musik 21 Fetsival Programm 2008 LY14 - Musik 21 Niedersachsen ...

Musik 21 Festival 2008 Essay
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Essay
Kreisform
Frank Hilberg
Ein Kreis und eine Linie darunter – es gab einmal einen
Komponisten, der nicht wollte, dass sein Bild veröffentlicht würde,
darum wählte er sich ein Signet: ein Kreis und eine Linie darunter .
Es kann als Inbegriff allen Komponierens gelten . (Der Komponist
hieß Giacinto Scelsi .)
Denn der Kreisbogen krümmt sich immer wieder zurück in den
Anfang, das ist die Garantie, dass es immer weiter geht, dass die Zeit
niemals stillstehen wird, dass es kein Ende gibt, dem nicht wieder
ein Anfang folgt . Dass wir unsterblich sind, auch wenn die Zeit sich
rundet, wenn der Tod nichts anderes als ein Schritt zu einem neuen
Geborenwerden ist . (Denn davon sind ja doch die meisten Menschen
existenziell überzeugt, selbst wenn sie es so niemals formulieren
würden .)
Die Idee des Kreises, der kreisenden, der zyklischen Zeit ist in Asien
weit verbreitet, sie liegt allem Lebensausdruck, auch dem Künstlerischen
zugrunde . Die Linie, die lineare Zeit, das ist Europa: der
Fortschritt (zu einem Ziel), die Kadenz zu einer Tonika, zu einem
ruhenden, abgeschlossenen Punkt . Der europäische Fluchtpunkt ist
stets ein Ziel, der ewige, kalte, reglose Tod der Atheisten oder das
Ende der Zeiten im Jüngsten Gericht (für alle, die an das Paradies
glauben können), dem Punkt wo alles entschieden wird, ein-füralle-mal
– Ende der Linie, unwandelbare Ewigkeit .
In der Musik schlägt sich die Hoffnung auf das ewige Leben schon
immer in der Kreisform nieder: jedes Ende ist ein Anfang . Wie die
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