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Bernhard Blanke: „Erzählungen“ vom Aktivierenden Staat - ISPS eV

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Leistungskraft und Ideenreichtum sind die Ziele, die für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes<br />

entscheidend sind“ schrieb Rupert Scholz im Abschlussbericht (Sachverständigenrat 1998, S.<br />

5). Operationalisiert wurden diese Forderungen in ausgefeilten Tableaus der<br />

„aufgabenadäquaten Abstufung von staatlicher Verantwortung und<br />

Wettbewerbsorientierung“ (vgl. Fiedler 1998). Populär wurden Metaphern wie „downsizing“<br />

oder „outsorcing“.<br />

Die Herkunft dieser Konzeptionen aus dem industriellen Managementdiskurs (z.B. „lean<br />

administration“) war unverschleiert, die Analogisierung des <strong>Staat</strong>es zum Unternehmen<br />

beherrschte auch die anfänglichen Konzepte des Neuen Steuerungsmodells. Nimmt man die<br />

Fülle von Reformvorschlägen, die Mitte der 1990er Jahre auf den Tisch kamen und breit<br />

publiziert wurden, lässt sich feststellen, dass diese sich metaphorisch um den „Schlanken<br />

<strong>Staat</strong>“ gruppieren und außerordentlich wirkmächtig geworden sind. Vor allem die<br />

instrumentellen Reformen (Binnenmodernisierung) haben bis heute eine eigendynamische<br />

Durchsetzungskraft entwickelt und erhalten, allerdings weitgehend losgelöst von<br />

anspruchsvollen Leitbilder; sie scheinen sich in das tradierte bürokratische Paradigma<br />

eingepasst zu haben (vgl. Jann u.a. 2004).<br />

Wie das Schaubild sichtbar macht, standen die instrumentellen Konzepte und Reformen<br />

keineswegs in der Kritik des aufkommenden „<strong>Aktivierenden</strong> <strong>Staat</strong>es“, vielmehr bildeten sie<br />

ein genuines Bestandteil des Leitbildes. Was aber im Zentrum der Kritik stand, war die<br />

verwaltungspolitische (Böhret 1998) Prozessvorstellung der Protagonisten der<br />

Schlankheitskuren, das fehlende Konzept eines Change Managements (Schridde 2005b):<br />

Aufgaben- und Ausgabenabbau wurden staatszentriert hierarchisch gedacht, losgelöst aus<br />

dem demokratischen Prozess. Dagegen setzten wir mit der Bürgerbefragung das Konzept der<br />

bürgerschaftlichen Aufgabenkritik. Wenn denn schon der anspruchsvolle Bürger für die<br />

<strong>Staat</strong>süberlastung verantwortlich gemacht wurde (der „überforderte <strong>Staat</strong>“ war ein geflügeltes<br />

Wort), dann konnte in der pluralistischen Demokratie letztlich nur über die umfangreiche<br />

Einbindung der Bürgerschaft in den politischen Willensbildungsprozess entschieden werden,<br />

welche Aufgaben der <strong>Staat</strong> künftig noch schultern solle.<br />

„Bürgeraktivierung“<br />

Die hiermit in die Welt gesetzte Metapher der „Bürgeraktivierung“ und deren Amalgamierung<br />

mit einer schon länger laufenden zivilgesellschaftlichen Debatte 8 nach unseren Publikationen<br />

„Bürgerengagement und aktivierender <strong>Staat</strong>“ (<strong>Blanke</strong>/Schridde 1999 und 2001) führten in<br />

der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Bruch mit der aus der <strong>Staat</strong>s- und<br />

Verwaltungsmodernisierung stammenden Abstammungslinie. Der aktivierende <strong>Staat</strong> wurde<br />

fortan zunehmend mit der Engagementpolitik verkoppelt. Noch mehr: er wurde aus dieser<br />

Sicht sogar eher zurückgewiesen als begrüßt.<br />

1. 1998/99 bestand beim Bundesministerium des Inneren ein großes Interesse am<br />

Konzept des „<strong>Aktivierenden</strong> <strong>Staat</strong>es“. Hier spielten die persönlichen Kontakte aus der<br />

niedersächsischen Zeit, der ‚Zugang‘ zu den ‚friends of gerd‘ (frogs genannt), eine<br />

entscheidende Rolle. Die neue <strong>Staat</strong>ssekretärin im BMI, Brigitte Zypries, kannte die<br />

Arbeiten sowohl der Arbeitsgruppe Aufgabenkritik als auch die seit 1993 am<br />

Sozialministerium in Niedersachsen (Zypries war dort vor ihrem Wechsel nach Berlin<br />

<strong>Staat</strong>ssekretärin) laufenden Projekte zu einer modernen Steuerung in der<br />

Sozialadministration (s. Fn. 7) Auf einem Workshop in Boppard sammelte sie die<br />

eigenen Mitarbeiter aus dem BMI (die schon beim „Schlanken <strong>Staat</strong>“ dabei waren)<br />

und Mitarbeiter aus dem Umkreis der sehr engagierten Reformgruppe aus Rheinland-<br />

Pfalz sowie ausgewählte Wissenschaftler, wie Gunnar Folke Schuppert, Christoph<br />

Reichard und mich, sowie Stephan von Bandemer um sich. Auf diesem Workshop<br />

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