3/2011 - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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<strong>der</strong> fl ugleiter <strong>2011</strong>/03 Joe‘s Corner<br />
# Joe‘s Corner<br />
22<br />
Interview<br />
von Transmission mit Ralph Riedle<br />
„Verantwortung muss vorgelebt werden“<br />
o<strong>der</strong> „Laotse für Anfänger“<br />
Joe sitzt traurig vor <strong>der</strong> diesjährigen ersten Ausgabe des<br />
DFS-Mitarbeitermagazins TRANSMISSION. Mit Neugier hatte<br />
er ab Seite fünfzehn das Interview mit seinem zuständigen<br />
Geschäftsführer, Ralph Riedle, gelesen. Joe weiß, dass<br />
dieses Heft auch nach draußen geht, an die Kunden, die Airlines,<br />
an<strong>der</strong>e ANSPs, Geschäftspartner des Hauses DFS und<br />
auch Passagiere. Sie bekommen damit einen farbigen (Ein)<br />
druck, wie unser Topmanagement über die Arbeit und Einstellung<br />
seiner Mitarbeiter denkt und sie nach außen repräsentiert.<br />
Joe hat nichts dagegen, wenn Probleme offen angesprochen<br />
werden. Doch dieses Interview ist <strong>der</strong>art negativ,<br />
dass Joe, würde er seine vielen, engagierten und defi nitiv<br />
verantwortungsbewussten DFS-Kollegen nicht kennen, kein<br />
Flugzeug mehr besteigen würde. Joe seufzt tief, was ist los<br />
bei uns, dass <strong>der</strong> einzige Ausweg darin besteht, uns mit Generalklauseln<br />
und Kompetenzmodellen erziehen zu wollen.<br />
Verdammt noch mal, wir sind alle erwachsen!<br />
Das Thema Verantwortung nimmt Joe sehr ernst in seinem<br />
Job als Lotse, seit vielen Jahren trägt er mit Hilfe von technischen<br />
Systemen ganz alleine die Verantwortung, dass in seinem<br />
Sektor nichts passiert. Daran bestand nie ein Zweifel.<br />
Daran muss ihn niemand erinnern. Joe denkt an seinen besten<br />
Kumpel, <strong>der</strong> seit vielen Jahren zuverlässig und rund um<br />
die Uhr dafür sorgt, dass auch die überlebensnotwendige<br />
Technik nicht versagt. O<strong>der</strong> an seine Schwester, die in <strong>der</strong><br />
Verwaltung seit vielen Jahren die Buchhaltung macht, immer<br />
nach bestem Wissen und Gewissen und vor allem: nach den<br />
gesetzlichen Vorschriften.<br />
Der Geschäftsführer meint mit ernstem Blick: „Wir müssen<br />
die gewünschte Verantwortungskultur beschreiben und alle<br />
Mitarbeiter darauf verpfl ichten.“ Weshalb diese Umstände?<br />
Für Joe regelt das die BA FVK. Er und seine Kollegen haben<br />
das Selbstverständnis, dass wir alle in einem Unternehmen<br />
arbeiten, das Sicherheit verkauft.<br />
Joe hat kürzlich auf einem Inlandsfl ug das Lufthansamagazin<br />
gelesen. Der neue Vorstandschef ist stolz auf seine Beleg-<br />
# #<br />
schaft und lässt keine Zweifel offen, dass diese den Erfolg<br />
des Unternehmens ausmachen. Durch und durch positive<br />
Worte für das Fundament <strong>der</strong> Airline – den Menschen. Und<br />
lachende Gesichter. Viele Artikel gewähren mit Stolz und Anerkennung<br />
einen Einblick in die beson<strong>der</strong>e Verantwortung<br />
<strong>der</strong> ganz „normalen“ Mitarbeiter, stehen sie nun am Serviceschalter<br />
o<strong>der</strong> montieren ein Triebwerk. Und wo bleibt <strong>der</strong><br />
Stolz auf uns?<br />
Gibt es bei uns eigentlich noch so was wie Optimismus und<br />
Vertrauen? Joe möchte nicht „verpfl ichtet“ werden, son<strong>der</strong>n<br />
Vertrauen entgegengebracht bekommen – und Wertschätzung.<br />
Verantwortung, verehrtes Management, kann man erst<br />
dann übernehmen, wenn man sie auch übertragen bekommt.<br />
Der Trend geht in die an<strong>der</strong>e Richtung – statt nutzbringenden<br />
Support gibt‘s immer mehr Kontrolle aus <strong>der</strong> Zentrale.<br />
Die DFS hat fl eißig gekämpft, damit ihre „COS“e als leitende<br />
Angestellte anerkannt werden. Wie kann das sein, wenn<br />
noch nicht mal unser Nie<strong>der</strong>lassungsleiter selbst entscheiden<br />
darf, wen er einstellt o<strong>der</strong> wie er eine Betriebsvereinbarung<br />
abschließt? An dieser Stelle verkümmert die so hoch<br />
gepriesene Verantwortung hinter ineffi zienten Machtspielchen<br />
des Personalbereiches. Ralph Riedle zitiert Laotse:<br />
„Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, son<strong>der</strong>n<br />
auch für das, was man nicht tut.“ An<strong>der</strong>sherum, denkt<br />
Joe, würde es auch mal gut tun, die Mitarbeiter etwas Tun zu<br />
lassen ohne den Verdacht zu hegen, dass sie nichts tun o<strong>der</strong><br />
es falsch tun. Übrigens sieht Joe alle Lizenzen in <strong>der</strong> DFS als<br />
Grundlage von Verantwortung an. Sogar mit amtlichen Stempel.<br />
Und dann gibt es ein paar oberschlaue Schlipsträger, die<br />
zwar viel von Verantwortung reden, uns aber die Lizenzen<br />
abnehmen wollen, zum Beispiel in <strong>der</strong> Technik. Würde einer<br />
von diesen „Managementprofi s“ sich zu einem jemandem<br />
ins Auto setzen, von dem er weiss, dass er nie einen Führerschein<br />
erworben hat?<br />
Für Herrn Riedle ist klar: „Ich erwarte von jedem DFS-Mitarbeiter,<br />
egal an welcher Stelle im Unternehmen er tätig ist,<br />
professionelles und vorbildliches Verhalten und die Einhaltung<br />
gelten<strong>der</strong> Regeln.“ Wie ist das wohl gemeint? Spricht er<br />
damit nicht seine eigene Kultur an, die er maßgeblich in<br />
siebzehn Jahren geprägt hat? Was soll denn plötzlich an<strong>der</strong>s