Weg vom Kleinschrittigen - Literaturmachen
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<strong>Weg</strong> <strong>vom</strong> <strong>Kleinschrittigen</strong><br />
ein Punkt, der euch Dozenten in der Arbeit mit uns Lehrern bewusst geworden ist – dass Lernziele überhaupt<br />
formuliert werden müssen. Sich vorher zu fragen: »Wo will ich am Ende der Stunde sein?« Was sollen<br />
die Schüler am Ende der Stunde können?<br />
SD: Exakt. Du musst natürlich sagen: »Am Ende müssen die das und das können.« Wenn ich einen freien<br />
Workshop mache, dann will ich nicht, dass sie am Ende etwas können, sondern dann will ich, dass sie mich<br />
am Ende überrascht haben. Und das Moment geht natürlich in der Schule verloren, weil es auch wirklich<br />
schwierig zu qualifizieren und zu quantifizieren ist. Weil du dann im Bereich einer pur subjektiven Note bist.<br />
Nach außen hin pur subjektiv – natürlich habe ich sehr objektive Maßstäbe, die ich anlege. Das ist für mich<br />
als Dozent in meinem Thema ein Verlust. Ich will jetzt nicht sagen, dass das besser ist oder schlechter, es ist<br />
nur einfach so.<br />
SL: Ja, das, was herauskommen soll, soll eigentlich keine großen Überraschungsmomente bieten. Es gibt<br />
einfach einen Erwartungshorizont von unserer Seite. In unserem Fall eine adäquate Umsetzung von<br />
bestimmten literarischen Inhalten. In Comicform. Der Schwerpunkt liegt da weniger auf einer freien Annäherung<br />
oder freien Umsetzung als vielmehr dieser auch wieder <strong>vom</strong> Deutschunterricht kommenden Frage<br />
»Wurde der Inhalt verstanden? Wurden alle Zeitebenen, Rahmen- und Binnenhandlung erkannt?« Solche Dinge.<br />
Erkannt und umgesetzt. Das sind dann die Kriterien. Und wenn dann darüber hinaus noch etwas kommt,<br />
was dich überrascht…<br />
SD: …ist das ein Bonus (Lachen)<br />
Übernahmen<br />
SD: Hast du das Gefühl, dass du in deinem Unterricht Teile meines Unterrichts, oder meiner Art zu unterrichten<br />
übernommen hast?<br />
SL: Von der inhaltlichen Ebene her wahrscheinlich weniger. Eher von der formalen, wenn man das so<br />
ausdrücken kann. Also nicht das Was, sondern das Wie. Diese Lockerheit – das klingt jetzt vielleicht negativ,<br />
aber ich meine das sehr positiv –, so unbelastet an die Schüler heranzugehen. Das hat mir immer gut gefallen.<br />
Natürlich weiß ich auch oft schon vorher sehr viel über die Schüler. Ich hatte sie ja auch meistens schon<br />
einige Wochen unterrichtet, bevor du in die jeweilige Klasse kamst. Da fand ich es immer sehr spannend zu<br />
sehen, wie dann Schüler, die ich vielleicht leistungsmäßig eher weiter unten eingeschätzt hatte, durch deine<br />
unbefangene Art mit ihnen umzugehen, ganz andere Dinge gebracht haben. Und dadurch auch in der Beurteilung<br />
am Ende ganz anders waren. Die Offenheit, vieles in den Schülern zu sehen, was eben nicht nur dem<br />
kanonisierten Bild entspricht, das ich so von Schülern habe. Ich erwarte halt als Deutschlehrer schon immer<br />
bestimmte Dinge. Und bin jetzt schon dahin gekommen zu versuchen, immer noch mehr dahinter zu sehen.<br />
Was steckt da noch drin? Wie viel Potential, wie viel Kreativität?<br />
SD: Das ist natürlich ein Luxus, den ich einfach habe. Im Gegensatz zu dir.<br />
SL: Und dann generell auch eine größere Lockerheit. Was zum Beispiel die Sprüche - oder Witze - anbelangt.<br />
Weil ich merke, dass das die Situation ungeheuer auflockert. Das tut dem Ganzen wirklich gut. Viele<br />
Lehrer sind ja sowieso so. Es gibt diese Typen, die sind so richtige Marken – die setzen in jeder Stunde einen<br />
Spruch ab, der dann eigentlich im Jahrbuch stehen muss. Wenn man <strong>vom</strong> Typ her nicht so ist, dann kann<br />
man versuchen, Teile davon zu übernehmen. Einen wichtigen Punkt finde ich auch: weg <strong>vom</strong> <strong>Kleinschrittigen</strong>.<br />
Wir sind doch als Referendare und als Lehrer gewöhnt, einen genauen Verlaufsplan des Unterrichts zu<br />
machen, der tendenziell eher kleinschrittig ist. Und ich finde, in deiner Arbeitsweise, in deinem Vorgehen<br />
sieht man, dass da einfach ein größerer Kontext da ist. Vielleicht liegt es auch daran, dass deine Ziele einfach<br />
nicht explizit formuliert sind…<br />
SD: Ich weiß, wo ich am Ende <strong>vom</strong> Jahr hinkommen will, aber ich muss nicht am Ende jeder Stunde zwingend<br />
an einem bestimmten Punkt sein.<br />
SL: Genau.<br />
SD: Das ist lustig, denn ich habe von dir auch eine Menge Formen übernommen. Zum Beispiel, wie man<br />
eine große Klasse managt. Das sind ja Management-Skills heutzutage. Wie kriege ich 30 Leute dazu, wirk-