Volker Tesmer - Deutsche Geodätische Kommission
Volker Tesmer - Deutsche Geodätische Kommission
Volker Tesmer - Deutsche Geodätische Kommission
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
28<br />
2. Grundlagen der geodätischen VLBI<br />
Dabei ist zu beachten, dass hier nur der die Verringerung der Ausbreitungsgeschwindigkeit berücksichtigende<br />
erste Term der Gleichung (2-19) verwendet wird. Der zweite Term, der bei der Beschreibung des Einflusses der<br />
Troposphäre die Krümmung des Strahlwegs an Dichteunterschieden repräsentiert, wird vernachlässigt. Er kann<br />
wie schon bei der Formulierung des troposphärischen Einflusses, durch eine Mapping-Funktion (siehe (2-26)) mit<br />
aufgefangen werden.<br />
Der Elektroneninhalt, das Integral der Elektronendichte Ne entlang des Strahlwegs wird auch „total electron<br />
content“ (TEC) genannt (LOHMAR 1985, S. 14). Er gibt die Anzahl der Elektronen in einem Zylinder entlang des<br />
Strahlwegs mit der Grundfläche 1 m 2 in der Einheit „total electron content unit“ TECU = 10 16 Elektronen pro m 2<br />
an:<br />
∫<br />
TEC = N ds .<br />
S<br />
e<br />
Üblicherweise hat der TEC Größenordnungen von einigen 10 TECU. Nach LOHMAR (1985, S. 17) lässt die Ionosphäre,<br />
deren integraler Elektroneninhalt entlang einer Zielung im Zenit z.B. 4 ⋅ 1017<br />
Elektronen pro m 2 beträgt,<br />
eine von einem Signal mit 8.4 GHz abgeleiteten Strecke zwischen ungefähr 30 cm im Zenit und 60 cm unter 10°<br />
Elevation zu lang erscheinen. Für ein Signal mit 400 MHz beträgt der Effekt sogar zwischen 100 m im Zenit und<br />
250 m unter 10° Elevation. Durch die unmittelbare Abhängigkeit des TEC von der ultravioletten Strahlung der<br />
Sonne ist er stark veränderlich mit der Zeit. Neben unregelmäßigen Variationen treten tägliche, jährliche und<br />
solche Schwankungen auf, die der ungefähr 11-jährlichen Periode der Sonnenaktivität entsprechen. Der TEC ist<br />
außerdem abhängig von der geomagnetischen Breite einer Beobachtungsstation.<br />
Mit (2-32) kann die Verlängerung ∆l f einer Strecke l angegeben werden, die von einer Beobachtung der Gruppenlaufzeit<br />
eines Mikrowellen-Signals mit der Frequenz f zu lf abgeleitet wird:<br />
∆l<br />
f<br />
40.28 ⋅1016<br />
= lf<br />
− l =<br />
TEC .<br />
f 2<br />
Die tatsächliche Strecke l berechnet sich für Messungen auf zwei Frequenzen f 1 und f 2 im Mikrowellenbereich<br />
nach kurzer Umformung ohne Kenntnis des TEC mit Gleichung (2-35). Dabei wird die bereits in (2-32) zu erkennende<br />
Frequenzabhängigkeit des Effekts ausgenutzt:<br />
f<br />
f<br />
l = l2<br />
⋅ − l1<br />
⋅<br />
.<br />
f<br />
f<br />
2<br />
2<br />
2 2<br />
2 − f1<br />
2<br />
1<br />
2 2<br />
2 − f1<br />
VLBI-Beobachtungen werden seit Einführung des MKIII-Systems stets auf zwei Frequenzbändern im Mikrowellenbereich<br />
durchgeführt, dem X-Band mit ca. 8.4 GHz und dem S-Band bei 2.3 GHz. Der Einfluss der Ionosphäre<br />
auf eine VLBI-Beobachtung τ (Laufzeitunterschied zwischen zwei Teleskopen) im X- bzw. S-Band würde sich<br />
mit der Lichtgeschwindigkeit c bei bekanntem TEC entlang der Strahlwege der Signale durch die Ionosphäre zu<br />
Station A bzw. Station B einer Basislinie entsprechend (2-34) wie folgt berechnen:<br />
1 40.28 ⋅1016<br />
1 40.28 ⋅1016<br />
= ⋅<br />
( TEC A − TEC ) und ∆τS = ⋅<br />
( TEC A − TEC B ) .<br />
c f 2<br />
c f 2<br />
∆τ X<br />
B<br />
X<br />
Das X-Band wird im technischen Konzept der geodätischen VLBI bevorzugt (siehe dazu Abschnitt 2.2) und gilt<br />
als die eigentliche geodätische VLBI-Beobachtung. Die gleichzeitig mit dem X-Band aufgezeichneten Signale im<br />
S-Band dienen vor allem der Berechnung der ionosphärischen Korrektur der Beobachtung im X-Band ∆τ X , wie<br />
z.B. in LOHMAR (1985, S. 43) angegeben:<br />
∆τ<br />
X<br />
f<br />
= ( τ X − τS<br />
)<br />
.<br />
f<br />
2<br />
S<br />
2 2<br />
X − fS<br />
S<br />
(2-33)<br />
(2-34)<br />
(2-35)<br />
(2-36)