist, daß <strong>de</strong>r General, <strong>de</strong>r die Geduld verliert<br />

nach einer langen Pause in Gefahr läuft, daß er <strong>de</strong>n Platz stürmt, bevor seine Kriegsmaschinerie fertig ist.]<br />

mit <strong>de</strong>m Resultat, daß 1/3 seiner Soldaten vernichtet sind, ohne daß die Stadt eingenommen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte. Dies sind die verheeren<strong>de</strong>n Effekte einer Belagerung. [Dies erinnert uns an die fürchterlichen<br />

Verluste <strong>de</strong>r Japener vor Port Arthur, einer nahe zurückliegen<strong>de</strong>n Belagerung <strong>de</strong>r Geschichte.]<br />

6. Daher besiegt <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r die <strong>Kunst</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> beherrscht, die feindlichen Truppen ohne Kampf; er<br />

bezwingt die Städte <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren ohne Belagerung; er zerstört das Königreich <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren durch<br />

kurz angelegte Operationen im Feld. [Chia Lin bemerkt, daß er nur die Regierung überwin<strong>de</strong>t, ohne<br />

Menschen zu verletzen. Das klassische Beispiel ist Wu Wang, <strong>de</strong>r, nach<strong>de</strong>m er die Yin Dynastie been<strong>de</strong>t<br />

hat, sich selber „ Vater und Mutter <strong><strong>de</strong>s</strong> Volkes” bezeichnen ließ]<br />

7. Mit intakten Streitkräften kann er die Führung <strong>de</strong>r Herrschaft angreifen, ohne auch nur einen<br />

Mann zu verlieren, und <strong>de</strong>r vollständige Triumph ist sein. [Berücksichtigt man die Doppel<strong>de</strong>utung im<br />

chinesischen Text, so hat <strong>de</strong>r zweite Teil dieses Satzes noch eine weitere Be<strong>de</strong>utung: „Und so, ohne die Waffen<br />

verschlissen zu haben, bleibt die Motivation erhalten"] Die ist die Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Angriffs durch<br />

Strategie.<br />

8. Die Regel für <strong>de</strong>n Einsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> Militärs lautet: Wenn du <strong>de</strong>m Gegner zehn zu eins überlegen bist,<br />

dann umzingle ihn; wenn du ihm fünf zu eins überlegen bist, dann greife an [Gera<strong>de</strong>heraus, ohne<br />

auf irgen<strong>de</strong>inen Vorteil zu warten]; wenn du ihm zwei zu eins überlegen bist, zerteile <strong>de</strong>ine Armee in<br />

zwei Hälften. [Tu Mu nennt eine Ausnahme zu diesem Sprichwort, und, auf <strong>de</strong>n ersten Blick, scheint es<br />

tatsächlich so, also wäre dies eine Verletzung <strong>de</strong>r fundamentalen Prinzipien im Krieg. Ts'ao Kung gibt uns<br />

ein „Pack­ An” zu <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s Meinung: „ Bei einem Verhältnis von 2:1 gegenüber <strong>de</strong>m Gegner, kann man<br />

einen Teil <strong>de</strong>r Armee in einem regulären Angriff nehmen, und <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren für spezielle Angriffe. Chang<br />

Yu erhellt diesen Punkt weiter: „Wenn <strong>de</strong>ine Kräfte doppelt so zahlreich sind, wie die <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>, teile sie<br />

in zwei Hälften, greife mit einer <strong>de</strong>n Feind frontal an, und mit <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren falle ihm in <strong>de</strong>n Rücken; Wenn<br />

er auf <strong>de</strong>n Frontalangriff antwortet, kann er von hinten zerstört wer<strong>de</strong>n, wenn er sich auf <strong>de</strong>n Angriff von


Über das Planen einer Belagerung<br />

hinten konzentriert, wird er von vorne zerstört.” Tu Mu versteht nicht, daß das Aufteilen einer Armee eine<br />

reguläre, strategische Metho<strong>de</strong> ist, hält dies für eine irreguläre, und vielleicht etwas voreilig nennt er dies<br />

einen Fehler.]<br />

9. Bist du gleich stark wie <strong>de</strong>in Feind, dann kämpfe, wenn du dazu in <strong>de</strong>r Lage bist.[Li Ch'uan, gefolgt<br />

von Ho Shih, gibt uns folgen<strong>de</strong>n Ratschlag: „ Wenn Angreifer und Angegriffener zahlenmäßig ebenbürtig<br />

sind, wird nur ein fähiger General kämpfen."]. Bist du ihm zahlenmäßig unterlegen, dann halte<br />

dich von ihm fern, wenn du dazu in <strong>de</strong>r Lage bist. [Die Be<strong>de</strong>utung: „ Wir können <strong>de</strong>n Feind beobachten”<br />

ist bestimmt eine große Verbesserung <strong><strong>de</strong>s</strong> obigen Ratschlages; lei<strong>de</strong>r ist diese Variante nicht<br />

empfehlenswert. Chang Yu erinnert uns daran, daß das Sprichwort nur dann anwendbar ist, wenn alle an<strong>de</strong>ren<br />

Faktoren vergleichbar sind; nur ein kleiner Unterschied in <strong>de</strong>n Zahlen kann ausgeglichen wer<strong>de</strong>n<br />

durch überlegene Energie und Disziplin.] Bist du ihm nicht gewachsen, dann fliehe, wenn du dazu in<br />

<strong>de</strong>r Lage bist.<br />

10. Wenn also die schwächere Seite hartnäckig ist, gerät sie letztendlich in die Gefangenschaft <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

stärkeren Gegners.<br />

11. Generäle sind die Gehilfen <strong>de</strong>r Nation. Unterstützen sie das Land vollkommen, ist es stark. Unterstützen<br />

sie das Land mangelhaft, ist es schwach. [Wie Li Ch'uan es kurz auf <strong>de</strong>n Punkt bringt: „Ab ­<br />

stand zeigt Mängel an; wenn die Fähigkeiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals nicht perfekt sind (z.B. wenn er nicht versiert ist,<br />

in seinem Beruf), wird seine Armee Schwächen zeigen”]<br />

12. Die Führung kann also das Heer auf dreifache Weise in Bedrängnis bringen:<br />

1. Eine Armee befehligen, vorzustoßen, o<strong>de</strong>r zurückzuziehen, aber <strong>de</strong>n Fakt ignorieren, daß die<br />

Armee nicht gehorcht. Dies wird „ hinken <strong>de</strong>r Armee” genannt. [Li Ch'uan fügt hinzu: „Es ist,<br />

also ob man einem Rennpferd die Beine zusammenbin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, damit es nicht gallopieren kann”. Man<br />

<strong>de</strong>nkt unweigerlich daran, daß <strong>de</strong>r Führer zuhause wäre, und versucht, von dort aus, aus <strong>de</strong>r Distanz,<br />

seine Armee zu befehligen. Die Kommentatoren hingegen verstehen genau das Gegenteil, und zitieren<br />

T'ai Kung: „Ein Königreich sollte nicht von außen regiert wer<strong>de</strong>n, und eine Armee nicht von innen<br />

geführt wer<strong>de</strong>n”. Natürlich ist es wahr, daß, während einer Aktion, o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Feind nähert, <strong>de</strong>r<br />

General nicht in <strong>de</strong>r Mitte seiner Truppen sein sollte, son<strong>de</strong>rn eine kleine Distanz weiter weg. An<strong>de</strong>rnfalls<br />

trägt er die Verantwortung, falls er die Lage falsch einschätzt, und falsche Befehle erteilt.]<br />

2. Zu versuchen, eine Armee in <strong>de</strong>r gleichen Weise zu führen, wie ein Königreich verwaltet wird,<br />

ohne zu wissen, welche Bedingungen in <strong>de</strong>r Armee herrschen. Dies führt zu Rastlosigkeit (Verwirrungen)<br />

in <strong>de</strong>r Armee. [Ts'ao Kung's Bemerkung hierzu ist, frei übersetzt: Militär und Zivilisten<br />

unterschei<strong>de</strong>n sich völlig voneinan<strong>de</strong>r; man kann nicht eine Armee mit Kin<strong>de</strong>rhandschuhen anpacken.”<br />

Chang Yu sagt: „Human ität und Gerechtigkeit sind die Grundprinzipien <strong>de</strong>r Führung eines Staates,<br />

aber nicht die einer Armee; Opportunismus und Flexibilität, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite, sind eher militärische,<br />

als zivile Tugen<strong>de</strong>n, um einen Vergleich zwischen Armme und Staat anzustellen.]<br />

3. Offiziere einer Armee ohne genaue Unterscheidung zu befehlen, [Was heißen soll, daß er nicht<br />

sorgfältig <strong>de</strong>n richtigen Mann am richtigen Platz einsetzt.] durch Mißachtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Prinzipes, sich<br />

<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n anzupassen, dies erschüttert das Vertrauen <strong>de</strong>r Soldaten. [Ich folge hier Mei<br />

Yao­Ch'en. Die an<strong>de</strong>ren Kommentatoren beziehen sich nicht auf die Regel, wie in SS. 13,14 beschrieben,<br />

aber auf die Offiziere, die er befiehlt: Tu Yu sagt: „Wenn ein General die Prinzipien <strong>de</strong>r Anpassung ignoriert,<br />

dann darf diesem in seiner Eigenschaft als Autorität nicht vertraut wer<strong>de</strong>n. Tu Mu zitiert: „Der<br />

fähige Befehlen<strong>de</strong> wird selber weise Männer befehlen, <strong>de</strong>r tapfere nur tapfere, <strong>de</strong>r dumme die Dummen.<br />

Der weise Mann versucht, seinen Geist umzusetzen, <strong>de</strong>r tapfere mag es, Mut zu beweisen, <strong>de</strong>r begierige<br />

Mann ist schnell darin, Vorteile zu erlangen, und <strong>de</strong>r dumme Mann hat keine Angst vor <strong>de</strong>m To<strong>de</strong>”.]


Über das Planen einer Belagerung<br />

13. Sobald die Armee verwirrt und mißtrauisch ist, wird es Schwierigkeiten mit Rivalitäten geben.. In<br />

diesem Fall spricht man davon, dass <strong>de</strong>r Sieg weggenommen wird, weil in <strong>de</strong>r Armee Anarchie<br />

herrscht.<br />

14. Es gibt also fünf Wege, die erkennen lassen, wer siegen wird:<br />

1. Jene, die wissen, wann sie kämpfen und wann sie nicht kämpfen sollen, wer<strong>de</strong>n siegen. [Chang<br />

Yu sagt: Wenn er kämpfen kann, wird er fortschreiten und die Offensive übernehmen. Wenn er nicht<br />

kämpfen kann, wird er sich zurückziehen, und verbleibt in <strong>de</strong>r Defensive. Er wird unweigerlich erobern,<br />

wenn er genau weiß, wann er in die Offensive gehen muß, o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Defensive verbleibt.]<br />

2. Jene, die wissen, wann sie überlegene und unterlegene Kräfte wo einsetzen können, wer<strong>de</strong>n<br />

siegen. [Dies bezieht sich nicht hauptsächlich auf die Fähigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals, Zahlen genau schätzen zu<br />

können, wie Li Ch'uan und an<strong>de</strong>re feststellten. Chang Yu erweitert dies, in<strong>de</strong>m er sagt: „In<strong>de</strong>m man<br />

„Art of War” anwen<strong>de</strong>t, kann man mit kleineren Kräften sich gegen eine größere verteidigen, und<br />

umgekehrt. Das Geheimnis liegt in einem genauen Auge für die Umgebung, und darin, <strong>de</strong>n richtigen<br />

Moment nicht zu verpassen. So sagt Wu Tzu: „ Mit einer überlegenen Streitmacht bewege dich auf leichtem<br />

Grund, mit einer unterlegenen auf schwierigem Grund.]<br />

3. Jene, <strong>de</strong>ren obere und untere Ränge die gleichen Ziele verfolgen, die <strong>de</strong>nselben Teamgeist,<br />

Mannschaftsgeist besitzen, wer<strong>de</strong>n siegen.<br />

4. Jene, die <strong>de</strong>m Unvorbereiteten vorbereitet entgegentreten, wer<strong>de</strong>n siegen.<br />

5. Jene, <strong>de</strong>ren Generäle fähig sind und nicht von ihrer Regierung behin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n<br />

siegen. [Tu Yu zitiert Wang Tzu, <strong>de</strong>r sagt: „Es ist die Funktion <strong><strong>de</strong>s</strong> Souveräns, allgemeine Instruktionen<br />

zu geben, aber es ist Aufgabe <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals, im Kampf zu entschei<strong>de</strong>n. Es ist unnötig, auf die militärischen<br />

Katastrophen hinzuweisen, die dadurch zustan<strong>de</strong> gekommen sind, daß Operationen im Kampf<br />

durch Anweisungen <strong>de</strong>r Regierung gestört wor<strong>de</strong>n sind. Napoleon hatte unzweifelhaft außergewöhnlichen<br />

Erfolg dadurch, daß er nicht von einer zentralen Autorität behin<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>.]<br />

Dies sind die fünf Wege, die erkennen lassen, wer siegen wird.<br />

15. Deshalb heißt es: Wenn du die an<strong>de</strong>ren und dich selbst kennst, wirst du auch in hun<strong>de</strong>rt Schlachten<br />

nicht in Gefahr schweben; wenn du die an<strong>de</strong>ren nicht kennst, aber dich selbst kennst, dann<br />

siegst du einmal und verlierst einmal; [Li Ch'uan erwähnt einen Fall von Fu Chien, <strong>de</strong>m Prinz von<br />

Ch'in, <strong>de</strong>r im Jahre 383 v. Chr., <strong>de</strong>r mit einer riesigen Armee gegen <strong>de</strong>n Chin Kaiser auszog. Als er gewarnt<br />

wur<strong>de</strong>, niemals einen Gegner zu verachten, <strong>de</strong>r selber Schutztruppen befehligen könnte, wie die von Hsieh<br />

An und Huan Ch'ung, so erwi<strong>de</strong>rte dieser überheblich: "Ich habe die Bevölkerung von acht Provinzen hinter<br />

mir, Infantrie und Reiterei von bis zu einer Million Männern; Warum? ­ sie könnten höchstens <strong>de</strong>n<br />

Yangtsze Fluß selber aufstauen, in<strong>de</strong>m sie vielleicht ihre Peitschen in <strong>de</strong>n Strom schmeißen. Welche Gefahr<br />

hätte ich zu fürchten?” Dennoch wur<strong>de</strong>n seine Streitkräfte vernichtend beim Fei Fluß geschlagen, und er<br />

selber wur<strong>de</strong> zu einem hastigen Rückzug gezwungen] wenn du die an<strong>de</strong>ren nicht kennst und dich selbst<br />

nicht kennst, dann wirst du in je<strong>de</strong>r einzelnen Schlacht in Gefahr sein [Chang Yu sagte: "Kennst<br />

Du <strong>de</strong>n Feind, so kannst Du in die Offensive gehen, wenn Du nur dich selber kennst, stehst Du in <strong>de</strong>r Defensive.”<br />

Er fügt hinzu: „Angrif f ist das Geheimnis <strong>de</strong>r Verteidigung; Verteidigung ist das Planen einen<br />

Angriffes” Es wäre wohl schwierig, einen Ersatz für dieses Grundprinzip <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> zu fin<strong>de</strong>n.]<br />

4 Taktische Entscheidungen<br />

[Ts'ao Kung erklärt die chinesische Be<strong>de</strong>utung dieser Worte für <strong>de</strong>n Titel dieses Kapitels so: „Marsch ieren<br />

und Entgegenmarschieren zweier Armeen mit einem Blick auf <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r jeweils an<strong>de</strong>ren.” Tu Mu<br />

sagt: „ Es liegt in <strong>de</strong>n Eigenschaften einer Armee, daß ihre Stärke ausgespäht wird. Verberge diese Eigen­


Taktische Entscheidungen<br />

schaften, und die Stärke wird vielleicht verborgen bleiben. Zeige <strong>de</strong>ine Eigenschaften, und <strong>de</strong>ine Stärken<br />

wer<strong>de</strong>n aufge<strong>de</strong>ckt, was zu einer Nie<strong>de</strong>rlage führt.” Wang Hsi bemerkt, daß ein guter General vermag <strong>de</strong>n<br />

Erfolg sichern, in<strong>de</strong>m er seine Taktik so verän<strong>de</strong>rt, daß er diese <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> anpasst.” ]<br />

1. <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> sagt: „Di e guten, erfahrenen Kämpfer berücksichtigen die Möglichkeit einer Nie<strong>de</strong>rlage,<br />

und warten geduldig auf eine Gelegenheit, <strong>de</strong>n Gegner zu schlagen.”<br />

2. Unbesiegbarkeit liegt in <strong>de</strong>inen Hän<strong>de</strong>n, die Möglichkeit, <strong>de</strong>n Feind zu schlagen, liegt in <strong>de</strong>m<br />

Gegner selber. [Was be<strong>de</strong>utet, daß dies natürlich durch einen Fehler auf <strong>de</strong>r Gegenseite verursacht ist.]<br />

3. Ein guter Kämpfer kann sich gegen eine Nie<strong>de</strong>rlage absichern; [Chang Yu sagt, daß man dies erreicht,<br />

in<strong>de</strong>m man: „ die Stärke <strong>de</strong>r Truppen verbirgt, die Spuren <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners auf<strong>de</strong>ckt, und nicht zu parieren<strong>de</strong><br />

Vorkehrungen trifft.”] aber er kann einen Sieg nicht sichern.<br />

4. Daher sagt man: Man mag wissen, wie man erobert, ohne jedoch in <strong>de</strong>r Lage zu sein, es zu tun.<br />

5. Sich gegen Nie<strong>de</strong>rlage abzusichern erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>fensive Taktiken; die Fähigkeit, <strong>de</strong>n Gegner zu<br />

schlagen, erfor<strong>de</strong>rt offensive Taktiken.[Ich behalte <strong>de</strong>n Sinn einer ähnlichen Passage bei (in SS.1­3), obwohl<br />

die Kommentatoren alle gegen mich sind. Die Be<strong>de</strong>utung, die sie angeben, ist: „ Derjenige, <strong>de</strong>r nicht<br />

erobern kann, erlei<strong>de</strong>t eine Nie<strong>de</strong>rlage” , ist plausibel genug.”]<br />

6. In <strong>de</strong>r Defensive stehen ist ein Zeichen mangeln<strong>de</strong>r Stärke; Angriff ein Zeichen <strong>de</strong>r Stärke.<br />

7. Derjenige General, <strong>de</strong>r geschickt in <strong>de</strong>r Verteidigung ist, verbirgt alle Geheimnisse unter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>;<br />

[Wortwörtlich: "versteckt sich unter <strong>de</strong>r neuten Er<strong>de</strong>”, welches eine Metapher ist, die für äußerste<br />

Geheimhaltung und Verborgenheit steht, sodaß <strong>de</strong>r Feind nicht weiß, woran er ist.] <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r Erfahren<br />

in Angriffen ist, schießt hernie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n höchsten Höhen <strong><strong>de</strong>s</strong> Himmels. [Noch eine Metapher,<br />

die besagt, daß er auf <strong>de</strong>n Feind wie ein Wirbelsturm hernie<strong>de</strong>rfährt, ohne daß dieser Zeit hat, sich<br />

vorzubereiten. Dies ist die Meinung <strong>de</strong>r meisten Kommentatoren.] So haben wir auf <strong>de</strong>r einen Hand die<br />

Fähigkeit, uns selber zu verteidigen, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren können wir einen vollständigen Sieg erringen.<br />

8. Wer <strong>de</strong>n Sieg sieht, nur dann, wenn er innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> von <strong>de</strong>r Allgemeinheit sichtbaren Horizontes<br />

ist, <strong>de</strong>r stellt nicht <strong>de</strong>n Gipfel <strong>de</strong>r Exzellenz dar.[Wie Ts'ao Kung bemerkt: „d er Punkt ist, daß man die<br />

Pflanze schon sieht, bevor sie zu keimen beginnt,” ein Ereignis vorherzusehen, bevor es stattfin<strong>de</strong>t. Li<br />

Ch'uan bezieht sich auf eine Geschichte von Han Hsin, <strong>de</strong>r, als er dabei war, die völlig überlegene Armee<br />

von Chao anzugreifen, die sich sehr enttäuscht in <strong>de</strong>r Stadt Ch'eng­an befand, sagte zu seinen Offizieren:<br />

„Gentlemen , wir wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Feind ausradieren, und uns hier wie<strong>de</strong>r zum Aben<strong><strong>de</strong>s</strong>sen treffen.” Die Offiziere<br />

nahmen seine Worte ernst, und gaben in Zweifel ihre Zustimmung. Aber Han Hsin hatte in seinem<br />

Kopf die Details einer klugen Strategie ausgetüftelt, womit, wie er vorhersah, er in <strong>de</strong>r Lage war, die Stadt<br />

zu nehmen, und seinem Feind eine zerstörerische Nie<strong>de</strong>rlage hinzuzufügen."]<br />

9. Es ist sicher kein Gipfel <strong>de</strong>r Exzellenz, wenn Du kämpfst und das ganze Empire sagt: „G ut<br />

gemacht!”. [Wahre Exzellenz ist, wie Tu Mu sagt: "geheim planen, unsichtbar bewegen, die Absichten <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> vereiteln, seine Handlungen vereiteln, sodaß an eines Tages man gewinnt, ohne daß ein Tropfen<br />

Blut vergossen wur<strong>de</strong>.” <strong>Sun</strong> Tzu hält sich bei <strong>de</strong>r Zustimmung zu Dingen zurück, wobei „ <strong>de</strong>r Welt rauher<br />

Daumen und Finger zu Blei wer<strong>de</strong>n.” ]<br />

10. Es bedarf keiner großen Stärke, um ein Haar im Herbst aufzuheben; ["Haar im Herbst" ist das Fell<br />

eines Tieres, welches am feinsten ist im Herbst, bevor es kalt wird. Dieser Ausdruck ist sehr weit verbreitet<br />

bei chinesischen Autoren] es bedarf keiner scharfen Augen, um Sonne und Mond zu sehen, es bedarf<br />

keiner schnellen Ohren, um einen Donnerschlag zu hören.[Ho Shih gibt ein Beispiel von Stärke,<br />

Scharfsicht und „ schnellem Ohr” : Wu Ho konnte einen Dreifuß heben, <strong>de</strong>r 250 Steine wog, Li Chu konnte<br />

auf <strong>de</strong>r Distanz von 100 paces Objekte <strong>de</strong>r Größe einer Haarwurzel sehen, und Shih K'uang, ein blin<strong>de</strong>r<br />

Musiker konnte die Schritte einer Mücke hören.]


Taktische Entscheidungen<br />

11. In alten Zeiten waren diejenigen als geschickte Krieger bekannt, die nicht nur siegten, son<strong>de</strong>rn<br />

<strong>de</strong>n Sieg auch mit Leichtigkeit nach Hause trugen. [Der zweite Teil lautet wortwörtlich: „<strong>de</strong>rjeni ge, erobernd,<br />

ragt heraus durch Eroberung mit Leichtigkeit.” Mei Yao­ch'en sagt: „Derje nige, <strong>de</strong>r das Offensichtliche<br />

sieht, gewinnt seinen Kampf mit Schwierigkeiten, <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r unter die Oberfläche <strong>de</strong>r Dinge<br />

schaut, gewinnt mit Leichtigkeit.” ]<br />

12. Daher bringen <strong>de</strong>n vortrefflichen Kriegern ihre Siege we<strong>de</strong>r Ruhm für ihre Klugheit noch Anerkennung<br />

für ihren Mut ein. [Tu Mu erklärt das sehr gut: „So lange die Umstän<strong>de</strong> für <strong>de</strong>n Sieg nicht<br />

ans Licht kommen, die Welt nichts darüber weiß, wird er keinen Ruhm für seine Weisheit ernten; und wenn<br />

<strong>de</strong>r eroberte Staat aufgegeben hat, bevor es zum Blutvergießen kam, erntet er keine Anerkennung für seinem<br />

Mut.]<br />

13. Man gewinnt seine Schlachten, in<strong>de</strong>m man keinen Fehler begeht. [Ch'en Hao sagt: „Man plant keine<br />

überflüssigen Märsche, man plant keine zwecklosen Angriffe. Die Verbindung von I<strong>de</strong>en erklärt Chang Yu<br />

so: „ Derjenige, <strong>de</strong>r versucht, durch pure Stärke zu erobern, mag klug sein, einen großen Kampf zu gewinnen,<br />

mag auch verantwortlich sein, gelegentlich besiegt zu wer<strong>de</strong>n, während <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r in die Zukunft<br />

schauen kann, und Bedingungen erkennt, die noch nicht offenkundig sind, wird niemals einen Schnitzer<br />

begehen, und daher stets konstant gewinnen. ] Keine Fehler zu machen, ist dasjenige, was die Gewisseheit<br />

eines Sieges sicherstellt, was be<strong>de</strong>utet, daß man einen Feind erobert, <strong>de</strong>r schon bereits verloren<br />

hat.<br />

14. Deshalb bezieht ein geschickter Krieger eine Stellung auf einem Terrain, auf <strong>de</strong>m er unbesiegbar<br />

ist, und verpasst <strong>de</strong>n günstigen Moment nicht, <strong>de</strong>n Feind zu schlagen. [“Ein Rat zur Perfektion”,<br />

wie Tu Mu richtig beobachtet. „E ine Stellung” ist nicht auf <strong>de</strong>n aktuellen Bo<strong>de</strong>n begrenzt. Sie enthält auch<br />

Einrichtungen und Vorbereitungen, welche die Sicherheit einer Armee erhöhen.]<br />

15. Daher gewinnt eine siegreicher Stratege zuerst und sucht dann erst <strong>de</strong>n Kampf; hingegen ist <strong>de</strong>rjenige<br />

zur Nie<strong>de</strong>rlage bestimmt, <strong>de</strong>r erst kämpft, und dann erst versucht, zu gewinnen.[Ho Shih<br />

erklärt das Paradox so: „ Im Krieg, stelle erst Pläne auf, die <strong>de</strong>n Sieg sichern, und dann führe <strong>de</strong>ine Armee<br />

in <strong>de</strong>n Kampf; wenn Du nicht mit <strong>de</strong>r Strategie beginnst, und dich auf pure Stärke alleine verläßt, ist dir<br />

<strong>de</strong>r Sieg nicht sicher."]<br />

16. Ein vollen<strong>de</strong>ter Führer kultiviert das moralische Gesetz (TAO) und befolgt ausschließlich Metho<strong>de</strong><br />

und Disziplin; so liegt es in seiner Macht, <strong>de</strong>n Erfolg zu kontrollieren.<br />

17. Betrachtet man die militärische Metho<strong>de</strong>, so haben wir hier zuerst „Augen maß, danach<br />

„S chätzung <strong>de</strong>r Quantitäten”, drittens „B erechnung”, viertens „Ausgleic hen von Chancen” , fünftens<br />

– <strong>de</strong>n Sieg.<br />

18. Augenmaß verdankt seine Existenz „Er<strong>de</strong>”; die Schätzung <strong>de</strong>r Stärke <strong>de</strong>m Augenmaß; Ausgleichen<br />

von Chancen <strong>de</strong>r Berechnung; und <strong>de</strong>r Sieg <strong>de</strong>m Ausgleichen von Chancen. [Esist nicht einfach,<br />

die vier Bezeichnungen auf chinesisch klar zu unterschei<strong>de</strong>n. Die erste scheint ein Überblick zu sein,<br />

eine Einschätzung <strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains, was uns eine Vorstellung davon gibt, wie stark <strong>de</strong>r Gegner sein kann, um<br />

damit dann Kalkulationen anzustellen, die auf <strong>de</strong>n Daten berühen, die so gewonnen wur<strong>de</strong>n; wir wer<strong>de</strong>n<br />

dann zu einem allgemeinen Aufwiegen geführt, was <strong>de</strong>n Vergleich unserer eigenen Chancen mit <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gegners vergleicht; wenn letzteres die Waagschale umschwenken läßt, dann ist <strong>de</strong>r Sieg sicher. Die größte<br />

Schwierigkeit liegt in <strong>de</strong>m dritten Begriff, <strong>de</strong>n die Kommentatoren als Berechnung von Zahlen auffassen,<br />

<strong>de</strong>r fast ein Synonym für <strong>de</strong>n zweiten Begriff darstellt.Vielleicht sollte <strong>de</strong>r zweite Term als Betrachtung <strong>de</strong>r<br />

generellen positionellen o<strong>de</strong>r konditionellen Stärke <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> betrachtet wer<strong>de</strong>n, wobei <strong>de</strong>r dritte Term die<br />

Schätzung <strong>de</strong>r zahlenmäßigen Stärke ist. An<strong>de</strong>rerseits sagt Tu Mu: „Die Frage <strong>de</strong>r relativen Stärke, wenn<br />

einmal ermittelt, wird noch durch die mannigfaltigen Möglichkeiten <strong>de</strong>r Verschlagenheit erweitert.” Ho<br />

Shih unterstützt diese Deutung, schwächt sie aber gleichzeitig. Je<strong>de</strong>nfalls ist <strong>de</strong>r dritte Term eine zahlenmäßige<br />

Berechnung.]


