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Zeitschrift <strong>de</strong>s Cartellverban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r katholischen <strong>de</strong>utschen Stu<strong>de</strong>ntenverbindungen 5/2012 105. Jahrgang<br />

„<strong>Facebook</strong>“:<br />

zwischen Neugier<br />

und Exhibitionismus<br />

Schule –<br />

das ewige Experimentierfeld<br />

Michail Gorbatschow<br />

Der getriebene Antreiber


-Flusskreuzfahrt 2013:<br />

„Vom Burgund bis in die Provence“<br />

Von <strong>de</strong>r lieblichen Hügellandschaft Bur gunds bis<br />

in die sonnenverwöhnte Pro vence mit ihren<br />

Laven<strong>de</strong>lfel<strong>de</strong>rn führt diese Reise auf Rhône und<br />

Saône. Am Wege liegen nicht nur Flussauen mit<br />

breiten Schilfgürteln und berühmte Wein berge,<br />

son<strong>de</strong>rn auch Glanz lichter <strong>de</strong>r Romanik wie z.B.<br />

Cluny und alte, geschichtlich be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Städte<br />

wie Lyon, Avignon, Nîmes und Arles und gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>n Frankreichs ist schon sehr früh christlich<br />

geprägt wor<strong>de</strong>n. So wird die Reise zum<br />

Ausflug in herrliche Landschaften und in die<br />

(Kir chen-)Ge schich te zugleich.<br />

Mit <strong>de</strong>r „Swiss Pearl“ unter -<br />

wegs auf Rhône und Saône<br />

vom 12.05.-19.05.2013<br />

ab € 1.895,– pro Person<br />

inkl. Landausflugspaket, Studien-Reise -<br />

leitung und Busanreise<br />

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seit<br />

1962<br />

50 Jahre<br />

Avignon © Olaf Schnei<strong>de</strong>r, pixelio.<strong>de</strong><br />

Biblische Reisen GmbH<br />

Silberburgstraße 121<br />

70176 Stuttgart<br />

Tel. 0711/6 19 25-0<br />

Fax 0711/6 19 25-811<br />

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Gruppe o<strong>de</strong>r Bil dungs ein rich tung eine<br />

„Reise nach Maß“ zusammen!


Veit Neumann (Alm)<br />

Chefredakteur<br />

Entschleunigung“ wur<strong>de</strong> Anfang <strong>de</strong>r 90er Jahre in zahlreichen<br />

spirituellen Schriften und Übungen als Gegenbegriff<br />

zur Beschleunigung betont. Alle innerliche Hetze einmal<br />

ablegen, ganz ankommen, ganz da sein, Dinge einfach<br />

von ihrer wesentlichen Seite her betrachten, in die Tiefe gehen<br />

und alles verlangsamen, <strong>de</strong>n Stress rausnehmen, das war und<br />

ist durchaus wichtig, auch wenn es sich bei <strong>de</strong>r Entschleunigung<br />

häufig nur um ein eingängiges Schlagwort han<strong>de</strong>lt(e).<br />

Keine Sorge: Ich wer<strong>de</strong> jetzt nicht die „Schnelllebigkeit unserer<br />

Zeit“ in <strong>de</strong>r Art einer <strong>de</strong>ftig-saftigen Predigt beklagen<br />

o<strong>de</strong>r gar geißeln. „Bei uns ist Fortschritt Tradition.“ Der gute<br />

und klug ersonnene Satz, <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n gesamten Cartellverband<br />

gelten soll und über <strong>de</strong>n ich mir an dieser Stelle schon<br />

einmal Gedanken gemacht habe, kann aber durchaus in<br />

diesem Sinne verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n: im Sinne einer Balance<br />

aus Be- und Entschleunigung; dass man Fortschritt, auch<br />

wenn er manchesmal mit einer Art von Aufwirbelung, von<br />

Ungemütlichkeit daherkommt, innerlich zulässt. Denn, wie<br />

mir jemand vor Jahrzehnten ins Poesiealbum schrieb: Um<br />

gut zu bleiben, muss man immer besser wer<strong>de</strong>n wollen.<br />

Dass es in unserer ACADEMIA traditionellerweise einen<br />

ganz erheblichen Fortschritt nicht zuletzt in <strong>de</strong>n Formen gibt,<br />

liegt auf <strong>de</strong>r Hand – auch wenn sie ihrem Wesen nach die-<br />

So unauffällig sind die Amish, dass es schon fast<br />

wie<strong>de</strong>r auffällig ist. Die etwa 250.000 zumeist<br />

US-Ame ri kaner (Ohio und Pennsylvania), teilweise<br />

auch Kanadier führen ein durch die<br />

Landwirtschaft geprägtes Leben und fallen durch<br />

ihre gelebte Friedfertigkeit angenehm auf. Für<br />

diese Friedfertigkeit waren sie in <strong>de</strong>r Ge schichte<br />

immer wie<strong>de</strong>r bereit, erhebliche Nachteile und<br />

Benachteiligungen in Kauf zu nehmen. Ihre<br />

Akzeptanz technischer Innovationen variiert von<br />

Gruppe zu Gruppe. Von Her kunft her sind sie eine<br />

Glau bens gemeinschaft mit Wurzeln in <strong>de</strong>r<br />

reforma torischen Täufer be wegung Mittel euro -<br />

pas. Gut organisiert, kommen sie passabel durch<br />

die Zeiten, nicht zuletzt mit Kutsche und in (aus<br />

unserer Sicht) trachtenmäßig anmuten<strong>de</strong>n Gewandungen.<br />

Ihre Heilshoffnung ist groß. Die<br />

Gewissheit, das Heil zu erlangen, bringen sie vor<br />

allem mit <strong>de</strong>r persönlichen Lebensführung in<br />

Verbindung. Eine Ge sell schaft <strong>de</strong>r Ent schleu -<br />

nigung, zwar nicht unbedingt zur Nachahmung<br />

empfohlen, aber beeindruckend durch: ihre gelebte<br />

Friedfertigkeit.<br />

Foto: KNA<br />

Editorial<br />

selbe bleibt. Vielleicht führt ja <strong>de</strong>r überall<br />

große und wohl noch zunehmen<strong>de</strong> Einfluss<br />

<strong>de</strong>s Internet dazu, dass wir <strong>de</strong>n traditionellen<br />

Wan<strong>de</strong>l immer weniger als Beschleunigung<br />

und immer mehr als Tradition wahrnehmen?<br />

Unsere ACADEMIA zeigt sich nach <strong>de</strong>r Sommerpause auf<br />

<strong>de</strong>n hier unmittelbar folgen<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Seiten mit einem neuen<br />

Inhaltsverzeichnis. Wie im Falle an<strong>de</strong>rer Zeitschriften und<br />

Magazine soll es nützlich sein und Lust machen auf die weitere<br />

Lektüre – <strong>de</strong>lectare et pro<strong>de</strong>sse; ganz so, wie die erste Abhandlung<br />

<strong>de</strong>s Journalismus betont: „Zeitungs Lust und Nutz.“<br />

In <strong>de</strong>r Hauptsache dann behan<strong>de</strong>ln erneut verschie<strong>de</strong>ne Autoren<br />

das Thema Schule (Seite 16 bis 30; passend dazu<br />

diesmal auch die „Ansichtssache“ auf Seite 31). Neu hinzugekommen<br />

ist eine thematische Strecke am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ausgabe,<br />

wie das Titelbild anzeigt: die Titelgeschichte, die sich<br />

mit <strong>de</strong>m Phänomen „<strong>Facebook</strong>“ herumschlägt. Auch hier:<br />

Schule als klassisch-traditionelles, „<strong>Facebook</strong>“ als fortschrittliches<br />

Thema, die sich ja durchaus ergänzen können.<br />

Und wem das alles trotz<strong>de</strong>m zu beschleunigt sein sollte, <strong>de</strong>r<br />

kann sich <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen Wurzeln unserer ACADEMIA<br />

in <strong>de</strong>r letzten Kolumne – ganz auf Latein – versichern.<br />

Entschleunigung im Bild<br />

Titelseite: Titel: Kommunikation Akrobatisch zu überwin<strong>de</strong>t Beginn <strong>de</strong>s Franck 21. Jahrhun<strong>de</strong>rts Ribéry Schalke-Torwart folgt neuen Mustern, Hil<strong>de</strong>brand wenn – 1:0 auch für die Inhalte, Bayern die (26. wir Februar Menschen 2012). uns Octavius alltäglich conubium zu posten santet haben, syrtes, nicht ut neu gulosus sind.<br />

Was chirographi hat „<strong>Facebook</strong>“ imputat zu quinquennalis bieten außer suis, anscheinend etiam perspicax schrankenloser catelli fermentet Mitteilsamkeit oratori. (und Befriedigung von Neugier)? [ Foto: [ picture Foto: picture alliance/Pressefoto alliance/Design Ulmer Pics ]<br />

ACADEMIA 5/2012 3


Inhalt<br />

6<br />

Beschneidung am Knaben durch einen Arzt gilt als<br />

Straftat – auch wenn die Eltern dies wünschen. Zur never<br />

ending story von Religion und Religionsfreiheit in einer Welt, <strong>de</strong>ren<br />

Rationalität sich an ihrer eigenen Endlichkeit stößt.<br />

7<br />

Ein Jahr ist vergangen, seit<strong>de</strong>m Cbr Papst Benedikt<br />

XVI. (Rup) Deutschland zum dritten Mal besucht hat. Ein KVer,<br />

Dr. Michael Feldkamp aus Berlin, blickt zurück auf bewegen<strong>de</strong> Tage.<br />

16<br />

Schule – wie weiter? Dass es bei <strong>de</strong>r wohl wichtigs -<br />

ten pädagogischen Institution im Lan<strong>de</strong> nicht darum geht,<br />

eine Dauerbaustelle zu unterhalten, darauf verweist Cbr Thomas<br />

Gutmann (BuL). Seine These: Schule einfach mal Schule sein lassen!<br />

17-20<br />

Michael Felten, überzeugter Pädagoge,<br />

legt <strong>de</strong>n Schwerpunkt auf die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Lehrer,<br />

nicht auf die Institution Schule.<br />

20-24<br />

Wie steht es tatsächlich um „unser“<br />

Bildungssystem? Prof. Horst Weishaupt, im<br />

Gespräch mit ACADEMIA-Redakteur Christoph Herbort-von Loeper<br />

(B-S), meint, dass es doch eigentlich gar nicht so schlecht steht um<br />

Schule hierzulan<strong>de</strong> (wenn auch <strong>de</strong>r Blick <strong>de</strong>s Sprechers <strong>de</strong>r<br />

Autorengruppe „Bildungsbericht 2012“ durchaus differenziert ist).<br />

25-27<br />

Bemerkenswert an Cbr Erzbischof Hans-<br />

Josef Becker (G-S): er ist ausgebil<strong>de</strong>ter Lehrer.<br />

Von daher seine Autorität, was Schule, nicht zuletzt: katholische<br />

Schule betrifft. Sein Plädoyer: familiäre und institutionelle<br />

Erziehung und Bildung nicht gegeneinan<strong>de</strong>r ausspielen.<br />

28-30<br />

Unter Deutschlands Abiturienten gibt<br />

Prof. Dr. Gerhard Wolf anhand <strong>de</strong>r PISA-Tests und<br />

ihrer Resultate einen eher skeptischen Blick auf die Ergebnisse <strong>de</strong>r<br />

pädagogischen Bemühungen an <strong>de</strong>r Zukunft Deutschlands. Nicht<br />

je<strong>de</strong>r Abiturient bringt das notwendige Rüstzeug fürs Studium mit!<br />

