herunterladen - Berliner Liedertafel
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Probensplitter<br />
Man möge es mir verzeihen, aber ich kann<br />
der letzten Ereignisse wegen nicht wie<br />
üblich die Probensplitter mit launigen<br />
Sprüchen und Anekdoten füllen. Jeder wird<br />
es verstehen, innerhalb von wenigen<br />
Wochen verließen uns unsere<br />
Sangesbrüder Bernd Geister und Horst<br />
Pohl.<br />
Bernd Geister 03.08.2008<br />
Wir mussten also zum zweiten und dritten<br />
Mal den Bardenchor in diesem Jahr<br />
singen, weil wieder ein Sänger für immer<br />
schweigt. Horst und Bernd waren auf der<br />
einen Seite zwei sehr unterschiedliche<br />
Menschen, auf der andern Seite hatten sie<br />
viel gemeinsam. War Bernd ein stiller<br />
Mensch, der sich zurück hielt und eher<br />
schmunzelte als laut zu lachen, so war<br />
Horst, gern Hotte genannt, fast das<br />
Gegenteil. Aber irgendwie habe ich den<br />
Eindruck, damit enden die Unterschiede,<br />
denn beide sangen gern, waren gern in der<br />
<strong>Liedertafel</strong> engagiert und blickten auf ein<br />
Leben mit den üblichen Aufs und Abs<br />
zurück. Beide erkrankten an derselben<br />
heimtückischen Krankheit und erlagen am<br />
Ende dem Krebs.<br />
Beide waren Menschen, die unsere<br />
Proben mitprägten. Horst schnell mit<br />
einem Scherz auf den Lippen, Bernd<br />
ruhiger und immer aufmerksam. Ich habe<br />
es schon einmal erzählt, die Probensplitter<br />
entstanden, weil mich Freunde und<br />
Förderer immer wieder nach den Proben<br />
fragten. Und so dachten wir, Jörg Kramer<br />
und ich, da kann man eine feste Rubrik<br />
draus machen und alle, die zum Kreis der<br />
<strong>Liedertafel</strong> gehören, dran beteiligen. Ich<br />
denke da an meine erste Probe. Ich stand<br />
neben Horst und der stieß mich an, zeigte<br />
mit dem Daumen nach oben und sagte<br />
nur: „Höher, du singst zu tief.“ Bernd<br />
hingegen war einer von denen, die schnell<br />
mal etwas machten, wenn es nötig war.<br />
Beim letzten Probenwochenende fehlte mir<br />
ein Euro um meinen letzten Kaffee zu<br />
bezahlen. Den fünfziger wollte ich (noch)<br />
nicht wechseln. Ohne zu zögern drückte<br />
mir Bernd einen Euro in die Hand, und als<br />
ich am nächsten Donnerstag zu ihm lief,<br />
um ihn zurückzugeben, da meinte er nur:<br />
„Ach ja, hatte ich schon vergessen.“<br />
Für die Angehörigen mag es in ihrem<br />
Schmerz ein kleiner Trost sein, die BL<br />
erinnert sich an ihre Sänger. Manches Mal<br />
seufzt jemand, wenn eine Telefonnummer<br />
gesucht wird: „Heinz (Krakowsky) hätte<br />
das gewusst.“ Aber auch die Sänger, die<br />
schon länger nicht unter uns weilen, sind<br />
nicht vergessen. Mal sind es Fotos, die<br />
uns in die Vergangenheit begleiten, mal<br />
unser Archivar, der eine Geschichte von<br />
früher hat. Dies geht nun seit fast 125<br />
Jahren so, und wenn man die<br />
Vorgeschichte der BL nimmt, schon länger.<br />
Das ist eine unserer Stärken:<br />
Wir erinnern uns!<br />
Horst Pohl 07.09.2008<br />
Alles hat seine Zeit…<br />
Was natürlich nicht bedeutet, es würde<br />
nicht trotzdem gelacht und gesungen,<br />
geredet und gegessen und getrunken.<br />
Nein! Das wäre auch nicht im Sinne derer,<br />
die nicht mehr unter uns sind. Sie haben<br />
auch gelacht und gesungen, aber auch sie<br />
haben sich erinnert, immer mal wieder.<br />
Eigentlich war es ein positiver<br />
Berichtszeitraum für die Splitter. Ich hatte<br />
so einige „Jaufmanns“ und eine ganze<br />
Reihe an Lagen und andere lustige<br />
Ereignisse zusammen. Alle notiert, einmal<br />
sogar in einem alten Merker, sehr zum<br />
Vergnügen der anderen Sänger. Aber ich<br />
glaube es muss auch mal anders sein.<br />
Wir haben uns vorbereitet auf das Konzert<br />
für den Turm, wir haben für den Besuch<br />
der Damen aus Plaidt ausgiebig geprobt.<br />
Der Ambrosianische Lobgesang von Ernst<br />
Gebhardt, die Messe von Charles<br />
François Gounod, der „Festgesang an<br />
die Künstler“ von Felix Mendelssohn-<br />
Bartholdy sind die Höhepunkte für mich.<br />
Wir haben an unseren „Toasten“ gearbeitet<br />
und sind langsam (für Vincent manchmal<br />
zu langsam) vorangekommen. Wir haben<br />
mit dem MC Cäcilia 1890 gemeinsam<br />
geprobt. Es war nicht nur Trauer. Wir sind<br />
wieder ein Stück weiter gekommen, und<br />
das ist auch gut so.<br />
Es gibt auch immer noch ein Krankenlager,<br />
das uns Sorgen bereitet. Dieter Kirchhoff<br />
steht da ganz oben. Werner Quade geht<br />
es langsam besser, ich denke, das ist auch<br />
zum Teil seiner Disziplin zu verdanken.<br />
Brigitte strahlt, wenn sie erzählt, wie er<br />
allen Anweisungen folgt, und sich<br />
manches Mal quält, um ein Stück weiter zu<br />
gehen.<br />
Allen, die nicht bei Gesundheit sind, sei<br />
gesagt, wir denken an Euch! Die neusten<br />
Zustandsberichte von unseren Kranken<br />
gehören so selbstverständlich zu den<br />
Mitteilungen am Ende jeder Probe, wie das<br />
Singen des Wahlspruchs.<br />
Auch wenn keine Lagen erwähnt wurden,<br />
was einige vielleicht doch ein wenig freut,<br />
da mancher es für zuviel hielt, es ist jetzt<br />
alles gesagt, was wichtig war in diesem<br />
Berichtszeitraum.<br />
Am Anfang der Berichtszeit fehlten noch<br />
einige Urlauber, aber so langsam sind alle<br />
wieder da. Dafür fahren die ersten schon<br />
wieder in den nächsten Urlaub und<br />
Präsident und Chorleiter wünschten<br />
manchmal, sie könnten eine Urlaubssperre<br />
verhängen.<br />
Thomas H. Reiche