Betriebliches Eingliederungsmanagement in Klein- und ...
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Shafaei, Ramm, <strong>Betriebliches</strong> <strong>E<strong>in</strong>gliederungsmanagement</strong> <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- <strong>und</strong><br />
Mittelbetrieben – arbeitsrechtliche Aspekte<br />
ob die Erkrankung länger als sechs Wochen<br />
ununterbrochen besteht oder die Frist von<br />
sechs Wochen durch mehrere Perioden von<br />
Arbeitsunfähigkeit erreicht wird. Bei e<strong>in</strong>er<br />
dauernden Erkrankung über sechs Wochen<br />
(42 Tage) ist die sachliche Voraussetzung<br />
erfüllt <strong>und</strong> die Bestimmung der Frist unproblematisch.<br />
Bei e<strong>in</strong>er wiederholten Arbeitsunfähigkeit<br />
ist auf die Zahl der Arbeitstage abzustellen<br />
<strong>und</strong> die Frist unter Berücksichtigung<br />
der üblichen Arbeitswoche zu berechnen<br />
(zur Fristberechnung siehe auch Gagel/<br />
Hillmann-Stadtfeld, Diskussionsbeitrag B 1-<br />
2009). Die Formulierung „<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />
Jahres“ ist nicht formalistisch im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es<br />
Kalenderjahres auszulegen 1 . Geme<strong>in</strong>t ist der<br />
Zeitraum e<strong>in</strong>es Jahres <strong>in</strong>sgesamt, daher ist<br />
vielmehr auf die zum Zeitpunkt der Feststellung<br />
letzten zwölf Monate abzustellen. Bei<br />
der Berechnung der Arbeitsunfähigkeitstage<br />
s<strong>in</strong>d auch die Fehltage zu berücksichtigen,<br />
die ohne ärztliche Besche<strong>in</strong>igung anfielen. In<br />
kle<strong>in</strong>en Betrieben werden Arbeitsunfähigkeitszeiten<br />
häufig nicht systematisch erfasst.<br />
Der Arbeitgeber kann sich dem BEM aber<br />
nicht dadurch entziehen, dass er sich auf die<br />
unterbliebene Erfassung beruft. Vielmehr ist<br />
aus § 84 Abs. 2 SGB IX mittelbar die Verpflichtung<br />
des Arbeitgebers zur Erfassung<br />
(<strong>und</strong> Auswertung) der Arbeitsunfähigkeitszeiten<br />
herzuleiten.<br />
Sonderregelungen für kle<strong>in</strong>e Betriebe <strong>und</strong><br />
ihre Bedeutung für das BEM<br />
Die Pflichten zur Beschäftigung schwerbeh<strong>in</strong>derter<br />
Menschen <strong>und</strong> zur Ausgleichsabgabe<br />
bei Nichterfüllung gelten nur für Arbeitgeber<br />
mit jahresdurchschnittlich m<strong>in</strong>destens<br />
20 Arbeitsplätzen (§ 71 Abs. 1 Satz 1<br />
SGB IX). Soweit die Arbeitgeber <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />
Betrieben bis zu 20 Beschäftigten nicht der<br />
schwerbeh<strong>in</strong>dertenrechtlichen Beschäftigungspflicht<br />
unterliegen, entfällt der Anreiz,<br />
1 Vgl. Welti (2006), S. 623f<br />
2<br />
Forum B – Nr. 11/2010<br />
durch weitere Beschäftigung ges<strong>und</strong>heitlich<br />
e<strong>in</strong>geschränkter Personen der Beschäftigungspflicht<br />
nachzukommen <strong>und</strong> die Ausgleichsabgabe<br />
zu vermeiden. Die Beschäftigungspflicht<br />
lässt <strong>in</strong>des die Pflicht zur<br />
Durchführung des BEM unberührt.<br />
Die Verpflichtung zur Etablierung von<br />
Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretungen <strong>und</strong> Betriebsräten<br />
unterliegen besonderen gesetzlichen<br />
M<strong>in</strong>destvorgaben h<strong>in</strong>sichtlich der Arbeitnehmerzahl.<br />
In vielen kle<strong>in</strong>en Betrieben<br />
existieren diese Interessenvertretungen<br />
nicht, sodass weder e<strong>in</strong>e Anregung<br />
zur Durchführung noch e<strong>in</strong>e Mitwirkung<br />
an der Durchführung des BEM seitens<br />
des Betriebsrates bzw. der Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretung<br />
<strong>in</strong> Betracht kommt.<br />
Ebenso scheidet der Abschluss e<strong>in</strong>er Betriebsvere<strong>in</strong>barung<br />
zwecks genereller<br />
Regelung des BEM aus. Die Existenz des<br />
Betriebsrates bzw. der Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretung<br />
ist für die generelle Rechtspflicht<br />
des BEM irrelevant. Besonderheiten ergeben<br />
sich lediglich auf praktischer Ebene, da es <strong>in</strong><br />
Betrieben ohne Betriebsrat <strong>und</strong> Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretung<br />
schwieriger se<strong>in</strong> wird,<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerbetriebliche Stelle zu f<strong>in</strong>den, die <strong>in</strong><br />
Konfliktsituationen das Vertrauen der Beschäftigten<br />
genießt. Existieren – ausnahmsweise<br />
– <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en oder mittleren Betrieb<br />
e<strong>in</strong> Betriebsrat <strong>und</strong>/oder e<strong>in</strong>e Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretung,<br />
so stellt sich die Frage,<br />
ob <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit diese an der betrieblichen<br />
Ausgestaltung des BEM zu beteiligen<br />
s<strong>in</strong>d. 2 E<strong>in</strong> geeignetes Instrumentarium für<br />
die Ausgestaltung des BEM ist die Integrationsvere<strong>in</strong>barung.<br />
Sie ist nach § 83<br />
SGB IX zwischen Schwerbeh<strong>in</strong>dertenvertretung,<br />
Betriebsrat <strong>und</strong> Arbeitgeber abzuschließen.<br />
Nach § 83 Abs. 2a Nr. 5 SGB IX<br />
zählt die Ausgestaltung des BEM zu den typischen<br />
Regelungen e<strong>in</strong>er Integrationsver-<br />
– dar<strong>in</strong> können sämtliche Aspek-<br />
e<strong>in</strong>barung 3<br />
2<br />
Vgl. Kohte et al. (2010), S. 110 ff.<br />
3<br />
Vgl. Seidel (2004), S. 239