31<br />

Der skeptisch stimmen<strong>de</strong> Befund von Prof. Wolf<br />

wird zumin<strong>de</strong>st ein wenig aufgehellt durch <strong>de</strong>n päda go -<br />

gischen Impetus von Cartellbru<strong>de</strong>r Lütkecosmann (Sx). In Münster<br />

freut er sich, wenn Schüler <strong>de</strong>r Mathematik buchstäblich punkten...<br />

32<br />

Warum trägt <strong>de</strong>r CVer <strong>de</strong>n Spinat fleck? Cbr<br />

Ziegler (Ae) weiß, dass einstens schon ganz an<strong>de</strong>re Erken nungs -<br />

zeichen eine Rolle spielten. Die Geschichte eines wichtigen Details.<br />

33<br />

Nicht je<strong>de</strong> CV-Verbindung feiert Stiftungsfest im<br />

Hof einer Burg. Die KDStV Rheinpfalz schon – und das<br />

mitten im Strom <strong>de</strong>s Rheins.<br />

34<br />

Einmal quer durchs Land: Tuisconia ist nach Königs -<br />

berg und Bonn in Landshut angekommen. Große Unter -<br />

stützung hat sie gefun<strong>de</strong>n.<br />

36<br />

Noch eine CV-Verbindung, die ihr Stiftungsfest auf<br />

einer Burg feiert, allerdings nicht umflossen vom Rhein,<br />

son<strong>de</strong>rn hoch über <strong>de</strong>m Pfälzer Wald.<br />

37<br />

38<br />

Stu<strong>de</strong>ntenbu<strong>de</strong>n sind Quasi-Garant für gute Keil -<br />

erfolge. Die KDStV Cheruscia Würzburg hat angebaut.<br />

Ein vorletzter Blick auf das Verhältnis von Öster rei -<br />

chern und Deutschen. Denn binnen Jahresfrist läuft die viel -<br />

be achtete Rubrik aus. Wir wen<strong>de</strong>n uns dann gen Westen… Einst -<br />

weilen nochmals zur „positiven Einstellung <strong>de</strong>r Deutschen gege -<br />

nüber <strong>de</strong>n Österreichern“ – Einsichten von Gerhard Hartmann (Baj).<br />

4 5/2012 ACADEMIA<br />

Zwischen Neugier<br />

und Exhibitionismus<br />

Der Industriestandort<br />

Deutschland und sein<br />

Problem mit <strong>de</strong>r Energie –<br />

ein Fachmann, Cbr Dr. Hanns-<br />

Ferdinand Müller (Ae), zeigt im<br />

Gespräch mit ACADEMIA-<br />

Redakteur Stephan Ley (Alm)<br />

Perspektiven auf und stößt<br />

Diskussionen an…<br />

Seiten 8 - 11<br />

Mitteilsamkeit leicht gemacht für je<strong>de</strong>r -<br />

mann – so wür<strong>de</strong> man sich die Schöne Neue<br />

Welt <strong>de</strong>s „<strong>Facebook</strong>“ eigentlich vorstellen.<br />

Zwar revolutioniert dieses social network<br />

viele Kommunikations gewohnheiten, wohin<br />

es uns aber bringt, ist noch längst nicht<br />

ausgemacht.<br />

Seiten 72 - 76


Das ewige Experimentierfeld<br />

Seismograph für gesamtgesellschaftliche<br />

Entwicklungen ist die Schule seit jeher,<br />

zeichnet sie doch Entwicklungen voraus,<br />

die unser Miteinan<strong>de</strong>r in Zukunft<br />

bestimmen wer<strong>de</strong>n. Aspekte, wie’s mit <strong>de</strong>r<br />

„Penne“ weitergeht.<br />

Seiten 16 - 30<br />

Wo wäre Deutschland<br />

ohne Michail Gor bat schow?<br />

In katholischen Kreisen wird häufig<br />

auf die be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle <strong>de</strong>s<br />

polnischen Papstes, <strong>de</strong>s seligen<br />

Johannes Paul II. verwiesen, wenn<br />

es um <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>s „Eisernen<br />

Vorhangs“ geht, was uns nicht<br />

abhalten soll, auch Gorbatschows<br />

unglaubliches Wirken in <strong>de</strong>n Blick<br />

zu nehmen – im Essay von Prof. Dr.<br />

Leonid Luks.<br />

Seiten 12-15<br />

40-41<br />

Inhalt<br />

Was geht aus <strong>de</strong>r Befragung <strong>de</strong>r CVer<br />

hervor? Die Ergebnisse <strong>de</strong>r Studie, die etwa<br />

erklärt, wie man zu uns kommt: in <strong>de</strong>n CV.<br />

43-44<br />

Verbindung als Verbindung: Über die<br />

Aufnahmen von Weihbischof Manfred Melzer<br />

(RBo), Köln, und Bischof Overbeck (Ndm), Essen.<br />

47<br />

Prof. Friedrich Diedrich (G-S) erhielt vor 50<br />

Jahren das Sakrament <strong>de</strong>r Priesterweihe. Eine Würdigung<br />

<strong>de</strong>s klarsichtigen Cartellbru<strong>de</strong>rs.<br />

52<br />

Was hat Cbr Carlo Mulbach (H-RG) mit<br />

Luxemburg zu tun? Ganz einfach: Er ist Mitglied<br />

<strong>de</strong>s Rechnungs hofes dort – ein CVer im Ausland.<br />

53<br />

160 Semester Treue zur Rheno-Palatia. Das<br />

Leben kann gemeistert wer<strong>de</strong>n – das Beispiel von Cbr Dr.<br />

Günter Wentzlik.<br />

54-55<br />

Woher nehmen? Wie man ten<strong>de</strong>nziell eine<br />

Million Euro pro Jahr für die Jesuiten zu sam men -<br />

bringt, erklärt <strong>de</strong>ren Pater Eberhard von Gemmingen.<br />

56-58<br />

Bislang ungeschrieben? Ein kritischer Blick<br />

von Prof. Reinhard Knittel auf <strong>de</strong> Matteis Arbeit<br />

über Hintergründiges <strong>de</strong>s Zweiten Vatikanischen Konzils.<br />

60-61<br />

schulamtes.<br />

62<br />

66-67<br />

72-73<br />

74-76<br />

Was ist ein „nationaler Bildungs -<br />

bericht“? Erhellen<strong>de</strong>s vom Leiter <strong>de</strong>s CV-Hoch -<br />

Die Uni Bremen – nicht mehr einfach „rote<br />

Ka<strong>de</strong>rschmie<strong>de</strong>“. Aber was dann?<br />

Gotha: Geschichte <strong>de</strong>r Sozial<strong>de</strong>mokratie wie<br />

auch <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>ls. Und noch mehr.<br />

Wie sich „<strong>Facebook</strong>“ in unser Leben<br />

infiltriert – ein buchstäblich „chronisches“ Problem.<br />

Menschliches Gesicht und papiernes Buch<br />

versus „<strong>Facebook</strong>“.<br />

Rubriken – Standards<br />

Cartoon..........................................................................6<br />

Meinung.........................................................................6<br />

Außenansicht ..................................................................7<br />

Interview ........................................................................8<br />

Essay............................................................................12<br />

Was vor 25 Jahren Thema war ........................................15<br />

Ansichtssache ............................................................... 31<br />

Cartellverband ............................................................. 32<br />

Spefux..........................................................................34<br />

Commentiert .................................................................43<br />

Einwurf.........................................................................45<br />

CV-Termine....................................................................46<br />

Personen ..................................................................... 47<br />

Kirche ......................................................................... 54<br />

Hochschule .................................................................. 60<br />

Blühen<strong>de</strong> Landschaften ...................................................66<br />

Verbum peto ................................................................ 68<br />

Bücher..........................................................................69<br />

Columna quaedam ........................................................78<br />

Impressum ................................................................... 78<br />

ACADEMIA 5/2012 5


Meinung<br />

Ein neuralgischer Punkt zwischen Staat und Religion<br />

Das Landgericht Köln hat im vergangenen Sommer entschie<strong>de</strong>n,<br />

dass die Beschneidung von Knaben aus religiösen<br />

Grün<strong>de</strong>n strafbar ist. Selbst wenn die Eltern <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s einwilligen,<br />

han<strong>de</strong>lt es sich nun um eine Körperverletzung. Bislang<br />

bestand in diesem Punkt eine rechtliche Grauzone, das Urteil dürfte<br />

die künftige Rechtsprechung beeinflussen. Wer in Deutschland<br />

einen Knaben aus religiösen Grün<strong>de</strong>n beschnei<strong>de</strong>t, begeht als Arzt<br />

<strong>de</strong>mnach eine Körperverletzung, auch wenn die Eltern <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>n Eingriff wünschen. Laut Gericht hat<br />

das Recht <strong>de</strong>r Eltern auf religiöse Kin-<br />

<strong>de</strong>rerziehung keinen Vorrang gegenüber<br />

<strong>de</strong>m Recht <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s auf Selbstbestimmung.<br />

Es stellt sich die Frage, was<br />

höher wiegt: die Religionsfreiheit <strong>de</strong>r<br />

Eltern o<strong>de</strong>r das Recht eines Kin<strong>de</strong>s auf<br />

„körperliche Unversehrtheit“.<br />

Wie sich das Urteil in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n<br />

Jahren auswirkt, das wird erst noch abzuwarten<br />

sein. Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r rechtlichen<br />

Beschaffenheit unseres Gemeinwesens wird hier zwar<br />

beeindruckend sichtbar. Die Betrachtungsweise muss allerdings<br />

über das Juristische hinausgehen. Sicher ist schon jetzt – und<br />

darauf <strong>de</strong>utet die breite gesellschaftliche Diskussion hin, die<br />

sich entzün<strong>de</strong>t hat –, dass das Urteil <strong>de</strong>n neuralgischen Punkt<br />

<strong>de</strong>r Beziehung zwischen staatlich bestimmter Ordnung und<br />

religiösen Anschauungen berührt und auch weiter belastet.<br />

Allein durch die immer weiter verästelte einseitig technisch-<br />

6 5/2012 ACADEMIA<br />

Betrachtungsweise<br />

muss über das<br />

Juristische<br />

hinausgehen<br />

ra tionale Bewertung eines religiösen Han<strong>de</strong>lns mit letztlich<br />

immer säkularen Kategorien wird dieses Verhältnis, vor allem<br />

aber die berechtigte Rolle <strong>de</strong>r Religion für <strong>de</strong>n Menschen, nicht<br />

auszuloten sein. Religion in ihren wünschenswerten und positiven<br />

Ausprägungen trägt zuallermeist einen nicht auslotbaren<br />

Vorbehalt in sich, über <strong>de</strong>n eindimensional <strong>de</strong>nken<strong>de</strong><br />

