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Ideologische Feindbilder des 20 - Geschichtswerkstatt Jena eV

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erläuterte Grenzziehung zwischen Innen und Außen, zugehörig und nicht-zugehörig: „In der<br />

Fremdenangst <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> steckt das Grundmodell für Fremdenfurcht und -ablehnung, stecken<br />

Verhaltensmuster, die durch Erziehungspraktiken zwar modifiziert und abgeschwächt werden<br />

können, aber als ein Potential weiterwirken, das durch Indoktrination mittels ideologischer<br />

<strong>Feindbilder</strong> jederzeit wieder belebt werden kann.“ 2<br />

Ein Feindbild ist voll negativer Energie, eine Büchse der Pandora, die kein Unheil anrichtet,<br />

solange sie geschlossen ist. Doch wenn man sie öffnet, ergießen sich aus ihr alle Übel der<br />

Welt. <strong>Feindbilder</strong> drücken sich in der Sprache aus, das macht sie, im Unterschied zu<br />

psychologischen Annahmen, objektiv beschreibbar. Der Begriff trägt dem modernen<br />

Bewusstsein Rechnung, dass in der menschlichen Gesellschaft ein Feind nicht etwas<br />

„natürlich“ Gegebenes ist (wie der „natürliche Feind“ im Tierreich), sondern die Folge einer<br />

Projektion: der Mensch ist nicht <strong>des</strong> Menschen Feind, sondern er sucht sich unter den<br />

Menschen Feinde beziehungsweise findet sich von anderen zum Feind erklärt. Ein Feindbild<br />

depersonalisiert. Schon die Uniform depersonalisiert, verwandelt den Gegner, der aus<br />

Individuen besteht, in eine ununterscheidbare Masse. Einen depersonalisierten Gegner zu<br />

töten ist einfacher, als sich vorzustellen, dass er einen Namen trägt, Frau und Kinder hat und<br />

im Frieden einen zivilen Beruf ausübt.“ 3<br />

Du musst deinen Feind kennen, um ihn besiegen zu können 4<br />

Zu den tschekistischen <strong>Feindbilder</strong>n <strong>des</strong> MfS gehörte es, „[…] in einem konkret definierten<br />

Verantwortungs- und Aufgabenbereich feindliche Tätigkeit gegen die Staatsordnung der DDR<br />

2 Pohlmann, Friedrich: Die soziale Geburt <strong>des</strong> Menschen. Einführung in die Anthropologie und<br />

Sozialpsychologie der frühen Kindheit. Weinheim und Basel <strong>20</strong>00, S.37.<br />

3 Der Begriff Feindbild ist in den 1980er Jahren in allgemeinen Gebrauch gekommen und reflektiert die<br />

Erkenntnis, dass die Dinge nicht nur sind, was sie sind, sondern auch und vor allem, was wir in sie hineinsehen.<br />

Es handelt sich um eine - berechtigte oder unberechtigte - Feindlichkeitsprojektion. Sie ist nicht immer<br />

unberechtigt; sie ist sogar häufig berechtigt. Vgl. Wagener, Sybil: <strong>Feindbilder</strong>. Wie kollektiver Hass entsteht,<br />

Berlin 1999.<br />

4 Verkürzte Aussage von Sunzi (auch Sun Zi oder Sun Tsu), chinesischer General, Militärstratege und Philosoph<br />

in seinem berühmten Buch „Die Kunst <strong>des</strong> Krieges“ ca. 2<strong>20</strong> - 280 v. Chr. im Königreich Wu (die Angabe „500<br />

vor Christus in der Zeit <strong>des</strong> Königreichs von Wau“ kann nicht stimmen. Ein solches Königreich gab es nicht).<br />

Zahlreiche Übersetzungen und Veröffentlichungen, so: Ssun-ds’: Traktat über die Kriegskunst, Verlag <strong>des</strong><br />

Ministeriums für Nationale Verteidigung, Berlin (DDR), 1957. Diese Ausgabe ist eine Übersetzung aus dem<br />

Russischen. Zuletzt Sun Tsu: Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft. Die Kunst <strong>des</strong> Krieges, Thomas Cleary Hg.,<br />

Piper <strong>20</strong>01, ISBN 3-492-23330-9 (enthält viele Kommentare alter Chinesen, die aber direkt in den Text<br />

eingestreut sind; der Originaltext kann also nicht flüssig gelesen werden). Das Originalzitat lautet: „Wenn du den<br />

Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich<br />

selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du<br />

weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen.“ Gelegentlich auch als Zitat von<br />

Lenin stammend dargestellt: „Um den Feind zu besiegen, muss man ihn studieren“ bzw. „Es ist eine alte<br />

Wahrheit, dass man in der Politik oft vom Feinde lernen muss.“

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