Taktische Entscheidungen<br />

19. Daher ist eine siegreiche Armee, einer völlig besiegten Armee entgegenstehend, wie ein Pfund,<br />

aufgewogen gegen ein Gramm; eine unterlegene Armee ist wie ein Gramm, aufgewogen gegen<br />

ein Pfund. [Wortwörtlich: „ Eine siegreiche Armee ist wie ein „I” (20 oz.) aufgewogen gegen einen „S HU”<br />

(1/24 oz.); eine völlig besiegte Armee ist ein SHU gewichtet gegen ein „ I”. Der Punkt ist einfach ein<br />

enormer Vorteil einer disziplinierten Streitkraft, gebün<strong>de</strong>lt mit einem Sieg, hat mehr als einen <strong>de</strong>moralisieren<strong>de</strong>n<br />

Vorteil, als die Nie<strong>de</strong>rlage.” Legge, in seiner Bemerkung über Menicus, I.2. ix.2, macht aus <strong>de</strong>m<br />

I = 24 chinesische Unzen, korrigiert Chu Hsi's Standpunkt, daß 1 I = 20 Unzen nur betragen wür<strong>de</strong>. Aber<br />

Li Ch'uan, aus <strong>de</strong>r T'ang Dynastie, bestätigt die Aussage von Chu Hsi.]<br />

20. Der Ansturm einer erobern<strong>de</strong>n Streitkraft ist wie das Wasser eines bersten<strong>de</strong>n Staudammes,<br />

welches tausend Fa<strong>de</strong>n tief in <strong>de</strong>n Abgrund stürzt.<br />

5 Energie<br />

1. <strong>Sun</strong> Tzu sagt: Die Führung einer großen Anzahl ist wie die Führung einer kleinen Anzahl; es ist<br />

eine Sache <strong>de</strong>r Aufteilung in Gruppen. [Was heißen soll, daß die Armee in Regimenter, Kompanien,<br />

e.t.c. Aufgeteilt wird, mit untergeordneten Offizieren in je<strong>de</strong>r Einheit. Tu Mu erinnert uns an Han Hsin's<br />

berühmte Antwort auf die <strong><strong>de</strong>s</strong> ersten Han Herrscher, <strong>de</strong>r einst zu ihm sagte: „Wie groß könnte wohl eine<br />

Armee sein, die ich führen kann?” „Nich t mehr, als 100.000 Mann, Ihre Majestät”. „Und Du?” , fragte <strong>de</strong>r<br />

Herrscher. „Oh!”, antwortete er, „ je mehr, umso besser!”.]<br />

2. Ein Kampf gegen eine große Anzahl ist wie ein Kampf gegen eine kleine Anzahl; es ist eher eine<br />

Frage <strong>de</strong>r Einsatzes von Zeichen und Signalen.<br />

3. Um sicher zu sein, daß die Armee <strong>de</strong>m Hauptgewicht eines feindlichen Angriffs ohne Scha<strong>de</strong>n<br />

standhält – erreicht man die durch direkte und indirekte Manöver.[Wir kommen nun zu <strong>de</strong>m interessantesten<br />

Teil von <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s Abhandlung, <strong>de</strong>r Diskussion <strong><strong>de</strong>s</strong> CHENG und <strong><strong>de</strong>s</strong> CH'I. Weil es nicht leicht<br />

ist, die volle Be<strong>de</strong>utung dieser bei<strong>de</strong>n Worte zu verstehen, o<strong>de</strong>r sie in gutes Englisch zu übersetzen, führe<br />

ich hier noch einige Bemerkungen von Kommentatoren an, bevor ich weiter fortfahre: Li Ch'uan: "Sich <strong>de</strong>m<br />

Gegner stellen ist CHENG, seitliche Ablenkungen zu bil<strong>de</strong>n ist CH'I. Chia Lin: "In Gegenwart <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

sollten die Truppen in normaler Weise angeordnet sein, aber um einen Sieg zu sichern müssen ungewöhn­<br />

liche Manöver durchgeführt wer<strong>de</strong>n." Mei Yao­ch'en: "CH'I ist aktiv sein, CHENG ist passiv sein; Passiv­<br />

ität be<strong>de</strong>utet, auf eine Gelegenheit zu warten, Aktivität be<strong>de</strong>utet, <strong>de</strong>n Sieg zu erringen." Ho Shih: "Wir<br />

müssen <strong>de</strong>n Feind dazu veranlassen, einen Frontalangriff zu erwarten, als wäre er insgeheim geplant wor<strong>de</strong>n,<br />

und umgekehrt. Daher mag CHENG auch gleichzeitig CH'I sein, und CH'I kann auch CHENG sein.”<br />

Er führt hier die Hinterlist von Han Hsnin an, <strong>de</strong>r, als er anscheinend gegen Lin­Chin marschierte (heute<br />

Chao­I in Shensi), dieser plötzlich eine große Streitkraft über <strong>de</strong>n Gelben Fluß in hölzernen Kanu's schickte,<br />

und seinen Feind damit äußerst beunruhigte.[Ch'ien Han Shu, ch. 3.] Hier, so wird gesagt, war <strong>de</strong>r Marsch<br />

von Lin­Chin CHENG, und das Überraschungsmanöver war CH'I. Chang Yu gibt uns folgen<strong>de</strong> Zusammenfassung<br />

seiner Ansichten hierzu: „Milit är­Berichterstatter simmten nicht mit dieser Betrachtung <strong>de</strong>r<br />

Be<strong>de</strong>utung von CH'I und CHENG überein. Wei Liao Tzu [4. Jahrh. v. Chr.] sagt: „Direkt er Kampf<br />

bevorzugt Frontalangriffe, indirekter Kampf Angriffe von <strong>de</strong>r Rückseite.” Ts'ao Kung sagt: „Der Gang in<br />

einen Kampf ist eine direkte Operation; das Erscheinen auf <strong>de</strong>r Hinterseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> ein indirektes<br />

Manöver.” Li Wei­kung [6./7. Jahrh. v. Chr.] sagt: „Im Krieg, direkt gera<strong>de</strong>aus marschieren ist CHENG;<br />

die Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Bewegungsrichtung, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite, ist CH'I. Diese Schreiber betrachten<br />

CHENG als CHENG und CH'I als CH'I; sie bermerken nicht, daß bei<strong>de</strong> gegenseitg austauschbar sind, und<br />

bei<strong>de</strong> sich wie zwei Halbkreise ergänzen.” [siehe infra, ss. 11]. Ein Kommentar über <strong>de</strong>n T'ang Herrscher<br />

T'ai <strong>Tsu</strong>ng geht <strong>de</strong>m auf <strong>de</strong>n Grund: „E in CH'I Manöver mag CHENG sein, wenn wir <strong>de</strong>m Feind es als<br />

CHENG erscheinen lassen; dann wird unser tatsächliches Manöver CH'I sein, und umgekehrt. Das ganze<br />

Geheimnis liegt darin, <strong>de</strong>n Feind zu verwirren, so daß er unsere wahre Absicht nicht ausloten kann.” Um


Energie<br />

es vielleicht noch etwas klarer zu machen: Je<strong>de</strong>r Angriff o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Operation ist CHENG, bei welcher <strong>de</strong>r<br />

Gegner eine bestimmte Erwartungshaltung hatte; hingegen CH'I dasjenige ist, was ihn unvorbereitet trifft,<br />

o<strong>de</strong>r aus einer unerwarteten Ecke kommt. Falls <strong>de</strong>r Feind eine Bewegung wahrnimmt, die CH'I sein sollte,<br />

so wird diese unverzöglich zu CHENG."]<br />

4. Die Wucht <strong>de</strong>r Streitkräfte gleicht Schleifsteinen, die man gegen Eier wirft: Dies ist die Wissenschaft<br />

von „ Starke und Schwache Punkte”.<br />

5. Im Kampf allgmein führt die direkte Metho<strong>de</strong> zur direkten Konfrontation, jedoch die indirekte<br />

Metho<strong>de</strong> ist diejenige, die <strong>de</strong>n Sieg sichert.[Chang Yu sagt: "Entwickle ständig indirekte Taktiken, entwe<strong>de</strong>r<br />

um <strong>de</strong>n Feind in <strong>de</strong>n Flanken o<strong>de</strong>r von hinten anzugreifen.” Ein billiantes Beispiel <strong>de</strong>r „indir ekten<br />

Taktiken”, <strong>de</strong>r über das Gelingen einer Operation entschied, war Lord Fre<strong>de</strong>rick Roberts' Nachtmarsch um<br />

<strong>de</strong>n Peiwar Kotal Pass herum in <strong>de</strong>m Afghanistankrieg. [1] ]<br />

6. Indirekte Taktiken, geschickt angewen<strong>de</strong>t, sind unerschöpflich, wie Himmel und Er<strong>de</strong>, unendlich,<br />

wie <strong>de</strong>r Fluß <strong>de</strong>r Flüsse und Ströme, wie Sonne und Mond, sie en<strong>de</strong>n, um neu zu beginnen, wie<br />

die vier Jahreszeiten, die kommen und gehen. [Tu Yu und Chang Yu verstehen dies als Permutation<br />

von CH'I und CHENG. Aber in diesem Kapitel spricht <strong>Sun</strong> Tzu überhaupt nicht von CHENG, es sei <strong>de</strong>nn,<br />

in <strong>de</strong>r Tat, nehmen wir mit Cheng Yu­Hsien gemeinsam an, daß eine Textpassage aus <strong>de</strong>m Text gefallen ist.<br />

Natürlich, wie bereits herausgestellt, sind die bei<strong>de</strong>n so untrennbar miteian<strong>de</strong>re verwoben bei allen Militäroperationen,<br />

daß sie nicht getrennt betrachtet wer<strong>de</strong>n können. Hier haben wir, bildlich gesprochen, eine unendliche<br />

Quelle, aus <strong>de</strong>m ein guter Führer schöpfen kann.]<br />

7. Angenommen, es gäbe nur fünf Noten auf <strong>de</strong>r Tonleiter, ihre Variationen jedoch ergeben mehr<br />

Melodien, als man jemals anhören könnte.<br />

8. Es existieren nicht mehr als fünf Grundfarben (blau, gelb, rot, weiß und schwarz), aber ihre Variationen<br />

sind unglaublich zahlreich.<br />

9. Es gibt nur fünf grundsätzliche Geschmacksrichtungen (sauer, herb, salzig, süß, bitter), aber ihre<br />

Variationen sind unglaublich zahlreich.<br />

10. Es gibt nur zwei Arten von Angriff, <strong>de</strong>n direkten und <strong>de</strong>n indirekten Angriff, aber die Kombinationen<br />

von bei<strong>de</strong>n ergeben eine endlose Serie von Manövern.<br />

11. Das direkte und indirekte führen aufeinan<strong>de</strong>r im Wechsel. Es gleicht einer Kreisbewegung – man<br />

kommt niemals zu einem En<strong>de</strong>, <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Kombinationen ausnutzen<br />

kann.<br />

12. Der Angriff <strong>de</strong>r Truppen ist wie ein tosen<strong>de</strong>r Strom, <strong><strong>de</strong>s</strong>en Wucht sogar Steine mit sich reißt.<br />

13. Die Qualität von Entscheidungen ist so: Wenn die Geschwindigkeit eines Falken groß ist, das er<br />

zuschlagen und töten kann, dann liegt es an seiner Genauigkeit. [Das Chinesich hier ist trickreich<br />

und ein bestimmtes Wort im Kontext for<strong>de</strong>rt einen Übersetzer sehr heraus. Tu Mu <strong>de</strong>finiert dieses Wort als<br />

„ die Messung o<strong>de</strong>r Schätzung <strong>de</strong>r Entfernung” . Aber die Be<strong>de</strong>utung trifft nicht genau das illustrative Zeichen<br />

in ss 15. Wen<strong>de</strong>t man diese Definition auf <strong>de</strong>n Falken an, so scheint es mir, daß <strong>de</strong>r Instinkt <strong>de</strong>r Selbstbegrenzung,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Vogel davon abhält, sich auf seine Beute zu stürzen, und zwar solange, bis <strong>de</strong>r<br />

richtige Moment gekommen ist, zusammen mit <strong>de</strong>r Energie <strong><strong>de</strong>s</strong> Beurteilens, wann <strong>de</strong>r richtige Moment<br />

gekommen ist. Analog liegt die Qualität eines Soldaten darin, solange sich beim Feuern zurückzuhalten, bis<br />

zu <strong>de</strong>m Moment, wo es am effektivsten ist. Als <strong>de</strong>r Sieg bei Trafalgar mit Leichtigkeit errungen wur<strong>de</strong>,<br />

waren die Gegner mehrere Minuten einem Feuersturm ausgesetzt, bevor sie auch nur einen Schuß abfeuern<br />

konnten. Nelson wartete kühl, bis <strong>de</strong>r Gegner nahe war, als <strong>de</strong>r eine Breitseite anbrachte, die eine fürchterliche<br />

Verwüstung bei nächsten Feindschiffen anrichtete.]<br />

14. Genauso verhält es sich mit einem vortrefflichen Krieger – er ist fürchterlich in seinem Angriff<br />

und genau in seiner Entscheidung. [Das Wort „ Entscheidung” (<strong>de</strong>cision) könnte man mit „ <strong>de</strong>n Feind


Energie<br />

nahe kommen lassen, bevor man zuschlägt” beschreiben. Aber ich <strong>de</strong>nke, daß <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> dieses Wort in <strong>de</strong>m<br />

Sinn von „ kurz und scharf” meinte. Wang Hsi bemerkte, nach<strong>de</strong>m er die Art <strong><strong>de</strong>s</strong> Angriffs eines Falken<br />

beschrieb: „Dies beschreibt, wie das 'psychologische Moment' im Krieg genutzt wer<strong>de</strong>n sollte"]<br />

15. Seine Kraft ist schnell, seine Genauigkeit geht nicht fehl, seine Kraft gleicht einer straff gespannten<br />

Armbrust, seine Genauigkeit gleicht <strong>de</strong>m Auslösen <strong><strong>de</strong>s</strong> Abzugs.<br />

16. Unter <strong>de</strong>m Tumult und Schlachtgetöse mag es scheinen<strong>de</strong> Unordnung geben, jedoch keine reale<br />

Unordnung; Im Durcheinan<strong>de</strong>r und Chaos kann die Schlachtordnung ohne Kopf o<strong>de</strong>r En<strong>de</strong> sein,<br />

<strong>de</strong>nnoch be<strong>de</strong>utet es keine Nie<strong>de</strong>rlage.[Mei Yao­ch'en sagt: "Die Unterabteilungen <strong>de</strong>r Armee, die zuvor<br />

festgelegt wur<strong>de</strong>n, können im Verlauf <strong>de</strong>r Schlacht durch die verschie<strong>de</strong>nen, vereinbarten Signale,<br />

durch Trennung und Verbindung, durch Zersteuen und Sammeln so aussehen, als wenn es Unordnung<br />

geben wür<strong>de</strong>, die real nicht gegeben ist. Deine Formation kann ohne Kopf­ o<strong>de</strong>r Endstück sein, die Einteilungen<br />

total auf <strong>de</strong>n Kopf gestellt, und <strong>de</strong>nnoch kann von einer Nie<strong>de</strong>rlage nicht gesprochen wer<strong>de</strong>n.” ]<br />

17. Simulierte Unordnung for<strong>de</strong>rt perfekte Disziplin, simulierte Furcht for<strong>de</strong>rt Mut, simulierte<br />

Schwächte for<strong>de</strong>rt Stärke. [Um die Übersetzung klarer verständlich machen zu können, war es<br />

notwendig, das scharfe Paradox <strong><strong>de</strong>s</strong> Originals etwas zu entschärfen. Ts'ao Kung <strong>de</strong>utet <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Be<strong>de</strong>utung<br />

mit seiner kurzen Anmerkung an: „ Diese Dinge dienen dazu, eine Formation zu zerstören, und <strong>de</strong>n eigenen<br />

Zustand zu verbergen” Aber Tu Mu ist <strong>de</strong>r erste, <strong>de</strong>r es einfach auf <strong>de</strong>n Punkt bringt: „Wenn du<br />

Durcheinan<strong>de</strong>r vortäuschen möchtest, um <strong>de</strong>n Feind anzulocken, bedarf es einer perfekten Disziplin; wenn<br />

du Furcht vortäuschen möchtest, um <strong>de</strong>n Feind in eine Falle zu locken, mußt Du extremen Mut haben;<br />

wenn Du Schwäche zeigen möchtest, um <strong>de</strong>n Feind hochmütig zu machen, mußt du eine herausragen<strong>de</strong><br />

Stärke haben"]<br />

18. Einen Auftrag unter <strong>de</strong>r Mantel <strong>de</strong>r Unordnung zu verbergen, ist einfach eine Frage <strong>de</strong>r Unterteilung;<br />

Mut hinter vorgetäuschter Furcht zu verbergen, setzt voraus, daß genügend latente Energie<br />

vorhan<strong>de</strong>n ist, um Schwäche anstelle Stärke vorzutäuschen, in<strong>de</strong>m taktische Einteilungen<br />

vorgenommen wer<strong>de</strong>n. [Die Kommentatoren verstehen hier das chinesiche Wort an<strong>de</strong>rs, als in an<strong>de</strong>ren<br />

Kapiteln. So sagt Tu Mu: „seh end, daß wir vollständig umstellt sind, und uns nicht bewegen, wird <strong>de</strong>r<br />

Feind glauben, daß wir Furcht haben. Chang Yu bezieht die folgen<strong>de</strong> Anekdote von Kao <strong>Tsu</strong>, <strong>de</strong>m ersten<br />

Han – Herrscher: „ Im Wunsch, Hsiung­Nu zu schlagen, sen<strong>de</strong>t er Spione aus, die über <strong>de</strong>n gegenerischen<br />

Zustand berichten. Aber Hsiung­Nu, vorgewarnt, verbarg alle kerngesun<strong>de</strong>n Männer und wohlgenährten<br />

Pfer<strong>de</strong> und ließ nur zu, daß schwache Soldaten und ausgezehrtes Vieh gezeigt wird. Lou Ching allein hatte<br />

etwas zu entgegnen: Wenn zwei Län<strong>de</strong>r in Krieg ziehen, sind sie natürlich geneigt, ihre Stärke zu <strong>de</strong>monstrieren.<br />

Dennoch haben unsere Spione nichts außer Alter und Schwäche gesehen. Dies ist sicher irgen<strong>de</strong>ine<br />

Täuschung <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> und es wird unklug sein, anzugreifen. Der Kaiser jedoch, warum auch immer,<br />

mißachtete seinen Rat, ging in die Falle und fand sich plötzlich bei Po­Teng umzingelt wie<strong>de</strong>r]<br />

19. Wer <strong>de</strong>n Feind talentiert in Bewegung hält, hält seine täuschen<strong>de</strong>, äußere Erscheinung bei,<br />

entsprechend so, wie <strong>de</strong>r Feind agiert. [Ts'ao Kung's Bermerkung lautet: "Zeige Schwäche und Absicht<br />

nach außen.” Tu Mu sagt: „ Wenn <strong>de</strong>ine Streitkräfte <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners überlegen sind, sollte Schwäche<br />

vorgetäuscht wer<strong>de</strong>n, um ihn anzulocken; falls du jedoch schwächer bist, dann soll er annehmen, daß wir<br />

stark sind, durch die Zeichen, die wir auswählen und ihm zeigen, in <strong>de</strong>r Hoffnung, daß er sich fernhält. Die<br />

folgen<strong>de</strong> Anekdote von <strong>Sun</strong> Pin, einem Nachkomme von <strong>Sun</strong> Wu, 341 v.Chr. Als <strong>de</strong>r Ch'i Staat sich im<br />

Krieg mit Wei befand, sen<strong>de</strong>te er T'ien Chi und <strong>Sun</strong> Pin gegen General P'ang Chuan, <strong>de</strong>r später Todfeind<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> letzteren wur<strong>de</strong>. <strong>Sun</strong> Pin sagte: „ Der Ch'i Staat ist bekannt für Feigheit, folglich verachtet unser Gegner<br />

uns. Daher laßt uns diesen Umstand für uns nutzen”. Entsprechend, als die Armee die Grenze zum Wei<br />

Territorium gekreuzt hatte, gab er Befehl, 100.000 Lichter zu entzün<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r ersten Nacht, 50.000 in <strong>de</strong>r<br />

zweiten und 20.000 in <strong>de</strong>r 3. Nacht. P'ang Chuan verfolgte dieses interessiert, sagte zu sich: „Ich weiß, daß<br />

diese Männer von Ch'i Feiglinge waren, ihre Zahl hat sich mehr als halbiert. Bei seinem Rückzug kam <strong>Sun</strong><br />

Pin an einen schmalen Paß, und er kalkulierte, daß seine Verfolger diesen erst im Dunkeln erreichen wür<strong>de</strong>n.<br />

Er ließ von einem Baum die Rin<strong>de</strong> abschälen und schrieb dort hinein: „Un ter diesem Baum wird P'ang


Energie<br />

Chuan sterben”. Dann, als die Nacht einbrach, positionierte er starke Bogenschützen in <strong>de</strong>r Nähe, mit <strong>de</strong>m<br />

Auftrag, sofort zu schießen, sobald sie ein Licht sehen. Später, als P'ang Chuan an <strong>de</strong>m Punkt ankam, <strong>de</strong>n<br />

Baum bemerkte, zün<strong>de</strong>te er ein Licht an, um zu sehen, was darauf geschrieben stand. Sein Körper war sofort<br />

von einer Salve Pfeilen durchbohrt, und seine ganze Armee zerschlagen. Dies ist Tu Mu's Version <strong>de</strong>r<br />

Geschichte; Im SHIN CHI, weniger dramatisch, aber vielleicht historisch korrekter, schnei<strong>de</strong>t sich P'ang<br />

Chuan selber die Kehle durch, mit einem Ausdruck von Verzweifelung, nach<strong>de</strong>m seine Armee vernichtet<br />

war]. Er opfert etwas, wonach <strong>de</strong>r Feind schnappen kann.<br />

20. Durch das Auswerfen von Kö<strong>de</strong>rn hält er ihn in Bewegung; mit einigen ausgewählten Männern<br />

liegt er auf <strong>de</strong>r Lauer.<br />

21. Der kluge Kämpfer schaut auf <strong>de</strong>n Effekt <strong>de</strong>r kombinierten Kräfte und for<strong>de</strong>rt nicht zuviel von je<strong>de</strong>m<br />

einzelnen. [Tu Mu sagt: „Er betrachtet zuerst alle Kräfte seiner Arme im Pulk; danach betrachtet er<br />

individuelle Talente, und setzt Männer entsprechend ihrer Fähigkeiten ein. Er verlangt keine Perfektion<br />

von untalentierten Männern. ] Hieraus ergibt sich seine Fähigkeit, die richtigen Männer<br />

auszusuchen, und <strong>de</strong>ren kombinierte Energie zu nutzen, die Umstän<strong>de</strong> für sich arbeiten zu lassen.<br />

22. Wenn man Menschen veranlasst zu kämpfen, in<strong>de</strong>m man das Zusammenspiel <strong>de</strong>r Kräfte ausnützt,<br />

ist es, als wür<strong>de</strong> man Langhölzer o<strong>de</strong>r Felsen rollen. Es ist die Natur <strong>de</strong>r Langhölzer und<br />

Felsen, sich nicht zu bewegen, wenn sie auf ebenem Grund liegen, aber zu rollen, sobald sie auf<br />

einen Abhang geraten. Sie bleiben liegen, wenn sie viereckig sind, sie rollen, wenn sie rund sind.<br />

[Ts'au Kung nennt dies: „die Nutzung <strong>de</strong>r natürlichen o<strong>de</strong>r inhärenten Energie”].<br />

23. Wenn Menschen also geschickt in <strong>de</strong>n Kampf geführt wer<strong>de</strong>n, gleicht ihre Schlagkraft <strong>de</strong>r von<br />

run<strong>de</strong>n Felsen, die einen Berg hinabrollen ­ dies ist Kraft. [Die wichtigste Lehre in diesem Kapitel,<br />

entsprechend Tu Mu's Meinung, ist die überragen<strong>de</strong> Wichtigkeit im Krieg schneller Entwicklung und plötzlicher<br />

Sturmangriffe. „Groß artige Ergebnisse”, fügt er hinzu, „ kann man mit kleinen Streitkräften erzielen!”]<br />

[1] "Forty­one Years in India," chapter 46.<br />

6 SCHWACHE PUNKTE UND STARKE<br />

[Chang Yu versucht, <strong>de</strong>n Inhalt dieses Kapitels wie folgt, zu beschreiben: "Kapitel IV, „Taktisc he Stellungen“<br />

han<strong>de</strong>lt von Offensive und Defensive; Kapitel V, „ Energie“, han<strong>de</strong>lt von direkten und indirekten Metho<strong>de</strong>n. Ein<br />

guter General macht sich zuerst selbst vertraut mit <strong>de</strong>r Theorie von Angriff und Verteidigung, erst dann widmet<br />

er sich <strong>de</strong>n direkten und indirekten Metho<strong>de</strong>n. Er studiert die <strong>Kunst</strong>, wie man bei<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n miteinan<strong>de</strong>r kombiniert,<br />

bevor er dann zu Thema <strong>de</strong>r Schwachstellen kommt. Nämlich die möglichen direkten und indirekten Metho<strong>de</strong>n<br />

ergeben sich aus <strong>de</strong>m Angriff und <strong>de</strong>r Verteidigung, und das Erkennen <strong>de</strong>r Schwachstellen und Stärken<br />

hängt von <strong>de</strong>n obigen Metho<strong>de</strong>n ab. Daher folgt dieses Kapitel direkt auf das Kapitel „ Energie“.<br />

1. <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> sagt: Jene, die sich als erste am Schlachtfeld einfin<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Gegner erwarten, sind<br />

entspannt; jene, die als letzte am Schlachtfeld eintreffen und sich übereilt in <strong>de</strong>n Kampf stürzen,<br />

verausgaben sich.<br />

2. Deshalb zwingt ein begabter Krieger <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren seinen Willen auf, erlaubt einem Gegner nicht,<br />

ihm seinen Willen aufzuzwingen.<br />

3. Was <strong>de</strong>n Gegner dazu bewegt, sich zu nähern, ist die Aussicht auf Vorteil. Was <strong>de</strong>n Gegner vom<br />

Kommen abhält, ist die Aussicht auf Scha<strong>de</strong>n.<br />

4. Wenn <strong>de</strong>r Gegner also ausgeruht ist, ist es möglich, ihn zu ermü<strong>de</strong>n. Ist er wohlgenährt, ist es<br />

möglich, ihn auszuhungern. Verhält er sich ruhig, ist es möglich, ihn in Bewegung zu versetzen.


