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Bernhard Blanke: „Erzählungen“ vom Aktivierenden Staat - ISPS eV

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wurde der „Aktivierende <strong>Staat</strong>“ im Kontext der <strong>Staat</strong>s- und<br />

Verwaltungsmodernisierung auf Bundesebene weiter ausformuliert und sah seiner<br />

Institutionalisierung entgegen.<br />

Bei den Vorarbeiten für die Kabinettsvorlage für das am 11.12.1999 verabschiedete<br />

Programm der Bundesregierung stellte sich aber heraus, dass die Metapher der<br />

Bürgeraktivierung <strong>vom</strong> Prozess der institutionellen und organisatorischen<br />

<strong>Staat</strong>smodernisierung abgeschnitten wurde (vgl. Reichard/Schuppan 2000). Sie wurde<br />

gewissermaßen in eine andere Zuständigkeit verschoben, nämlich an die Länder und<br />

Kommunen (weil der Bund ja „keinen Kontakt zu den Bürgern“ habe, so Zypries)<br />

Zwar wurde das Leitbild des „Aktivierender <strong>Staat</strong>es“ angenommen, aber später dann<br />

rein auf bereits bestehende Organisationsreformen und instrumentelle<br />

Reformvorhaben übergestülpt. Am deutlichsten drückt dies die vielzitierte Definition<br />

von Minister Otto Schily aus, der unter dem aktivierenden <strong>Staat</strong> einen <strong>Staat</strong> verstand,<br />

der „weniger kostet und mehr leistet“. Diese Vorstellung war eine bruchlose<br />

Fortsetzung des „schlanken <strong>Staat</strong>es“ im neuen Gewand (man nennt so etwas<br />

„relabeling“). Neu entstand eine Reformlinie des Informations- und<br />

Kommunikationsmanagements (e-government), die bis heute wirkmächtig geblieben<br />

ist.<br />

2. Die im Februar 2000 (mit Unterstützung des BMI) konstituierte Enquete-Kommission<br />

„Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ reduzierte in der Summe den <strong>Staat</strong> auf<br />

die Aufgabe der Engagementförderung, d.h. auf die Aufgabe,<br />

„günstige Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement zu schaffen […].<br />

Im Sinne des Leitbildes der Bürgergesellschaft (Hervorhebung von mir) geht es […]<br />

um institutionelle Rahmenbedingungen: um beteiligungsfreundliche Organisationen<br />

und Institutionen und um neue Formen der Partizipation […] eine Förderung von<br />

Engagement als Querschnitts- und Vernetzungsaufgabe, die die Politik, die Wirtschaft,<br />

die Familie und das gesellschaftliche Leben insgesamt betrifft“ (Enquete-Kommission<br />

2002, S. 61f).<br />

Der aktivierende <strong>Staat</strong> wird durchaus positiv zitiert, neben anderen Metaphern, wie<br />

„ermöglichender“ oder „ermunternder <strong>Staat</strong>“. Vor allem wird betont, dass damit auch<br />

„eine neue Aufgabenteilung zwischen <strong>Staat</strong> und Bürgergesellschaft [verbunden ist].<br />

Beide sollen bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben eng zusammenarbeiten. Für den<br />

ermöglichenden <strong>Staat</strong> bedeutet diese aktive Gestaltung der Zusammenarbeit eine neue<br />

Form der Teilung und Stufung der Verantwortung“ (S. 61).<br />

Hier wurden Kerngedanken des originären Konzeptes richtig wiedergegeben.<br />

Allerdings zeigt die muntere Mischung mehrerer Metaphern, dass die laufende<br />

Debatte noch offen und kontrovers war. In einem Themenheft der Gewerkschaftlichen<br />

Monatshefte waren sowohl ein erstes ausführliches statement zum <strong>Aktivierenden</strong> <strong>Staat</strong><br />

(<strong>Blanke</strong>/von Bandemer 1999), basierend auf den Zuarbeiten zum BMI-Programm, als<br />

auch andere Versionen gleichlaufender „Aktivierungsdiskurse“ versammelt. Dabei<br />

wurde schon deutlich, dass insbesondere aus dem zivilgesellschaftlichen Diskurs<br />

heraus erhebliche Vorbehalte gegen einen „aktivierenden“ <strong>Staat</strong> gepflegt wurden. Ein<br />

Sondervotum zur Enquete-Kommission formuliert dies so:<br />

„Mit dem insgesamt heterogenen Konzept des „aktivierenden <strong>Staat</strong>es“ (Lamping u.a.<br />

2002) werden oft Vorstellungen verbunden, die das Gegenteil von freiwilligem<br />

Bürgerengagement bedeuten. Dies gilt besonders für neue Formen des Arbeitszwanges<br />

und schlecht bezahlter Arbeit für die Bezieher sozialer Transferleistungen, die mit der<br />

Parole ‚fördern und fordern‘ ‚aktiviert‘ werden sollen […]. Wer solche<br />

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