SPECIAL - Staufenbiel.de
SPECIAL - Staufenbiel.de
SPECIAL - Staufenbiel.de
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Herr Dr. Dekkers, Sie studierten Chemie und Chemieingenieurwesen<br />
in <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n<br />
USA arbeiteten Sie als Forschungsleiter und CEO.<br />
Heute sind Sie Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bayer<br />
AG in Deutschland. Wo fühlen Sie sich zu Hause?<br />
Ich fühle mich dort zu Hause, wo meine Familie ist. Und<br />
das ist jetzt in Deutschland. Als Jugendlicher war ich in<br />
Holland heimisch, dann 25 Jahre in <strong>de</strong>n USA. Dort habe<br />
ich auch meine Frau kennengelernt, dort besitzen wir auch<br />
nach wie vor ein Haus. Meine Kin<strong>de</strong>r besuchen nun in<br />
Düsseldorf eine internationale Schule und wachsen mit<br />
Gleichaltrigen aus vielen Län<strong>de</strong>rn auf. Ich <strong>de</strong>nke, das ist<br />
ein großer Vorteil, <strong>de</strong>nn sie lernen, global zu <strong>de</strong>nken.<br />
Nach Ihrer Promotion wechselten Sie Mitte <strong>de</strong>r 1980er-Jahre in die<br />
Forschungsabteilung von General Electric in <strong>de</strong>n USA. Eine Karriere<br />
in <strong>de</strong>r Hochschulforschung stand für Sie nicht zur Debatte?<br />
Meine beruflichen Planungen sahen ursprünglich vor, als<br />
Chemiker in <strong>de</strong>r Hochschulforschung zu arbeiten. Doch<br />
vorher wollte ich Erfahrungen in <strong>de</strong>r Industrie sammeln<br />
und startete als Forscher bei General Electric im US-Bun<strong>de</strong>sstaat<br />
New York. Die zentrale Forschungsabteilung von<br />
GE war eine <strong>de</strong>r renommiertesten<br />
und traditionsreichsten<br />
in Nordamerika mit rund<br />
2 000 Wissenschaftlern.<br />
Weshalb entschie<strong>de</strong>n Sie sich für<br />
einen Start in einem amerikanischen<br />
Unternehmen?<br />
Die Aufgaben waren sehr<br />
reizvoll. Ich konnte meine<br />
Kenntnisse aus <strong>de</strong>m Chemie-Studium anwen<strong>de</strong>n. Die Station<br />
war zwar als Zwischenschritt zu einer Universitätsprofessur<br />
geplant, aber die Arbeit und die Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />
bei GE waren so interessant, dass ich blieb. Ich<br />
fand so großen Gefallen an <strong>de</strong>r Forschung in einem Unternehmen<br />
und später an an<strong>de</strong>ren Funktionen in <strong>de</strong>r Wirtschaft,<br />
dass eine Rückkehr an eine Hochschule für mich<br />
nie wie<strong>de</strong>r ein Thema war.<br />
Im vergangenen Jahr kehrten Sie nach Europa zurück. Wie haben<br />
sich die Bedingungen für Forscher in Europa verän<strong>de</strong>rt?<br />
Die Akzeptanz in Deutschland und in einigen europäischen<br />
Län<strong>de</strong>rn ist für manche Forschungsbereiche – etwa<br />
die grüne Gentechnik – nicht so hoch wie in <strong>de</strong>n USA. Daher<br />
schauen sich Hochschulabsolventen, die auf solchen<br />
Gebieten arbeiten und forschen wollen, außerhalb Europas<br />
um. Europa gehen so lei<strong>de</strong>r Talente verloren, die für<br />
die Zukunft benötigt wür<strong>de</strong>n.<br />
staufenbiel.<strong>de</strong>/naturwissenschaftler<br />
EINSTEIGEN: FORSCHUNG IN DER INDUSTRIE<br />
Raten Sie jungen Forschern <strong>de</strong>nnoch, ihre Laufbahn in Europa zu<br />
beginnen?<br />
Ja, in je<strong>de</strong>m Fall. Auch in Europa gibt es für junge Forscher<br />
vielfältige Möglichkeiten zum Start in <strong>de</strong>n Beruf. Bei Bayer<br />
betreiben wir <strong>de</strong>n größten Teil unserer Forschungseinrichtungen<br />
an europäischen Standorten. Ohne gut ausgebil<strong>de</strong>te<br />
und motivierte Mitarbeiter wäre dies nicht möglich.<br />
Der Fachkräftemangel ist eines <strong>de</strong>r großen Themen in Wirtschaft<br />
und Politik. Gefähr<strong>de</strong>t er wirklich die wirtschaftliche Entwicklung<br />
o<strong>de</strong>r geht es eher um einige Positionen für rare Spezialisten?<br />
Generell trifft <strong>de</strong>r Fachkräftemangel Industrie und Branchen<br />
sehr unterschiedlich. In unseren Kern-Einstellbereichen,<br />
<strong>de</strong>n Naturwissenschaften, aber auch bei Verfahrenstechnikern<br />
und Chemieingenieuren sehen wir <strong>de</strong>rzeit für<br />
unser Unternehmen noch keine problematische Situation.<br />
Bei <strong>de</strong>n produktionsnahen, technischen Berufen spüren<br />
wir allerdings einen Nachwuchs-Rückgang.<br />
Wer wird vor allem gesucht?<br />
Für unsere Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind<br />
dies in erster Linie Chemiker, Biologen, Mediziner, Phar-<br />
Forschung und Entwicklung wer<strong>de</strong>n weiterhin die<br />
wichtigsten Bereiche für Naturwissenschaftler sein.<br />
mazeuten sowie Verfahrenstechniker und Chemieingenieure.<br />
Daneben stellen wir verstärkt IT-Experten und Wirtschaftswissenschaftler<br />
ein.<br />
In welchen Bereichen <strong>de</strong>r Chemie- und Pharmabranche haben<br />
Naturwissenschaftler beson<strong>de</strong>rs gute Zukunftschancen?<br />
Forschung und Entwicklung wer<strong>de</strong>n weiterhin die wichtigsten<br />
Bereiche für Naturwissenschaftler sein. Wichtig ist<br />
auch die technische Verfahrensentwicklung. Sie ermöglicht<br />
die Produktion und Vermarktung neuer Produkte zu<br />
marktgerechten Preisen und mit umweltschonen<strong>de</strong>n, energiesparen<strong>de</strong>n<br />
Verfahren.<br />
Ein weltweit bekanntes Unternehmen wie Bayer sollte doch genügend<br />
Bewerber fin<strong>de</strong>n. Ist <strong>de</strong>r Fachkräftemangel nicht eher ein<br />
Problem für <strong>de</strong>n Mittelstand?<br />
Nicht unbedingt. Wir erhalten zwar <strong>de</strong>rzeit noch ausreichend<br />
Bewerbungen. Die Quantität allein ist aber nicht ent-<br />
<strong>Staufenbiel</strong> Naturwissenschaftler 2011/12 | 9<br />
>>>