SCHWACHE PUNKTE UND STARKE<br />

5. Erscheine an Plätzen, wo <strong>de</strong>in Gegner sich sputen muß, um diesen zu verteidigen; eile dorthin, wo<br />

er dich am wenigsten erwartet.<br />

6. Willst du tausend LI zurücklegen, ohne zu ermü<strong>de</strong>n, dann durchquere Gebiete, die <strong>de</strong>r Feind<br />

nicht erreicht.[Ts'ao Kung fasst treffend zusammen: "Tauche aus <strong>de</strong>m Nichts auf, schlage in verletzbare<br />

Stellen, mei<strong>de</strong> Plätze, die verteidigt sind, greife Quartiere unerwartet an."]<br />

7. Willst du sicher gehen, dass du auch erobern kannst, was du angreifst, dann greife Stellungen an,<br />

die nicht verteidigt wer<strong>de</strong>n. Willst du sicher gehen, dass du auch halten kannst, was du verteidigst,<br />

dann halte Stellungen, die nicht angegriffen wer<strong>de</strong>n können. [Wang Hsi bezeichnet „unvertei ­<br />

digte Plätze” als „Schwachpun kte” ; das soll meinen, wenn ein General Kapazitätsprobleme hat, o<strong>de</strong>r es <strong>de</strong>n<br />

Soldaten am Kampfgeist mangelt; wo die Wän<strong>de</strong> nicht stark genug sind, o<strong>de</strong>r die Vorkehrungen nicht<br />

genau genug, wo Ablösung zu spät kommt, Vorkehrungen zu dürftig sind, o<strong>de</strong>r die Verteidiger untereinan­<br />

<strong>de</strong>r zerstreut sind. Tu Mu, Ch'en Hao, und Mei Yao­ch'en meinen hierzu folgen<strong><strong>de</strong>s</strong>: "Um eine Verteidigungsstellung<br />

recht sicher zu machen, muß Du sogar diejenigen Plätze verteidigen, die wahrscheinlich<br />

nicht angegriffen wer<strong>de</strong>n; und Tu Mu fügt hinzu: "Es gibt dann viel mehr Plätze, die angegriffen wer<strong>de</strong>n.”<br />

So aufgefasst, wie auch immer, verträgt sich diese Anweisung schlecht mit <strong>de</strong>m Vorhergehen<strong>de</strong>n ­ immer<br />

unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>s</strong> beson<strong>de</strong>ren Stils, <strong>de</strong>r natürlich für die Chinesen ist, <strong>de</strong>m Stil <strong>de</strong>r Antithesen.<br />

Chang Yu, kommt <strong>de</strong>m Ganzen schon näher, in<strong>de</strong>m er sagt: Der, <strong>de</strong>r Angriffe beherrscht, fährt wie ein Blitz<br />

herunter von <strong>de</strong>n höchsten Hügeln <strong><strong>de</strong>s</strong> Himmels, das <strong>de</strong>r Feind keine Möglichkeit hat, sich zu verteidigen.<br />

Da <strong>de</strong>m so ist, sollte man nur diejenigen Plätze angreifen, die <strong>de</strong>r Gegner nicht halten kann. Der, <strong>de</strong>r<br />

Verteidigung beherrscht, versteckt sich in <strong>de</strong>n geheimsten Schlupfwinkeln <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, und macht es seinem<br />

Feind unmöglich, ihn zu fin<strong>de</strong>n. Da <strong>de</strong>m so ist, sollte ich exakt diejenigen Plätze nur besetzen, die <strong>de</strong>r Feind<br />

nicht angreifen kann."]<br />

8. Deshalb weiß <strong>de</strong>r Gegner bei jenen, die geschickt anzugreifen wissen, nicht, wo er sich verteidigen<br />

soll. Bei jenen, die es verstehen, sich zu verteidigen, weiß <strong>de</strong>r Gegner nicht, wo er angreifen soll.<br />

[Ein Aphorismus, <strong>de</strong>r die ganze Schrift ART OF WAR in eine Nußschale packt.]<br />

9. Das ist die göttliche <strong>Kunst</strong> – sei unendlich subtil und geheimnisvoll. Durch sie lernen wir unsichtbar<br />

zu sein, unhörbar zu sein. So hältst du das Schicksal <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners in <strong>de</strong>inen Hän<strong>de</strong>n.<br />

10. Um unaufhaltsam vorrücken zu können, stoss durch seine Lücken vor. Um dich zurückziehen zu<br />

können, und sicher zu sein, daß Du nicht verfolgt wirst, sei schneller als er.<br />

11. Suchst du also <strong>de</strong>n Kampf, so mag sich <strong>de</strong>r Feind noch so sehr in <strong>de</strong>r Verteidigung verschanzen,<br />

er wird <strong>de</strong>m Kampf nicht ausweichen können, wenn du jene Stellen angreifst, zu <strong>de</strong>ren Schutz er<br />

sich gezwungen sieht. [Tu Mu sagt: "Wenn <strong>de</strong>r Feind <strong>de</strong>rjenige ist, <strong>de</strong>r angreift, können wir die Linien<br />

<strong>de</strong>r Kommunikation kappen, und die Rückzugsstraßen belagern; falls wir eindringen, greifen wir direkt <strong>de</strong>n<br />

Befehlshaber selber an” . Es ist klar, daß <strong>Sun</strong> Tzu nicht an Frontalangriffe glaubte, im Gegensatz zu bestimmten<br />

Generalen in <strong>de</strong>m Boer Krieg.]<br />

12. Wollen wir <strong>de</strong>n Kampf vermei<strong>de</strong>n, können wir ihn daran hin<strong>de</strong>rn, uns durch die Linien unseres<br />

Feldlagers einzunehmen, in<strong>de</strong>m wir ihn bloß an <strong>de</strong>r Nase herumführen. Alles was wir tun<br />

müssen, ist etwas unvorhergesehenes und merkwürdiges in seine Richtung werfen. [Dieser kurze<br />

Ausdruck ist von Chia Lin genauer erklärt wor<strong>de</strong>n: „Auch wenn wir keinen Schutzwall, noch einen Graben<br />

haben – wir verblüffen ihn durch seltsame und ungewöhnliche Anordnungen;” und Tu Mu ergänzt noch<br />

die Be<strong>de</strong>utung durch drei weitere, anschauliche Anekdoten: ­­ eine von Chu­ko Liang, <strong>de</strong>r, als er Yang­p'ing<br />

besetzte, und von Ssu­ma I angegriffen wur<strong>de</strong>, plötzlich seine Fahnen einzog, die Trommeln schweigen ließ,<br />

die Stadttore aufstoßen ließ, und nur ein paar Männer zeigen ließ, die fegten die Er<strong>de</strong> gossen. Dieses unerwartete<br />

Vorgehen hatte <strong>de</strong>n beabsichtigten Effekt; für Ssu­ma I, <strong>de</strong>r direkt einen Hinterhalt erwartete, zog<br />

tatsächlich seine Armee zurück. Das was <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> hier vertritt, daher, ist nicht mehr o<strong>de</strong>r weniger als die<br />

zeitweilige Anwendung von „Blöff”. ]


SCHWACHE PUNKTE UND STARKE<br />

13. Durch Ent<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>r gegnerischen Anordnung, wobei die unseren unsichtbar bleiben, können<br />

wir unsere Kräfte konzentriert halten, während die <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners sich aufsplitten müssen. [Der<br />

Hintergrund ist nicht sehr durchsichtig, aber Chang Yu (nach Mei Yao­ch'en) erklärt es so: "Wenn die<br />

feindlichen Anordnungen sichtbar sind, können wir geeint auftreten; während hingegen, wenn unsere eigenen<br />

Anordnungen geheim bleiben, <strong>de</strong>r Feind gezwungen ist, seine Streitkräfte aufzuteilen, um sich gegen<br />

Angriffe von vielen möglichen Seiten zu verteidigen."]<br />

14. Wenn du konzentriert als Einheit auf trittst, während die gegnerischen Kräfte in zehn Teile gespalten<br />

sind, greifst du als Einheit ein Zehntel <strong>de</strong>r gegnerischen Kräfte an. Daher bist du <strong>de</strong>m Gegner<br />

zahlenmäßig überlegen.<br />

15. Wenn du so mit <strong>de</strong>r Mehrzahl die Min<strong>de</strong>rzahl angreifen kannst, wird unser Gegner in argen<br />

Nöten sein.<br />

16. Der Ort, an <strong>de</strong>m du kämpfen willst, darf nicht bekannt wer<strong>de</strong>n, weil <strong>de</strong>r Feind sich auf viele<br />

mögliche Situationen und Angriffe an unterscheidlichen Orten vorbereiten muß. Und wenn seine<br />

Streitkräfte in viele Richtungen verteilt sind, haben wir es an je<strong>de</strong>m Punkt nur mit relativ wenigen<br />

Gegnern zu tun.<br />

17. Wenn also die Frontlinie gerüstet ist, ist die Nachhut geschwächt, und wenn die Nachhut gerüstet<br />

ist, ist die Frontlinie geschwächt. Wenn die linke Flanke gerüstet ist, ist die rechte geschwächt;<br />

wenn die rechte Flanke gerüstet ist, ist die linke geschwächt. Überall gerüstet zu sein be<strong>de</strong>utet,<br />

überall geschwächt zu sein. [In „Die Instruktion Friedrichs <strong><strong>de</strong>s</strong> Großen für seine Generale”, geschrieben<br />

1747, lesen wir: "Ein Verteidigungskrieg ist in <strong>de</strong>r Lage, uns zu verführen, in zu viele, kleine Einheiten<br />

aufzuteilen. Diejenigen Generale, die nichts hatten, außer ein wenig Erfahrung, versuchten, je<strong>de</strong>n Punkt zu<br />

verteidigen, wohingegen jene, die besser ausgebil<strong>de</strong>t waren, und nur <strong>de</strong>n Hauptgegenstand <strong>de</strong>r Verteidigung<br />

im Auge hatten, sich vor einem entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schlag schützten, in<strong>de</strong>m sie billigend kleine Nie<strong>de</strong>rlagen<br />

hinnahmen, um eine größere zu verhin<strong>de</strong>rn.“]<br />

18. Zahlenmäßige Unterlegenheit kommt von <strong>de</strong>r Notwendigkeit, sich auf alle möglichen Angriffe<br />

vorbreiten zu müssen. Zahlenmäßige Überlegenheit tritt dann ein, wenn man seinen Gegner<br />

zwingt, sich auf uns in dieser Art vorzubereiten. [„Die höchste Generalität”, in Col. Hen<strong>de</strong>rson's<br />

Worten, „ ist es, <strong>de</strong>n Gegner zwingen, sich zu zerstreuen, und dann überlegene Kräfte gege je<strong>de</strong> kleine Einheit<br />

zu führen."]<br />

19. Wenn du also Ort und Zeit <strong>de</strong>r Schlacht weißt, kannst du dich <strong>de</strong>r Herausfor<strong>de</strong>rung aus größten<br />

Entfernungen stellen. [Was <strong>Sun</strong> Tzu offensichtlich im Kopf hat, sind Kalkulationen <strong>de</strong>r Entfernungen<br />

und die meisterlichen Beschäftigungen mit Strategien, die es einem General erlauben, seine Armee<br />

aufzuteilen, für einen langen und schnellen Marsch, und hinterher diese an einem präzisen Punkt zu einer<br />

präzisen Uhrzeit zusammenstoßen zu lassen, um einen Feind mit überlegener Stärke dann zu schlagen.<br />

Unter vielen solcher Zusammenschlüssen <strong>de</strong>r Geschichte <strong><strong>de</strong>s</strong> Militärs fin<strong>de</strong>n wir einen höchst dramatischen<br />

und entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, als Blucher genau im richtigen Moment auf <strong>de</strong>m Feld in Waterloo erschien.]<br />

20. Wenn du Ort und Zeit <strong>de</strong>r Schlacht nicht kennst, dann kann <strong>de</strong>ine linke Flanke <strong>de</strong>iner rechten<br />

nicht beistehen, <strong>de</strong>ine rechte kann <strong>de</strong>iner linken nicht beistehen, <strong>de</strong>ine Vorhut kann <strong>de</strong>iner Nachhut<br />

nicht beistehen und <strong>de</strong>ine Nachhut kann <strong>de</strong>iner Vorhut nicht beistehen, auch wenn die Entfernung<br />

nur ein paar LI beträgt. [Das Chinesische <strong><strong>de</strong>s</strong> letzten Satzes läßt mangel<strong>de</strong> Präzision erkennen, aber<br />

das gedankiche Bild, welches wir zeichnen mußten, ist möglicherweise das von einer Armee, die zu einem<br />

Treffpunkt marschiert in mehreren Truppenabschnitten, je<strong>de</strong> von ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

hinbefohlen. Wenn <strong>de</strong>r General diesen erlaubt, planlos loszulaufen, ohne exakte Instruktionen für Zeit, Ort<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Treffens, wird <strong>de</strong>r Feind in <strong>de</strong>r Lage sein, die Armee in Stücke zu zerschlagen. Chang Yu's Kommentar<br />

ist hier willkommen: „Wenn wir nicht <strong>de</strong>n Ort und <strong>de</strong>n Platz kennen, an welchem unsere Gegner sich sammeln<br />

wer<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Tag, wann sie in <strong>de</strong>n Krieg eintreten (dazustoßen), büßen wir unsere Einheit ein,<br />

weil wir uns auf Verteidigung vorbereiten müssen, und die Stellungen, die wir halten müssen, wer<strong>de</strong>n un­


SCHWACHE PUNKTE UND STARKE<br />

sicher sein. Wenn plötzlich ein mächtiger Feind auftaucht, wer<strong>de</strong>n wir verzweifelt kämpfen, ohne gegenseitige<br />

Unterstützung zwischen <strong>de</strong>n Flügeln, zwischen Vorhut o<strong>de</strong>r Nachhut, was insbeson<strong>de</strong>re auch zutrifft,<br />

wenn nur eine scheinbar vernachlässigbare Entfernung zwischen <strong>de</strong>n vor<strong>de</strong>ren und hinteren Divisionen <strong>de</strong>r<br />

Armee liegt."]<br />

21. Nach meiner Einschätzung mögen die Soldaten von Yueh ja über viel mehr Truppen verfügen, als<br />

die an<strong>de</strong>ren, aber dieser Vorteil wird ihnen nicht zum Sieg verhelfen. Ich sage, daß wir einen Sieg<br />

erringen können. [Ach, was für tapfere Worte! Die lange Feh<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Staaten en<strong>de</strong>te 473 v.<br />

Chr. mit <strong>de</strong>r totalen Nie<strong>de</strong>rlage von Wu durch Kou Chien und seiner Einglie<strong>de</strong>rung in Yueh. Das war<br />

zweifelsohne lange nach <strong>Sun</strong> Tzu's Tod. Mit dieser Behauptung vergleiche auch Kapitel IV. Ss 4. Chang<br />

Yu, wo es nur einen Unterschied in <strong>de</strong>r Beschreibung gibt, <strong>de</strong>r wie folgt erklärt wird: „ In <strong>de</strong>m Kapitel über<br />

taktische Vorkehrungen wird gesagt: „ Man kann wissen, wie man erobert, ohne fähig zu sein, es zu tun!” ,<br />

während hingegen wir hier stehen haben, daß <strong>de</strong>r Sieg errungen wer<strong>de</strong>n kann. Die Erklärung hierzu ist,<br />

daß in einem früheren Kapitel, wo Offensive und Defensive diskutiert wer<strong>de</strong>n, angenommen wird, daß <strong>de</strong>r<br />

Feind vorbereitet ist, man ihn also nicht mit Sicherheit schlagen kann. In dieser Passage jedoch wird von<br />

<strong>de</strong>n Soldaten von Yueh berichtet, die, nach <strong>Sun</strong> Tzu's Berechnungen, nicht wissen, wann und wo <strong>de</strong>r kommen<strong>de</strong><br />

Kampf stattfin<strong>de</strong>n wird. Deswegen sagt er, daß er Sieg errungen wer<strong>de</strong>n kann.]<br />

22. Selbst wenn <strong>de</strong>r Gegner in großer Zahl auftritt, kannst du ihn dazu veranlassen, nicht zu kämpfen.<br />

Laß es so aussehen, als hättest du seine Pläne durchschaut als wären sie erfolgversprechend. [Eine<br />

Alternative wird von Chia Lin beschrieben: „ Kenne im Vorhinein alle Pläne, die zu unserem Erfolg und zu<br />

einem Versagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> führen."]<br />

23. Reize <strong>de</strong>inen Gegner, und lerne seine Prinzipien von Aktivität und Inaktivität. Zwinge ihn, sich<br />

zu offenbaren, um seine Schwächen herauszufin<strong>de</strong>n.<br />

24. Vergleiche sorgsam die gegnerische Armee mit <strong>de</strong>iner eigenen, sodaß Du vermuten kannst, wo sie<br />

in ihrer Stärke überlegen und wo sie unterlegen ist.<br />

25. Wenn du taktische Vorkehrungen triffst, die höchste Stufe, die du erreichen kannst, ist, sie geheim<br />

zu halten. [Die Schärfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi<strong>de</strong>rspruches verschwin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>r Übersetzung: Geheimhaltung ist vielleicht<br />

nicht so sehr die tatsächliche Unsichtbarkeit, in <strong>de</strong>m Sinne von „k eine Zeichen geben” , <strong><strong>de</strong>s</strong>sen, was du beabsichtigst,<br />

<strong>de</strong>r Pläne, die du entwickelt hast.] Halte <strong>de</strong>ine Vorbereitungen stets geheim, und du wirst<br />

sicher sein vor <strong>de</strong>r Neugier<strong>de</strong> <strong>de</strong>r feinsten Spione, von <strong>de</strong>n Machenschaften und Intrigen <strong>de</strong>r<br />

weisesten Köpfe.<br />

26. Wie <strong>de</strong>r Sieg errungen wird, durch die taktischen Fehler <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> – dies zu verstehen, ist für<br />

die Allgemeinheit unmöglich.<br />

27. Was man sehen kann ist die Taktik, mit <strong>de</strong>r ich erobere, jedoch sieht niemand die Strategien, aus<br />

<strong>de</strong>nen sich <strong>de</strong>r Sieg zwagsläufig ergibt.<br />

28. Daher sind die Taktiken <strong><strong>de</strong>s</strong> Sieges die zu einem Sieg geführt haben, in einem Krieg nicht wie<strong>de</strong>rholbar,<br />

son<strong>de</strong>rn die Metho<strong>de</strong>n passen sich in unendlicher Vielfalt <strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n an. [Wie Wang<br />

Hsi klug bemerkt: Es gibt ein Grundprinzip, welches je<strong>de</strong>m Sieg zugrun<strong>de</strong> liegt, aber die Taktiken sind unzählig.”<br />

Vergleiche auch Colonel Hen<strong>de</strong>rson: „Die Regeln <strong>de</strong>r Strategie sind wenige und recht simpel. Sie<br />

können in einer Woche erlernt wer<strong>de</strong>n. Man kann sie schulen durch anschauliche Illiustrationen o<strong>de</strong>r ein<br />

dutzend Diagrame. Aber solches Wissen wird nieman<strong>de</strong>n lehren, eine Armee zu führen, wie Napoleon es<br />

tat, ebenso wie die Kenntnisse von Grammatik ihn lehren wird, wie Edward Gibbon (Der Untergang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

römischen Reiches) zu schreiben."]<br />

29. Eine militärische Formation ist wie Wasser ­ die Form <strong><strong>de</strong>s</strong> Wassers ist es, Höhen zu vermei<strong>de</strong>n<br />

und nach <strong>de</strong>n Tiefen zu streben.<br />

30. Im Krieg, ist es <strong>de</strong>r Weg, das Starke zu mei<strong>de</strong>n, und das Schwache anzugreifen.


SCHWACHE PUNKTE UND STARKE<br />

31. Der Fluss <strong><strong>de</strong>s</strong> Wassers ist von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> bestimmt, <strong>de</strong>r Sieg einer Streitmacht wird von <strong>de</strong>m Gegner<br />

bestimmt, <strong>de</strong>m er gegenüber steht.<br />

32. Daher hat eine militärische Streitmacht keine feststehen<strong>de</strong> Formation. Wasser kennt keine<br />

beständige Form.<br />

33. Derjenige ist fähig, zu siegen, <strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>m Gegner entsprechend wan<strong>de</strong>lt und anpasst, verdient<br />

es, ein „ <strong>de</strong>m Himmel entsprungener Führer” genannt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

34. Die fünf Elemente (Wasser, Feuer, Holz, Metal, Er<strong>de</strong>) sind nicht immer beherrschend. [Das ist es,<br />

was Wang Hsi sagt: "Sie herrschen abwechselnd."] die vier Jahreszeiten welchseln sich ab.<br />

[Wortwörtlich: "haben keinen bestimmten Platz"] Es gibt kurze Tage und lange, <strong>de</strong>r Mond hat<br />

zunehmen<strong>de</strong> und abnehmen<strong>de</strong> Phasen. [Cf. V. ss. 6. Die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortlautes dieser Passage ist<br />

einfach die, <strong>de</strong>n Wunsch nach Beständigkeit im Kriege zu illustrieren, in<strong>de</strong>m man Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r<br />

Natur beschreibt. Der Vergleich ist nicht sehr glücklich gewählt, warum auch immer, weil die<br />

Regemäßigkeit dieses Phänomens, welches <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> erwähnt, keine Parallelen im wirklichen Krieg hat.]<br />

[1] Siehe Col. Hen<strong>de</strong>rson's Biografie von Stonewall Jackson, Ausgabe von 1902, Band. II, Seite 490.<br />

7 Über <strong>de</strong>n bewaffneten Kampf<br />

1. <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> sagt: Gemäß <strong>de</strong>r gewöhnlichen Regel für <strong>de</strong>n Einsatz von Streitkräften erhält <strong>de</strong>r Befehlshaber<br />

seine Befehle vom Herrscher.<br />

2. Daraufhin zieht er die Truppen zusammen, sammelt sie und bringt sie in gemeinsamen<br />

Quartieren unter. Nichts ist schwieriger als <strong>de</strong>r bewaffnete Kampf. ["Chang Yu sagt: "Die Herstellung<br />

<strong>de</strong>r inneren Harmonie und Zuversicht zwischen höhreren und niedrigeren Rängen muß geschehen,<br />

bevor man ins Feld zieht.” Er fügt noch eine Äußerung von Wu Tzu hinzu: „ Ohne Harmonie im Staate<br />

kann keine militärische Operation unternommen wer<strong>de</strong>n; ohne Harmonie in <strong>de</strong>r Armee kann keine Kampfformation<br />

formiert wer<strong>de</strong>n.” In einem historischen Roman wer<strong>de</strong>n <strong>Sun</strong> Tzu folgen<strong>de</strong> Worte in <strong>de</strong>n Mund<br />

gelegt, die er zu Wu Yuan sagt: „Als allgemeine Regel, für solche, die in Krieg ziehen, ist, daß sie sich von<br />

allen Streits zuhause befreien sollten, bevor sie fortfahren, einen außenstehen<strong>de</strong>n Gegner anzugreifen."]<br />

3. Danach kommt <strong>de</strong>r taktische Kampf, <strong>de</strong>r nicht weniger schwer ist. Die Schwierigkeit im bewaffneten<br />