Rationalisten immer wie<strong>de</strong>r stolpern müssen. Die Extrempunkte<br />

rationalistischer Simplizität hat Europas Geschichte wie<strong>de</strong>rholt<br />

kennengelernt: wenn etwa aufsteigen<strong>de</strong>r<br />

Weihrauch als „finster(st)es Mittel-<br />

alter“ verschrien wur<strong>de</strong> beziehungsweise<br />

wird. Die Tatsache, dass (im<br />

Gegensatz zur Magie) selbst wünschenswerte<br />

Religion in vielerlei Hinsicht<br />

missbraucht wer<strong>de</strong>n kann, als<br />

Beleg gegen die traditionell gewachsene<br />

Glaubenspraxis ins Feld zu führen,<br />

das ist unseriös.<br />

Der Vorteil <strong>de</strong>s genannten Urteils liegt<br />

auf <strong>de</strong>r Hand: es zeigt, wo die gesellschaftlichen Kräfte mit<br />

echtem Verständnis für Religion sind. Gut, dass die <strong>de</strong>utschen<br />

Bischöfe es als Gefahr für die Religionsfreiheit kritisiert haben.<br />

Es ist <strong>de</strong>m Urteil allerdings auch abzulesen, dass scheinbar<br />

harmlose rationalistisch-säkularistische Gedanken immer tiefer<br />

einsickern. Scha<strong>de</strong>, dass die Kölner Richter <strong>de</strong>m bei aller Ab -<br />

wägung erlegen sind. Die dauern<strong>de</strong> Abwertung von Religion<br />

zeigt somit ihre Wirkungen. Stephan Ley (Alm)<br />

© GRAPHICmeetsDESIGN


von Dr. Michael F. Feldkamp<br />

AUSSENANSICHT<br />

Letzter europäischer Staatsmann mit Visionen<br />

In diesen Tagen ist es ein Jahr her, dass <strong>de</strong>r Heilige Vater, Papst Benedikt XVI.<br />

(Rup), in Deutschland zu Besuch war. Was haben nicht schon im Vorfeld <strong>de</strong>utsche<br />

Leitmedien diesen Besuch breit thematisiert. Fast schien es, als wür<strong>de</strong> ein Wesen<br />

aus einer frem<strong>de</strong>n Welt zu uns herab kommen, ein Alien. Der Papst wur<strong>de</strong> verteufelt.<br />

Antimo<strong>de</strong>rn sei er, gegen <strong>de</strong>n Zeitgeist sich stellend; ein Ewiggestriger. Oh Gott, er<br />

hat was gegen Schwule. Es wur<strong>de</strong>n kritische Fragen gestellt – ja, das muss aber<br />

doch mal erlaubt sein in unserem laizistischen Staat, <strong>de</strong>r 60 Jahre nach seiner Gründung<br />

die Zivilreligion für sich ent<strong>de</strong>ckt hat und zusehends die Wandlung von einem<br />

„<strong>de</strong>mokratischen“ zu einem „moralischen Rechtsstaat“ vollzieht. In <strong>de</strong>n sogenannten<br />

„Katholischen Aka<strong>de</strong>mien“ unserer Bistümer kamen in Vorbereitung auf <strong>de</strong>n<br />

Besuch <strong>de</strong>s „Ratzinger-Papstes“ fast ausschließlich seine Kritiker zu Worte. Nur<br />

zwei dieser Aka<strong>de</strong>mien wagten es, Peter Seewald, Manfred Lütz (BvBo) o<strong>de</strong>r<br />

Matthias Matussek einzula<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Bücher über Papst und Kirche die erfolgreichs -<br />

ten in diesem Genre <strong>de</strong>s Jahres 2011 waren. Statt <strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong>n Splittergruppen<br />

wie „Wir sind Kirche“ sowie alle maximal kirchenkritischen Lehrstuhlinhaber unserer<br />

Republik auf <strong>de</strong>n wenigen Sen<strong>de</strong>plätzen im Kirchenfunk <strong>de</strong>r öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk- und Fernsehanstalten in wahre Interviewmarathons geschickt, um<br />

uns, <strong>de</strong>n selbstverschul<strong>de</strong>t unaufgeklärten Bürger, vor <strong>de</strong>m Stellvertreter Christi<br />

(freilich nur auf Er<strong>de</strong>n) zu warnen und mit einem Katalog vermeintlich unver -<br />

zichtbarer For<strong>de</strong>rungen unsere Ansprüche und Erwartungen an diesen Papstbesuch<br />

möglichst hochzuschrauben. Möglichst hoch <strong>de</strong>swegen, damit nachher – wenn<br />

<strong>de</strong>r alte Mann endlich wie<strong>de</strong>r weg ist – unsere Enttäuschung über seinen Besuch<br />

umso größer sei.<br />

Und dann war ER da, <strong>de</strong>r Mann aus Rom. Es kam an<strong>de</strong>rs, als die veröffentlichte Meinung<br />

uns Wochen lang zuvor hat weismachen wollen. Wie ein zu fürchten<strong>de</strong>r<br />

Machtmensch sah er nun wirklich nicht aus. Wie gelähmt schienen die Medien.<br />

Keiner sah sich in <strong>de</strong>r Lage, gegen die überschwengliche Freu<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Deutschen<br />

anzuschreiben o<strong>de</strong>r hämische Kommentare durch <strong>de</strong>n Äther zu schicken. Sie spürten:<br />

Er kam, sah und siegte! Und nicht nur das: Zur großen Überraschung hatte er<br />

auch gesprochen, und vor allem hat er zugehört! Seit <strong>de</strong>n 1960er Jahren reibt sich<br />

die Kirche in keinem an<strong>de</strong>ren Land Europas so sehr – nicht nur am Amtsinhaber son<strong>de</strong>rn<br />

– am Papsttum als Institution, wie die Kirche in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen Län<strong>de</strong>rn.<br />

Ich persönlich – und für diesen Beitrag bin ich nach meiner Meinung gefragt<br />

wor<strong>de</strong>n – fin<strong>de</strong> das großartig. Denn im Umkehrschluss ist dieses Beleg dafür, dass<br />

keine Kirche in <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>n Papst ernster nimmt als die Kirche in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen<br />

Lan<strong>de</strong>n. Und <strong>de</strong>r Missionsdrang <strong>de</strong>utscher Katholiken ist ungebrochen –<br />

allerdings nicht hinein in eine kirchenferne Welt, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Stoßrichtung Weltkirche,<br />

die auf <strong>de</strong>utsches Niveau gleichgeschaltet wer<strong>de</strong>n soll. Langsam aber wird<br />

vielen klar: Wir wer<strong>de</strong>n das unverwechselbare Profil dieser Kirche nicht mit einem<br />

<strong>de</strong>utschen Son<strong>de</strong>rweg verän<strong>de</strong>rn können. Das wäre Kirchenspaltung.<br />

Zum Bun<strong>de</strong>stag: Überall in <strong>de</strong>r Welt, wo Benedikt XVI. sprach, waren die Plätze<br />

überfüllt – egal ob Sportstadien, Flugfel<strong>de</strong>r, Kirchen und Marktplätze. Der einzige<br />

Raum, wo es noch freie Stühle gab, war <strong>de</strong>r Deutsche Bun<strong>de</strong>stag. Das ist ein Novum<br />

in <strong>de</strong>r Papstgeschichte wie in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>stages. Die Tatsache, dass<br />

<strong>de</strong>r Papst ausdrücklich auf Einladung aller Fraktionen <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages<br />

kam und <strong>de</strong>nnoch zahlreiche Abgeordnete <strong>de</strong>monstrativ wegblieben, ist ein Beleg<br />

dafür, dass es im Bun<strong>de</strong>stag <strong>de</strong>n Fraktionszwang wirklich nicht gibt. Der Abgeordnete<br />

ist frei und nur seinem Gewissen verpflichtet. „Gewissen“, so <strong>de</strong>r Papst im<br />

Bun<strong>de</strong>stag, ist „nichts an<strong>de</strong>res ist als das hören<strong>de</strong> Herz Salomons, als die <strong>de</strong>r Sprache<br />

<strong>de</strong>s Seins geöffnete Vernunft.“<br />

Am Abend sollte Benedikt mit <strong>de</strong>n Berliner Katholiken die Heilige Messe feiern.<br />

Bemerkenswerterweise war es hier genau an<strong>de</strong>rs als im Bun<strong>de</strong>stag. Zunächst bot<br />

die Verwaltung <strong>de</strong>s Erzbistums an, am Charlottenburger Schloss mit 40.000<br />

Gläubigen die Hl. Messe zu zelebrieren. Als aber erkennbar wur<strong>de</strong>, dass weit mehr<br />

Menschen das Verlangen hatten, <strong>de</strong>n Papst zu erleben, ging man endlich doch ins<br />

Olympiastadion. Als Benedikt XVI. predigte, waren nach Presseberichten 61.000<br />

bis 70.000 Gläubige im Berliner Olympiastadion und Hun<strong>de</strong>rte stan<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n<br />

Einlasstoren, weil sie keine Karten mehr erhalten hatten. 2,49 Millionen Menschen<br />

haben <strong>de</strong>n Gottesdienst am Fernseher verfolgt; das waren ca. 15 Prozent aller<br />

Zuschauer. Hinzu kamen noch <strong>de</strong>r Bericht <strong>de</strong>s Privatsen<strong>de</strong>rs SAT 1 mit einer Einschaltquote<br />

von 6,7 Prozent sowie ungezählte Zuhörer an <strong>de</strong>n Rundfunk -<br />

empfängern. Als am 29. August 2008 Madonna im Olympiastadion erschien,<br />

kamen 50.000 Besucher. So wur<strong>de</strong> die Pop-Queen vom Quoten-König Benedikt<br />

auch noch überboten.<br />

Was zählt, ist allerdings, was <strong>de</strong>r Papst mit seinem Besuch bewegt hat. Scheinbar<br />

echofrei blieben die Papstworte in <strong>de</strong>n online-Angeboten <strong>de</strong>r katholischen Verbän<strong>de</strong><br />

und Bistümer. Der <strong>de</strong>utsche Kulturkatholizismus hat sich sehr schnell vom Papst abund<br />

seinen Alltagsgeschäften zugewandt. Auf <strong>de</strong>m Katholikentag in Mannheim war<br />

von <strong>de</strong>r Botschaft Benedikts auf seinem Deutschlandbesuch nicht mehr die Re<strong>de</strong>.<br />

Der Autor: Dr. Michael F. Feldkamp ist<br />

Historiker und hat über 30 Bücher geschrieben.<br />

Er ist Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Ortsverbands <strong>de</strong>s<br />

KV in Berlin sowie Leiten<strong>de</strong>r Komtur <strong>de</strong>s<br />

päpstlichen Ritteror<strong>de</strong>ns vom Heiligen Grab<br />

zu Jerusalem in Berlin.<br />

ACADEMIA 5/2012 7


Interview<br />

Zukunftsdiskussion:<br />

„Was will die Gesellschaft<br />

in Deutschland überhaupt?“<br />

Wie wird in Deutschland künftig mit Energie umgegangen?<br />

Von kompetenter Seite spricht darüber Cbr Prof. Dr.<br />

Hanns-Ferdinand Müller (Ae), Sprecher <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>r RWE Vertrieb AG. Redaktionsmitglied Cbr Stephan Ley<br />

