PDF-Dokument - Ruhrfestspiele Recklinghausen
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©Thomas Aurin<br />
KLEINES THEATER<br />
LESUNG<br />
SoPHIE RoIS<br />
liest aus Die Geschichte von der 1002. Nacht<br />
von Joseph Roth<br />
62<br />
»ich könnte vielleicht puppen herstellen, die herz, gewissen,<br />
leidenschaft, gefühl, sittlichkeit haben. aber nach dergleichen<br />
fragt in der ganzen welt niemand. sie wollen nur kuriositäten<br />
in der welt, sie wollen ungeheuer, ungeheuer wollen sie!« mit<br />
diesen melancholischen worten eines wachsfiguren-bildhauers<br />
schließt die märchenhafte »geschichte von der 1002. nacht«.<br />
Ein Sophie Rois<br />
Schah, seines Harems überdrüssig, reist nach Wien und verliebt<br />
sich dort in eine schöne Gräfin. Die Wiener Geheimpolizei<br />
sonntag<br />
26. Mai 2013\11.00 Uhr schiebt ihm das Freudenmädchen Mizzi unter, weil es der Gräfin<br />
täuschend ähnlich sieht. Mit Burg theater-Garderobe wird Mizzi zur<br />
preistabelle 7<br />
Fürstin und dem Schah ins Bett lanciert. Der Herrscher lässt ihr am<br />
Morgen danach eine Perlenkette schicken, gut fünfzigtausend Gulden<br />
schwer. Mizzi ist nun eine reiche Frau, aber die Fassade hält nicht lange,<br />
die Welt gerät aus den Fugen, wie ohnehin die ganze Monarchie.<br />
Die Geschichte, von Joseph Roth im letzten Jahr seines Lebens<br />
ver fasst, wirkt erstaunlich verspielt und arabesk, gemessen an der<br />
Wirklichkeit, in der er lebte. Ein abgerissener Emigrant in Paris, der<br />
seine Schwermut in Absinth zu versenken suchte. Am 27. Mai des<br />
Jahres 1939 ließ Joseph Roth ein letztes Mal seinen Kopf auf eine kleine,<br />
runde Marmorplatte sinken. Freunde schafften ihn in ein Armenhospital,<br />
dessen Pfleger er für Kellner hielt, bei denen er noch einen<br />
letzten Cognac bestellen wollte.<br />
Sophie Rois, die ungewöhnliche Schauspielerin mit der aparten<br />
Stimme, geboren in Oberösterreich, berühmt geworden in Berlin, liest<br />
aus einem weniger bekannten Werk ihres genialen Landsmannes.