Kampf besteht darin. Fernes in Nahes und Widrigkeiten in Vorteile zu verwan<strong>de</strong>ln.<br />

[Dieser Satz enthält mal wie<strong>de</strong>r einen dieser hochverdichteten und etwas kryptischen Ausdrücke, die <strong>Sun</strong><br />

Tzu gerne verwen<strong>de</strong>t. Dieser wird von Ts'ao Kung so interpretiert: „L aß es so erscheinen, daß Du weit weg<br />

bist, dann hole die Strecke schnell auf, und erscheine auf <strong>de</strong>m Schauplatz, bevor <strong>de</strong>in Gegner eingetroffen<br />

ist."Tu Mu sagt: „ Führe <strong>de</strong>n Feind hinters Licht, damit er sich Zeit läßt, während Du mit maximaler<br />

Geschwindigkeit fortschreitest. Ho Shih beschreibt es etwas an<strong>de</strong>rs: „Obwoh l Du vielleicht schwierigen<br />

Grund zu überqueren hast, natürliche Hin<strong>de</strong>rnisse, ist dies ein Nachteil, <strong>de</strong>r in einen taktischen Vorteil<br />

gewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n kann, durch die Geschwindigkeit <strong>de</strong>r Bewegung”. Leuchten<strong>de</strong> Beispiele hierfür sind die<br />

bei<strong>de</strong>n Passagen über die Alpen – die von Hannibal, von welchem das Schicksal Italiens abhing, und das<br />

von Napoleon 2000 Jahre später, welcher dadurch <strong>de</strong>n großen Sieg von Marengo erringen konnte.]<br />

4. Daher lass <strong>de</strong>inen Gegner einen weiten Weg einschlagen und locke ihn mit <strong>de</strong>r Aussicht auf einen<br />

Vorteil. Wenn du dich nach ihm in Bewegung setzt und vor ihm ankommst, beherrschst du die<br />

Strategie <strong>de</strong>r Umleitung, Fernes in Nahes zu verwan<strong>de</strong>ln. [Tu Mu zitiert <strong>de</strong>n berühmten Marsch von<br />

Chao She, 270 v.Chr., die berühmte Stadt O­yu zu befreien, die kurz zuvor von <strong>de</strong>r Armee von Ch'in besetzt<br />

wur<strong>de</strong>. Der König von Chao konsultierte zuerst Lien P'o nach seinem Rat, die Stadt zu befreien, aber<br />

dieser meinte, daß die Entfernung zu groß wäre, und das dazwischenliegen<strong>de</strong> Land zu schroff und<br />

schwierig. Seine Majestät befragte dann Chao She, <strong>de</strong>r die gefährliche Natur eines solchen Marsches


Über <strong>de</strong>n bewaffneten Kampf<br />

bestätigte. „Wir wer<strong>de</strong>n sein, wie zwei Ratten, die in einem Loch kämpfen, und die flinkere wird gewinnen.<br />

So verließ er die Hauptstadt mit seiner Armee, stoppte nach 30 LI, und begann, Befestigungsstellungen zu<br />

bauen. 28 Tage lang verstärkte er seine Stellungen, und sorgte dafür, daß Spione Informationen zum Feind<br />

trugen. Der Ch'in General war überglücklich, und schrieb die Langsamkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners <strong>de</strong>r Tatsache zu,<br />

daß die belagerte Stadt im Han – Staat sich befand, welche nicht Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Chao Territoriums war. Aber die<br />

Spione waren gera<strong>de</strong> unterwegs, als Chao She einen Gewaltmarsch begann, <strong>de</strong>r zwei Tage und eine Nacht<br />

dauerte, und erreichte <strong>de</strong>n Kampfplatz mit so einer erstaunlichen Geschwindigkeit, daß er in <strong>de</strong>r Lage war,<br />

eine beherrschen<strong>de</strong> Stellung auf <strong>de</strong>m Nordhügel zu besetzen, bevor <strong>de</strong>r Feind Wind von seinen Bewegungen<br />

bekommen hatte. Die Ch'in Streitkräfte erführen eine bittere Nie<strong>de</strong>rlage, wur<strong>de</strong>n gezwungen die Stadt Oyu<br />

aufzugeben, und sich in aller Eile hinter die Grenze zurückzuziehen.]<br />

5. Daher wird <strong>de</strong>r bewaffnete Kampf mit einer Armee als vorteilhaft gesehen, jedoch mit einem<br />

undisziplinierten Haufen ist er höchstgefährlich. [Ich verweise hier auf die Schriften von T'UNG<br />

TIEN, Cheng Yu­hsien und T'U SHU, die dies so formulierten, daß es mehr Sinn machte. Einige Kommentatoren<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Standard­Textes meinen fälschlicherweise, daß Manöver gewinnbringend sein sollten, o<strong>de</strong>r<br />

gefährlich wären: Bei<strong><strong>de</strong>s</strong> wür<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Fähigkeiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals abhängen.]<br />

6. Wolltest du ein voll ausgestattes Heer in Marsch setzt, um dir einen Vorteil zu verschaffen, könnte<br />

es sein, daß Du zu spät kommst., wolltest du aber mit einer leicht bewaffneten Armee um <strong>de</strong>n<br />

Sieg kämpfen, so käme dies einem Mangel an Ausrüstung gleich. [Einiges <strong><strong>de</strong>s</strong> chinesischen Textes ist<br />

offenbar für Kommentatoren nicht zu entziffern gewesen, die hier <strong>de</strong>n Satz paraphrasiert haben. Ich schreibe<br />

hier meine eigenen Erkenntnisse, emotionslos, davon überzeugt, daß hier ein Problem im Originaltext<br />

steckt. Zusammenfassend kann man sagen, daß <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> keinen langen Marsch empfiehlt, ohne ausreichen<strong>de</strong><br />

Ausrüstung und Versorgung.]<br />

7. Bist du also mit leichter Ausrüstung unterwegs und machst du we<strong>de</strong>r bei Tag noch bei Nacht halt,<br />

marschierst du doppelt so schnell wie sonst, marschierst du hun<strong>de</strong>rt LI, um für einen Vorteil zu<br />

kämpfen, dann wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ine Heerführer in Gefangenschaft geraten. [Ein gewöhnlicher Tagesmarsch,<br />

nach Tu Mu, betrug 30 LI; aber gelegentlich, nach Liu Pei, wird gesagt, daß Ts'ao Ts'ao die<br />

unglaubliche Distanz von 300 LI innerhalb 24 Stun<strong>de</strong>n zurückgelgte.]<br />

8. Starke Soldaten wer<strong>de</strong>n zuerst ankommen, die mü<strong>de</strong>n erst später ­ in <strong>de</strong>r Regel schafft es einer<br />

von zehn. [Die Moral ist, wie Ts'ao Kung und an<strong>de</strong>re herausstellten: Marschiere keine hun<strong>de</strong>rt LI, um<br />

einen taktischen Vorteil zu haben, egal ob mit o<strong>de</strong>r ohne Gepäck. Diese Art Manöver sollten auf kurze Distanzen<br />

begrenzt wer<strong>de</strong>n. Stonewall Jackson sagte: Die Härten von Gewaltmärschen sind schmerzhafter, als<br />

die Gefahren <strong><strong>de</strong>s</strong> Kampfes. Er selber hat seinen Truppen selten außergewöhnliche Härten abverlangt, außer<br />

– er beabsichtigte eine Überraschung, o<strong>de</strong>r wenn schneller Rückzug angesagt war, sodaß er alles opferte ­<br />

für die Geschwindigkeit.[1]]<br />

9. Wenn du fünfzig LI marschierst, um <strong>de</strong>n Feind auszumanövrieren, wirst Du die Führung, die ersten<br />

Reihen <strong>de</strong>r ersten Division verlieren, und in <strong>de</strong>r Regel wird nur die Hälfte <strong>de</strong>r Soldaten das<br />

Ziel erreichen.[Wortwörtlich: “ Der Führer <strong>de</strong>r ersten Division wird WEGGERISSEN WERDEN."]<br />

10. Wenn du dreißig LI mit <strong>de</strong>mselben Ziel marschierst, dann erreichen nur zwei von drei <strong>de</strong>iner<br />

Armee das Ziel. [Im T'UNG TIEN ist beigefügt: "Hieraus läßt sich vielleicht die Schwierigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

“M anövrierens” erlernen.]<br />

11. Eine Armee muss zugrun<strong>de</strong> gehen, wenn sie keinen Proviant mehr hat; ebenso, wenn sie keine<br />

Versorgungs<strong>de</strong>pots hat; sie muss zugrun<strong>de</strong> gehen, wenn sie keine Versorgungslogistik mehr hat.<br />

[Ich <strong>de</strong>nke, <strong>Sun</strong> Tzu meinte "Proviant, in Depots gespeichert", aber Tu Yu sagt "Futter und <strong>de</strong>rgleichen"<br />

Chang Yu sagt "Güter allgemein," und Wang Hsi sagt "Heizmaterial, Salz, Nahrungsmittel, etc."]<br />

12. Wenn du also die Pläne <strong>de</strong>iner Wi<strong>de</strong>rsacher nicht kennst, kannst du keine Bündnisse schließen.


Über <strong>de</strong>n bewaffneten Kampf<br />

13. Wenn du Berge und Wäl<strong>de</strong>r, Pässe und Schluchten, Sümpfe und Moore nicht kennst, vermagst du<br />

eine bewaffnete Streitmacht nicht zuführen.<br />

14. Wenn du keine ortsansässigen Führer einsetzt, kannst du die Vorteile <strong>de</strong>r Gegend nicht ausnützen.<br />

15. Im Krieg – über, dich zu verstellen.[In <strong>de</strong>n Taktiklehren von Turenne ist Täuschung <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> ein<br />

wesentliches Element, speziell was die zahlenmäßige Stärke <strong>de</strong>r Truppen angeht.<br />

16. Teilung und Vereinigung <strong>de</strong>r Truppen – darüber entschei<strong>de</strong>t die Situation.<br />

17. Bewege <strong>de</strong>ine Streitmacht schnell wie <strong>de</strong>r Wind; [Das Gleichnis ist in doppelter Hinsicht angemessen,<br />

weil <strong>de</strong>r Wind nicht nur schnell ist, son<strong>de</strong>rn, wie Mei Yao­ch'en herausstellt, "unsichtbar, ohne Spuren zu<br />

hinterlassen"] wenn sie sich langsam bewegt, ist sie wie ein Wald. [Meng Shih kommt mit seiner Erk­<br />

lärung <strong>de</strong>m näher: "Wenn Du langsam marschierst, muß Rang und Ordnung hergestellt sein – z.B. gegen<br />

Überraschungsangriffe. Aber – natürlicher Wald wächst nicht in Reihen, wobei diese jedoch die Qualität<br />

<strong>de</strong>r Dichte o<strong>de</strong>r Kompaktheit besitzen.]<br />

18. Sie ist raubgierig wie das Feuer [Cf. SHIH CHING, IV. 3. iv. 6: "Heftig, wie lo<strong>de</strong>rn<strong><strong>de</strong>s</strong> Feuer, welches<br />

niemand kontrollieren kann."] und unbeweglich wie die Berge. [Das be<strong>de</strong>utet, wenn du eine Position<br />

hältst, von <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Feind versucht, dich zu verdrängen, o<strong>de</strong>r, wie Tu Yu sagt, wenn er versucht, dich in eine<br />

Falle zu locken.]<br />

19. Deine Pläne sollten so schwer zu durchschauen sein, wie die Dunkelheit; wenn du agierst, falle<br />

ein, wie ein Wirbelsturm. [Tu Yu zitiert hier ein Sprichwort von T'ai Kung, welches inzwischen ein<br />

Sprichwort gewor<strong>de</strong>n ist: "Du kannst nicht <strong>de</strong>ine Ohren vor <strong>de</strong>m Wirbelsturm verschießen, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ine Augen<br />

vor <strong>de</strong>m Blitz – so schnell sind sie.” Vergleichend kann man sagen, daß ein Angriff so schnell erfolgen<br />

sollte, daß er nicht pariert wer<strong>de</strong>n kann.]<br />

20. Wenn Du ein Land plün<strong>de</strong>rst, teile die Beute unter <strong>de</strong>inen Truppen auf, [<strong>Sun</strong> Tzu lehrt uns damit,<br />

daß mißbräuchliches, wahlloses Plün<strong>de</strong>rn unterlassen wird, zugunsten <strong>de</strong>r Bildung eines allgemeinen<br />

Beuteguts­Lagers, welches danach gerecht unter allen aufgeteilt wird.] wenn Du neues Territorium eroberst,<br />

teile <strong>de</strong>ine Beute aus einem Pool gerecht anteilsmäßig auf. [Ch'en Hao sagt: "Verteile <strong>de</strong>ine<br />

Soldaten auf <strong>de</strong>m Land, laß es sie sähen und bepflanzen”. Auf diesem Prinzip basierend haben die Chinesen<br />

erfolgreich Eroberungszüge durchgeführt, wie z.B. die am meisten beachtete und triumphale Eroberung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

kaspischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> durch Pan Ch'ao, und in späteren Jahren durch Fu­k'ang­an and Tso <strong>Tsu</strong>ng­t'ang.]<br />

21. Handle immer nur nach eingehen<strong>de</strong>r Lagebeurteilung. [Chang Yu zitiert Wei Liao Tzu, <strong>de</strong>r sagt, daß<br />

man von Lager nicht solange aufbrechen sollte, als daß man genaue Informationen über die Verteidi­<br />

gungsstärke und Taktiken <strong><strong>de</strong>s</strong> gegnerischen Generals hat. Cf. the "seven comparisons" in I. ss. 13.]<br />

22. Jener, <strong>de</strong>r die <strong>Kunst</strong> <strong>de</strong>r UMLEITUNG [Täuschung <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners, damit er in eine an<strong>de</strong>re Richtung<br />

läuft] gelernt hat, wird siegen. Dies ist die <strong>Kunst</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> bewaffneten Kampfes. [Mit diesen Worten<br />

wür<strong>de</strong> sich dieses Kapitel normalerweise schießen. Aber hier folgt noch ein langer Anhang eines früheren<br />

Buches über <strong>de</strong>n Krieg, <strong>de</strong>r nun verloren ist, aber zu Zeiten <strong>Sun</strong> Tus's existierte. Der Stil dieses Fragmentes<br />

ist klar unterscheidbar von <strong>de</strong>n Schriften <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s selber, jedoch hat bisher noch keine Kommentator<br />

Zweifel an <strong>de</strong>r Urheberschaft <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s geäußert.]<br />

Anhang: „ ART OF WARfare”<br />

Im Anschluß an Kapitel VII <strong><strong>de</strong>s</strong> Buches „ART OF WAR” von <strong>Sun</strong> Zsu fand sich ein Anhang eines<br />

früheren Buches über <strong>de</strong>n Krieg, <strong>de</strong>r lei<strong>de</strong>r verloren gegangen ist, jedoch zu Zeiten <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s existierte.<br />

Der Stil dieses Fragmentes, hier „ Art of Warfare” genannt, ist klar unterscheidbar von <strong>de</strong>n<br />

Schriften <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s selber, jedoch hat bisher noch keine Kommentator Zweifel an <strong>de</strong>r Urheberschaft


Anhang: „ART OF WARfare”<br />

<strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s geäußert. Mei Yao­Ch'en nennt es „Frühzei tlicher Militär­Klassiker”, Wang Hsi, "ein altes<br />

Buch über Krieg". Betrachtet man die unglaubliche Zahl von Kriegen, die schon Jahrhun<strong>de</strong>rte vor <strong>de</strong>r<br />

Zeit <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong>'s stattfan<strong>de</strong>n, zwischen verschie<strong>de</strong>nsten Königshäusern und Fürstentümern Chinas, ist<br />

es nicht unwahrscheinlich, daß jemand über Prinzipien <strong>de</strong>r militärischen Führung schon früher<br />

geschrieben hat.<br />

1. Das Buch „Art of Warfare” besagt: „Auf <strong>de</strong>m Kriegsschauplatz tragen gesprochene Worte nicht<br />

weit genug. Daher verwen<strong>de</strong>t man Gongs und Trommeln. Da gewöhnliche Objekte nicht klar<br />

genug gesehen wer<strong>de</strong>n können, verwen<strong>de</strong>t man Banner und Flaggen.”<br />

2. Gongs und Trommeln, Banner und Flaggen dienen dazu, die Ohren und Augen <strong>de</strong>r Menschen auf<br />

einen speziellen Punkt zu richten und zu einen. [Chang Yu sagt: "Wenn Blick und Gehöhr gleichzeitig<br />

auf dasselbe Objekt konzentriert sind, verhalten sich eine million Soldaten wie ein einziger Mann!"]<br />

3. Sobald die Soldaten zu einem einzigen Körper geeint sind, kann <strong>de</strong>r Tapfere nicht alleine vorgehen,<br />

und <strong>de</strong>r Feigling kann sich nicht alleine zurückziehen. Dies ist die <strong>Kunst</strong>, eine große Masse<br />

von Männern zu handzuhaben. [Chuang Yu zitiert ein Sprichwort: "Gleichermaßen schuldig sind<br />

diejenigen, die voreilig Befehle ausführen und diejenigen, die verzögert Befehle ausführen” . Tu Mu erzählt<br />

eine Geschichte in <strong>de</strong>m Anschluß zu Wu Ch'i , als er sich im Kampf gegen <strong>de</strong>n Staat Ch'in befand. Bevor<br />

<strong>de</strong>r eigentliche Kampf begonnen hatte, stürmte einer seiner Soldaten eigenverantwortlich<br />

vor, erbeutete zwei Köpfe seiner Gegner, und kehrte in das Camp zurück. Wu Ch'i ließ <strong>de</strong>n<br />

Mann sofort exekutieren, wogegen ein Offizier <strong>de</strong>monstrierte, und sagte: „Dieser Mann war ein guter Soldat,<br />

und hätte nicht enthauptet wer<strong>de</strong>n sollten.” Wu Ch'i antwortete: "Ich glaube ganz daran, daß er ein<br />

guter Soldat war, aber ich ließ ihn enthaupten, weil er ohne Befehl han<strong>de</strong>lte."]<br />

4. Benütze <strong><strong>de</strong>s</strong>halb bei nächtlichen Angriffen Signal­Feuer und Trommeln, bei Angriffen am helllichten<br />

Tag benütze viele Banner und Flaggen als Mittel, um die Augen und Ohren <strong>de</strong>iner Armee<br />

zu beeinflussen. [Ch'en Hao spielt auf Li Kuang­pi's nächtlichem Ritt nach Ho­yang an, 500 berittenen<br />

Männern vorausreitend. Sie machten so einen imposanten Eindruck mit ihren Fackeln, daß <strong>de</strong>r Füherer <strong>de</strong>r<br />

Rebellen sich nicht traute, die Passage zu verhin<strong>de</strong>rn.]<br />

5. Es ist möglich, einer gegnerische Armee ihres Kampfgeistes, und einen Oberbefehlshaber seiner<br />

Verstan<strong><strong>de</strong>s</strong> und seiner Entschlossenheit berauben. ["Im Krieg," sagt Chang Yu, "Wenn <strong>de</strong>r Geist <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Zornes alle Ebenen <strong>de</strong>r Armee durchzieht, zu ein – und <strong>de</strong>rselben Zeit, wird <strong>de</strong>r Angriff nicht abzuwehren<br />

sein. Nun ist <strong>de</strong>r Geist <strong>de</strong>r feindlichen Soldaten am schärfsten, wenn diese gera<strong>de</strong> frisch eintreffen auf <strong>de</strong>m<br />

Kriegsschauplatz, und es liegt in unserer Hand, nicht direkt gegen sie zu kämpfen, son<strong>de</strong>rn zu warten, bis<br />

ihr Kampfgeist und Begeisterung nachgelassen hat, um dann zuzuschlagen. Dies ist <strong>de</strong>r Weg, wie man sie<br />

ihres Kampfgeistes beraubt. Li Ch'uan und an<strong>de</strong>re erzählen eine Anekdote (Quelle: TSO CHUAN aus <strong>de</strong>m<br />

Jahre 10, Seite 1) <strong><strong>de</strong>s</strong> Ts'ao Kuei, einem Schützling <strong><strong>de</strong>s</strong> Herzoges Chuang aus Lu. Der Staat Lu wur<strong>de</strong> von<br />

Ch'i angegriffen, und <strong>de</strong>r Herzog zog gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Krieg bei Ch'ang­cho, und nach <strong>de</strong>m ersten Erklingen<br />

<strong>de</strong>r feindlichen Trommeln, sagte Ts'ao: "Bitte nicht jetzt!” Nach<strong>de</strong>m die Trommeln zum dritten Male erklungen<br />

waren, erteilte er das Kommando zum Angriff. Sie kämpften, und die Männer von Ch'i waren<br />

endgültig besiegt. Als <strong>de</strong>r Herzog Ts'ao nach <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Verzögerung <strong><strong>de</strong>s</strong> Angriffs fragte,<br />

antwortete dieser: „ Im Kampf, <strong>de</strong>r Kampfgeist ist alles. Nun – das erste Erklingen <strong>de</strong>r Trommeln erzeugt<br />

<strong>de</strong>n Kampfgeist, aber beim zweiten ist er schon wie<strong>de</strong>r am abnehmen, und nach <strong>de</strong>m dritten Erklingen ist<br />

<strong>de</strong>r Kampfgeist verschwun<strong>de</strong>n. Daher unser Sieg.”<br />

Wu Tzu (Kapitel. 4) stellt <strong>de</strong>n „Ka mpfgeist” an erste Stelle unter <strong>de</strong>n „v ier wichtigen Einflüssen” im<br />

Krieg, und fährt fort: „Der Wert einer ganzen Armee – eine Truppe von einer Million Männer – ist abhängig<br />

von einem Mann alleine: Das ist <strong>de</strong>r Einfluß <strong><strong>de</strong>s</strong> Kampfgeistes!”. Chang Yu sagt: "Gegenwart <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Verstan<strong><strong>de</strong>s</strong> ist <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals wichtigster Wert. Es ist eine Qualität, die ihn befähigt, die Männer zu disziplinieren,<br />

und wie<strong>de</strong>r Mut in Männer mit panischer Angst zu bringen. Li Ching (A.D. 571­649) hatte ein<br />

Sprichwort: "Angriff besteht nicht bloß aus <strong>de</strong>m Angriff befestigter Städte o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Angreifen einer Armee


Anhang: „ART OF WARfare”<br />

in Kampfformation; er muß die <strong>Kunst</strong> beinhalten, das mentale Gleichgewicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners außer Balance zu<br />

bringen"]<br />

6. Eines Soldaten Kampfgeist ist am schärfsten am Morgen, zu Mittag wird er schwächer und am<br />

Abend sind seine Gedanken beim Rückzug ins Camp.[Immer vorausgesetzt, so nehme ich an, daß er<br />

frühstücken konnte. Beim Krieg von Trebia wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Römern dummerweise erlaubt, nüchern zu kämpfen,<br />

während Hannibal's Truppen in <strong>de</strong>r Freizeit gefrühstückt hatten., Siehe auch Livy, XXI, liv. 8, lv. 1 und 8.]<br />

7. Ein kluger General vermei<strong>de</strong>t daher <strong>de</strong>n Kampf, wenn <strong>de</strong>r Kampfgeist scharf ist, greift an, wenn<br />

<strong>de</strong>r Gegner kampfunwillig ist und geneigt ist, umzukehren. Dies ist die <strong>Kunst</strong>, Stimmungen zu<br />

studieren.<br />

8. Diszipliniert und ruhig, das Erscheinen <strong>de</strong>r Unordnung und Tumult beim Gegener abwarten –<br />

das ist die <strong>Kunst</strong>, wie man Selbstbeherrschung behält.<br />

9. Nahe am Ziel zu sein, während <strong>de</strong>r Gegener weit entfernt ist, zu warten mit Geduld, während <strong>de</strong>r<br />

Feind schuftet und kämpft, satt zu sein, wärend <strong>de</strong>r Feind ausgehungert ist – das ist die <strong>Kunst</strong>,<br />

mit <strong>de</strong>n Kräften zu haushalten.<br />

10. Du vermei<strong><strong>de</strong>s</strong>t je<strong>de</strong> Konfrontation mit einem Feind, <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Banner in geordneten Reihen stehen,<br />

und greifst keine Arme an, die in einer ruhigen und zuversichtlichen Formationen ist. Dies ist<br />

die <strong>Kunst</strong>, wie man eine Sachlage studiert.<br />

11. Deshalb gilt für eine militärische Operation: Rücke niemals gegen einen Gegner bergauf vor, noch<br />

wi<strong>de</strong>rsetze dich ihm, wenn er, vom Berg her kommend, angreift.<br />

12. Nimm die Verfolgung nicht auf, wenn die Flucht nur vorgetäuscht ist. Greife keine Elitetruppen<br />

an.<br />

13. Nimm nichts zu dir aus <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>. [Li Ch'uan und Tu Mu, die die Metapher darin<br />

nicht gesehen haben, interpretieren diese Worte direkt als „Essen und Trinken, welches vom Gegner<br />

vergiftet wur<strong>de</strong>” . Ch'en Hao und Chang Yu machen sorgsam klar, daß dieses Sprichwort allgemeine Anwendung<br />

fin<strong>de</strong>n kann.] Gerate nicht in Konflikt mit einer Armee, die sich auf <strong>de</strong>m Rückzug nach<br />

Hause befin<strong>de</strong>t.[Die Kommentatoren erklären diesen einzelnen Rat so, daß ein Mann, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Herz voll<br />

von Gedanken an Zuhause ist, wird bis zum To<strong>de</strong> kämpfen, wenn er an seinem Heimweg gehin<strong>de</strong>rt wird,<br />

und <strong><strong>de</strong>s</strong>wegen ist es zu gefährlich, mit so einem Gegner zu tun zu haben. Chang Yu zitiert die Worte von<br />

Han Hsin: „Un besiegbar ist <strong>de</strong>r Soldat, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Verlangen daraus besteht, nach Hause zu gelangen.” Ein<br />

wun<strong>de</strong>rbares Märchen wird von Ts'ao Ts'ao's Mut erzählt, in <strong>de</strong>m ersten Kapitel <strong><strong>de</strong>s</strong> SAN KUO CHI: Im<br />

Jahre 198 v. Chr. Belagerte Chang Hsiu bei Jang, als Liu Piao Verstärkung mit <strong>de</strong>r Absicht schickte,<br />