(Alm) führte das Interview mit <strong>de</strong>m prominenten Cartellbru<strong>de</strong>r,<br />

<strong>de</strong>r sich in diesem Rahmen auch über das Wirken und Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s äußert.<br />

Lieber Cartellbru<strong>de</strong>r, spätestens 2022 soll das letzte AKW vom<br />

Netz gehen. Jedoch erst bis 2050 soll das Zeitalter <strong>de</strong>r erneuerbaren<br />

Energien erreicht sein. Hältst Du diese Zeitplanung nach<br />

Stand <strong>de</strong>r Dinge für realistisch?<br />

Die Energiewen<strong>de</strong> ist nach<br />

Aussagen von Reinhard<br />

Hüttl, Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Ethikkommission <strong>de</strong>s<br />

Deutschen Bun<strong>de</strong>stages, realisierbar – aber nicht ausschließlich<br />

mit erneuerbaren Energien. Wir wer<strong>de</strong>n auch weiterhin Steinkoh-<br />

8 5/2012 ACADEMIA<br />

Wir brauchen<br />

eine Strategie<br />

Cbr Dr. Hanns-Ferdinand Müller<br />

le, Braunkohle und Gas zur Energieversorgung nutzen müssen.<br />

Außer<strong>de</strong>m muss geklärt wer<strong>de</strong>n, wovor sich im Moment alle Parteien<br />

drücken: nämlich wie die Endlagerung von nuklearem Müll<br />

und Brennstäben aussehen soll. Die Energiewen<strong>de</strong> ist trotz<strong>de</strong>m<br />

realisierbar. Sie kann aufgrund <strong>de</strong>ssen, dass Öko-Energie nicht<br />

beliebig abschalt- bzw. zuschaltbar ist, nicht aus 100 Prozent erneuerbaren<br />

Energien bestehen. RWE wird 2025 bereits 35 Prozent<br />

seiner Energieproduktion aus erneuerbaren Energien ins Netz einspeisen.<br />

Vor <strong>de</strong>r Energiewen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> viel über die Reduktion <strong>de</strong>s CO 2 -<br />

Aus stoßes gesprochen. Heute re<strong>de</strong>t darüber kein Mensch mehr.<br />

Ist das nicht erstaunlich angesichts <strong>de</strong>ssen, dass die Energiewen<strong>de</strong><br />

ohne Rückgriff auf fossile Energieträger nicht zu machen<br />

scheint?<br />

Das liegt vielleicht daran, dass die CO 2 -Zertifikate im Moment so<br />

günstig sind. Es kommt hinzu, dass auch immer weniger CO 2 ausgestoßen<br />

wird. Für uns ist das nach wie vor ein Thema, nicht zuletzt<br />

weil wir darauf achtgeben, dass die Kraftwerke für fossile


spricht über die Perspektiven <strong>de</strong>r „Energiewen<strong>de</strong>“<br />

Energieträger, die von uns neu gebaut wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n CO 2 -Ausstoß<br />

reduzieren und hocheffizient sind.<br />

Nun musste ja bereits im vergangenen Winter Strom aus Drittlän<strong>de</strong>rn<br />

zur Sicherung <strong>de</strong>r Energieversorgung zugekauft wer<strong>de</strong>n.<br />

Umweltorganisationen sprechen von einer „faulen Energiewen<strong>de</strong>“.<br />

Muss dies mutmaßlich vorübergehend in Kauf<br />

genommen wer<strong>de</strong>n, um die Energiewen<strong>de</strong> zu schaffen?<br />

Ob man dies in Kauf nehmen muss, da bin ich ganz ehrlich, weiß<br />

ich nicht. Die Politik hätte ja auch an<strong>de</strong>rs entschei<strong>de</strong>n können. Ich<br />

möchte darauf ganz bewusst mit einer sinngemäßen Aussage <strong>de</strong>s<br />

ehemaligen RWE-Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n Dr. Jürgen Grossmann<br />

antworten: Wir akzeptieren <strong>de</strong>n Primat <strong>de</strong>r Politik, aber es ist ein<br />

ökonomischer und ökologischer Feldversuch im realen Leben. Ob<br />

die Energiewen<strong>de</strong> klappt o<strong>de</strong>r nicht, wird sich erst zeigen.<br />

Zu<strong>de</strong>m kann meines Erachtens nur ein Bun<strong>de</strong>sgesetz <strong>de</strong>n flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n<br />

Leitungsausbau über die fö<strong>de</strong>ralen Lan<strong>de</strong>sgrenzen hinweg<br />

ermöglichen. Das politische Dilemma ist, dass die Bürger die<br />

Energie wen<strong>de</strong> befürworten, jedoch keine Hochspannungsleitungen<br />

vor ihrer Haustür haben wollen. Und dann will die Politik die<br />

Energiewen<strong>de</strong>.<br />

Allenthalben wird von einer Verdopplung <strong>de</strong>r Energiekosten auf<br />

bis zu 15 Prozent <strong>de</strong>s durchschnittlichen Einkommens gewarnt.<br />

Welche Auswirkung wird die Energiewen<strong>de</strong> auf die Strom- und<br />

Gaspreise in <strong>de</strong>n nächsten Jahren haben?<br />

Energie wird in <strong>de</strong>n nächsten Jahren teurer wer<strong>de</strong>n, weil Energie<br />

ein knappes Gut ist. Die weltweite Nachfrage nach Energie steigt.<br />

Dies wird unter an<strong>de</strong>rem durch die hohe Nachfrage <strong>de</strong>r wirtschaftlich<br />

prosperieren<strong>de</strong>n Schwellenlän<strong>de</strong>r, die sogenannten BRIC-<br />

Staaten, befeuert. Nehmen wir das Beispiel Gas zur Wärmeversorgung.<br />

Der Gaspreis wird in Deutschland aufgrund eines<br />

Anbieter-Oligopols bestimmt. Energiekosten dämpfen kann <strong>de</strong>r<br />

Verbraucher nur dadurch, in<strong>de</strong>m er selbst für seine Energieversorgung<br />

sorgt. Er kann in eine Wärmepumpe und in Solarzellen investieren<br />

und einen Reserve stromvertrag abschließen für <strong>de</strong>n Fall,<br />

dass einmal keine Sonne scheint. (Fortsetzung nächste Seite)<br />

ACADEMIA 5/2012 9<br />

Foto: picture alliance/Zoonar


Interview<br />

Nun ist eine solch radikale Energiewen<strong>de</strong> noch in keinem Land<br />

<strong>de</strong>r Welt gemacht wor<strong>de</strong>n. Wir sprechen hier also von einem Experiment<br />

mit über 80 Millionen Proban<strong>de</strong>n.<br />

Nicht nur von 80 Millionen Proban<strong>de</strong>n! Ich mache mir Gedanken,<br />

dass wir darüber hinaus <strong>de</strong>n Industriestandort Deutschland als<br />

großen Proban<strong>de</strong>n haben. Mir macht es keine Sorge, wenn bei mir<br />

zu Hause mal <strong>de</strong>r Strom ausfällt und ich Samstagabend mal kein<br />

Fernsehen sehen kann.<br />

Und wenn dann <strong>de</strong>r Ruf kommt, die AKWs wie<strong>de</strong>r ans Netz zu<br />

bringen, weil die Energiewen<strong>de</strong> nicht klappt?<br />

Dann wird es schwierig. Ein Industriestandort Deutschland,<br />

<strong>de</strong>r teilweise in Dreischichtbetrieben 24 Stun<strong>de</strong>n am Tag, sieben<br />

Tage die Woche produziert, <strong>de</strong>r braucht verlässliche Energie.<br />

Nicht nur in <strong>de</strong>r Menge, son<strong>de</strong>rn auch in <strong>de</strong>r Leistung. Wenn<br />

die alternativen Energieträger, z. B. Wind, Biogas, Holzhackschnitzel,<br />

nicht in <strong>de</strong>r Lage sind, Energie ausreichend zu pro -<br />

duzieren, dann fin<strong>de</strong> ich <strong>de</strong>n Versuch ge wagt. Die Frage ist ja<br />

auch: Was will die Gesellschaft in Deutschland überhaupt? 1949<br />

war die Entscheidung klar: Es ging um Wohlstand für alle und<br />

<strong>de</strong>n Aufbau bzw. die Sicherung <strong>de</strong>s Industriestandorts Deutschland.<br />

Dieser Gesellschaftsvertrag ist teilweise überholt, ein<br />

neuer nicht in Sicht. Es wer<strong>de</strong>n isoliert Entscheidungen getroffen,<br />

die mit einem „common sense“ nichts mehr zu tun haben.<br />

Wo siehst Du die Probleme?<br />

Grundsätzlich habe ich <strong>de</strong>n Eindruck, wir bekämpfen in Deutschland<br />

immer nur die Symptome und nicht die Ursachen. Die Ur -<br />

sachen <strong>de</strong>r dramatischen Verschuldung können zum Beispiel nur<br />

durch ein besseres Wirtschaften abgebremst wer<strong>de</strong>n. Darüber hinaus<br />

müssen wir über <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>s fö<strong>de</strong>ralen Systems diskutieren.<br />

Die Gesellschaft muss sich einig sein, wofür das vorhan<strong>de</strong>ne<br />

Geld ausgegeben wird. Wir müssen uns <strong>de</strong>n Themen<br />

Bildung, Pflege, Gesundheit, Verschuldung <strong>de</strong>r kommunalen<br />

Haushalte stellen. Wer zahlt dafür und wie viel? Wir re<strong>de</strong>n also<br />

10 5/2012 ACADEMIA<br />

auch über staatliche Umverteilung. Für mich steht fest: Wir können<br />

nicht alles haben, also müssen Prioritäten gesetzt wer<strong>de</strong>n. Der<br />

Unternehmer wür<strong>de</strong> sagen: Wir brauchen eine Strategie.<br />

Wie könnte <strong>de</strong>nn ein neuer Generationenvertrag aussehen?<br />

Ich habe die Antwort nicht. Wir müssen neue Wege gehen. Ich<br />

glaube, es ist die Aufgabe meiner Generation, dass wir uns<br />

mit <strong>de</strong>n unterschiedlichen Interessengruppen zusammen setzen –<br />

Unternehmen, Politik, Gewerkschaft, Kirchen und weiteren Stakehol<strong>de</strong>rn.<br />

Dazu müssen wir beantworten, welches Demokratie -<br />

verständnis wir haben. Wollen wir ein Wahlrecht mit 16 Jahren?<br />

Wollen wir Volksabstimmungen wie in <strong>de</strong>r Schweiz? Letzteres<br />

be<strong>de</strong>utet ja, dass je<strong>de</strong>r Abstimmungsbe rechtigte Vorhaben in ihrer<br />

ganzen Tiefe verstehen können muss. Das heißt aber auch, dass<br />

wir dafür ein an<strong>de</strong>res Bildungsniveau benötigen.<br />

Was muss sich Deiner Meinung nach än<strong>de</strong>rn?<br />

Wir müssen uns unter an<strong>de</strong>rem überlegen, ob unser Wahlsystem<br />

noch zeitgemäß ist und auch ob die Parteien, die ja Regierungsverantwortung<br />

