3/2011 - GdF Gewerkschaft der Flugsicherung eV
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laufen? Der Trend geht hin zu mo<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Pädagogisierung<br />
<strong>der</strong> Organisation mit Zuckerbrot und Peitsche. Das, so fi ndet<br />
Joe, bringt noch mehr Frust und motiviert höchstens zur Zurückhaltung<br />
und innerer Kündigung.<br />
Weiter spricht Joes Geschäftsführer davon „unprofessionelles<br />
Verhalten zu sanktionieren“. Joe hat Visionen düsterer Bil<strong>der</strong><br />
von Kerkern tief unterm Center o<strong>der</strong> von Strafkolonnen renitenter<br />
DFS-Mitarbeiter, die den Aushub des neuen Technikgebäudes<br />
mit Hacke und Schaufel in ihrer Freizeit vornehmen<br />
müssen. Da aber die körperliche Unversehrtheit des Menschen<br />
auch hier Anwendung fi nden muss, denkt er eher an<br />
psychische Bestrafungsmethoden wie Malus (Gegenteil von<br />
Bonus), die Wegnahme o<strong>der</strong> Anrechnung von Zulagen, Nachsitzen<br />
außerhalb <strong>der</strong> Zeiterfassung o<strong>der</strong> das Einbehalten<br />
von Zeitguthaben. Das begeistert Joes Kollegen, garantiert!<br />
„Unsere Erwartungen, die wir im Kompetenzmodell nie<strong>der</strong>geschrieben<br />
haben, müssen wir sämtlichen Mitarbeitern<br />
deutlich ins Bewusstsein rufen und ein entsprechendes Verhalten<br />
auch einfor<strong>der</strong>n“. Joe zieht eingeschüchtert den Kopf<br />
ein und überlegt, ob er nun ein an<strong>der</strong>er Mensch werden<br />
muss, um hier Anerkennung o<strong>der</strong> zumindest ein bischen<br />
Frieden zu fi nden. Zum Glück gilt das Grundgesetz auch für<br />
die DFS, welches Joe und seinen Kollegen im Artikel 2 die<br />
freie Entfaltung <strong>der</strong> Persönlichkeit zusichert und stellt überrascht<br />
fest, dass unser geliebtes Kompetenzmodell noch<br />
kein Bestandteil des Grundgesetzes ist. Aber die DFS verfügt<br />
über die notwendige Erfahrung, wie man so ein Gesetz än<strong>der</strong>t.<br />
Dann wäre endlich geregelt, dass tagtäglich unser Verhalten<br />
beobachtet und kategorisiert wird. Das Ergebnis unserer Arbeit<br />
ist dann nur noch nebensächlich. Also – brav und gehorsam<br />
sein ist wichtiger als arbeiten. Fleiß ist nicht als Kompe-<br />
Joe‘s Corner<br />
# # Joe’s Corner<br />
tenz erfasst. (Eigentlich gar nicht so schlecht…) Vielleicht,<br />
schlägt Joe hiermit vor, mindestens einmal im Monat einen<br />
Fahnenappell auf dem Campus in Langen einzuberufen, an<br />
dem die „Sämtlichen“ sich zum Rapport treffen und <strong>der</strong><br />
blauen DFS-Fahne ihre Treue schwören. In dieser Zeit wird<br />
das Center halt mal geschlossen. Ist ja nur Nebensache.<br />
Viele aktuelle Entwicklungen in unserer einst so schönen,<br />
toleranten und kollegialen Firma sind für Joe sehr bedenklich.<br />
Wenn er das System kritisch bewertet, ist er ein Nörgler. Dies<br />
wird ihm sicher bei Bewertung <strong>der</strong> „Identifi kation mit <strong>der</strong> DFS“<br />
abgezogen, na und, er wollte sie doch nur besser machen.<br />
Und es ist die Rede von Vorbil<strong>der</strong>n. Für Joe waren das beispielsweise<br />
sein alter Nie<strong>der</strong>lassungschef, Wachleiter und<br />
Ausbil<strong>der</strong>, ehrliche und geradlinige Menschen, die richtige<br />
echte <strong>Flugsicherung</strong> gemacht haben und aus den eigenen<br />
Reihen herausgewachsen sind. Heute sind es Juristen und<br />
Finanzcontroller, die das Steuer unseres DFS-Schiffes übernommen<br />
haben. Doch zur See sind sie noch nie gefahren.<br />
Wenn da mal bloß kein Sturm aufzieht.<br />
Joe hofft deswegen, dass bald wie<strong>der</strong> je<strong>der</strong> dort Verantwortung<br />
trägt, wo er hingehört. Für ihn gilt das alte Sprichwort:<br />
Schuster, bleib bei deinen Leisten.<br />
@PS: Und das meint Laotse zu diesem Interview:<br />
Wer nicht genügend vertraut, wird kein Vertrauen fi nden.<br />
<strong>der</strong> fl ugleiter <strong>2011</strong>/03<br />
23<br />
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