Ts'ao's Stellung abzuschnei<strong>de</strong>n. Letzterer war gezwungen, seine Truppen zurückzuziehen, und<br />

fand sich wie<strong>de</strong>r zwischen zwei feindlichen Truppen eingezingelt, die jeweils einen Ausgang<br />

eines schmalen Passes bewachten, in welchem er sich verschanzt hatte. In seiner verzweifelten Situation<br />

wartete Ts'ao bis zum Einbruch <strong>de</strong>r Nacht, bohrte einen Tunnel in die Gebirgsseite und<br />

legte einen Hinterhalt. Als die gesamte Armee vorbeimarschiert war, fielen die versteckten Truppen<br />

diesen in <strong>de</strong>n Rücken, während Ts'ao selber seine Verfolger auf <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rseite angriff, sodaß<br />

sie, völlig verwirrt, vernichtet wur<strong>de</strong>n. Ts'ao Ts'ao sagte nachher: „ Die Briga<strong>de</strong>n versuchten, mich<br />

beim Rückzug zu überraschen, und verwickelten mich in einen Kampf, wo ich in unhaltbarer<br />

Lage mich befand: Letzendlich jedoch konnte ich sie überwin<strong>de</strong>n."]<br />

14. Lass einen Ausweg offen, wenn du eine Armee umzingelst. [Dies soll nicht be<strong>de</strong>uten, daß <strong>de</strong>r Feind<br />

nicht entkommen können soll. Der Gegenstand ist, wie Tu Mu sagt, <strong>de</strong>n Gegner Glauben machen, daß er<br />

einen Ausweg gefun<strong>de</strong>n hat, und man hierdurch verhin<strong>de</strong>rt, daß er mit <strong>de</strong>m Mut <strong>de</strong>r Verzweifelung<br />

kämpft.” Tu Mu fügt amüsiert hinzu: „ Danach kannst Du ihn ruhig vernichten!” ] Bedränge einen<br />

verzweifelten Feind nicht zu sehr. [Ch'en Hao zitiert ein Sprichwort: "Vögel und Tiere, in Bedrängnis<br />

gebracht, wer<strong>de</strong>n ihre Klauen und Zähne verwen<strong>de</strong>n.” . Chang Yu sagt: „Wenn <strong>de</strong>in Feind seine eigenen


Anhang: „ART OF WARfare”<br />

Boote verbrannt und seine Kochtöpfe zerstört hat, und bereit ist, alles in die Schlacht zu werfen, sollte er<br />

nicht zu Extremen gedrängt wer<strong>de</strong>n. Ho Shih illustriert die Be<strong>de</strong>utung dieser Geschichte mit einer Episo<strong>de</strong><br />

aus <strong>de</strong>m Leben von Yen­ch'ing. Dieser General, zusammen mit seinem Kollegen Tu Chung­wei war umzingelt<br />

von einer mächtig überlegenen Armee von Khitans im Jahre 945 v. Chr. Das Land war karg und wüstenartig,<br />

und die kleine chinesische Streitmacht war bald verzweifelten Nöten wegen Wassermangel. Die<br />

Brunnen, die sie bohrten, waren trocken, und die Männer waren gezwungen, <strong>de</strong>n Schlamm auszudrücken,<br />

und die Feuchtigkeit auszusaugen. Viele starben schnell, bis zuletzt Fu Yen­ch'ing ausrief: „ Wir sind<br />

verzweifelte Männer. Besser, als für unser Land zu sterben ist es, mit gefesselten Hän<strong>de</strong>n in Gefangenschaft<br />

zu gehen!” Ein starker Sturm zog auf von Nordosten, und verdunkelte <strong>de</strong>n Himmel mit dunklen Wolken<br />

aus Sand. Chung­Wei wartete, daß er abklung, um <strong>de</strong>n letzten Angriff zu befehlen, aber glücklicherweise<br />

sagte ein an<strong>de</strong>rer Offizier namens Li Shou­Cheng sah schnell eine Gelegenheit und sagte: „S ie sind viele<br />

und wir sind wenige, aber in <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> Sandsturmes sind unsere Truppen nicht bemerkbar; <strong>de</strong>r Sieg ist<br />

mit <strong>de</strong>m zähen Kämpfer, und <strong>de</strong>r Wind wird unser bester Alliierter sein.” Dem entsprechend bil<strong>de</strong>te er<br />

einen plötzlichen und unerwarteten Angriff mit <strong>de</strong>r Kavallerie, besiegte die Barbaren und brach erfolgreich<br />

durch, bis sie in Sicherheit waren.]<br />

15. Dies sind die Regeln, die für eine militärische Operation gelten.<br />

[1] See Col. Hen<strong>de</strong>rson, op. cit. vol. I. p. 426.<br />

[2] For a number of maxims on this head, see "Marshal Turenne" (Longmans, 1907), p. 29.<br />

9 Variationen in Taktiken<br />

[Diese Überschrift be<strong>de</strong>utet wortwörtlich „ Die Neun Variationen” , aber, weil <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> diese nicht numeriert<br />

hat, und weil – tatsächlich – er dies auch geschrieben hat, (V SS. 6­11), haben wir wenige<br />

Möglichkeiten, außer Wand Hsi zu folgen, <strong>de</strong>r sagt, daß „Neun ” steht für eine unendlich große Zahl. „.<br />

Was be<strong>de</strong>uten soll, daß im Krieg Taktik variiert wer<strong>de</strong>n kann bis zu je<strong>de</strong>m Grad ... Ich weiß nicht, was<br />

Ts'ao Kung meint, diese wären, aber er hat gemeint, daß diese mit <strong>de</strong>n „Neun Situationen” ­ aus Kapitel<br />

XI Verbindung hätten. Die an<strong>de</strong>re Alternative ist anzunehmen, daß etwas verloren gegangen ist – eine<br />

Annahme ­ die angesichts <strong>de</strong>r ungewöhnlichen Kürze <strong><strong>de</strong>s</strong> Kapitels – nicht abwegig ist.]<br />

1. <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> sagt: Im allgemeinen gilt für militärische Operationen, dass die militärische Führung die<br />

Befehle zum Zusammenziehen <strong>de</strong>r Truppen von <strong>de</strong>r zivilen Führung erhält.[Wie<strong>de</strong>rholt aus Kapitel<br />

VII. ss. 1, wo es sicher richtiger am Platze ist. Es scheint hier angepasst wor<strong>de</strong>n zu sein, um lediglich einen<br />

Anfang für ein neues Kapitel zu fin<strong>de</strong>n.]<br />

2. Schlage kein Lager auf schwierigem Terrain auf. In einer Gegend, wo sich Straßen kreuzen, baue<br />

diplomatische Beziehungen zu Alliierten auf. Bleibe nicht in unfruchtbaren o<strong>de</strong>r isolierten Gebieten.<br />

[Die letzte Situation ist keine <strong>de</strong>r „Neu n Situationen” von Kapitel XI, son<strong>de</strong>rn erscheint etwas später<br />

(ibid. ss. 43. q.v.). Chang Yu <strong>de</strong>finiert die Situation als wenn sie jenseits <strong>de</strong>r Grenzen stattfin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, in<br />

Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>land.Li Ch'uan sagt, es sei ein „ Land in welchem es keine Quellen o<strong>de</strong>r Brunnen, Scharen o<strong>de</strong>r<br />

Her<strong>de</strong>n von Tieren, Gemüse o<strong>de</strong>r Feuerholz gibt.” Chia Lin, „ eines voller Schluchten, Senken, Abgrün<strong>de</strong>,<br />

ohne Straßen, auf <strong>de</strong>nen man laufen könnte”] In Situationen, in <strong>de</strong>nen Du umzingelt bist, greife auf<br />

eine Kriegslist zurück. In hoffnungsloser Position mußt Du kämpfen.<br />

3. Es gibt Wege, die du nicht einschlagen solltest ["Speziell solche, die in schmale Täler führen,” sagt Li<br />

Ch'uan, "dort, wo man einen Hinterhalt vermuten muß"], es gibt Armeen, die du nicht angreifen solltest<br />

[Korrekter vielleicht: „ Es gibt Zeiten, wo eine Armee nicht angegriffen wer<strong>de</strong>n sollte.” Ch'en Hao sagt:<br />

"Wenn Du <strong>de</strong>inen Weg siehst, einen Vorteil zu erlangen, aber zu schwach, um einen echten Sieg zu<br />

erzwingen, verzichte auf einen Angriff, weil du fürchten mußt, die Stärke <strong>de</strong>iner Männer zu<br />

überschätzen.”] ; es gibt Städte, die du nicht belagern solltest [Cf. III. ss. 4 Ts'ao Kung gibt eine interes­


Variationen in Taktiken<br />

sante Illustration seiner eigenen Erfahrungen. Als er in das Territorium von Hsu­chou einmarschierte, ignorierte<br />

er die Stadt Hua­pi, welche direkt auf seinem Weg lag, und drang weiter in das Herz <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

vor. Diese exzellente Strategie wur<strong>de</strong> durch die folgen<strong>de</strong> Einnahme von nicht weniger als 14 wichtigen<br />

Bezirks­Städten belohnt. Chang Yu sagt: „M an sollte keine Stadt einnehmen, die, falls genommen, nicht<br />

gehalten wer<strong>de</strong>n kann, o<strong>de</strong>r, falls alleine gelassen, keinen weiteren Ärger macht.” Hsun Ying, als er<br />

gezwungen wur<strong>de</strong>, Pi­Yang anzugreifen, antwortete: „Die Stadt ist klein und gut befestigt; sogar dann,<br />

wenn es mir gelingt, sie einzunehmen, wird es keine große Mühe machen für die Streitmacht, jedoch wenn<br />

ich fehle, wer<strong>de</strong> ich mich lächerlich machen.” Im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt waren Belagerungen ein wichtiger Teil im<br />

Krieg. Es war Turenne, <strong>de</strong>r die Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit von Märschen, Gegenmärschen und<br />

Manövern lenkte. Er sagte: „Es ist ein großer Fehler Männer zu opfern für die Eroberung einer Stadt, wenn<br />

dieselbe Menge von Soldaten eine ganze Provinz einnehmen kann.” [1] ]; es gibt Gebiete, um die du<br />

nicht kämpfen solltest; es gibt Befehle <strong>de</strong>r zivilen Regierung, <strong>de</strong>nen du nicht gehorchen solltest.<br />

[Dies ist ein hartes Sprichwort für einen Chinesen, angesichts ihrem Respekt für Autoritäten, und Wei Liao<br />

Tzu (zitiert von Tu Mu) fühlte sich, auszurufen: „W affen sind bedrohliche Instrumente, Streit wirkt <strong>de</strong>r<br />

Tugend entgegen, ein Militärkomandant ist die Verneinung eines zivilen Befehls!” Eine ungenießbare Tatsache<br />

bleibt jedoch, daß sogar imperiale Wünsche sich <strong>de</strong>n miltätischen Notwendigkeiten unterordnen<br />

müssen.]<br />

4. Wenn ein General also alle Möglichkeiten <strong>de</strong>r Anpassung von Taktiken kennt, um sich die<br />

Vorteile zunutze zu machen, dann weiß er, wie militärische Kräfte einzusetzen sind,<br />

5. Wenn ein General es nicht versteht, sich vorteilhaft anzupassen, mag er zwar die Beschaffenheit<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains kennen, wird aber keinen Nutzen daraus ziehen können.[Wortwörtlich: „ <strong>de</strong>n Vorteil<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains bekommen” , was be<strong>de</strong>utet, daß man nicht nur eine gute Position sichert, son<strong>de</strong>rn sich natürliche<br />

Vorteile in je<strong>de</strong>r Art beschafft. Chang Yu sagt: „Je<strong>de</strong> Art von Terrain ist charaktierisiert von bestimmten,<br />

natürlichen Eigenschaften, und läßt damit einen Freiraum für eine bestimmte Variabilität <strong>de</strong>r<br />

Pläne. Wie ist es möglich, diese natürlichen Eigenschaften zu nutzen, wenn topographisches Wissen<br />

ergänzt wird durch die vielseitige Verwendbarkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Verstan<strong><strong>de</strong>s</strong> ?]<br />

6. So ist <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Kriegskunst, <strong>de</strong>r unversiert ist in ART OF WAR, wie man seine Pläne variiert,<br />

sogar dann, wenn er mit <strong>de</strong>n „F ünf Vorteilen” vertraut ist, wird darin scheitern, <strong>de</strong>n größten<br />

Nutzen aus seinen Männern zu ziehen. [Chia Lin erzählt uns, daß diese fünf offensichtliche und allgemeine<br />

Handlungsvorteile enthalten, nämlich: „Wenn eine bestimmte Straße kürzer, folge ihr; wenn eine<br />

Armee isoliert ist, muß sie angegriffen wer<strong>de</strong>n; wenn eine Stadt in einem wehrlosen Zustand ist, muß sie<br />

eingenommen wer<strong>de</strong>n, wenn eine Stellung gestürmt wer<strong>de</strong>n kann, muß es versucht wer<strong>de</strong>n; und, sofern in<br />

Übereinstimmung mit <strong>de</strong>n Militäroperationen, müssen die Befehle <strong><strong>de</strong>s</strong> Führers befolgt wer<strong>de</strong>n.” Aber es<br />

gibt Umstän<strong>de</strong>, welche es manchmal einem General verbieten, diese Vorteile zu nutzen. Zum Beispiel, „ eine<br />

bestimmte Straße mag die Kürzeste sein für ihn, aber wenn er weiß, daß sie entlang natürlicher Widrigkeiten<br />

führt, o<strong>de</strong>r daß ein Feind einen Hinterhalt legen kann, sollte er dieser Straße nicht folgen. Ein feindlicher<br />

Angreifer mag bereit sein, anzugreifen, aber wenn er weiß, daß es hart­auf­hart kommt, und er mit<br />

Verzweifelung kämpfen muß ­ das wir ihn von einem Schlag abhalten,” und so weiter...]<br />

7. Daher wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Plänen weiser Führer Betrachtungen von Vorteilen und Nachteilen zusammengefügt.<br />

["Ob nun in einer vorteilhaften, o<strong>de</strong>r in einer unvorteilhaften Positition”, sagt Ts'ao Kung,<br />

„ die Gegenposition sollte immer im Kopf gegenwärtig sein."]<br />

8. Wenn <strong>de</strong>ine Erwartung eines Vorteils in dieser Art erweckt wird, können wir fortfahren, <strong>de</strong>n<br />

wesentlichen Teil unserer Entwürfe zu vollen<strong>de</strong>n. [Tu Mu sagt: "Wenn wir einen Vorteil von <strong>de</strong>m<br />

Feind erlangen, dürfen wir nicht unsere Aufmerksamkeit darauf alleine richten, son<strong>de</strong>rn wir müssen auch<br />

betrachten, daß <strong>de</strong>r Feind uns einen Scha<strong>de</strong>n zufügen kann, was wir als Faktor in unserer Kalkulationen<br />

mit einbeziehen müssen.]


Variationen in Taktiken<br />

Wenn, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite, inmitten von Schwierigkeiten wir bereit sind, einen Vorteil zu erlangen,<br />

können wir uns <strong>de</strong>m Unglück entziehen. [Tu Mu sagt: "Wenn ich mich aus einer gefährlichen Situation<br />

herausziehen möchte, darf ich nicht nur die Möglichkeit betrachten, daß <strong>de</strong>r Feind mich verletzen<br />

kann, son<strong>de</strong>rn ich muß auch einen Vorteil über <strong>de</strong>n Feind erlangen. Wenn ich in meinen Ratschlägen diese<br />

bei<strong>de</strong>n Betrachtungen sauber verbin<strong>de</strong>, sollte ich mich erfolgreich befreien können. Zum Beispiel: Wenn ich<br />

vom Feind umgeben bin, und nur daran <strong>de</strong>nke, wie ich entkomme, wird die Unbeherrschtheit in meinem<br />

Vorhaben meinen Gegner veranlassen, mich zu verfolgen und zu vernichten; es wäre weit besser, meine<br />

Männer zu einem kräftigen Gegenangriff zu ermutigen, und einen Vorteil für meine Befreiung aus <strong>de</strong>n gegnerischen<br />

Anstrengungen zu ziehen. Siehe die Geschichte von Ts'ao Ts'ao, VII. ss. 35, Anmerkung.]<br />

9. Reduziere die Kraft <strong>de</strong>r feindlichen Führung, in<strong>de</strong>m du ihr Scha<strong>de</strong>n zufügst; [Chia Lin führt<br />

mehrere Arten auf, eine solche Verletzung zuzufügen, einige davon entspringen einem orientalischen Verstand:<br />

­ „Werbe <strong>de</strong>n besten und weisesten Mann <strong>de</strong>ines Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> ab, sodaß er ohne Berater alleine dasteht.<br />

Führe Verräter in <strong>de</strong>m Land ein, sodaß die Regierungspolitik zwecklos wird. Sorge für Intrige und<br />

Täuschung, sähe so Zwietracht zwischen <strong>de</strong>m Führer und seinen Ministern. Mittels kunstvoll gestalteten<br />

Vereinbarungen sorge unter seinen Männern für Verschwendung seines Schatzes. Ver<strong>de</strong>rbe seine Moral<br />

durch heimtückische Geschenke, die ihn in Überfluß führen. Störe und verunsichere seinen Verstand, in<strong>de</strong>m<br />

du ihn mit reizen<strong>de</strong>n Frauen vorstellst”. Chang Yu (nach Wang Hsi) interpretiert <strong>Sun</strong> Tzu hier: „ Bringe<br />

<strong>de</strong>n Feind in eine Position, wo er eine Verletzung erlei<strong>de</strong>t, und er wird sich aus eigenen Stücken unterwerfen.]<br />

und sorge dafür, daß sie in Aufruhr kommen, [Tu Mu, will mit seiner Interpretation <strong><strong>de</strong>s</strong> Stückes<br />

zeigen, daß man <strong>de</strong>m Feind Ärger machen kann, in<strong>de</strong>m man seine Besitztümer, o<strong>de</strong>r, wie wir sagen, seine<br />

„W irtschaftsgüter” , zu welchen er auch eine große Armee zählt, einen reichen Schatzmeister, Harmonie<br />

unter <strong>de</strong>n Soldaten, genaue Erfüllung von Befehlen, beeinträchtigt. Diese geben uns Gewalt über <strong>de</strong>n<br />

Feind.] und halte sie ständig auf Trab; [Wortwörtlich: „ mache Sklaven aus ihnen” . Tu Yu sagt, „ verhin<strong>de</strong>re,<br />

daß sie zur Ruhe kommen.”] lege verführerische Kö<strong>de</strong>r aus, laß sie zu je<strong>de</strong>m gegebenem Punkt<br />

laufen. [Meng Shih führt ein bemerkenswertes Beispiel für idiomatische Re<strong>de</strong>nsart an: „Veran lasse sie,<br />

PIEN zu vergessen (die Grün<strong>de</strong>, an<strong>de</strong>rs zu han<strong>de</strong>ln, als <strong>de</strong>r erste Impuls vielleicht einen han<strong>de</strong>ln läßt), und<br />

in unsere Richtung zu eilen."]<br />

10. ART OF WAR lehrt uns, uns nicht darauf zu verlassen, daß <strong>de</strong>r Feind aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach nicht kommt, son<strong>de</strong>rn darauf, daß wir vorbereitet sind, ihn zu empfangen; nicht darauf zu<br />

hoffen, daß er nicht angreift, son<strong>de</strong>rn uns mit absoluter Sicherheit unangreifbar zu machen.<br />

11. Es gibt 5 gefährliche Fehler, die ein General begehen kann:<br />

1. Draufgängertum, was zur Selbstzerstörung führt; ["Tapferkeit ohne Vorausschau”, wie Ts'ao Kung<br />

analysiert, läßt einen Mann blind und verzweifelt kämpfen, wie ein geistesgestörter Stier. Einem solchen<br />

Gegner, sagt Chang Yu, „darf man nicht mit Gewalt entgegentreten, son<strong>de</strong>rn man lockt ihn in einen<br />

Hinterhalt und erschlägt ihn einfach” . Cf. Wu Tzu, chap. IV. ad init.: "Beim Abschätzen <strong><strong>de</strong>s</strong> Charakters<br />

eines Generals, sind die Männer es gewöhnt, ihre Aufmerksamkeit nur auf <strong>de</strong>n Mut <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals zu<br />

richten, völlig vergessend, daß Mut nur eine <strong>de</strong>r Qualitäten ist, die ein General besitzen muß. Der eher<br />

tapfere Mann ist geneigt, draufgängerisch zu kämpfen; und <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r draufgängerisch kämpft, ohne<br />

Empfindung dafür, was angebracht ist, er ist ein To<strong><strong>de</strong>s</strong>kandidat.” Ssu­ma Fa macht auch eine treffen<strong>de</strong><br />

Bemerkung: „In d en Tod gehen bringt nichts für <strong>de</strong>n Sieg”]<br />

2. Feigheit, die zur Gefangennahme führt; [Ts'ao Kung <strong>de</strong>finiert das chinesische Wort, was hier als<br />

„Fei gheit” übersetzt ist, als ein Mann, „<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Furchtsamkeit ihn davon abhält, einen Vorteil<br />

wahrzunehmen,” und Wang Hsi fügt hinzu „<strong>de</strong>r schnell die Flucht ergreift, sobald eine Gefahr<br />

auftritt.” Meng Shih gibt folgen<strong>de</strong> Umschreibung „jemand , <strong>de</strong>r daran gebun<strong>de</strong>n ist, lebend zurückzukehren”,<br />

was be<strong>de</strong>utet, daß dieser Mann niemals ein Risiko eingeht. Aber, wie <strong>Sun</strong> Tzu schon wußte,<br />

kann man nichts erreichen im Krieg, ohne Risiken einzugehen. T'ai Kung sagt: „Derjen ige, <strong>de</strong>r einen<br />

Vorteil verstreichen läßt, wird unvermeidlich in eine Katastrophe hineinschlid<strong>de</strong>rn. Im Jahre 404 v.Chr.,<br />

verfolgte Liu Yu <strong>de</strong>n Rebell Huan Hsuan <strong>de</strong>n Yangtsze hoch, und kämpfte einen Krieg zur See mit ihm


Variationen in Taktiken<br />

bei <strong>de</strong>r Insel Ch'eng­hung. Die treuen Truppen waren nur ein paar tausend, während ihre Gegner eine<br />

große Streitkraft waren. Aber Huan Hsuan, <strong>de</strong>r schon sein Schicksal kommen sah, hatte ein leichtes,<br />

schnelles Boot an <strong>de</strong>r Seite seiner Kriegs­Dschunke, sodaß er im Moment <strong>de</strong>r Gefahr entkommen konnte,<br />

falls nötig. Das natuurliche Resultat war, daß <strong>de</strong>r Kampfgeist seiner Soldaten völlig geschwächt war,<br />

und als die Loyalisten einen Angriff mit Feuerschiffenvon <strong>de</strong>r Windseite aus starteten, und alle mit <strong>de</strong>m<br />

größten Wetteifer danach strebten, <strong>de</strong>r erste im Gefecht zu sein, sind die Streitkräfte von Huan Hsuan<br />

geschlagen wor<strong>de</strong>n, mußten all ihre Ausrüstung verbrennen, und flohen zwei Tage und Nächte ohne<br />

Rast. Chang Yu erzählt eine ähnliche Geschichte von Chao Ying­ch'i, einem General <strong><strong>de</strong>s</strong> Chin Staates,<br />

<strong>de</strong>r während eines <strong>Krieges</strong> mit <strong>de</strong>r Armee von Ch'u im Jahre 597 v. Chr. Ein Boot für sich auf <strong>de</strong>m Fluß<br />

bereithielt, um im Falle einer Nie<strong>de</strong>rlage <strong>de</strong>r erste zu sein, <strong>de</strong>r entkommen konnte.]<br />

3. ein übereiltes Temperament, welches durch Beleidigungen provoziert wer<strong>de</strong>n kann; [Tu Mu<br />

erzählt uns, daß Yao Hsing, im Jahre 357 v. Chr. in Kämpfe gegen Huang Mei verwickelt, als Teng<br />

Ch'iang und an<strong>de</strong>re bedrängten ihn hinter seinen Mauern und weigerten sich zu kämpfen. Teng<br />

Ch'iang sagte: „Unser Gegner ist von cholerischem Gemüt und kann leicht provoziert wer<strong>de</strong>n; laß uns<br />

regelmäßige Ausfälle machen, wobei wir seine Schutzmauern nie<strong>de</strong>rreißen; er wird dann wütend wer<strong>de</strong>n,<br />

und herauskommen. Wenn wir seine Streitkräfte in einen Kampf verwickeln können, sind sie dazu<br />

verdammt, unser Opfer zu sein.” Der Plan wur<strong>de</strong> ausgeführt, Yao Hsiang kam heraus, um zu kämpfen,<br />

wur<strong>de</strong> angelockt, in<strong>de</strong>m San­Yuan <strong>de</strong>n Kampf gegen <strong>de</strong>n Gegner nur vortäuschte, griffen ihn schließlich<br />

an, und erschlugen ihn.]<br />

4. die Zartheit <strong>de</strong>r Ehre, die eine Schan<strong>de</strong> nicht erträgt; [Man darf dieses nicht auffassen, als wenn<br />

Ehre ein Fehler <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals wäre. Was <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> verurteilt, ist eher eine übertriebene Empfindlichkeit<br />

gegenüber beleidigen<strong>de</strong>n Berichten, <strong>de</strong>r dünnhäutige Mann, <strong>de</strong>r von Schan<strong>de</strong> gestochen ist, wie auch<br />

immer, unverdient. Mei Yao­ch'en beobachtet wahrhaft, obwohl etwas paradox anmutend: „Die Suche<br />

nach Ruhm sollte die allgemeinheit nicht kümmern” ]<br />

5. übermäßige Besorgtheit um seine Männer, welche ihn in Kummer und Ärger bringt. [Hiermit<br />

meint <strong>Sun</strong> Tzu nicht, daß <strong>de</strong>r General sich nicht um das Wohl seiner Truppen kümmern soll. Was er betonen<br />

will, ist die Gefahr, einen wichtigen militärischen Vorteil zu opfern, nur um seine Männer zu<br />

schonen. Dies ist eine kurzsichtige Strategie, weil auf lange Sicht wer<strong>de</strong>n die Truppen mehr unter <strong>de</strong>r<br />

Nie<strong>de</strong>rlage lei<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r günstigenfalls noch nur unter <strong>de</strong>r Verlängerung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong>, <strong>de</strong>r die Folge sein<br />

wird. Ein falsch aufgefasstes Gefühl <strong>de</strong>r Schan<strong>de</strong> wird oft einen General dazu verführen, eine belagerte<br />

Stadt zu befreien, o<strong>de</strong>r eine unter Druck stehen<strong>de</strong> Einheit zu verstärken, im völligen Wi<strong>de</strong>rspruch zu<br />

seinen militärischen Instinkten. Es ist inzwischen allgemein zugestan<strong>de</strong>n, daß es bei <strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rholten<br />

Anstrengungen, Ladysmith zu befreien, im Südafrika – Krieg, es viel strategischen Pfusch gab, <strong>de</strong>r sich<br />

selbst wi<strong>de</strong>rsprach. Und letzendlich kam die Befreiung durch <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Mann, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n ein<strong>de</strong>utigen<br />

Entschluß fasste, nicht mehr länger das Gesamtziel <strong>de</strong>n Teilzielen unterzuordnen. Ein alter Soldat, einer<br />

unserer Generale, <strong>de</strong>r auffallend häufig scheiterte in diesem Krieg, versuchte einmal, wie ich mich erinnere,<br />

sich mir gegenüber zu verteidigen, mit <strong>de</strong>r Begründung, daß er immer “ zu gut zu seinen Leuten”<br />

gewesen wäre. Dadurch, daß er so sprach, als hätte er es nicht gewußt, verdammte er nur sich selber, wie<br />

<strong>Sun</strong> Tzu es beschrieb.]<br />

12. Dies sind die fünf schlimmen Sün<strong>de</strong>n eines Generals, ruinös in einem Krieg.<br />

13. Immer dann, wenn eine Armee überwun<strong>de</strong>n ist und ihr Führer umgebracht, ist <strong>de</strong>r Grund immer<br />

unter diesen fünf gefährlichen Fehlern zu fin<strong>de</strong>n. Sie mögen Gegenstand weiterer Betrachtungen<br />

sein.<br />

[1] "Marshal Turenne," p. 50.