übernehmen, dies noch ausreichend tun. Sicher, die<br />

kurzfristigen Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Mediengesellschaft haben das<br />

Regieren verän<strong>de</strong>rt. Aber ist das hilfreich? Wenn eine Regierung<br />

vielleicht maximal zwei Jahre Zeit hat, Reformen o<strong>de</strong>r harte Ein-<br />

Foto: picture alliance/Marco Cristofori/Robert Harding<br />

schnitte umzusetzen und ab <strong>de</strong>m zweiten Regierungsjahr schon<br />

die Wie<strong>de</strong>rwahl in weiteren zwei Jahren sicherzustellen versucht,<br />

dann stimmt etwas nicht. Die Politik agiert mittlerweile nur noch<br />

kurzfristig, und das kann nicht nachhaltig sein – es fehlen Visionen.<br />

Welche Rolle hat für Dich rückblickend die Mitgliedschaft in<br />

<strong>de</strong>r KDStV Aenania in München?<br />

Mein Eintritt in die Aenania war für mich eine logische Konsequenz,<br />

die aus meiner Erziehung und meiner Bildung herrührt.<br />

Für mich war es daher klar, dass ich mich sozial und politisch engagieren<br />

wollte. Außer<strong>de</strong>m bietet die Mitgliedschaft in einer Stu<strong>de</strong>ntenverbindung<br />

neben vielen an<strong>de</strong>ren Dingen auch Einblick<br />

darin, wie eine Gesellschaft funktioniert. Farbe zu bekennen, war


mir vom Beginn <strong>de</strong>s Studiums bis heute im Beruf wichtig. Von<br />

meinem jesuitisch geprägten christlich-katholischen Wertesystem<br />

rücke ich nicht ab. Das schlägt sich unter an<strong>de</strong>rem auch darin nie<strong>de</strong>r,<br />

dass ich versuche, sozialverantwortliche Entscheidungen im<br />

Unternehmen zu treffen.<br />

Wo siehst Du Stärken und Schwächen <strong>de</strong>s CV?<br />

Ich fin<strong>de</strong> es eine Schwäche <strong>de</strong>s CV, dass man nicht mehr so stark<br />

wie früher in <strong>de</strong>r Politik vertreten ist. Es gibt ja einige CVer – auch<br />

in jüngster Vergangenheit –, die Bun<strong>de</strong>sministerposten innehatten<br />

o<strong>de</strong>r als Abgeordnete im Bun<strong>de</strong>stag sitzen. Die interessieren sich<br />

jetzt aber nicht mehr für <strong>de</strong>n CV und engagieren sich <strong>de</strong>mzufolge<br />

auch nicht mehr. Das fin<strong>de</strong> ich scha<strong>de</strong>. Das geht ja sogar soweit,<br />

dass diese ihre jugendliche christlich-katholische Sozialisation<br />

und damit auch ihre Mitgliedschaft im CV verstecken.<br />

Wie beurteilst Du das Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft?<br />

Die Politik müsste mehr von Unternehmen lernen und umge kehrt.<br />

D.h. die Politik muss lernen, nachhaltig für ihre Ent schei dungen<br />

einzutreten. Was können wir von <strong>de</strong>r Politik lernen? Wir müssen<br />

lernen, gesellschaftlicher zu <strong>de</strong>nken. Die För<strong>de</strong>rung von Braunkohle<br />

im Tagebau ist beispielsweise nicht nur ein energie politisches,<br />

Anlagen zur Gewinnung und Weiterleitung von Energie prägen unser Land.<br />

Sie tragen zwar nur selten zur optischen Aufwertung <strong>de</strong>r Landstriche bei,<br />

sind aber für <strong>de</strong>n „Industriestandort D“ absolut überlebenswichtig.<br />

Der Gesprächspartner: Cbr Prof. Dr. Hanns-<br />

Ferdinand Müller (Ae, Gbg), Vorstandssprecher<br />

und Finanzvorstand <strong>de</strong>r RWE Vertrieb<br />

AG, wur<strong>de</strong> 1965 in Trier geboren. Er ist verheira -<br />

tet und hat eine Tochter. 1984 bis 1985 Offiziersausbildung<br />

an <strong>de</strong>r Offiziersschule <strong>de</strong>r Luftwaffe<br />

in Fürstenfeldbruck, 1985 bis 1988 Studium <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaften<br />

an <strong>de</strong>r Universität <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr Hamburg und <strong>de</strong>r Musik an <strong>de</strong>r<br />

Musikhochschule Hamburg, 1989 bis 1993 Leiter <strong>de</strong>r Materialwirtschaft<br />

<strong>de</strong>s Flughafens Köln/Bonn, 1993 bis 1996 Seniorberater bei <strong>de</strong>r WestLB<br />

in Düsseldorf, 1994 Promotion zum Dr. rer. pol. an <strong>de</strong>r Universität Trier,<br />

1996 bis 2001 Mitglied <strong>de</strong>r Geschäftsleitung <strong>de</strong>r Kienbaum Management<br />

Consultants GmbH in Berlin, 2001 bis 2003 Leiter Privat- und Gewerbekun<strong>de</strong>n/Marketing<br />

bei <strong>de</strong>r RWE Plus AG, 2003 bis 2004 Leiter<br />

Vertrieb Energieversorgungsunternehmen bei <strong>de</strong>r RWE Westfalen-Weser-<br />

Ems AG, 2004 bis 2009 Vorstandsmitglied <strong>de</strong>r RWE Westfalen-Weser-<br />

Ems AG Ressort Vertrieb, seit 2006 Lehrauftrag International School of<br />

Management (ISM), Dortmund; 4/2011 Honorarprofessur, 2009 bis<br />

2010 Konzernbevollmächtigter Kommunen in <strong>de</strong>r RWE AG und Geschäftsführer<br />

<strong>de</strong>r RWE Effizienz GmbH, zuständig für die Bereiche Controlling<br />

und Rechnungswesen in Personalunion, seit 01/2011 Sprecher<br />

<strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s und Finanzvorstand <strong>de</strong>r RWE Vertrieb AG.<br />

son<strong>de</strong>rn ein gesellschafts- und struktur politisches Thema. Wir<br />

Unternehmer müssen daher stärker politisch <strong>de</strong>nken. Die letzten<br />

Jahre waren ja eher von einer ge sellschaftlichen Gegensätzlichkeit<br />

<strong>de</strong>nn von einer Gemeinsamkeit geprägt. Ich fin<strong>de</strong>, zur letzteren<br />

müssen wir wie<strong>de</strong>r hin kommen.<br />

Siehst Du im Kontext <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen eine<br />

neue Aufgabe für <strong>de</strong>n Cartellverband?<br />

Ja, ich <strong>de</strong>nke, es bedarf einer engeren Verzahnung <strong>de</strong>s CV mit <strong>de</strong>n<br />

gesellschaftlich relevanten Gruppen. Die CVer sollten sich nicht<br />

nur auf <strong>de</strong>n Verbindungshäusern zum Stammtisch treffen, son<strong>de</strong>rn<br />

mehr aktiv gesellschaftspolitisch mitmischen. Ein gutes Beispiel<br />

ist <strong>de</strong>r Eintritt <strong>de</strong>s Profifußballers Christoph Metzel<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n CV.<br />

Der CV verbin<strong>de</strong>t sich mit <strong>de</strong>m Sport und es entsteht ein Miteinan<strong>de</strong>r<br />

und Füreinan<strong>de</strong>r. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite muss ich mich auch<br />

an die eigene Nase fassen. Meine Generation könnte durchaus aktiver<br />

im CV unterwegs sein.<br />

Siehst Du weiteren Än<strong>de</strong>rungsbedarf?<br />

Interview<br />

Wir brauchen an<strong>de</strong>re Programmrezepte im CV, die an die<br />

Arbeitsrealtäten <strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong>de</strong>rts angepasst sind. Außer<strong>de</strong>m<br />

sollte man darüber nach<strong>de</strong>nken, wie man die Familien <strong>de</strong>r CVer<br />

Foto: picture alliance/chromorange<br />

besser ins Verbindungsleben integriert: Das schafft Motivation,<br />

sich mal wie<strong>de</strong>r sehen zu lassen. Das sehe ich als Manager ganz<br />

nüchtern: Wenn ich keine passen<strong>de</strong>n Angebote für meine Kun<strong>de</strong>n<br />

mache, wer<strong>de</strong> ich sie verlieren. Also, es braucht Familienangebote,<br />

Kin<strong>de</strong>rprogramme und Programm zeiten und -abläufe, die auch<br />

für Berufstätige mit Familie geeignet sind. Das heißt nicht, dass<br />

man sich nur noch zusammen mit <strong>de</strong>n Familien trifft – aber auch.<br />

Das müssen vor allem die Verbindungen leisten.<br />

Außer<strong>de</strong>m halte ich <strong>de</strong>n CV für zu komplex organisiert. Je<strong>de</strong><br />

Organisation muss sich die Frage stellen, ob ihre Organisationsform<br />

noch die richtige, also zeitgemäß ist, o<strong>de</strong>r ob Än <strong>de</strong>rungen erfor<strong>de</strong>rlich<br />

sind. Reaktionsschnelligkeit halte ich für <strong>de</strong>n CV in Bezug<br />

auf gesellschaftliche Fragen für dringend erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

ACADEMIA 5/2012 11


Essay<br />

Essay von Prof. Dr. Leonid Luks<br />

Dass die seit 1945 offen gebliebene <strong>de</strong>utsche Frage 44 Jahre<br />

später zur allgemeinen Überraschung relativ glimpflich und<br />

friedlich gelöst wer<strong>de</strong>n konnte, stellt eine Art „politisches<br />

Wun<strong>de</strong>r“ dar, <strong>de</strong>ssen Zustan<strong>de</strong>kommen bis heute das <strong>de</strong>utsch-russische<br />

Verhältnis prägt. Man ist sich in Ost und West darüber einig,<br />

dass Michail Gorbatschow <strong>de</strong>r wohl wichtigste Urheber dieses<br />

„Wun<strong>de</strong>rs“ war, worauf seine beispiellose Popularität in Deutschland<br />

basiert. In <strong>de</strong>n sogenannten national-patriotischen Kreisen<br />

Russlands hingegen gilt Gorbatschow als Zerstörer <strong>de</strong>s zweitmächtigsten<br />

Reiches <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>. Er gehört zu <strong>de</strong>n unpopulärsten<br />

Politikern im Lan<strong>de</strong>. Bei <strong>de</strong>n russischen Präsi<strong>de</strong>ntschaftswahlen<br />

im Jahre 1996 erhielt Gorbatschow zum Beispiel 0,5 Prozent <strong>de</strong>r<br />

Stimmen. Diese Ablehnung Gorbatschows <strong>de</strong>hnt sich aber keines -<br />

wegs auf Deutschland aus, also auf das Land, das in erster Linie<br />

<strong>de</strong>m letzten Generalsekretär <strong>de</strong>r KPdSU seine Einheit verdankt.<br />

So hielten zum Beispiel 1990 59 Prozent <strong>de</strong>r befragten Russen die<br />

