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Mathematische Modellierung mit Differentialgleichungen

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Beispiel 1.7 Wir betrachten<br />

−εu ′′ + u ′ + u = 0, x ∈ (0, 1), u(0) = 1, u(1) = 0. (1.43)<br />

Da wir die Randwerte der gesuchten Funktion u(x) vorgegeben haben, nennt man (1.43)<br />

ein Randwertproblem. Das reduzierte Problem<br />

u ′ + u = 0, x ∈ (0, 1), u(0) = 1, u(1) = 0<br />

hat keine Lösung, da die allgemeine Lösung von u ′ + u = 0, nämlich u(x) = ce −x <strong>mit</strong><br />

c ∈ R, nicht beide Randbedingungen gleichzeitig erfüllen kann. Es gibt also nicht einmal<br />

eine formale asymptotische Näherung der Ordnung null. Das Problem (1.43) ist folglich<br />

singulär gestört. Wir erwarten, daß sich eine asymptotische Näherung im Innern von (0, 1)<br />

wie ce −x verhält, aber in der Nähe von x = 0 bzw. x = 1 eine Grenzschicht aufweist, um<br />

die Randbedingungen erfüllen zu können. Um das Verhalten in der Nähe der Grenzschicht<br />

analysieren zu können, verwenden wir eine Art “mathematische Lupe”, genauer eine Va-<br />

riablentransformation, etwa<br />

ξ = x<br />

,<br />

εα α > 0,<br />

in der Nähe von x = 0. Wir nennen ξ eine Grenzschichtvariable. Die Funktion v(ξ) =<br />

u(x/ε α ) erfüllt wegen v ′ = ε α u ′ die Gleichung<br />

−ε 1−2α v ′′ + ε −α v ′ + v = 0, ξ ∈ (0, ε −α ). (1.44)<br />

Beachte, daß u ′ = du/dx, aber v ′ = dv/dξ. Die Frage ist nun, welches α zu wählen<br />

ist. Wir wollen ein α auswählen, so daß (1.44) im Grenzwert ε → 0 die “maximale”<br />

Information enthält. Wir gehen heuristisch vor, da das Auffinden von Grenzschichten nur<br />

schwer formalisiert werden kann. Die Vorgehensweise ist wie folgt. Wir setzen je zwei<br />

Exponenten in (1.44) gleich und setzen voraus, daß die übrigen Exponenten nicht kleiner<br />

sind:<br />

−α = 0 ≤ 1 − 2α impliziert α = 0 : das ist uninteressant;<br />

1 − 2α = 0 ≤ −α impliziert α ≤ 0 und α = 1<br />

2<br />

1 − 2α = −α ≤ 0 impliziert α ≥ 0 und α = 1.<br />

Der letzte Fall erscheint sinnvoll, so daß wir α = 1 wählen.<br />

: Widerspruch;<br />

Die Grenzschichtvariable an x = 0 lautet ξ = x/ε. Analog erhalten wir für die Grenz-<br />

schichtvariable η an x = 1 die Beziehung η = (1 − x)/ε. Wir wissen allerdings noch nicht,<br />

ob es eine Grenzschicht nur an x = 0 oder nur an x = 1 oder ob es zwei Grenzschichten<br />

gibt. Um dies herauszufinden, machen wir den Ansatz<br />

uasym(x) = u(x) + u0(ξ) + u1(η)<br />

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