10 Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

1. <strong>Sun</strong> Tzu sagt: Wir kommen nun zu <strong>de</strong>r Frage <strong><strong>de</strong>s</strong> Lagers einer Armee, und <strong>de</strong>r Beobachtung von<br />

Anzeichen eines Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>. Überquere schnell Berge, und halte dich in <strong>de</strong>r Nachbarschaft von<br />

Tälern auf. [Die I<strong>de</strong>e ist, nicht in ö<strong>de</strong>m Hügelland zu verweilen, son<strong>de</strong>rn sich immer nahe <strong><strong>de</strong>s</strong>sen zu halten,<br />

wo Wasser ist, und Graß wächst. Cf. Wu Tzu, Kapitel. 3: "Verweile nicht in natürlichen Öfen,” z.B.<br />

“ <strong>de</strong>n Zugängen zu Tälern” Chang Yu erzählt hierzu folgen<strong>de</strong> Anekdote: Wu­tu Ch'iang war ein Räuberhauptmann<br />

in <strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r späten Han – Dynastie, und Ma Yuan wur<strong>de</strong> ausgeschickt, seine Gang<br />

auszukundschaften. Ch'iang fand eine Zuflucht auf <strong>de</strong>n Hügeln, und Ma Yuan machte keine Anstalten, ihn<br />

in einen Kampf zu verwickeln, aber er nahm alle bevorzugten Plätze für die Versorgung mit Wasser und<br />

Futtergraß in Beschlag. Ch'iang war bald in einer so verzweifelten Lage durch Mangel an Proviant, sodaß<br />

er gezwungen wer<strong>de</strong>n konnte sich vollständig zu ergeben. Er wußte nicht, daß es von enormen Vorteil war,<br />

sich in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Täler aufzuhalten]<br />

2. Campiere auf leichten Anhöhen [Nicht auf hohen Hügeln, son<strong>de</strong>rn auf kleinen Anhöhen und Hügeln,<br />

die sich leicht aus <strong>de</strong>r umgeben<strong>de</strong>n Landschaft herausheben] immer <strong>de</strong>r Sonne entgegen. [Tu Mu<br />

beschreibt dies als “ nach Sü<strong>de</strong>n schauen”, und Ch'en Hao meine "gen Osten" Cf. infra, SS. 11, 13.] Erklimme<br />

niemals Hügel, um dort zu kämpfen. So viel zu Kampf in Bergen.<br />

3. Nach<strong>de</strong>m Du einen Fluß überquert hast, halte dich möglichst weit weg von diesem.["Mit <strong>de</strong>m Ziel,<br />

<strong>de</strong>inen Feind dazu zu verführen, diesen nach dir zu überqueren,” wie Ts'ao Kung meint, und auch sagt<br />

Chang Yu, "um nicht in <strong>de</strong>r eigenen Entwicklung behin<strong>de</strong>rt zu wer<strong>de</strong>n." Der T'UNG TIEN liest sich so:<br />

"Wenn <strong>de</strong>r Feind <strong>de</strong>n Fluß überquert,” etc. Aber angesichts <strong><strong>de</strong>s</strong> nächsten Satzes, ist dies sicherlich eine Annäherung<br />

daran]<br />

4. Immer dann, wenn eine eindringen<strong>de</strong> Streitkraft einen Fluß überquert, um ihren Marsch<br />

fortzusetzen, trete ihnen nicht entgegen, sie mitten im Fluß zu treffen. Am Besten ist es, du läßt<br />

die Hälfte <strong>de</strong>r Armee das an<strong>de</strong>re Ufer erreichen, und dann greife sie an. [Li Ch'uan verweist auf <strong>de</strong>n<br />

großen Sieg, <strong>de</strong>n Han Hsin über Lung Chu errungen hat, beim Wei Fluß. Wen<strong>de</strong>n wir uns an <strong>de</strong>n CH'IEN<br />

HAN SHU, ch. 34, fol. 6 verso, fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Kampf wie folgt beschrieben: “Die zwei Armeen stan<strong>de</strong>n<br />

sich auf bei<strong>de</strong>n Seiten <strong><strong>de</strong>s</strong> Flusses gegenüber. In <strong>de</strong>r Nacht befahl Han Hsin seinen Männern, einige 10.000<br />

Säcke mit Sand zu nehmen, und damit einen Damm flußaufwärts zu bauen. Dann, als <strong>de</strong>r die Hälfte seiner<br />

Armee hinübergeführt hatte, griff er Lung Chu an; aber nach einer Zeit gab er vor, mit seinem Angriff<br />

gescheitert zu sein, und zog sich hastig auf das an<strong>de</strong>re Ufer zurück. Lung Chu war durch diesen unvorhergesehenen<br />

Erfolg freudig erregt, rief aus: “Ich war sicher, daß Han Hsin ein wirkicher Feigling<br />

war!” , er verfolgte ihn, und begann, <strong>de</strong>n Fluß zu überqueren. Han Hsin schickte nun ein Kommando los,<br />

welches die Sandsäcke öffnete, und so ergoß sich eine riesige Menge Wasser, die nie<strong>de</strong>rschoß, und <strong>de</strong>n<br />

größeren Teil <strong>de</strong>r Armee von Lung Chu daran hin<strong>de</strong>rte, nachzufolgen. Er stürzte sich dann auf die Kräfte,<br />

die nun abgeschnitten waren, und eliminierte sie, Lung Chu selber war unter <strong>de</strong>n Toten. Der Rest <strong>de</strong>r<br />

Armee, am an<strong>de</strong>ren Ufer wur<strong>de</strong> zerstreut und flüchtete in alle Richtungen]<br />

5. Wenn Du ängstlich bist, zu kämpfen, solltest Du <strong>de</strong>n Eindringling nicht in <strong>de</strong>r Nähe eines Flusses<br />

treffen, <strong>de</strong>n er zu überqueren hat.[Aus Angst, ihn daran zu hin<strong>de</strong>rn, ihn zu überqueren]<br />

6. Laß Dein Schiff weiter stromaufwärts vor Anker gehen, als <strong>de</strong>in Feind, mit Blick in die Sonne.<br />

[Siehe supra, ss. 2. Die Wi<strong>de</strong>rholung dieser Worte in Verbindung mit Wasser ist sehr gefährlich. Chang Yu<br />

schreibt eine Bemerkung: “An genommen, eine <strong>de</strong>r Truppen hat sich an einem Flußufer verschanzt, o<strong>de</strong>r auf<br />

Booten mitten im Strom geankert; in je<strong>de</strong>m Fall ist es wichtig, weiter flußaufwärts zu sein, und <strong>de</strong>r Sonne<br />

entgegen zu schauen.” Die an<strong>de</strong>ren Kommentatoren sind alle nicht so genau]<br />

7. Treffe <strong>de</strong>inen Feind niemals stromaufwärts. [Tu Mu sagt: "Weil Wasser stromabwärts fließt, dürfen<br />

wir unser Camp nicht in <strong>de</strong>n nie<strong>de</strong>ren Lagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Flusses aufschlagen, um nicht in Gefahr zu laufen, daß <strong>de</strong>r


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

Feind seine Schleusen öffnet, und uns in einer Flut wegschwemmt.Chu­ko Wu­hou hat angemerkt, daß: 'In<br />

einem Flußkampf dürfen wir nicht gegen <strong>de</strong>n Strom vorrücken,' was dasselbe ist, als wenn man sagt, daß<br />

unsere Flotte nicht unterhalb <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> ankern sollte, damit <strong>de</strong>r Feind keinen Vorteil aus <strong>de</strong>r Strömung<br />

zieht, und uns viele Umstän<strong>de</strong> macht.” Hier existiert aber auch die Gefahr, so an<strong>de</strong>ren Kommentatren,<br />

daß <strong>de</strong>r Feind Gift ins Wasser schmeißt, welches dann zu uns herübergetragen wird.] So viel zum<br />

Flußkampf.<br />

8. Beim Überqueren von Salz­Sümpfen, solltest Du dich einzg darum kümmern, diese schnell zu<br />

überwin<strong>de</strong>n, ohne Verzögerung. [Wegen einem Mangel an Frischwasser, <strong>de</strong>r mageren Qualität <strong>de</strong>r<br />

Gewächse, und nicht zu guterletzt, weil sie tief und flach sind, son<strong>de</strong>rn angriffsgefährt<strong>de</strong>t.]<br />

9. Wenn du in einem Salz­Sumpf angegriffen wirst, solltest Du Wasser und Grass in <strong>de</strong>r Nähe<br />

haben, und dich dann zu einer Baumgruppe zurückziehen. [Li Ch'uan bemerkt, daß <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n dort<br />

weit weniger trügerisch ist, wo Bäume sind, während Tu Mu sagt, daß diese dazu dienen, <strong>de</strong>n Rücken zu<br />

schützen.] So weit zu Operationen in Salz­Sümpfen<br />

10. In trockenem Land, nimm eine leicht zugängliche Position ein mit leicht ansteigen<strong>de</strong>m Terrain<br />

links und rechts, [Tu Mu zitiert T'ai Kung, <strong>de</strong>r sagt: "Eine Armee sollte einen Fluß o<strong>de</strong>r einen Sumpf auf<br />

<strong>de</strong>r einen Seite, und eine Anhöhe o<strong>de</strong>r einen Hügel auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite"] sodaß die Gefahr von vorne<br />

kommt, und Sicherheit von hinten ist. So viel zum lagern in Ebener Landschaft.<br />

11. Dies sind die vier nützlichen Äste <strong><strong>de</strong>s</strong> militärischen Wissens [Diese lauten entsprechend <strong>de</strong>m, womit<br />

sie zu tun haben: (1)Berge, (2)Flüsse, (3)Sümpfe, und (4)Ebenen. Vergleiche mit Napoleon's “ Grundsätze<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Militärs” # 1] welches es <strong>de</strong>m Gelben Kaiser erlaubte, vier separate Herrscher zu überwin<strong>de</strong>n.<br />

[Betrachten wir <strong>de</strong>n “ Gelben Kaiser” : Mei Yao­ch'en fragt, mit Grund, warum hier ein Fehler in <strong>de</strong>m Text<br />

ist, nämlich nicht ist bekannt darüber, daß Huang Ti jemals vier frem<strong>de</strong> Herrscher überwun<strong>de</strong>n hätte. Das<br />

SHIH CHI (Kapitel 1, zu Beginn) spricht nur von seinen Siegen über Yen Ti und Ch'ih Yu. In <strong>de</strong>m LIU<br />

T'AO wird erwähnt, daß er “vierzig Kämpfe focht, und das Reich befrie<strong>de</strong>te" Ts'ao Kung's Erklärung ist,<br />

daß <strong>de</strong>r “ Gelbe Kaiser” <strong>de</strong>r erste war, <strong>de</strong>r ein feudales System von Vasallen­Prinzen errichtete, je<strong><strong>de</strong>s</strong> von ihnen<br />

(es waren <strong>de</strong>r Zahl vier) trug <strong>de</strong>n Namen <strong><strong>de</strong>s</strong> Kaisers. Li Ch'uan erzählt uns, daß <strong>de</strong>r ART OF WAR<br />

entstan<strong>de</strong>n ist unter Huang Ti, welcher es von seinem Minister Feng Hou erhalten hat.]<br />

12. Alle Armeen bevorzugen Anhöhen gegenüber Senken. [“Anhöhen”, sagt Mei Yao­ch'en, "ist nicht<br />

nur einverständlicher und zuträglicher, son<strong>de</strong>r auch vorteilhafter aus militärischer Sicht; Senken sind nicht<br />

nur dunkler und ungesund, son<strong>de</strong>rn auch nachteilig für <strong>de</strong>n Kampf.”] und sonnige Plätze gegenüber<br />

<strong>de</strong>n dunklen.<br />

13. Wenn Du sorgsam mit <strong>de</strong>inen Männern umgehst, [Ts'ao Kung sagt: "Sorge für frisches Wasser und<br />

Wei<strong>de</strong>land, auf welches du <strong>de</strong>ine Tiere grasen lassen kannst.”] und campierst Du auf hartem Untergrund,<br />

wird die Armee frei sein von aller Art Krankheiten, [Chang Yu sagt: "Die Trockenheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Klimas<br />

wird vor Ausbruch vor Krankheiten schützen"] und das wird Sieg be<strong>de</strong>uten.<br />

14. Wenndu an einen Hügel kommst, o<strong>de</strong>r an einen Wall, besetze immer die Sonnenseite, mit <strong>de</strong>m<br />

Hang rechts hinter dir. So wirst du für das Wohl <strong>de</strong>iner Soldaten sorgen, und gleichzeitig die<br />

natürlichen Vorteile <strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong> für dich nutzen.<br />

15. Wenn ein Fluß aufgrund heftiger Regelfälle oberhalb angestiegen ist, <strong>de</strong>n du überqueren willst,<br />

und von Schaum besprenkelt ist, musst du warten, bis <strong>de</strong>r Pegel sinkt.<br />

16. Land, in welchem es steil abfallen<strong>de</strong> Klippen gibt, mit Sturzbächen dazwischen, tiefe natürliche<br />

Höhlen, [Die später beschrieben sind als “P lätze, an je<strong>de</strong>r Seite von steilen Böschungen eingeschlossen,<br />

und am Fuße mit Wassertümpeln] eingegrenzte Plätze, [beschrieben als "natürliche Pferche o<strong>de</strong>r Gefängnisse"<br />

o<strong>de</strong>r "Plätze, an drei Seiten umgeben von Abgrün<strong>de</strong>n – leicht hinein zu kommen, aber"] verwirren<strong>de</strong><br />

Dickichte, [beschrieben als "Plätze, be<strong>de</strong>ckt mit so dichtem Unterholz, das keine Speere durchdringen<br />

können"] Sümpfe [beschrieben als “n iedrig liegen<strong>de</strong> Plätze, so schwer voll Matsch, und unpassier­


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

bar für Streitwagen und Reiter"] und Gletscherspalten, [beschrieben von Mei Yao­ch'en als "schmaler<br />

und schwieriger Weg zwischen vorstehen<strong>de</strong>n Klippen" Tu Mu's Bemerkung ist "Grund, be<strong>de</strong>ckt mit Bäumen<br />

und Steinen, gekreuzt von vielen Schlaglöchern und Ritzen" Dies ist sehr vage, aber Chia Lin erklärte<br />

es klar genug als einen Bergpass (Klause) o<strong>de</strong>r schmalen Paß, und Chang Yu sieht es ebenso. Insgesamt<br />

tendieren die Kommentatoren sicherlich zu einer Übersetzung in “ Bergpass”. Aber die ursprüngliche Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Chinesischen an einer Stelle ist “Sprung o<strong>de</strong>r Spalte”, und die Tatsache, daß das Chinesische<br />

an an<strong>de</strong>ren Stellen in <strong>de</strong>m Satz etwas wie die Natur eines Bergpasses an<strong>de</strong>utet, läßt mich an Gletscherspalten<br />

<strong>de</strong>nken, die <strong>Sun</strong> <strong>Tsu</strong> wohl meinte] sollte unverzüglich verlassen wer<strong>de</strong>n und man sollte sich auch<br />

niemals in ein solches begeben.<br />

17. Wenn wir uns weit fernhalten von solchen Plätzen, sollten wir <strong>de</strong>n Feind dorthin treiben;<br />

während wir ihm gegenüberstehen, sollte er diese in seinem Rücken haben.<br />

18. In <strong>de</strong>r Nachbarschaft <strong>de</strong>ines Camps sollten keine Hügellandschaften, Teiche, umgeben von hohem<br />

Wassergras, hohle Basins mit Schilf, o<strong>de</strong>r Wäl<strong>de</strong>r mit dichtem Unterholz, sein, sie sollten<br />

sorgfältig ausgekundschaftet und untersucht sein; <strong>de</strong>nn genau dies sind Plätze, wo Männer auflauern,<br />

hinterlistige Spione lauern. [Chang Yu macht die Bemerkung: "Wir müssen auch ständig auch<br />

auf <strong>de</strong>r Hut sein vor Verrätern, die nahe versteckt liegen könnten, heimlich unsere Schwächen auskundschaften,<br />

und unsere Befehle mithören."]<br />

19. Wenn <strong>de</strong>in Feind nahe an dir dran ist, und sich ruhig verhält, verläßt er sich auf die natürliche<br />

Stärke seiner Position. [Hier beginnen <strong>Sun</strong> Tzu's Bemerkungen über das Lesen von Zeichen, vieles von<br />

<strong>de</strong>m ist so gut, daß es schon fast Teil in einem mo<strong>de</strong>rnen Handbuch sein könnte, wie General Ba<strong>de</strong>n­Powell's<br />

“Aids to Scouting”]<br />

20. Wenn er sich fernhält und versucht, einen Kampf zu provozieren, ist er erpicht darauf, daß <strong>de</strong>r<br />

Gegner vorrückt. [Möglicherweise, weil wir in einer starken Position sind, aus <strong>de</strong>r er uns versucht, hervorzulocken.<br />

“Wenn er uns zu nahe käme”, so sagt Tu Mu, “und versuchen wür<strong>de</strong>, einen Kampf zu<br />

erzwingen, wür<strong>de</strong> er uns verachten, und damit wäre die Wahrscheinlichkeit geringer, daß wir uns darauf<br />

einlassen."]<br />

21. Wenn sein Lagerplatz leicht zugänglich wäre, versucht er einen Hinterhalt.<br />

22. Bewegungen zwischen Bäumen in einem Wald zeigen, daß <strong>de</strong>r Feind vorrückt. [Ts'ao Kung erklärt<br />

dies als “Fällen von Bäumen, um einen Weg frei zu machen”, und Chang Yu sagt: “ Je<strong>de</strong>rmann sen<strong>de</strong>t<br />

Kundschafter aus, die auf Anhöhen klettern, um <strong>de</strong>n Feind zu beobachten. Wenn ein Kundschafter sieht,<br />

daß die Bäume in einem Wald sich bewegen und geschüttelt wer<strong>de</strong>n, kann er daraus schließen, daß sie<br />

gefällt wer<strong>de</strong>n, um eine Passage frei zu machen, für <strong>de</strong>n weiteren Marsch <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>."] Das Erscheinen<br />

einer Zahl von Schirmen aus langem Gras be<strong>de</strong>utet, daß <strong>de</strong>r Feind uns argwöhnisch machen will.<br />

[Tu Yu's Erklärung, geborgt von Ts'ao Kung's, ist folgen<strong>de</strong>: “Die Anwesendheit einer Zahl von Schirmen<br />

aus dichtem Gras ist ein klares Zeichen dafür, daß <strong>de</strong>r Feind geflohen ist, und aus Angst vor Verfolgung<br />

hat er diese Verstecke gebaut, damit wir einen Hinterhalt befürchten. Es schaut so aus, als wenn diese<br />

Schirme hastig aus irgendwelchem langen Gras zusammengeknotet wor<strong>de</strong>n sind, die <strong>de</strong>r Feind auf seinem<br />

Rückzug zufällig gefun<strong>de</strong>n hat..]<br />

23. Erheben sich Vögel in die Luft, so ist dies ein Zeichen für einen Hinterhalt. [Chang Yu's Erklärung<br />

ist zweifellos richtig: “W enn Vögel, die in einer gera<strong>de</strong>n Linie plötzlich aufsteigen, so be<strong>de</strong>utet dies, daß Soldaten<br />

genau dort in einem Hinterhalt lauern"] Aufgeschreckte Tiere zeigen an, daß ein plötzlicher Angriff<br />

erfolgt.<br />

24. 23. Wenn <strong>de</strong>r Staub in einer hohen Säule emporsteigt, ist dies ein Zeichen dafür, daß Streitwagen<br />

herannahen; wenn <strong>de</strong>r Staub niedrig ist, aber über eine große Fläche verteilt ist, verkün<strong>de</strong>t dies<br />

das Annähern von Fußvolk. ["Hoch und scharf", o<strong>de</strong>r sich zu einem Gipfel erhebend, ist natürlich etwas<br />

übertrieben, beson<strong>de</strong>rs auf Staub angewen<strong>de</strong>t. Die Kommentatoren erklären das Phänomen, in<strong>de</strong>m sie


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

sagen, daß Pfer<strong>de</strong> und Streitwagen, die schwerer sind, als Menschen, mehr Staub aufwirbeln, und daß ein<br />

Rad <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren ja in <strong>de</strong>r Spur folgt, während Fußsoldaten in Reihen nebeneinan<strong>de</strong>r laufen. Nach Chang­<br />

Yu, “ je<strong>de</strong> Armee auf <strong>de</strong>m Marsch muß Kundschafter vorausschicken, die bei Anzeichen von Staub, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Feind aufwirbelt, zurückreiten und dies <strong>de</strong>m Oberbefehlshaber mel<strong>de</strong>n. Cf. General Ba<strong>de</strong>n­Powell: "Wenn<br />

du marschierst, sagen wir mal in einem feindlichen Gebiet, solltest Du Ausschau halten nach anzeichen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>: Spuren, aufgewirbelter Staub, auffliegen<strong>de</strong> Vögel, aufblitzen von Waffen, e.t.c." [1] ] Wenn<br />

Spuren in verschie<strong>de</strong>nste Richtungen führen, zeigt dies, daß Kommandos ausgesen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n,<br />

um Feuerholz zu sammeln. Ein paar aufsteigen<strong>de</strong> Wolken signalisieren, daß eine Armee campt<br />

[Chang Yu sagt: "Beim Aufteilen <strong>de</strong>r Verteidigungsarbeiten für die Unterkunft, wird ein leichtes Pferd verwen<strong>de</strong>t,<br />

um die Lage zu beurteilen, und die Stärken und Schwachpunkte in <strong>de</strong>r Umgebung auszukundschaften.<br />

Daher die geringe Menge an Staub und seiner Bewegung.”]<br />

25. Wenige Worte und emsige Vorbereitungsarbeiten signalisieren, daß <strong>de</strong>r Feind sich vorbereitet,<br />

weiterzuziehen. ["Auch hatten sie große Angst vor uns.", sagt Tu Mu. "Ihr Ziel ist es, uns sorglos und<br />

sie geringschätzend zu machen, um uns danach anzugreifen." Chang Yu weist auf die Geschichte von T'ien<br />

Tan hin, über Ch'i­mo gegen die Yen Streitkräfte, angeführt von Ch'i Chieh. In Kapitel 82 <strong><strong>de</strong>s</strong> SHIH CHI<br />

lesen wir: "T'ien Tan sagt offen: 'Meine einzige Angst ist daß die Yen Armee die Nasen ihrer Ch'i Gefangenen<br />

abschnei<strong>de</strong>t, und diese dann in <strong>de</strong>r ersten Reihe plaziert, um gegen uns zu kämpfen; das wäre <strong>de</strong>r<br />

Ruin für unsere Stadt' Die an<strong>de</strong>re Seite, von seiner Re<strong>de</strong> unterrichtet, han<strong>de</strong>lten entsprechend seiner Re<strong>de</strong>;<br />

aber die Menschen in <strong>de</strong>r Stadt waren aufgebracht, als sie sahen, daß ihre Landsleute verstümmelt wur<strong>de</strong>n,<br />

und, aus Angst, in Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>hand zu fallen, verteidigten sie sich mit <strong>de</strong>m Mut <strong>de</strong>r Verzweifelung wie noch<br />

nie zuvor. T'ien Tan schickte umgedrehte Spione zurück, die folgen<strong>de</strong> Worte <strong>de</strong>m Feind berichten sollten:<br />

“W as ich am meisten fürchtete, daß die Männer von Yen die Gräber ihrer Vorfahren außerhalb <strong>de</strong>r Stadt<br />

ausgraben, und dadurch, daß sie diese Schan<strong>de</strong> an unseren Vorvätern üben, machen sie uns mutlos.Unverzüglich<br />

öffneten die Belagerer alle Gräber, und verbrannten alle darin liegen<strong>de</strong>n Körper. Und die Einwohner<br />

<strong>de</strong>r Einwohner von Chi­mo, als sie diese Freveltat sahen, weinten bitterlich, und, ihr rasen<strong>de</strong>r Zorn<br />

auf das Zehnfache gesteigert, waren alle ungeduldig, herauszustürmen und zu kämpfen. T'ien Tan wußte<br />

nun, daß seine Soldaten bereit waren für je<strong>de</strong> Unternehmung. Aber anstelle eines Schwertes, nahm er eine<br />

Hacke in seine Hän<strong>de</strong>, und befahl an<strong>de</strong>ren, sich zwischen seinen besten Kämpfern zu verteilen, wobei er die<br />