<strong>de</strong>utsche Wie<strong>de</strong>rvereinigung für rechtmäßig und bei <strong>de</strong>r 16 Jahre<br />

später gestellten Frage, welches Land Russland gegenüber am<br />

freundlichsten gesinnt sei, fand sich Deutschland sogar an zweiter<br />

Stelle wie<strong>de</strong>r … nach Weißrussland. Im gleichen Jahr fragte das<br />

Allrussische Zentrum zur Erforschung <strong>de</strong>r Öffentlichen Meinung<br />

(VCIOM), welches Land als „ewiger Feind Russlands“ bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n könne. Deutschland wur<strong>de</strong> lediglich von einem Prozent<br />

<strong>de</strong>r Befragten in diese Kategorie eingeordnet. Die USA hingegen,<br />

also ein Land, das nie einen Krieg gegen Russland geführt hatte,<br />

wenn man von <strong>de</strong>r Intervention zugunsten <strong>de</strong>r „weißen“ Armeen<br />

während <strong>de</strong>s russischen Bürgerkrieges absieht, wur<strong>de</strong> von 45 Prozent<br />

<strong>de</strong>r Befragten als <strong>de</strong>r „ewige Feind Russlands“ bezeichnet.<br />

Lauter Paradoxien, die in einem kurzen Beitrag nicht erschöpfend<br />

behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n können. Ich möchte mich <strong>de</strong>shalb nur auf die<br />

Ereignisse von 1989/90 konzentrieren, die im Prozess <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschrussischen<br />

Versöhnung nach <strong>de</strong>m letzten Krieg eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Rolle gespielt haben.<br />

Der Schlüssel für die <strong>de</strong>utsche Einheit war nach 1945 bekanntlich<br />

im Kreml <strong>de</strong>poniert. Warum gab aber die Moskauer Führung diesen<br />

Schlüssel, <strong>de</strong>n sie jahrzehntelang als kostbares Gut gehütet<br />

hatte, letztendlich aus <strong>de</strong>r Hand? Um diese Frage zu beantworten,<br />

muss man sich etwas genauer mit <strong>de</strong>r Person Gorbatschows und<br />

mit seinem Programm, <strong>de</strong>m sogenannten „neuen Denken“, befassen.<br />

Dabei muss man sofort darauf hinweisen, dass dieses „neue<br />

Denken“ we<strong>de</strong>r die <strong>de</strong>utsche Einheit noch die Auflösung <strong>de</strong>s Ostblocks<br />

noch <strong>de</strong>n Verzicht auf die führen<strong>de</strong> Rolle <strong>de</strong>r Kommunistischen<br />

Parteien postulierte. Im Gegenteil, Gorbatschows Ziel war<br />

lediglich die Revitalisierung <strong>de</strong>r kommunistischen Regime in <strong>de</strong>n<br />

12 5/2012 ACADEMIA<br />

Michail Gorbatschow<br />

Das Zeitfenster zur Überwindung <strong>de</strong>r<br />

Utilitas rures praemuniet pessimus bellus suis. Adlaudabilis chirographi<br />

comiter iocari gulosus cathedras, etiam zothecas agnascor plane adlaudabilis<br />

fiducias. Pretosius chirographi<br />

Staaten <strong>de</strong>s Ostblocks – auch in <strong>de</strong>r DDR –, die Anpassung dieser<br />

Regime an die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne. Als aktiver Staatsmann<br />

blieb Gorbatschow <strong>de</strong>r sogenannten „sozialistischen Wahl“<br />

bis zuletzt treu. Dennoch enthielt das „neue Denken“ <strong>de</strong>s Urhebers<br />

<strong>de</strong>r Perestrojka von Anfang an Elemente, die beinahe zwangsläufig<br />

zu <strong>de</strong>n von Gorbatschow keineswegs gewünschten Folgen führen<br />

mussten.<br />

Dies betraf zum Beispiel <strong>de</strong>n im Grun<strong>de</strong> revolutionären Entschluss<br />

Gorbatschows, direkt an die Öffentlichkeit zu appellieren.<br />

Sie sollte einen permanenten Druck auf <strong>de</strong>n reformunwilligen<br />

Parteiapparat ausüben, ihn kontrollieren. Im Juni 1986 erklärte<br />

<strong>de</strong>r Generalsekretär bei einem Treffen mit <strong>de</strong>n sowjetischen Filmschaffen<strong>de</strong>n:<br />

„Zwischen <strong>de</strong>m Volk, das nach Verän<strong>de</strong>rungen<br />

strebt, das davon träumt, und <strong>de</strong>r Staatsführung befin<strong>de</strong>t sich eine<br />

Schicht <strong>de</strong>r Verwaltung, ... die keine Umgestaltungen will.“


– Revolutionär wi<strong>de</strong>r Willen<br />

<strong>de</strong>utschen und <strong>de</strong>r europäischen Spaltung war nur sehr kurz geöffnet<br />

Michail Gorbatschow und Johannes Paul II. begegnen sich – als figürliche<br />

Karikaturen. 1989 kam es zur leibhaftigen Begegnung (siehe Seite 15).<br />

In einem System, das bis dahin auf <strong>de</strong>r lückenlosen Staatskontrolle<br />

und <strong>de</strong>r Bevormundung <strong>de</strong>r Bürger basierte, wollte Gorbatschow<br />

nun auf einen neuen Typus von Menschen setzen. Diese sollten<br />

keine Befehlsempfänger, son<strong>de</strong>rn „einfallsreiche, klar <strong>de</strong>nken<strong>de</strong><br />

und dynamische Persönlichkeiten sein ..., die imstan<strong>de</strong> sind, eine<br />

Situation selbstkritisch einzuschätzen, sich vom Formalismus und<br />

vom dogmatischen Verhalten bei <strong>de</strong>r Arbeit zu lösen.“<br />

Wie ließen sich aber all diese Konzepte mit <strong>de</strong>m von Gorbatschow<br />

bis En<strong>de</strong> 1989 krampfhaft verteidigten Dogma von <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n<br />

Rolle <strong>de</strong>r Partei vereinbaren? Mit ähnlichen Wi<strong>de</strong>rsprüchen war<br />

auch <strong>de</strong>r Gorbatschowsche Feldzug gegen das Unfehlbarkeitsdogma<br />

<strong>de</strong>r Partei behaftet, das die Kommunisten bis dahin wie das<br />

kostbarste Gut gehütet hatten. Unantastbare Autoritäten und Tabus<br />

dürfe es nicht mehr geben, verkün<strong>de</strong>te 1987 Gorbatschow und<br />

versetzte dadurch das Land in eine Art Wahrheitsrausch. Dennoch<br />

Foto: KNA<br />

erlag er <strong>de</strong>r naiven Hoffnung, er wer<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Lage sein, <strong>de</strong>n von<br />

ihm ausgelösten Bil<strong>de</strong>rsturm in kontrollierte Bahnen zu lenken.<br />

Die Verfechter <strong>de</strong>r alten Ordnung sahen sehr früh ein, sicher früher<br />

als Gorbatschow, welch katastrophale Folgen für das Regime die<br />

Auflockerung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Machtstrukturen, das Abrücken<br />

vom kommunistischen Unfehl barkeitsdogma o<strong>de</strong>r die För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Eigeninitiative haben könnten. Die sowjetischen<br />

Medien gäben nur <strong>de</strong>n angriffslustigen Zerstörern die<br />

Möglichkeit, sich zu äußern, beklagte sich im März 1988 <strong>de</strong>r dogmatischgesinnteSchrift-<br />

steller Jurij<br />

B o n d a r e w.<br />

We n n m a n<br />

diesen Kräften<br />

keine neue<br />

Nie<strong>de</strong>rlage à<br />

la Stalingrad<br />

bereiten wür<strong>de</strong>,<br />

wür<strong>de</strong>n sie<br />

das Land in <strong>de</strong>n Abgrund stürzen. Auch in <strong>de</strong>r Parteielite wur<strong>de</strong><br />

immer häufiger die Meinung vertreten, das Reformkonzept Gorbatschows<br />

sei völlig verfehlt. Der sowjetische Botschafter in Warschau,<br />

Wladimir Browi kow, führte im Frühjahr 1989 auf einem<br />

ZK-Plenum aus: Aus einer hochgeachteten Weltmacht habe sich<br />

die Sowjetunion nun in ein Gespött <strong>de</strong>r Völker verwan<strong>de</strong>lt, für <strong>de</strong>n<br />

scha<strong>de</strong>nfrohen Westen sei sie bereits ein Koloss auf tönernen Füßen.<br />

So grenzt es beinahe an ein Wun<strong>de</strong>r, dass die ans Herrschen gewohnte<br />

Parteibürokratie die Etablierung <strong>de</strong>r ersten Ansätze für eine<br />

zivile Gesellschaft im Lan<strong>de</strong>, wenn auch unter heftigen Protesten,<br />

zunächst zuließ. Das an sich geschlossene kommunistische<br />

Gebäu<strong>de</strong> erhielt einen Riss, <strong>de</strong>r im Laufe <strong>de</strong>r Zeit immer tiefer<br />

wur<strong>de</strong>. Dieser Riss führte letztendlich zum Zusammensturz <strong>de</strong>s<br />

gesamten Gebäu<strong>de</strong>s, was natürlich <strong>de</strong>n Intentionen Gorbatschows<br />

gänzlich wi<strong>de</strong>rsprach. Die von ihm initiierten Verän<strong>de</strong>rungen haben<br />

allerdings <strong>de</strong>n Zusammenbruch <strong>de</strong>r kommunistischen Diktaturen<br />

beinahe unumgänglich gemacht.<br />

Ähnliche Folgen hatte das „Neue Denken“ Gorbatschows auch im<br />

Bereich <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen Moskau und seinen Vasallenstaaten<br />

im Ostblock. Auch hier löste Gorbatschow Umwälzungen<br />

aus, die von ihm ursprünglich keineswegs beabsichtigt waren. So<br />

z. B. durch die auf <strong>de</strong>r 19. Parteikonferenz vom Juni 1988 verkün<strong>de</strong>te<br />

These, die Völker und Staaten seien bei <strong>de</strong>r Wahl ihres jeweiligen<br />

ACADEMIA 5/2012 13<br />

Essay<br />

Lückenlose<br />

Staatskontrolle<br />

und Bevormundung<br />

<strong>de</strong>r Bürger


Essay<br />

Gesellschaftssystems frei –<br />

dies war ein indirekter Verzicht<br />

auf die Breschnew-Doktrin,<br />

auf das von Moskau usurpierte<br />

Recht, die sozialistischen Regime<br />

in <strong>de</strong>n „Bru<strong>de</strong>rlän<strong>de</strong>rn“<br />

in <strong>de</strong>r Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gefahr militärisch<br />

zu unterstützen.<br />

Gorbatschows Ziel war selbstverständlich<br />

nicht die Auflösung,<br />

son<strong>de</strong>rn eine Erneuerung<br />

<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Regime<br />

in <strong>de</strong>n Vasallenstaaten Moskaus.<br />

Auf <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Politbüros<br />

vom 27. Dezember<br />

1988 sagte er: „Die Sowjet -<br />

union verzichtet nicht auf <strong>de</strong>n<br />

Sozialismus, son<strong>de</strong>rn versucht,<br />

ihn zu retten, so wie seinerzeit<br />

Roosevelt versucht hatte, <strong>de</strong>n<br />

Kapitalismus zu retten.“<br />

Als die friedlichen Revolutionen<br />

von 1989 aber die kommunistischen<br />

Regime an <strong>de</strong>r westli -<br />

chen Peripherie <strong>de</strong>s Ostblocks<br />

hinwegfegten, griff Moskau<br />

nicht ein. Und dieser Umstand<br />

stellte eine <strong>de</strong>r wichtigsten<br />

Voraussetzungen für <strong>de</strong>n Erfolg<br />

dieser Revolutionen dar.<br />

Beson<strong>de</strong>rs heftige Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> rief das Gorbatschowsche „Neue<br />

