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Volker Tesmer - Deutsche Geodätische Kommission

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2. Grundlagen der geodätischen VLBI<br />

haben somit wie die Polkoordinaten vor allem Variationen mit einer ungefähr 435-tägigen und einer jährlichen<br />

Periode zur Folge. Die quasi-säkularen Anteile der Rotationsdeformation sollen als Teil der Stationsgeschwindigkeiten<br />

erkennbar bleiben, weshalb nur der periodische Anteil korrigiert werden soll: In MCCARTHY und PETIT<br />

(2003) wird vorgeschlagen, für die Berechnung der Korrekturen Polkoordinaten zu verwenden, von denen entweder<br />

eine lineare Drift oder jeweils Mittelwerte mehrerer Jahre abzuziehen sind. Leider werden in den Conventions<br />

aber keine eindeutigen Algorithmen bzw. numerischen Werte gegeben. Die zu berücksichtigenden Variationen<br />

des Rotationspols von maximal 800 mas rufen radiale Punktverschiebungen von maximal 25 mm hervor. Horizontale<br />

Deformationen gehen nicht über 7 mm hinaus. Variationen der Rotationsgeschwindigkeit, dem Betrag der<br />

Zentrifugalbeschleunigung, bringen keine messbaren Deformationen mit sich (MCCARTHY und PETIT 2003).<br />

Sonstige Effekte<br />

Neben den bereits beschriebenen Ursachen für Stationsbewegungen gibt es einige weitere Effekte, die meist sehr<br />

unregelmäßig auftreten und deshalb schwierig zu modellieren oder schlecht zu erfassen sind. Sie sind oft von<br />

unerheblicher Größenordnung bzw. in Beobachtungen globaler geodätischer Beobachtungsverfahren nicht signifikant<br />

zu erkennen, weshalb der Beschreibung dieser Phänomenen in der Regel nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wird. Da manche von ihnen in einzelnen Ausnahmefällen aber Positionsänderungen um viele Zentimeter<br />

in kürzester Zeit hervorrufen, können sie die Modellierung geodätischer Beobachtungen leicht verfälschen.<br />

Sehr große Auswirkungen auf Stationspositionen und -geschwindigkeiten haben oft starke Erdbeben. Neben<br />

Sprüngen können zumindest für einen begrenzten Zeitraum nach einem Beben nichtlineare Bewegungen auftreten,<br />

die von langfristigen Mittelwerten deutlich abweichen. Eindrucksvoll dokumentiert wurde das an den zwei<br />

Beben vom 23. Juni und 7. Juli 2001 der Stärke 8.4 bzw. 7.6, die sich an der Grenze zwischen der Nazca- und der<br />

Südamerika-Platte ereigneten. In KANIUTH et al. (2002) sind Untersuchungen der Bewegung der geodätischen<br />

Beobachtungsstation Arequipa (Peru) vor, zwischen und nach den Beben dokumentiert: Bis zu dem Beben wurde<br />

die Bewegung der Station stabil mit ca. 2 cm pro Jahr in Richtung Nord-Ost bestimmt. Direkt nach dem ersten<br />

Beben vom 23. Juni 2001 wurde eine plötzliche Verschiebung der Station um 52.0 cm in Richtung Süd-West<br />

(SW) gemessen. Zwischen den beiden Beben bewegte sich die Station im Mittel um 1.8 mm pro Tag nach SW.<br />

Das Beben vom 7. Juli 2001 erzeugte wiederum einen Sprung in Richtung SW, diesmal um 4.3 cm. Nach dem<br />

zweiten Beben wurden wiederum vom langfristigen Mittelwert abweichende Bewegungen festgestellt, nun um<br />

durchschnittlich 1.0 mm pro Tag nach SW. Die Ergebnisse wurden vor allem aus kontinuierlichen GPS-<br />

Registrierungen gewonnen und durch Lösungen simultaner SLR-Beobachtungen bestätigt.<br />

In SCHERNECK et al. (2002) wird berichtet, dass die Dynamik des Wasserhaushalts in den Kontinenten vor allem<br />

jahreszeitliche Höhenbewegungen von 1 cm und mehr verursachen kann (siehe dazu auch VAN DAM et al. 2001<br />

und SCHUH et al. 2004). Ähnliches wird z.B. in DILL (2002, S. 53) für Deformationen durch Schneeauflasten<br />

angegeben. Demnach kann eine großflächige Schneehöhe von 1 m zu radialen Deformationen von 4 mm führen.<br />

Lokale Höhenbewegungen von mehreren Millimetern pro Jahr werden auch z.B. von dem VLBI-Teleskop in<br />

Medicina bei Bologna beobachtet. GUEGUEN und SCHERNECK (2002) führen dies auf mehrere Ursachen zurück:<br />

Das Grundwasser in der Region soll durch Abpumpen stark abgenommen haben, was zu einer Setzungsbewegung<br />

führt. Zusätzlich steht das Teleskop in einer Deformationszone zwischen dem Apennin und der Adria-Region und<br />

ist so weiteren Höhenbewegungen ausgesetzt.<br />

2.1.4 Weitere Einflüsse auf VLBI-Beobachtungen<br />

Der Einfluss der troposphärischen Refraktion auf VLBI-Beobachtungen ist, wie in NOTHNAGEL (2000) ausführlich<br />

erläutert, schwierig zu modellieren. Von ihm ist einer der größten Teile des Fehlerhaushalts von VLBI-<br />

Lösungen zu erwarten, weshalb er im Folgenden detailliert beschrieben wird. Auch der Einfluss der Ionosphäre<br />

auf VLBI-Beobachtungen kann groß sein. Wegen der dispersiven Eigenschaften dieses Teils der Atmosphäre ist<br />

der Effekt durch Beobachtung auf zwei Frequenzen aber gut zu modellieren und wird nur kurz erläutert.<br />

VLBI-Beobachtungen sind eng mit dem Verhalten der Uhren der Teleskope verknüpft. Wegen der damit verbundenen,<br />

fundamentalen Bedeutung der Uhren für die hohe Stabilität der Maßstabsdefinition des Verfahrens, wird<br />

im Folgenden auch darauf eingegangen. Zusätzlich werden die Prinzipien der Kabel- und Phasenkalibrierung<br />

angedeutet, die wichtige technisch-instrumentelle Einflüsse auf VLBI-Beobachtungen erfassen.

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