Schulentwicklungsplan Trier-Saarburg - Landkreis Trier-Saarburg
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Hildesheimer Planungsgruppe <strong>Schulentwicklungsplan</strong> <strong>Trier</strong>-<strong>Saarburg</strong> / 2.3.2009 20<br />
Bei der Bewertung dieser Sachverhalte ist ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: das<br />
Wechselspiel zwischen Ursache und Wirkung der schulischen Selektion.<br />
Einerseits bewerten die Schulen die in der Schule erkennbaren Leistungen der Schülerinnen<br />
und Schüler und empfehlen ihnen dann die Schullaufbahn, die für das ermittelte<br />
Leistungsniveau vorgesehen ist. Andererseits teilen die Schulen den Kindern dadurch<br />
mit, ob sie erfolgreich sind oder nicht.<br />
Auch gestandene Erwachsene halten es nur schwer aus, am Arbeitsplatz oder im privaten<br />
Umfeld als Versager betrachtet und behandelt zu werden. Für Kinder und Jugendlichen<br />
ist diese Problem jedoch sehr viel größer. Ihr Selbstbild ist noch nicht gefestigt.<br />
Sie müssen sich und ihre künftige Rolle in unserer Gesellschaft erst entdecken und entwickeln.<br />
Bei Kindern und Jugendlichen kann daher eine derartig massive Anerkennung<br />
oder Abwertung, wie sie mit der Empfehlung für eine bestimmte Schullaufbahn verbunden<br />
ist, die weitere Entwicklung prägen.<br />
Dieser Zusammenhang wird meist unterschätzt. Prof. Dr. Gerald Hüther (Leiter der Abteilung<br />
für neurobiologische Grundlagenforschung an der Psychiatrischen Klinik der Universität<br />
Göttingen) hat jedoch nachgewiesen, dass mangelnde Wertschätzung Störungen<br />
der Funktionsfähigkeit des Gehirns verursacht und die Lern- und Leistungsfähigkeit<br />
reduziert. Dagegen wird die Leistungsfähigkeit des Gehirns durch Anerkennung und<br />
Wertschätzung messbar gesteigert [zahlreiche Veröffentlichungen und Projekte von<br />
Prof. Dr. G. Hüther, zum Teil gemeinsam mit Prof. Dr. Barbara Mettler-von Meibom, die<br />
u.a. zwei Bücher über Wertschätzung veröffentlicht hat].<br />
Die schädigenden Wirkungen einer negativen Prognose sind besonders schwerwiegend,<br />
wenn die Familie sich in unserem Bildungssystem als unterlegen erlebt und ein<br />
abwertendes Urteil der Schule wenn auch widerwillig als zutreffend hinnimmt. In einem<br />
solchen Fall wird die Schule als zuständige und kompetente Instanz wahrgenommen,<br />
deren Urteil maßgeblich ist, selbst wenn es vielleicht als ungerecht empfunden wird.<br />
Das Kind einer Anwältin und eines Arztes ist dagegen seltener von der Empfehlung für<br />
eine unerwünschte Schullaufbahn betroffen. Und bei Bedarf können diese Eltern Nachhilfeunterricht<br />
finanzieren, Druck auf die Schule oder einzelne Lehrer ausüben oder ihr<br />
Kind in ein Internatsgymnasium schicken.<br />
Kindern aus nicht privilegierten Elternhäusern stehen derartige Möglichkeiten nicht zur<br />
Verfügung. Für sie ist es daher ganz besonders wichtig, dass sie eine Schullaufbahn<br />
ohne oder mit möglichst wenigen Selektionen absolvieren, so dass sie auch in vorübergehend<br />
schwächeren Entwicklungsphasen nicht ausgesondert werden. Für sie geht es<br />
nicht darum, ob sie einen für ihr Berufsleben ausreichenden Schulabschluss etwas einfacher<br />
oder etwas umständlicher erlangen – bei ihnen geht es darum, ob sie überhaupt<br />
eine Chance auf eine erfolgreiche Berufstätigkeit erhalten oder bereits als Schulkinder<br />
scheitern.<br />
Aber auch alle anderen Kinder entwickeln sich erfolgreicher und ihre beruflichen und<br />
sozialen Chancen steigen, wenn ihnen von der Schule Anerkennung und Wertschätzung<br />
nicht verweigert werden – denn das steigert ihre Lernfähigkeit, führt dadurch zu<br />
erneuter Anerkennung und erzeugt so eine positive Spirale.<br />
Rechtlich ist das Schulsystem in beiden Richtungen durchlässig. Es ist durchaus erlaubt,<br />
aus einer weniger günstigen in eine günstigere Schulart zu wechseln. Tatsächlich<br />
kommt dies aber sehr selten vor, wie zahlreiche Untersuchungen immer wieder gezeigt<br />
haben.<br />
Dem Aufstieg von einer Schulart in eine andere wirken vor allem zwei Ursachen entgegen.