Denken“ bei <strong>de</strong>r DDR-Führung hervor, was nicht verwun<strong>de</strong>rlich<br />

war. Als <strong>de</strong>utscher Teilstaat schöpfte die DDR ihre I<strong>de</strong>ntität in ers -<br />

ter Linie aus <strong>de</strong>r sozialistischen I<strong>de</strong>e. Zaghafte Versuche <strong>de</strong>r Ostberliner<br />

Führung, an bestimmte <strong>de</strong>utsch-nationale Traditionen anzuknüpfen,<br />

führten nicht zum gewünschten Erfolg. Je<strong>de</strong><br />

Gefährdung <strong>de</strong>s „real existieren<strong>de</strong>n Sozialismus“ musste zwangsläufig<br />

auch die Staatlichkeit <strong>de</strong>r DDR als solche gefähr<strong>de</strong>n. Nicht<br />

zuletzt <strong>de</strong>shalb reagierte die Führung <strong>de</strong>r DDR mit ungewöhnlicher<br />

Heftigkeit auf alle Versuche, dieses System zu reformieren.<br />

Wie<strong>de</strong>rholt beklagte sich Erich Honecker bei Gorbatschow über<br />

die „allzu lockeren Zügel <strong>de</strong>r sowjetischen Massenmedien“. Bei<br />

seinem Treffen mit Gorbatschow in Moskau im September 1988<br />

führte Honecker aus: „Die Probleme entstehen dadurch, dass Publikationen<br />

erscheinen und über die Westmedien bei uns kolportiert<br />

wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen alle Errungenschaften seit <strong>de</strong>r Oktoberrevolution<br />

in Frage gestellt wer<strong>de</strong>n.“<br />

Der Autor: Prof. Dr. Leonid Luks, geboren<br />

1947 in Swerdlowsk, Inhaber <strong>de</strong>s Lehrstuhls<br />

für Mittel- und Osteuropäische Zeitgeschichte an<br />

<strong>de</strong>r Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt;<br />

Direktor <strong>de</strong>s Zentralinstituts für Mittel- und Osteuro -<br />

pastudien dort. In ACADEMIA 2/2012 schrieb er<br />

einen vielbeachteten Beitrag – über Deutschland aus polnischer Sicht.<br />

14 5/2012 ACADEMIA<br />

Michail Gorbatschow – er dachte keineswegs an die Aufgabe <strong>de</strong>r DDR.<br />

Schlüssel<br />

für die<br />

<strong>de</strong>utsche<br />

Einheit<br />

im Kreml<br />

<strong>de</strong>poniert<br />

In seinen 1992 entstan<strong>de</strong>nen<br />

Moabiter Haftnotizen bezichtigte<br />

Honecker Gorbatschow<br />

<strong>de</strong>s Verrats an <strong>de</strong>r DDR. Er<br />

schrieb: „Hätte <strong>de</strong>r ,große Reformer‘<br />

noch ein Jahr mit <strong>de</strong>m<br />

Verkauf <strong>de</strong>r DDR gewartet,<br />

dann hätte vielleicht mit einer<br />

an<strong>de</strong>ren Regierung in <strong>de</strong>r BRD<br />

die Regierung <strong>de</strong>r DDR die<br />

Zukunft <strong>de</strong>s Volkes <strong>de</strong>r DDR<br />

und <strong>de</strong>r BRD verbin<strong>de</strong>n können.“<br />

In Wirklichkeit dachte<br />

aber Gorbatschow zunächst<br />

keineswegs an eine Aufgabe<br />

<strong>de</strong>r DDR. Am 9. November<br />

1989, am Tag, an <strong>de</strong>m die Berliner<br />

Mauer fiel, nannte <strong>de</strong>r<br />

Sprecher <strong>de</strong>s sowjetischen Außenministeriums, Gerasimow, die<br />

Diskussion über eine mögliche Wie<strong>de</strong>rvereinigung Deutschlands<br />

eine „rein intellektuelle Beschäftigung“.<br />

Fotos: KNA<br />

Einige Wochen später, auf <strong>de</strong>m sowjetisch-amerikanischen Gipfeltreffen<br />

auf Malta, fügte Gorbatschow hinzu: „Die Realität besteht<br />

darin, dass wir heute in Europa zwei <strong>de</strong>utsche Staaten haben<br />

– …, die bei<strong>de</strong> Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Vereinigten Nationen und souveräne<br />

Staaten sind. Die Geschichte hat es so entschie<strong>de</strong>n.“ Man sollte<br />

sich in diesem Zusammenhang an <strong>de</strong>n Satz Gorbatschows erinnern,<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r französische Staatspräsi<strong>de</strong>nt Mitterand übermittelte:<br />

„Am Tage <strong>de</strong>r Ankündigung einer <strong>de</strong>utschen Wie<strong>de</strong>rvereinigung<br />

wird sich ein Marschall auf meinen Stuhl im Kreml setzen.“<br />

Das 10-Punkte-Programm Helmut Kohls zur Überwindung <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Spaltung vom 28. November 1989 rief großes Unbehagen<br />

in Moskau hervor. Gorbatschow warf Bun<strong>de</strong>saußenminister Genscher<br />

am 5. Dezember 1989 vor, Bonn versuche die Ereignisse zu forcie ren,<br />

ohne seine Partner zu konsultieren: „Je<strong>de</strong> künstliche Beschleunigung<br />

dieser Prozesse wür<strong>de</strong> sowohl <strong>de</strong>n Interessen aller Völker als<br />

auch <strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten wi<strong>de</strong>rsprechen.“<br />

Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die Be<strong>de</strong>nken<br />

<strong>de</strong>r Moskauer Führung zum damaligen Zeitpunkt auch<br />

von London und von Paris geteilt wur<strong>de</strong>n. Der <strong>de</strong>monstrative Besuch<br />

Mitterands in <strong>de</strong>r sich auflösen<strong>de</strong>n DDR im Dezember 1989<br />

und die Warnungen Margaret Thatchers vor <strong>de</strong>n überhasteten<br />

Schritten in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Frage erweckten <strong>de</strong>n Eindruck, Mos-


kau, Paris und London befän<strong>de</strong>n sich, bei ihrem Versuch, <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Einigungsprozess zu verlangsamen, in einem Boot. Erst<br />

En<strong>de</strong> Januar 1990 fand sich Gorbatschow damit ab, dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche<br />

Einigungsprozess unumkehrbar sei. Auf einer Politbürositzung<br />

vom 26. Januar erhielt Marschall Achromejew, <strong>de</strong>r engste<br />

Militärberater Gorbatschows, vom Parteichef die Anordnung, <strong>de</strong>n<br />

Abzug <strong>de</strong>r sowjetischen Truppen aus <strong>de</strong>r DDR vorzubereiten.<br />

So blieben die sowjetischen Panzer, ungeachtet <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n<br />

Auflösungserscheinungen <strong>de</strong>s DDR-Regimes, an<strong>de</strong>rs als am 17.<br />

Juni 1953, in ihren Kasernen, und dieser Sachverhalt stellte die<br />

wohl wichtigste Voraussetzung für die Überwindung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Spaltung dar. Gorbatschow schreibt nachträglich folgen<strong>de</strong>s<br />

hierzu: „Der politische Kurs und die offizielle Propaganda <strong>de</strong>r<br />

,Bru<strong>de</strong>rparteien‘ basierten ... bis dahin auf <strong>de</strong>r These von <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n<br />

Rolle <strong>de</strong>r KPdSU. Die Reformen aber, die jetzt in <strong>de</strong>r Sowjetunion<br />

eingeleitet wur<strong>de</strong>n, be<strong>de</strong>uteten das En<strong>de</strong> dieses Systems.<br />

Mit sowjetischen Panzern zum Erhalt <strong>de</strong>r politischen Macht<br />

war nicht mehr zu rechnen.“ Die Leistung Gorbatschows bei <strong>de</strong>r<br />

Herbeiführung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Einheit bestand also nicht in erster<br />

Linie darin, was er getan hat, son<strong>de</strong>rn darin, was er nicht getan<br />

hat – in seinem Verzicht auf eine Intervention. Man könnte ihn<br />

<strong>de</strong>shalb als einen „Revolutionär wi<strong>de</strong>r Willen“ o<strong>de</strong>r, wie dies <strong>de</strong>r<br />

ungarische Schriftsteller und Gorbatschow-Biograph György<br />

Dalos formulierte, als einen „Hel<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Rückzugs“ bezeichnen.<br />

Mit Rückzug allein lässt sich allerdings eine <strong>de</strong>r größten Umwälzungen<br />

<strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts, die von Gorbatschow ausgelöst wur<strong>de</strong>,<br />

nicht erklären. Viel wichtiger war in diesem Zusammenhang die<br />

Fähigkeit <strong>de</strong>s Generalsekretärs, eine Zeitlang, wie er dies selbst formulierte,<br />

das „Monster zu zügeln“. Damit meinte er das Streben<br />

Unterwegs zum ACADEMIA-Jubiläum 2013<br />

Vor 25 Jahren, in <strong>de</strong>r ACADEMIA<br />

5/1987, ging es in <strong>de</strong>r Hauptsache<br />

um das Thema Bildung: „Bildung<br />

2000“ lautete <strong>de</strong>r Titel. Der damals<br />

neue Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r West<strong>de</strong>utschen<br />

Rektorenkonferenz, Hinrich Sei<strong>de</strong>l,<br />

wur<strong>de</strong> mit Aussagen über Fragen <strong>de</strong>r<br />

Hochschulentwicklung wie<strong>de</strong>rgegeben:<br />

„Die heutigen Stu<strong>de</strong>nten sind<br />

nach Auffassung Sei<strong>de</strong>ls viel besser<br />

als ihr Ruf. (…) Die jungen Menschen<br />

reagierten ungemein sensibel auf neuere<br />

Entwicklungen in <strong>de</strong>n einzelnen<br />

Disziplinen und verfolgten bei ihrer<br />

Studienfachwahl sehr wohl Wirtschaftsund<br />

Konjunkturentwicklungen“ (S. 213;<br />

Autor Karl-Heinz Reith). Jürgen W.<br />

Möllemann, Bun<strong>de</strong>sminister für Bildung<br />

<strong>de</strong>r Dogmatiker im sowjetischen Parteiapparat nach einer anti<strong>de</strong>mokratischen<br />

