Bernhard Blanke: „Erzählungen“ vom Aktivierenden Staat - ISPS eV
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Denn das Diagramm stellt auf Steuerung ab, und dann geht es um neue Modalitäten der<br />
Aufgabenerfüllung (Reichard 1998; Schuppert 1998), nicht um <strong>Staat</strong>sentlastung. Dabei – wie<br />
sich aus unseren Arbeiten zur Mitarbeiterbefragung und zur Verwaltungskultur anlässlich der<br />
Spiegelbefragungen in Niedersachsen ersehen lässt – begreifen wir auch die individuellen<br />
Akteure im <strong>Staat</strong> als Bürger. Das grundlegende Missverständnis beispielsweise der Enquete-<br />
Kommission zum bürgerschaftlichen Engagement bezüglich einer Aktivierungspolitik ist die<br />
vorgestellte Dichotomie von <strong>Staat</strong> und Bürgern. Natürlich sind die Rollen jeweils<br />
verschieden, aber dahinter sehen wir – um mit J. St. Mill zu sprechen – die Notwendigkeit<br />
eines gemeinsamen public spirit. Zweifelsohne sind diese Gedanken dem<br />
kommunitaristischen Programm der „Verantwortungsgesellschaft“ (Etzioni 1997) sehr nahe.<br />
Nur setzen wir – in der kontinental-europäischen Tradition – stärker auf einen steuerungs-<br />
und leistungsfähigen <strong>Staat</strong>.<br />
Auf sich selbst bezogen steht also für „den <strong>Staat</strong>“ (Metaphern subjektivieren wie gesagt) die<br />
Aufgabe, alle Bürger zu aktivieren, auch diejenigen, die im <strong>Staat</strong> und seinen vielen<br />
Organisationen beschäftigt sind und per se dem öffentlichen Interesse dienen sollen (Public<br />
Service, vgl. Reichard/Schröter 2009). Selbstaktivierung des <strong>Staat</strong>es bedeutet in unserem<br />
Konzept das Vorantreiben einer effizienten, effektiven und bürgerbezogenen und den Bürger<br />
einbindenden Reform der öffentlichen Leistungsprozesse.<br />
Der Aktivierende <strong>Staat</strong> als „modernes Steuerungsmodell“<br />
In aller Kürze und untermauert durch ein weiteres Schaubild soll diese Substanz des<br />
„<strong>Aktivierenden</strong> <strong>Staat</strong>es“ hannöverscher Prägung entwickelt werden. Anknüpfend an die<br />
Debatte um die Produktivität (Naschold/Pröhl 1994) und Leistungstiefe des Öffentlichen<br />
Sektors (Naschold u.a 1996), einem genuinen Diskurs des New Public Management,<br />
entwickelte unser Programm eine holistische Sicht der Einrichtung und Erfüllung öffentlicher<br />
Aufgaben, in welcher das Verhältnis zwischen <strong>Staat</strong> und Bürger als Nachfrage- und<br />
Angebotsverhältnis öffentlicher Leistungen in einem Steuerungsmodell (vgl. auch<br />
Christ/Niedlich 2008) konzipiert wurde.<br />
Es ist wohl erkennbar, dass dieses durchaus als Governance-Modell gelesen werden kann, und<br />
dass es einem kybernetischen input-output-Modell (Easton; Luhmann) der Politik, dem Policy<br />
Cycle oder der ‚uralten‘ Vorstellung eines Kreislaufes zwischen Regierten und Regierenden<br />
verpflichtet ist. Da ein Ausgangspunkt der <strong>Staat</strong>sreformdebatte in den 1980er und 1990er<br />
Jahren im Theorem der <strong>Staat</strong>süberlastung durch Bürgeransprüche lag, 11 konnte es naheliegen,<br />
dieses Anspruchs- und Gewährungsverhältnis politik- und verwaltungswissenschaftlich derart<br />
zu operationalisieren, dass – wie Managementkollegen gerne sagen – „Stellschrauben“ und<br />
„Schnittstellen“ identifiziert werden können, mit und an denen ein anderes als ein<br />
Überforderungsgleichgewicht ‚produziert’ werden kann. Im Steuerungsmodell des<br />
„<strong>Aktivierenden</strong> <strong>Staat</strong>es“ wurden die Aktivierung der Bürger und die Selbstaktivierung des<br />
<strong>Staat</strong>es als komplementäre Prozesse modelliert.<br />
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