Reihen mit <strong>de</strong>ren Frauen und Konkubinen auffüllte. Dann ließ er alle verbleiben<strong>de</strong>n Essensrationen<br />

verteilen, und bat seine Leute, sich satt zu essen. Die regulären Soldaten waren angewiesen, sich außer<br />

Sicht zu halten, und die Mauern wur<strong>de</strong>n bevölkert mit älteren und schwachen Männern, sowie Frauen. Als<br />

er damit fertig war, schickte er Gesandte zum gegnerischen Camp, um die Bedingungen für eine Kapitulation<br />

auszuhan<strong>de</strong>ln, woraufhin die Yen Armee laut lachte. T'ien Tan sammelte auch 20.000 Unzen Silber<br />

von <strong>de</strong>n Leuten, und ließ die wohlhaben<strong>de</strong>n Bürger von Chi­mo diese an <strong>de</strong>n Yen general übersen<strong>de</strong>n, mit<br />

<strong>de</strong>r Bitte, daß wenn die Stadt kapituliert, er ihre Häuser verschone und Mißhandlung ihrer Frauen unterbin<strong>de</strong>.<br />

Ch'i Chieh, amüsiert, gewährte diese Bitte; aber seine Armee wur<strong>de</strong> von nun an zunehmend lustloser<br />

und sorgloser. In <strong>de</strong>r Zwischenzeit sammelte T'ien Tan 1000 Ochsen zusammen, schmückte sie mit<br />

Stücken roter Sei<strong>de</strong>, malte ihre Körper Drachen­ähnlich an, mit farbigen Streifen, und befestigte scharfe<br />

Klingen an ihren Hörnern, und ließ die Haarbüschel an <strong>de</strong>n Schwanzen<strong>de</strong>n einfetten. Als die Nacht kam,<br />

entzün<strong>de</strong>te er die Schwanzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Ochsen, und trieb sie durch eine Zahl von Löchern in <strong>de</strong>r Wand,<br />

dahinter eine Armee von 5000 handverlesenen Soldaten. Die Tiere, vor Schmerz verrückt, rannten in Rage<br />

in das Camp <strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong>, wo sie für äußerste Verwirrung und Schrecken sorgten; mit ihren Schwänzen als<br />

Fackeln, <strong>de</strong>n scheußlichen Mustern auf ihren Körpern, und <strong>de</strong>n Waffen auf ihren Hörnern töteten o<strong>de</strong>r verwun<strong>de</strong>ten<br />

sie je<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r mit ihnen in Kontakt kam. In <strong>de</strong>r Zwischenzeit war die Schar von 5000 Soldaten<br />

mit Knebeln im Mund herangekrochen und stürzte sich auf <strong>de</strong>n Feind. Zeitgleich erklang ein fürchterliches<br />

Getöse in <strong>de</strong>r Stadt, alle, die dort zurückgeblieben waren, machten soviel Getöse, wie sie nur konnten, in<strong>de</strong>m<br />

sie Trommeln und auf Bronzekessel schlugen, bis Himmel und Er<strong>de</strong> von diesem Tumult erschüttert<br />

waren. Von Panik ergriffen floh die Yen Armee in völligem Chaos, scharf verfolgt von <strong>de</strong>n Menschen von<br />

Ch'i, die es sogar schafften, <strong>de</strong>ren General Ch'i Chien zu erschlagen.... Das Ergebnis <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> war die


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

Zurückeroberung von ungefähr 70 Städten, die zu <strong>de</strong>m Ch'i Staat gehörten."] Agressive Sprache und<br />

gleichzeitiges Vorrücken, wie bei einem Angriff sind Anzeichen dafür, daß <strong>de</strong>r Gegner sich<br />

zurückziehen wird.<br />

26. Wenn die beleuchteten Streitwagen zuerst herauskommen, und eine Position an <strong>de</strong>n Flügeln einnehmen,<br />

ist das ein Zeichen dafür, daß <strong>de</strong>r Feind sich für einen Kampf formiert.<br />

27. Frie<strong>de</strong>nsangebote, nicht begleitet von einem geschworenen Bündnis lassen eine Verschwörung<br />

vermuten. [Die Leseweise hier ist unbestimmt. Li Ch'uan <strong>de</strong>utet an: "Ein Vertrag, bekräftigt durch Ei<strong>de</strong><br />

und Geiseln”. Wang Hsi und Chang Yu, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite, sagen einfach: "ohne Grund", "unter einem<br />

leichtfertigen Vorwand"]<br />

28. Wenn alle hastig herumrennen [Je<strong>de</strong>r Mann hastet zu seinem richtigen Platz unter seiner Regiment ­<br />

Fahne] und die Soldaten zu ihrer Reihe fin<strong>de</strong>n, dann ist <strong>de</strong>r kritische Moment gekommen.<br />

29. Wenn beobachtet wird, daß einige vorrücken, und an<strong>de</strong>re sich zurückziehen, dies ist ein Kö<strong>de</strong>r.<br />

30. Wenn die Soldaten sich auf ihre Speere stützen, sind sie erschöpft vor Hunger.<br />

31. Wenn diejenigen, die geschickt wur<strong>de</strong>n, um Wasser zu holen, selber anfangen zu trinken, lei<strong>de</strong>t<br />

die Armee unter Durst. [wie Tu Mu bemerkt: "Man kann <strong>de</strong>n Zustand einer ganzen Armee abschätzen,<br />

in<strong>de</strong>m man sich das Verhalten eines einzigen Mannes anschaut."]<br />

32. Wenn <strong>de</strong>r Feind einen Vorteil für sich sieht, <strong>de</strong>n er erringen könnte, und macht keine Anstrengungen,<br />

diesen zu erlangen, sind seine Soldaten erschöpft.<br />

33. Wenn Vögel sich an einem Punkt versammeln, ist dieser nicht besetzt. [Eine sehr nützliche Tatsache,<br />

die man im Auge haben sollte, für <strong>de</strong>n Falle, wie Ch'en Hao sagt, <strong>de</strong>r Feind heimlich sein camp verlassen<br />

hat.]<br />

34. Lärm in <strong>de</strong>r Nacht zeugt von Nervosität.<br />

35. Wenn dort Unruhe im Camp ist, ist die Autorität <strong><strong>de</strong>s</strong> Generals schwach. Wenn Banner und<br />

Flaggen sich bewegen, ist Aufruhr im Gange. Wenn die Offiziere wütend sind, sind die Soldaten<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Kämpfens überdrüssig. [Tu Mu versteht diesen Satz an<strong>de</strong>rs: "Wenn alle Offiziere einer Armee sauer<br />

auf ihren General sind, be<strong>de</strong>utet das, daß sie Mü<strong>de</strong> sind vor Erschöpfung” verschul<strong>de</strong>t durch die Strapazen,<br />

die er ihnen abverlangt hat.]<br />

36. Wenn eine Armee mit Korn füttert, und ihre Vieh für Nahrung tötet, [Gewöhnlich wer<strong>de</strong>n die Männer<br />

mit Korn gefüttert, und die Pfer<strong>de</strong> hauptsächliche mit Grass.] und wenn die Männer ihre Topfe<br />

nicht mehr über die Lagerfeuer halten, dadurch zeigen, daß sie nicht in ihre Zelte zurückkehren,<br />

daraus kann man schließen, daß sie um ihr Leben kämpfen müssen. [Ich zitiere hier einen erhellen<br />

Abschnitt von HOU HAN SHU, Kapitel. 71, in verkürzter Form von P'EI WEN YUN FU: "Der Rebel<br />

Wang Kuo Liang belagerte die Stadt Ch'en­ts'ang. Huang­fu <strong>Sun</strong>g, <strong>de</strong>r das Oberkommando hatte, und<br />

Tung Cho wur<strong>de</strong>n ausgesandt gegen ihn. Letzterer drängte auf schnelle Maßnahmen, aber <strong>Sun</strong>g hörte nicht<br />

auf seinen Rat. Schließlich waren die Rebellen völlig erschöpft, und streckten, völlig erschöpft, ihre Waffen<br />

nie<strong>de</strong>r. <strong>Sun</strong>g griff nicht an, aber Cho sagte: “ Es ist ein Prinzip im Krieg, verzweifelte Männer nicht zu verfolgen,<br />

einen Feind bei seinem Rückzug nicht zu bedrängen.” <strong>Sun</strong>g antwortete: “Dieses greift hier nicht.<br />

Ich greife eine erschöpfte Armee an, keinen Feind auf Rückzug; mit disziplinerten Truppen stoße ich auf<br />

einen unorganisierten Haufen, nicht auf einen Trupp von verzweifelten Männern. Hierauf rückte er zum<br />

Angriff vor, ohne die Unterstützung seines Kollegen, und verfolgte <strong>de</strong>n Feind, und Wang Kuo wur<strong>de</strong> erschlagen.]<br />

37. Männer, die sichtbar zusammen flüstern in kleinen Gruppen o<strong>de</strong>r in gedämpften Ton re<strong>de</strong>n, dies<br />

zeigt auf eine Unzufrie<strong>de</strong>nheit bei Rang und Ordnung.


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

38. Zu häufige Belohnungen zeugen davon, daß <strong>de</strong>r Feind am En<strong>de</strong> seiner Kräfte ist; [Weil, wenn eine<br />

Armee hart bedrängt ist, wie Tu Mu sagt, besteht immer die Gefahr einer Meuterei, und großzügige Belohnungen<br />

halten die Männer in guter Stimmung.] zu viele Bestrafungen zeugen von einer starken<br />

Bedrängnis [Weil in solchen Fällen die Disziplin nachlässt, und ungewöhnliche Härte notwendig ist, um<br />

die Männer dazu zu bewegen, ihre Pflicht zu tun.]<br />

39. Mit viel Lärm beginnen, und später sich über die Zahl <strong>de</strong>r feindlichen Soldaten zu erschrecken,<br />

zeugt einen übermäßigen Mangel an Intelligenz. [Ich folge hier <strong>de</strong>r Interpretation von Ts'ao Kung,<br />

auch vertreten von Li Ch'uan, Tu Mu und Chang Yu. Eine an<strong>de</strong>re Meinung haben Tu Yu, Chia Lin, Mei<br />

Tao­ch'en und Wang his, die lautet: “ Derjenige General, <strong>de</strong>r zuerst tyrannisch zu seinen Männern ist, und<br />

dann diese terrorisiert, aus Furcht, daß sie Meutern, e.t.c.” Dies könnte die bei<strong>de</strong>n vorhergehen<strong>de</strong>n Sätze<br />

verbin<strong>de</strong>n, vor <strong>de</strong>nen mit Belohnungen und Bestrafungen.]<br />

40. Wenn Botschafter ausgesandt wer<strong>de</strong>n mit Grüßen auf <strong>de</strong>r Zunge, so signalisiert dies, daß <strong>de</strong>r<br />

Feind einen Waffenstillstand wünscht. [Tu Mu sagt: "Wenn <strong>de</strong>r Feind freundschaftliche Beziehungen<br />

vorschlägt, in<strong>de</strong>m er Betschafter schickt, ist dies ein Zeichen dafür, daß sie sich um einen Waffenstillstand<br />

bemühen, entwe<strong>de</strong>r weil ihre Kraft erschöpft ist, o<strong>de</strong>r aus einem an<strong>de</strong>ren Grund." Aber es benötigt kaum<br />

eines <strong>Sun</strong> Tzu, um solche Schlüsse zu ziehen.]<br />

41. Wenn die feindlichen Truppen wütend auftreten und für längere Zeit <strong>de</strong>n unseren nur gegenüberstehen,<br />

ohne <strong>de</strong>n Kampf zu eröffnen, o<strong>de</strong>r sich wie<strong>de</strong>r zurückzuziehen, so ist diese Situation eine,<br />

die größte Wachsamkeit und Umsicht erfor<strong>de</strong>rt. [Ts'ao Kung sagt, daß ein Manöver dieser Art ist<br />

gewöhnlich eine List, um Zeit zu gewinnen, für einen unerwarteten Angriff <strong>de</strong>r Flanke, o<strong>de</strong>r um einen Hinterhalt<br />

zu legen.]<br />

42. Wenn unsere Truppen <strong>de</strong>m Feind zahlenmäßig nicht überlegen sind, ist dies reichlich ausreichend;<br />

Es be<strong>de</strong>utet nur, daß man keinen direkten Angriff ausführen kann. [Wortwörtlich, "kein<br />

kriegerischer Vorteil" Das soll be<strong>de</strong>utet, daß CHENG Taktiken und Frontalangriffe gemie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />

müssen, und man sich auf Kriegslisten statt<strong><strong>de</strong>s</strong>sen besinnen muß.]<br />

43. Was wir tun können, ist uns einfach auf unsere verfügbaren Stärken konzentrieren, <strong>de</strong>n Feind<br />

genau zu beobachten, und zu versuchen, Verstärkungen zu erreichen. [Dies ist ein obskurer Satz,<br />

und keiner <strong>de</strong>r Kommentatoren schaffte es, viel Sinn aus diesem herauszuquetschen. Ich folge hier Li<br />

Ch'uan, <strong>de</strong>r die einfachste Erklärung anbietet (siehe auch Ockhams Rasiermesser!): "Nur diejenige Seite,<br />

die mehr Männer hat, wird gewinnen." Glücklicherweise haben wir Chang Yu, <strong>de</strong>r die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />

erklärt in einer Sprache, die die Klarheit selber ist: "Wenn die Zahl gleich ist, und sich keine vorteilhafte<br />

Eröffnung (<strong>de</strong>r Kämpfe) offenbart, obwohl wir nicht stark genug sind, einen anhalten<strong>de</strong>n Angriff<br />

auszuführen, so können wir doch zusätzliche Rekruten unter unseren Ausstattern und Camp­Folgekräften<br />

fin<strong>de</strong>n, um dann, uns auf unsere Kräfte konzentrierend, <strong>de</strong>n Feind genau beobachtend, es so einzufä<strong>de</strong>ln,<br />

damit wir <strong>de</strong>n Sieg zu erringen können. Aber – wir müssen es unbedingt vermei<strong>de</strong>n, frem<strong>de</strong> Soldaten<br />

auszuleihen, die uns helfen.” Der zitiert hierzu Wei Liao Tzu, Kapitel 3: "Die nominelle Stärke käuflicher<br />

Truppen mag 100.000 sein, aber <strong>de</strong>ren tatsächliche Stärke wird kaum halb so hoch sein.”]<br />

44. Derjenige, <strong>de</strong>r nicht voraus<strong>de</strong>nkt, und seine Gegner auf die leichte Schulter nimmt, kann sicher<br />

sein, von ihnen gefangen genommen zu wer<strong>de</strong>n. [Ch'en Hao, schreibt im TSO CHUAN: "Wenn<br />

schon Bienen und Skorpione Gift tragen,, wie viel mehr dann ein feindlicher Staat! Sogar <strong>de</strong>r kümmerlichste<br />

Feind darf nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n”]<br />

45. Wenn Soldaten bestraft wur<strong>de</strong>n, bevor sie dir zugeteilt wer<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n sie sich nicht als unterwürfig<br />

erweisen; und, wenn sie unterwürfig sind, sind sie praktisch nutzlos. Wenn dir Soldaten<br />

zugeteilt wur<strong>de</strong>n, und diese nicht verschärft wer<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n diese wirkungslos sein.<br />

46. Deswegen müssen Soldaten zunächst mit Menschlichkeit behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, aber unter Konteolle<br />

sein, in <strong>de</strong>m Sinn von eiserner Disziplin. [Yen Tzu [B.C. 493] sagte von Ssu­Ma Jang­chu: "Mit seinen


Armeen auf <strong>de</strong>m Marsch<br />

Bürgertugen<strong>de</strong>n schmeichelte er sich bei <strong>de</strong>m Volk ein; seine kriegerische Tapferkeit hielt seine Fein<strong>de</strong> in<br />

Ehrfurcht.” Cf. Wu Tzu, ch. 4 init.: "Der i<strong>de</strong>ale Befehlshaber vereinigt Kultur mit einem kriegsähnlichen<br />

Gemüt; <strong>de</strong>r Beruf <strong>de</strong>r Waffenführung erfor<strong>de</strong>rt eine Kombination aus Härte und Einfühlungsvermögen"]<br />

Dies ist eine sichere Straße zum Sieg.<br />

47. Falls im Training die Befehle ständig forciert wer<strong>de</strong>n, wird die Armee sehr diszipliniert sein;<br />

wenn nicht, wird ihre Disziplin schlecht sein.<br />

48. Wenn ein General zeigt, daß er Vertrauen in seine Männer hat, aber je<strong><strong>de</strong>s</strong>mal daran erinnert, daß<br />

seine Befehle befolgt wer<strong>de</strong>n müssen, [Tu Mu sagt: "Ein General sollte in Frie<strong>de</strong>nszeiten freundliche<br />

Zuversicht in seine Männer zeigen und auch dafür sorgen, daß seine Autorität respektiert wird, sodaß<br />

dann, wenn sie <strong>de</strong>m Feind gegenüber stehen, Befehle ausgeführt wer<strong>de</strong>n, und Disziplin aufrecht erhalten<br />

wird, weil sie ihm alle vertrauen und zu ihm aufschauen." Was <strong>Sun</strong> Tzu gesagt hat in ss. 44, wie auch immer,<br />

könnte dazu führen, daß man eher dies hier vermutet: "Wenn ein General immer zuversichtlich ist,<br />

daß seine Befehle ausgeführt wer<strong>de</strong>n,” etc."] wird <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gewinn bei<strong>de</strong>rseitig sein. [Chang Yu sagt:<br />

"Der General hat Vertrauen in seine Leute, und die Leute sind fügsam, haben Vertrauen zu ihm. Der<br />

Gewinn wird bei<strong>de</strong>rseitig sein.” Er zitiert <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utungsvollen Satz von Wei Liao Tzu, ch. 4: "Die <strong>Kunst</strong>,<br />

Befehle zu geben, ist nicht zu versuchen, kleineren Pfusch richtigzustellen, und auch nicht durch unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />

Zweifel ins Wanken zu geraten." Unschlüssigkeit und Umständlichkeit sind die sichersten Mittel,<br />

das Vertrauen einer Armee zu verspielen..]<br />

1. [1] "Aids to Scouting," p. 26.<br />

11 Terrain<br />

1. Manches Terrain ist leicht zugänglich, auf manchem Terrain wirst du aufgehalten, manches Terrain<br />

lässt keine Entscheidung zu und manches ist eng, manches ist steil und manches ist weit offen.<br />

2. Wenn bei<strong>de</strong> Seiten kommen und gehen können, wird das Terrain »leicht zugänglich« genannt. Ist<br />

das Gelän<strong>de</strong> leicht zugänglich, nimm zuerst <strong>de</strong>ine Position ein, wobei du die erhöhten und sonnigen<br />

Stellen wählst, die sich als Nachschubwege eignen. Dann ist <strong>de</strong>r Vorteil im Kamp f au f <strong>de</strong>iner<br />

Seite.<br />

3. Wenn du das Gelän<strong>de</strong> verlassen hast, aber nur unter Schwierigkeiten zurückkehren kannst, dann<br />

heißt es, du wirst aufgehalten. Auf dieser Art von Terrain wirst du siegen, wenn <strong>de</strong>r Gegner unvorbereitet<br />

ist und du vorrückst. Ist <strong>de</strong>r Feind aber vorbereitet und rückst du vor, ohne zu siegen,<br />

dann wirst du nur schwer wie<strong>de</strong>r zurückkehren können. Dann bringt es dir keinen Vorteil.<br />

4. Wenn es für bei<strong>de</strong> Seiten nicht von Vorteil ist vorzurücken, dann spricht man von einem Gelän<strong>de</strong>,<br />

das keine Entscheidung zulässt. Auf einem solchen Terrain mag dir <strong>de</strong>r Gegner einen Vorteil bieten,<br />

aber du nimmst ihn nicht an ­ du ziehst dich zurück, wodurch du <strong>de</strong>n Gegner halb herauslockst,<br />

und greifst dann an, zu <strong>de</strong>inem Vorteil.<br />

5. Enges Terrain solltest du, wenn du <strong>de</strong>r erste bist, vollständig besetzen und <strong>de</strong>n Gegner abwarten.<br />

Ist <strong>de</strong>r Gegner zuerst da, folge ihm nicht, wenn er die Engstellen blockiert. Verfolge ihn, wenn er<br />

sie nicht besetzt.<br />

Auf steilem Terrain solltest du, wenn du <strong>de</strong>r erste bist, die lichten Höhen besetzen und dort auf<br />

<strong>de</strong>n Feind warten. Ist <strong>de</strong>r Gegner als erster da, zieh dich von dort zurück und verfolge ihn nicht.<br />

6. Auf weit offenem Terrain ist das Spiel <strong>de</strong>r Kräfte ausgeglichen, und es ist schwierig, <strong>de</strong>n Gegner<br />

herauszufor<strong>de</strong>rn. Ein Kampf wür<strong>de</strong> dir zum Nachteil gereichen.


Terrain<br />

7. Diese sechs Arten von Terrain zu verstehen, darin liegt die höchste Verantwortung eines Generals,<br />

und es ist unabdingbar, sie genauestens zu prüfen.<br />

8. Unter <strong>de</strong>n Streitkräften gibt es solche, die fliehen, solche, die zögern, solche, die fallen, solche, die<br />

zugrun<strong>de</strong> gehen, solche, die in Unordnung sind, und solche, die geschlagen wer<strong>de</strong>n. Dies sind<br />

nicht etwa Naturkatastrophen, son<strong>de</strong>rn Folgen von Fehlern <strong>de</strong>r Generäle.<br />

9. Jene Truppen, die über <strong>de</strong>n gleichen Schwung wie <strong>de</strong>r Gegner verfügen, aber eine zehnfache<br />

Übermacht angreifen, fliehen. Jene Truppen, <strong>de</strong>ren Soldaten stark, aber <strong>de</strong>ren Offiziere schwach<br />

sind, zögern. Jene, <strong>de</strong>ren Offiziere stark, aber <strong>de</strong>ren Soldaten schwach sind, fallen. "Wenn die<br />

Obersten zornig und wi<strong>de</strong>rspenstig sind und aus Ärger nach eigenem Gutdünken kämpfen,<br />

sobald sie auf einen Gegner treffen, und die Generäle ihre Fähigkeiten nicht kennen, dann gehen<br />

sie zugrun<strong>de</strong>.<br />

10. Wenn die Generäle schwach sind und es ihnen an Autorität mangelt, wenn ihre Anweisungen<br />

nicht klar sind und es <strong>de</strong>n Offizieren und Soldaten an Richtlinien fehlt, an die sie sich halten können,<br />

und wenn sie die Schlachtreihen nicht geordnet aufstellen, dann herrscht Unordnung, Wenn<br />

die Generäle, die unfähig sind, <strong>de</strong>n Gegner zu beurteilen, mit einer kleinen Streitmacht eine<br />

größere angreifen o<strong>de</strong>r mit schwachen Truppen viel stärkere angreifen und in ihren eigenen Truppen<br />

die Soldaten nicht nach ihrer Leistung auswählen, dann sind es Generäle, die geschlagen wer<strong>de</strong>n.<br />

11. Dies sind die sechs Wege, die zur Nie<strong>de</strong>rlage fuhren. Sie zu verstehen, darin liegt die höchste Verantwortung<br />

<strong>de</strong>r Generäle; sie müssen sorgfältig studiert wer<strong>de</strong>n.<br />

12. Die Formen <strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains stellen eine Hilfe für die Armee dar; die einem überlegenen Anführer<br />

angemessene Handlungsweise besteht darin, <strong>de</strong>n Gegner zu analysieren, um <strong>de</strong>n Sieg zu sichern,<br />

und Gefahren und Entfernungen richtig einzuschätzen.<br />

13. Jene, die sich in <strong>de</strong>n Kampf begeben und dies wissen, wer<strong>de</strong>n gewinnen; jene, die sich in <strong>de</strong>n<br />

Kampf begeben und dies nicht wissen, wer<strong>de</strong>n verlieren.<br />

14. Weisen also die Gesetze <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> auf einen sicheren Sieg hin, dann ist es gewiss angemessen<br />

anzugreifen, selbst wenn die Regierung keinen Kampf will. Weisen die Gesetze <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> aber<br />

nicht auf einen sicheren Sieg hin, dann ist es angemessen, nicht anzugreifen, auch wenn die<br />

Regierung befiehlt, <strong>de</strong>n Krieg zu eröffnen.<br />

15. So rückst du vor, ohne nach Ruhm zu schielen, so ziehst du dich zurück, ohne <strong>de</strong>r Schan<strong>de</strong> aus<br />

<strong>de</strong>m Weg zu gehen. Deine alleinige Absicht ist es, das Volk zu schützen, und daher han<strong>de</strong>lst du<br />

auch zum Wohl <strong>de</strong>r Regierung. So erweist du <strong>de</strong>r Nation einen wertvollen Dienst.<br />

16. Betrachte <strong>de</strong>ine Soldaten wie Kin<strong>de</strong>r, und sie wer<strong>de</strong>n dir in tiefe Täler folgen; behandle <strong>de</strong>ine Soldaten<br />

wie <strong>de</strong>ine eigenen Nachkommen, und sie wer<strong>de</strong>n bereitwillig mit dir in <strong>de</strong>n Tod gehen.<br />

17. Daher bewegen sich jene, die erfahren sind in <strong>de</strong>r <strong>Kunst</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong>, ohne zu irren, und sie han<strong>de</strong>ln,<br />

ohne sich zu zermürben.<br />

18. Daher heißt es, dass <strong>de</strong>r Sieg nicht in Gefahr ist, wenn du dich selbst und <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren kennst;<br />

wenn du Himmel und Er<strong>de</strong> kennst, dann ist <strong>de</strong>r Sieg vollkommen.<br />

19. Bist du ihnen gegenüber so großzügig, dass du sie nicht mehr einsetzen kannst; bist du ihnen<br />

gegenüber so gütig, dass du sie nicht mehr befehligen kannst; bist du ihnen gegenüber so inkonsequent,<br />

dass du nicht mehr imstan<strong>de</strong> bist, Ordnung herzustellen, dann sind sie wie verwöhnte<br />

Kin<strong>de</strong>r, nutzlos.<br />

20. Wenn du weißt, dass <strong>de</strong>ine Soldaten fähig sind anzugreifen, aber nicht weißt, ob <strong>de</strong>r Gegner<br />

unangreifbar ist, dann hast du nur <strong>de</strong>n halben Weg zum Sieg zurückgelegt.


Terrain<br />

21. Wenn du weißt, dass <strong>de</strong>r Gegner angreifbar ist, aber du nicht weißt, ob <strong>de</strong>ine Soldaten unfähig<br />

sind, einen solchen Angriff durchzuführen, dann hast du nur <strong>de</strong>n halben Weg zum Sieg zurückgelegt.<br />

22. Wenn du weißt, dass <strong>de</strong>r Gegner angreifbar ist, und du weißt, dass <strong>de</strong>ine Soldaten fähig zum Angriff<br />

sind, aber wenn du nicht weißt, ob sich das Terrain für einen Kampf eignet, dann hast du nur<br />

<strong>de</strong>n halben Weg zum Sieg zurückgelegt.<br />

12 Neun Arten von Gelän<strong>de</strong><br />

1. Gemäß <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>r Kriegskunst gibt es neun Arten von Gelän<strong>de</strong>. Wo örtliche Interessen auf<br />

ihrem eigenen Territorium miteinan<strong>de</strong>r im Wettstreit liegen, spricht man vom Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Auflösung.<br />

1. Wenn du <strong><strong>de</strong>s</strong> an<strong>de</strong>ren Land betrittst, aber nicht tief eindringst, spricht man von leichtem<br />

Gelän<strong>de</strong>.<br />

2. Ein Gebiet, das für dich von Vorteil wäre, wür<strong><strong>de</strong>s</strong>t du es erobern, und das für <strong>de</strong>n Gegner von<br />

Vorteil wäre, wür<strong>de</strong> er es erobern, heißt umkämpftes Gelän<strong>de</strong>.<br />

3. Ein Gelän<strong>de</strong>, wo du und die an<strong>de</strong>ren kommen und gehen können, wird verbin<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong>de</strong><br />

genannt.<br />

4. Ein Gelän<strong>de</strong>, das auf drei Seiten von Wi<strong>de</strong>rsachern umgeben ist und das <strong>de</strong>mjenigen, <strong>de</strong>r es als<br />

erster besetzt, Zugang zum ganzen Volk auf <strong>de</strong>m Kontinent geben wür<strong>de</strong>, wird sich überschnei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

Gelän<strong>de</strong> genannt.<br />

2. Wenn du tief in feindliches Gebiet eindringst, vorbei an Städten und Dörfern, spricht man von<br />

schwerem Gelän<strong>de</strong>.<br />

3. Durchquerst du Bergwäl<strong>de</strong>r, tiefe Schluchten, Sümpfe ö<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Stellen, wo es schwierig ist<br />

vorwärtszukommen, dann han<strong>de</strong>lt es sich um unwegsames Gelän<strong>de</strong>.<br />

4. Ist <strong>de</strong>r Weg hinein schmal und <strong>de</strong>r Weg hinaus verschlungen, so dass eine kleine gegnerische Streitmacht<br />

dich angreifen kann, obwohl <strong>de</strong>ine Truppen in <strong>de</strong>r Mehrzahl sind, dann han<strong>de</strong>lt es sich<br />

um eingekreistes Gelän<strong>de</strong>.<br />

5. Wenn ein rascher Angriff das Überleben sichert und ein zögern<strong>de</strong>r Angriff die Vernichtung be<strong>de</strong>utet,<br />

dann spricht man von sterben<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong>.<br />

6. Lass es daher auf einem Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Auflösung nicht zu einem Kampf kommen. Auf leichtem<br />

Gelän<strong>de</strong> halte nicht inne.<br />

1. Auf umkämpftem Gelän<strong>de</strong> greife nicht an.<br />

2. Auf verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> achte darauf, dass du nicht abgeschnitten wirst.<br />

3. Auf sich überschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> stelle Verbindungen her.<br />

4. Auf schwerem Gelän<strong>de</strong> plün<strong>de</strong>re, auf unwegsamem Gelän<strong>de</strong> gehe weiter.<br />

5. Auf eingekreistem Gelän<strong>de</strong> schmie<strong>de</strong> Pläne und auf sterben<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> kämpfe.<br />

7. Jene, die in alter Zeit als vortreffliche Krieger bekannt waren, wussten zu verhin<strong>de</strong>rn, dass Vorhut<br />

und Nachhut <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners einan<strong>de</strong>r erreichen und sich kleine und große Gruppen aufeinan<strong>de</strong>r<br />

verlassen konnten.


Neun Arten von Gelän<strong>de</strong><br />

8. Sie wussten zu verhin<strong>de</strong>rn, dass sich die verschie<strong>de</strong>nen sozialen Klassen <strong><strong>de</strong>s</strong> Gegners gegenseitig<br />

um ihr Wohlergehen sorgen und die Vorgesetzten und Untergebenen einan<strong>de</strong>r unterstutzen konnten.<br />

9. Sie wussten zu verhin<strong>de</strong>rn, dass die Soldaten engagiert waren und Zusammenhalt innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Armee bestand. Sie traten in Aktion, wenn es für sie von Vorteil war, und hielten inne, wenn es<br />

dies nicht war.<br />

10. Du magst dich fragen, wie du wohl mit gut organisierten Gegnern, die auf dich zukommen, fertig<br />

wirst? Die Antwort ist, dass du ihnen zuerst nimmst, was sie lieben. Dann wer<strong>de</strong>n sie auf dich<br />

hören.<br />

11. Schnelligkeit ist die wesentliche Eigenschaft einer Streitmacht. Nütze es aus, wenn <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

dich nicht einholen kann; schlage Wege ein, die er nicht erwartet; greife an, wo er nicht auf <strong>de</strong>r<br />

Hut ist.<br />

12. Im allgemeinen besteht das Prinzip einer Invasion darin, dass die Eindringlinge um so geeinter<br />

sind. Je tiefer sie ins gegnerische Gebiet vordringen. Dann kann die sich verteidigen<strong>de</strong> Führung<br />

sie nicht mehr bezwingen.<br />

13. Sammle, was du auf fruchtbaren Fel<strong>de</strong>rn fin<strong><strong>de</strong>s</strong>t, und <strong>de</strong>ine Armee wird genug zu essen haben.<br />

Sorge für <strong>de</strong>ine Gesundheit und vermei<strong>de</strong> je<strong>de</strong> Überanstrengung, konzentriere <strong>de</strong>ine Energie und<br />

geh sparsam mit <strong>de</strong>inen Kräften um. Truppenbewegungen und Strategien musst du so ausführen,<br />

dass du unergründlich bist.<br />

14. Führe sie in Stellungen, die keinen Ausweg offen lassen, und sie wer<strong>de</strong>n nicht fliehen, auch wenn<br />

sie sterben müssen. Wenn sie dazu bestimmt sind, dort zu sterben, wozu wären sie dann nicht imstan<strong>de</strong>?<br />

Krieger entfalten ihre gesamte Kraft,<br />

15. Wenn sie sich in großer Gefahr befin<strong>de</strong>n, dann kennen sie keine Furcht. Wenn sie keinen Ausweg<br />

haben, dann sind sie entschlossen; wenn sie tief in etwas verwickelt sind, dann lassen sie nicht<br />

davon ab; wenn sie keine Wahl haben, dann kämpfen sie.<br />

16. Daher sind die Soldaten wachsam, ohne dass du sie dazu ermahnen müsstest. Sie mel<strong>de</strong>n sich<br />

freiwillig, ohne dass du sie einberufen müsstest; sie unterstützen dich, ohne dass du sie dazu auffor<strong>de</strong>rn<br />

musst; sie sind zuverlässig, ohne dass du Befehle erteilen müsstest.<br />

17. Verbiete die Wahrsagerei, zerstreue die Zweifel, und die Soldaten wer<strong>de</strong>n dich nie verlassen.<br />

18. Wenn <strong>de</strong>ine Soldaten nichts Überflüssiges besitzen, so heißt das nicht, dass sie materielle Güter<br />

verabscheuen.<br />

19. Wenn sie kein Leben mehr vor sich haben, dann heißt das nicht, dass sie nicht lange leben wollen.<br />

20. An <strong>de</strong>m Tag, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Befehl zum Ausrücken ergeht, weinen die Soldaten.<br />

21. Daher sollte eine geschickte militärische Operation einer schnellen Schlange gleichen, die mit <strong>de</strong>m<br />

Schwanz zurückschlägt, wenn ihr jemand einen Schlag auf <strong>de</strong>n Kopf versetzt, die mit <strong>de</strong>m Kopf<br />

zustößt, wenn ihr jemand einen Schlag auf <strong>de</strong>n Schwanz versetzt, und die sich mit Kopf und<br />

Schwanz wehrt, wenn jemand sie in <strong>de</strong>r Mitte trifft. Du magst fragen, oh eine Streitkraft dieser<br />

flinken Schlange gleichen kann? Die Antwort ist: Sie kann.<br />

22. Selbst Menschen, die einan<strong>de</strong>r nicht mögen, wer<strong>de</strong>n einan<strong>de</strong>r helfen, wenn sie im gleichen Boot<br />

sitzen und in Schwierigkeiten geraten.<br />

Daher sind angebun<strong>de</strong>ne Pfer<strong>de</strong> und eingegrabene Rä<strong>de</strong>r nicht verlässlich genug.<br />

23. Verschie<strong>de</strong>ne Stufen von Tapferkeit auszugleichen und zu vereinheitlichen, das ist das Tao <strong>de</strong>r<br />

Organisation. Erfolg im Harten und im Weichen liegt in <strong>de</strong>r Struktur <strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong><strong>de</strong>s</strong> begrün<strong>de</strong>t.


Neun Arten von Gelän<strong>de</strong><br />

24. Daher gelingt es jenen, die in militärischen Operationen geschickt sind, die Zusammenarbeit in<br />

einer Gruppe zu för<strong>de</strong>rn, so dass sie sie lenken können, so wie sie ein einzelnes Individuum<br />

lenken, <strong>de</strong>m keine an<strong>de</strong>re Wahl bleibt.<br />

25. Ein General han<strong>de</strong>lt verschwiegen und geheim, fair und geordnet .<br />

26. Er kann Augen und Ohren <strong>de</strong>r Soldaten täuschen und sie uninformiert und unwissend lassen.<br />

27. Er än<strong>de</strong>rt seine Maßnahmen und revidiert seine Pläne, so dass die an<strong>de</strong>ren im unklaren darüber<br />

bleiben. Er wechselt seinen Aufenthaltsort und geht verschlungene Wege, so dass die an<strong>de</strong>ren ihm<br />

nicht zuvorkommen können.<br />

28. Wenn sich ein Führer mit seinen Truppen ein Ziel setzt, ist es, als wür<strong>de</strong> er irgendwo hinaufklettern<br />

und dann die Leiter umwerfen.<br />

29. Wenn ein Führer mit seinen Truppen tief in feindliches Gebiet vordringt, setzt er ihr Potential frei.<br />

Er lässt sie die Boote verbrennen und die Topfe zerstören; er treibt sie wie eine Schafher<strong>de</strong> hin und<br />

her, und keiner weiß, wohin sie marschieren.<br />

30. Die Armeen sammeln und sie in eine gefährliche Situation bringen, das ist die Aufgabe <strong>de</strong>r Generäle.<br />

31. Die Anpassung an verschie<strong>de</strong>ne Arten von Gelän<strong>de</strong>, die Vorteile von Zusammenziehen und Aus<strong>de</strong>hnen,<br />

die Muster <strong>de</strong>r menschlichen Gefühle und Bedingungen ­ all dies muss untersucht wer<strong>de</strong>n.<br />

32. Im allgemeinen verhält es sich mit <strong>de</strong>n Angreifern so, dass sie sich einen, wenn sie sich tief auf<br />

feindlichem Gebiet befin<strong>de</strong>n, aber dass sie nahe <strong>de</strong>r Auflösung sind, wenn sie sich erst am Ran<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>s</strong>selben befin<strong>de</strong>n.<br />

1. Wenn du im Zuge einer militärischen Operation <strong>de</strong>in Land verlässt und die Grenze überschreitest,<br />

han<strong>de</strong>lt es sich um isoliertes Gelän<strong>de</strong>.<br />

2. Wenn es von allen Seiten zugänglich ist, ist es verbin<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>s</strong> Gelän<strong>de</strong>. Wenn du weit vorgedrungen<br />

bist, ist es schweres Gelän<strong>de</strong>.<br />

3. Wenn du nicht weit vorgedrungen bist, han<strong>de</strong>lt es sich um leichtes Gelän<strong>de</strong>.<br />

4. Wenn du eine uneinnehmbare Festung im Rücken hast und vor dir Engstellen liegen, dann<br />

han<strong>de</strong>lt es sich um eingekreistes Gelän<strong>de</strong>. Wenn es keinen Ausweg gibt, dann ist es tödliches<br />

Gelän<strong>de</strong>.<br />

33. Deshalb wur<strong>de</strong> ich auf einem Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>r Truppen einen.<br />

1. Auf leichtem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich sie untereinan<strong>de</strong>r in Verbindung stehen lassen.<br />

2. Auf umkämpftem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich sie schnell nachrücken lassen.<br />

3. Auf sich überschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich sorgfältig mit <strong>de</strong>r Verteidigung umgehen. Auf<br />

verbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich die Bündnisse festigen.<br />

4. Auf schwerem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich für ständigen Nachschub sorgen.<br />

5. Auf unwegsamem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich zum Vormarsch drängen.<br />

6. Auf eingekreistem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich Lücken schließen.<br />

7. Auf tödlichem Gelän<strong>de</strong> wür<strong>de</strong> ich ihnen zu verstehen geben, dass es kein Überleben gibt.


Neun Arten von Gelän<strong>de</strong><br />

26. Im Wesen <strong>de</strong>r Soldaten liegt es. Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten, wenn sie umzingelt sind, zukämpfen,<br />

wenn es nicht vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann, und zu gehorchen, wenn sie sich in Extremsituationen<br />

befin<strong>de</strong>n.<br />

34. Daher können jene, die die Pläne ihres Wi<strong>de</strong>rsachers nicht kennen, keine Bündnisse vorbereiten.<br />

Jene, die die Beschaffenheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains nicht kennen, können keine Truppenbewegungen durchführen.<br />

Jene, die keine einheimischen Führer einsetzen, können die Vorteile <strong><strong>de</strong>s</strong> Terrains nicht<br />

ausnützen.<br />

35. Das Militär eines erfolgreichen Herrschers muss um alle diese Dinge wissen.<br />

36. Wenn die Armee eines erfolgreichen Herrschers ein großes Land angreift, dann kann sich das<br />

Volk dort nicht zusammenschließen. Wenn seine Macht <strong>de</strong>n Gegner überwältigt, können sich<br />

keine Bündnisse bil<strong>de</strong>n.<br />

37. Wenn du also nirgends versuchst, um Bündnisse zu wetteifern, dann verstärke auch nirgends die<br />

Macht, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>hne nur <strong>de</strong>inen persönlichen Einfluss aus, in<strong>de</strong>m du <strong>de</strong>n Gegner bedrohst.<br />

Dann sind die Städte und das Land angreifbar.<br />

38. Teile Belohnungen aus, die nicht vorgesehen sind, gib Befehle aus, die nicht im Reglement enthalten<br />

sind.<br />

39. Führe das gesamte Heer, als wür<strong><strong>de</strong>s</strong>t du eine einzelne Person führen. Beschäftige sie mit<br />

konkreten Aufgaben, aber sprich mit ihnen nicht darüber. Motiviere sie durch Vorteile, aber<br />

sprich mit ihnen nicht über die Nachteile.<br />

40. Konfrontiere sie mit ihrer Vernichtung, und sie wer<strong>de</strong>n überleben; bring sie in eine tödliche Lage,<br />

und sie wer<strong>de</strong>n leben. Wenn Menschen in Gefahr geraten, dann sind sie fähig, um <strong>de</strong>n Sieg zu ringen.<br />

41. Daher besteht die Aufgabe bei einer militärischen Operation darin, vorzugeben, mit <strong>de</strong>r Absicht<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Fein<strong><strong>de</strong>s</strong> übereinzustimmen. Wenn du dich gänzlich auf <strong>de</strong>n Feind konzentrierst, kannst du<br />

seine militärische Führung töten, auch wenn sie tausend LI entfernt ist. Dies be<strong>de</strong>utet, die Aufgabe<br />

vortrefflich zu meistern.<br />

42. An <strong>de</strong>m Tag also, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Krieg erklärt wird, wer<strong>de</strong>n die Grenzen geschlossen, die Ausweispapiere<br />

zerrissen und Abgesandte nicht durchgelassen.<br />

43. Alle Angelegenheiten wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Hauptquartieren aufs genaueste beraten.<br />

44. Wenn <strong>de</strong>r Gegner sich eine Blöße gibt, solltest du unverzüglich vorrücken. Nimm <strong>de</strong>n Ort ein, <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>m Feind am wichtigsten ist, und komm ihm dabei heimlich zuvor. Halte die Disziplin aufrecht<br />

und passe dich <strong>de</strong>m Feind an, damit du <strong>de</strong>n Ausgang <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Krieges</strong> bestimmen kannst. Anfangs<br />

gleichst du einer Jungfrau; daher öffnet dir <strong>de</strong>r Feind sein Tor; dann bist du flink wie ein<br />

entsprungenes Kaninchen; daher kann <strong>de</strong>r Feind dich nicht abwehren.<br />

13 Angriff durch Feuer<br />

1. Es gibt fünf Arten <strong><strong>de</strong>s</strong> Angriffs durch Feuer: Verbrennen von Menschen, Verbrennen von Nachschub,<br />

Verbrennen von Ausrüstung, Verbrennen von Lagerhäusern und Verbrennen von Waffen.<br />

2. Für <strong>de</strong>n Einsatz von Feuer müssen gewisse Voraussetzungen gegeben sein, und er erfor<strong>de</strong>rt<br />

gewisse Werkzeuge. Es gibt einen angemessenen Zeitpunkt, um Feuer zu legen, nämlich wenn<br />

das Wetter trocken und windig ist.<br />

3. Im allgemeinen ist es beim Angriff durch Feuer unumgänglich, auf die Verän<strong>de</strong>rungen zu<br />

reagieren, die durch das Feuer verursacht wer<strong>de</strong>n. Wenn das Feuer innerhalb eines feindlichen


Angriff durch Feuer<br />

Lagers gelegt wird, dann reagiere schnell von draußen. Verhalten sich die Soldaten ruhig, wenn<br />

das Feuer ausbricht, warte ab ­ greif nicht an, Wenn das Feuer <strong>de</strong>n Höhepunkt seines Wütens erreicht,<br />

greif an, wenn möglich, sonst halte inne.<br />

4. Wenn das Feuer im Freien gelegt wer<strong>de</strong>n kann, warte nicht, bis es im Inneren eines Lagers gelegt<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Lege es, wenn <strong>de</strong>r richtige Zeitpunkt gekommen ist.<br />

5. Wenn das Feuer windwärts gelegt wird, greife nicht gegen <strong>de</strong>n Wind an.<br />

6. Wenn es während <strong><strong>de</strong>s</strong> Tages windig ist, wird <strong>de</strong>r Wind sich in <strong>de</strong>r Nacht legen.<br />

Armeen müssen es verstehen, diese fünf Arten <strong><strong>de</strong>s</strong> Angriffs durch Feuer flexibel einzusetzen und<br />

sich mit wissenschaftlicher Genauigkeit daran zu halten.<br />

7. Daher be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>r Einsatz von Feuer, <strong>de</strong>r einen Angriff unterstützt, Klarheit; <strong>de</strong>r Einsatz von<br />

Wasser, <strong>de</strong>r einen Angriff unterstützt, be<strong>de</strong>utet Stärke. Wasser kann <strong>de</strong>n Gegner abschnei<strong>de</strong>n,<br />

aber nicht seine Ausrüstung vernichten.<br />

8. Wer einen Kampf gewinnt o<strong>de</strong>r eine Belagerung erfolgreich durchfuhrt, ohne die Verdienstvollen<br />

zu belohnen, verhält sich unglücklich und wird knausrig genannt. Deshalb heißt es, dass eine erleuchtete<br />

Regierung dies in Betracht zieht und eine gute militärische Führung Verdienste belohnt.<br />

Sie machen nicht mobil, wenn sich daraus kein Vorteil ergibt, sie han<strong>de</strong>ln nicht, wenn es nichts zu<br />

gewinnen gibt, sie kämpfen nicht, wenn keine Gefahr droht.<br />

9. Eine Regierung sollte die Armee nicht aus Zorn mobilmachen; militärische Führer sollten einen<br />

Krieg nicht aus Wut provozieren. Zorn kann sich in Freu<strong>de</strong> kehren, Wut kann sich in Entzücken<br />

wan<strong>de</strong>ln, aber eine zerstörte Nation kann nicht wie<strong>de</strong>rhergestellt und die Toten können nicht<br />

wie<strong>de</strong>r zum Leben erweckt wer<strong>de</strong>n. Daher geht eine erleuchtete Regierung sorgfältig damit um,<br />

und eine gute militärische Führung nimmt sich davor in acht. Dies ist <strong>de</strong>r Weg, einer Nation <strong>de</strong>n<br />

Frie<strong>de</strong>n zu erhalten und die Unversehrtheit <strong>de</strong>r bewaffneten Kräfte zu bewahren.<br />

14 Über <strong>de</strong>n Einsatz von Spionen<br />

1. Eine größere militärische Operation ist eine schwere Belastung für die Nation und kann sich im<br />

Kampf um <strong>de</strong>n Sieg, <strong>de</strong>r an einem einzigen Tag errungen wird, über Jahre hinziehen.<br />

2. Wenn man also die Bedingungen beim Gegner nicht kennt, weil man die Ausgaben für die Entlohnung<br />

von Spionen scheut, ist dies <strong>de</strong>r Gipfel <strong>de</strong>r Unmenschlichkeit und zeichnet we<strong>de</strong>r einen<br />

wahren militärischen Führer noch eine Stütze <strong>de</strong>r Regierung o<strong>de</strong>r einen siegreichen Herrscher<br />

aus.<br />

3. Was also eine kluge Regierung und eine weise militärische Führung dazu befähigt, an<strong>de</strong>re zu besiegen<br />

und außeror<strong>de</strong>ntliche Leistungen zu erbringen, ist ihr Vorherwissen.<br />

4. Vorherwissen kann nicht Geistern und Dämonen entlockt wer<strong>de</strong>n; es kann nicht durch Analogien<br />

abgeleitet wer<strong>de</strong>n; es kann nicht durch Berechnungen ermittelt wer<strong>de</strong>n. Es muss von Menschen<br />

erworben wer<strong>de</strong>n, von Menschen, die die Bedingungen beim Gegner kennen.<br />

5. Es gibt fünf Arten von Spionen: <strong>de</strong>r ortsansässige Spion, <strong>de</strong>r innere Spion, <strong>de</strong>r Gegenspion, <strong>de</strong>r<br />

tote Spion und <strong>de</strong>r lebendige Spion. Wenn alle diese fünf Arten von Spionen in Aktion treten,<br />

weiß niemand um ihre Wege ­ dies nennt man organisatorisches Genie, Es ist das kostbarste Gut<br />

eines Herrschers.<br />

1. Ortsansässige Spione wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>r Bevölkerung eines Ortes angeworben.<br />

2. Innere Spione wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n feindlichen Offizieren rekrutiert.<br />

3. Gegenspione wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n feindlichen Spionen angeworben.


Über <strong>de</strong>n Einsatz von Spionen<br />

4. Tote Spione lassen <strong>de</strong>n gegnerischen Spionen falsche Nachrichten zukommen.<br />

5. Lebendige Spione kehren zurück, um Bericht zu erstatten.<br />

5. Daher wird niemand in <strong>de</strong>n Streitkräften so vertraglich behan<strong>de</strong>lt wie Spione, niemand wird reicher<br />

belohnt als Spione, und nichts ist geheimer als die Arbeit <strong>de</strong>r Spione.<br />

6. Man kann Spione nicht ohne Scharfsinn und Weisheit einsetzen; man kann Spione nicht ohne<br />

Menschlichkeit und Gerechtigkeit führen; man kann die Wahrheit von Spionen nicht ohne Subtilität<br />

erfahren. Es ist tatsächlich eine sehr heikle Angelegenheit. Spione sind überall von Nutzen.<br />

7. Wenn etwas, das eigentlich Gegenstand von Spionagetätigkeit ist, bekannt wird, noch bevor <strong>de</strong>r<br />

Spion davon berichtet hat, müssen sowohl <strong>de</strong>r Spion als auch <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r darüber gesprochen<br />

hat, sterben.<br />

8. Wann immer du einen Gegner angreifen, eine Stadt belagern o<strong>de</strong>r einen Menschen töten willst,<br />

musst du zuerst die I<strong>de</strong>ntität ihrer verantwortlichen Generäle, ihrer Vertrauensleute, ihrer Besucher,<br />

ihrer Torhüter und ihrer Kammermeister kennen. Lass es <strong>de</strong>ine Spione herausfin<strong>de</strong>n.<br />

9. Du musst die feindlichen Spione ausfindig machen, die dich überwacht haben, du musst sie<br />

bestechen und sie dazu bewegen, bei dir zu bleiben. So kannst du sie als Gegenspione einsetzen.<br />

10. Durch Nachrichten, die du so erhalten hast, kannst du ortsansässige Spione und innere Spione anwerben.<br />

11. Durch Nachrichten, die du so erhalten hast, kannst du die falschen Informationen, die du <strong>de</strong>m<br />

toten Spion gibst, <strong>de</strong>m Feind zukommen lassen.<br />

12. Durch Nachrichten, die du so erhalten hast, kannst du <strong>de</strong>n lebendigen Spion seine Arbeit wie geplant<br />

verrichten lassen.<br />

13. Es ist wesentlich für einen Führer, um diese fünf Arten <strong>de</strong>r Spionage zu wissen, und dieses Wissen<br />

hängt von <strong>de</strong>n Gegenspionen ab, daher müssen Gegenspione gut behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />

14. Daher kann sich nur ein hervorragen<strong>de</strong>r Herrscher o<strong>de</strong>r ein weiser General, <strong>de</strong>r die Intelligentesten<br />

als Spione einsetzt, eines großen Erfolges sicher sein.<br />

15. Dies ist wesentlich für militärische Operationen, und darauf verlässt sich die Armee bei all ihren<br />

Bewegungen.

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