Revanche. Die Tatsache, dass es Gorbatschow gelungen<br />

war, <strong>de</strong>n unausweichlichen Putsch <strong>de</strong>r Dogmatiker zu verzögern, lässt<br />

sich wohl als seine größte politische Leistung bezeichnen. Hätte <strong>de</strong>r<br />

sich seit Jahren anbahnen<strong>de</strong> Putsch nicht im August 1991, son<strong>de</strong>rn<br />

etwa zwei Jahre früher stattgefun<strong>de</strong>n, wäre <strong>de</strong>r Weg zur <strong>de</strong>utschen<br />

Einheit bzw. zur Rückkehr <strong>de</strong>r Vasallenstaaten Moskaus nach Europa<br />

viel steiniger gewesen, als er dies in <strong>de</strong>r Realität gewesen war.<br />

So war das Zeitfenster zur Überwindung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen und <strong>de</strong>r<br />

europäischen Spaltung nur sehr kurz geöffnet und lediglich durch<br />

die bröckeln<strong>de</strong> Macht Gorbatschows im sowjetischen Staatsgefüge<br />

garantiert. Wenn man all dies be<strong>de</strong>nkt, so wird die Popularität,<br />

die Gorbatschow bis heute in Deutschland und in vielen euro -<br />

päischen Län<strong>de</strong>rn genießt, durchaus verständlich.<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Michail Gorbatschow<br />

am 1. Dezember 1989 zu Besuch<br />

bei Papst Johannes Paul II. im Vatikan.<br />

Was vor 25 Jahren Thema war …<br />

und Wissenschaft, schrieb<br />

zum Thema Hochschulausbau:<br />

„Auch unkonventionelle<br />

Überlegungen dürfen<br />

nicht von vornherein ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n. Dies<br />

gilt etwa für die Frage,<br />

ob zur Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

Situation <strong>de</strong>s wissenschaftlichen<br />

Nachwuchses nicht<br />

auch die im öffentlichen<br />

Dienst Beschäftigten einen<br />

Beitrag leisten sollten.<br />

Dies setzt voraus, daß in<br />

Tarifverhandlungen und bei <strong>de</strong>r Besoldungsgesetzgebung<br />

alle be teiligten<br />

Gruppierungen zu Zugeständnissen<br />

bereit sind“ (S. 215). Über die Sauer-<br />

lan<strong>de</strong>n-Reise nach Venetien<br />

wur<strong>de</strong> geschrieben:<br />

„Münster. Rechtzeitig vor<br />

<strong>de</strong>r Verhängung <strong>de</strong>s Numerus<br />

clausus kamen nahezu<br />

100 Sauerlan<strong>de</strong>n<br />

noch senza permissione<br />

im April in die Stadt Venedig<br />

hinein. Nach Rom<br />

und <strong>de</strong>r Tos kana war Venetien<br />

das dritte Ziel <strong>de</strong>r<br />

nunmehr zur Tradition<br />

gewor<strong>de</strong>nen kunsthistorischen<br />

Studienreise <strong>de</strong>r<br />

Sauerlandia. Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r<br />

ganzen Bun<strong>de</strong>srepublik, von Hannover<br />

bis München, erlebten zehn unvergeßliche<br />

Tage“ (S. 248). AC<br />

ACADEMIA 5/2012 15<br />

Essay


Das ewige Experimentierfeld<br />

Zuviel Reformeifer<br />

scha<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Schule von<br />

Schule 2012, zwei Erlebnisse. Die Einschulung<br />

<strong>de</strong>s Patenneffen: Mehr als<br />

80 i-Dötzchen blinzeln erwartungsfreudig<br />

in die Spätsommer-Sonne, Zweit-<br />

, Dritt- und Viertklässler führen ihnen singend<br />

vor, wie schön Schule ist, die<br />

Schulleiterin und eine Mutter von <strong>de</strong>r<br />

Schulpflegschaft halten kurze, sympathische<br />

Ansprachen. Hier möchte man noch<br />

mal Kind sein! Tags zuvor dagegen, im<br />

Betrieb, hat man mal wie<strong>de</strong>r feststellen<br />

müssen, wie ineffizient unser Schulsystem<br />

sein kann: Ein Praktikant, junger Stu<strong>de</strong>nt<br />

mit „Allgemeiner Hochschulreife“ in <strong>de</strong>r<br />

Tasche, scheitert daran, einfache Erlebnisse<br />

schriftlich in Worte zu fassen, zeigt<br />

gravieren<strong>de</strong> Rechtschreibschwächen, verstreut<br />

die Kommata fast nach Belieben im<br />

Text. Hat er nicht min<strong>de</strong>stens 13 Jahre das<br />

Unterrichtsfach „Deutsch“ gehabt? Wie<br />

kann das sein? Wie ist es möglich, dass<br />

solche Fälle unter Praktikanten zwar nicht<br />

die Regel sind, aber doch frustrierend<br />

häufig vorkommen, inzwischen je<strong>de</strong>nfalls<br />

häufiger als das Gegenteil, das einem<br />

entlockt: „Donnerwetter, was kann <strong>de</strong>r<br />

(o<strong>de</strong>r meistens die) hervorragend formulieren!“?<br />

Wie also? Die Antwort führt uns zunächst<br />

aus <strong>de</strong>r Schule heraus. Die „Rahmenbedingungen“<br />

für die Herausfor<strong>de</strong>rung, Schüler<br />

zum Schulerfolg zu führen, sind schwieriger<br />

gewor<strong>de</strong>n. Familie und Nachbarschaft<br />

la<strong>de</strong>n heute ein gut Teil <strong>de</strong>ssen, was sie früher<br />

an Erziehung leisteten, auf die Institution<br />

Schule ab. Dies trifft nicht auf die gesamte<br />

Gesellschaft zu – gera<strong>de</strong> im wertkonservativen<br />

Bürgertum sind die Vor- und Parallelleistungen<br />

zum „Lebensraum Schule“<br />

in dieser Hinsicht noch immens – , aber<br />

es gilt doch wohl für einen wachsen<strong>de</strong>n<br />

Teil <strong>de</strong>r Gesellschaft. Grund sind instabile<br />

Familienverhältnisse und die zunehmen<strong>de</strong><br />

Erwerbstätigkeit bei<strong>de</strong>r Eltern, aber auch<br />

ein mutwilliges Laisser-faire bei <strong>de</strong>r Erziehung<br />

und Alltagsgestaltung überhaupt.<br />

Wenn schon Neunjährige die Spiele <strong>de</strong>r<br />

Champions League bis zum En<strong>de</strong> gucken<br />

16 5/2012 ACADEMIA<br />

dürfen (Anpfiff: 20.45 Uhr), dann ist wohl<br />

kaum die Schule schuld daran, dass die<br />

Leistungskurve dieser Schüler noch vor<br />

<strong>de</strong>m Mittagsgong steil nach unten geht.<br />

Die Digitale Revolution eröffnet <strong>de</strong>n<br />

Schülern Möglichkeiten <strong>de</strong>r Kommunikation<br />

und Recherche, von <strong>de</strong>nen frühere<br />

Generationen nur träumen konnten. Zugleich<br />

aber la<strong>de</strong>n SMS, <strong>Facebook</strong> und Co.<br />

dazu ein, nicht nur kreativ, son<strong>de</strong>rn auch<br />

oberflächlich und nachlässig mit Sprache<br />

umzugehen. Die Metho<strong>de</strong> „copy and paste“,<br />

das Übertragen frem<strong>de</strong>r Textbausteine<br />

per Mausklick in „eigene“ Arbeiten, för<strong>de</strong>rt<br />

die Denkfaulheit. Die herrschen<strong>de</strong><br />

Spaßgesellschaft ist für eine „Kultur <strong>de</strong>r<br />

Anstrengung“ gera<strong>de</strong>zu Gift, noch dazu,<br />

wenn Jugendlichen suggeriert wird, ihr<br />

Abschlussjahrgang wer<strong>de</strong> aufgrund <strong>de</strong>r<br />

Geburtenschwäche <strong>de</strong>reinst so gefragt<br />

sein, dass die Arbeitgeber gar nicht an<strong>de</strong>rs<br />

könnten, als ihn nahezu komplett in Lohn<br />

und Brot zu bringen – als hinge die Dynamik<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Volkswirtschaft nicht<br />

vom Können <strong>de</strong>s Nachwuchses ab.<br />

Schüler zum Schulerfolg zu führen ist heute<br />

schwieriger <strong>de</strong>nn je. Umso geradliniger<br />

und ausdauern<strong>de</strong>r müsste schulpolitisch<br />

regiert wer<strong>de</strong>n. Doch davon kann in <strong>de</strong>r<br />

Mehrheit <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r keine Re<strong>de</strong><br />

sein. Wie schon die Debatte um die angebliche<br />

„Bildungskatastrophe“ in <strong>de</strong>n sechziger<br />

Jahren hat auch die internationale<br />

Bildungsstudie PISA (erstmals 2000), die<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn mehrheitlich<br />

ein schlechtes Zeugnis ausstellte, unter<br />

Schulpolitikern einen Reformeifer entfacht,<br />

<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r einmal vom Wesentlichen ablenkt:<br />

von gutem Unterricht. Statt etwa mit<br />

aller Kraft zu gewährleisten, dass kaum<br />

Unterricht ausfällt, glauben die Verantwortlichen<br />

mit Strukturreformen experimentieren<br />

zu müssen. Ganztagsschule und<br />

gemeinsames Lernen, heißt es, garantieren<br />

<strong>de</strong>n Schulerfolg eher, als es Halbtagsschule<br />

und möglichst homogene Leistungsgruppen<br />

in einem geglie<strong>de</strong>rten Schulsystem vermö-<br />

Thomas Gutmann (BuL)<br />

gen. Dabei ist <strong>de</strong>r Trend zum zweigeglie<strong>de</strong>rten<br />

Schulsystem <strong>de</strong>r Demographie geschul<strong>de</strong>t<br />

und die Ganztagsschule vor allem<br />

<strong>de</strong>m Ziel, dass möglichst viele Eltern Fami -<br />

lie und Beruf „vereinbaren“ können. Als<br />

wäre das aber nicht schon genug an Anpassungsleistung,<br />

die man <strong>de</strong>r Schule abverlangt,<br />

ist <strong>de</strong>m Gymnasium auch noch die<br />

For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wirtschaft nach möglichst<br />

jungen Hochschulabsolventen aufgedrückt<br />

wor<strong>de</strong>n. Kaum eingeführt, wird mancherorts<br />

am „G 8“ schon wie<strong>de</strong>r gerüttelt,<br />

weil Schüler, Lehrer und Eltern über zu<br />

hohen Leistungsdruck klagen. Derweil<br />

wird das nächste Päckchen geschnürt und<br />

<strong>de</strong>r Schule aufgebür<strong>de</strong>t: die Inklusion, das<br />

gemeinsame Lernen von Kin<strong>de</strong>rn mit und<br />

ohne Behin<strong>de</strong>rung. Zugleich wird mit Verwaltungsmo<strong>de</strong>llen<br />

wie „autonomer Schule“<br />

experimentiert, wer<strong>de</strong>n klare Leistungsanfor<strong>de</strong>rungen<br />

zu schwammigen<br />

„Kompetenzen“ umformuliert, sollen<br />

Grundschüler jahrelang so „schreiben, wie<br />

sie sprechen“, ehe sie die richtige Rechtschreibung<br />

lernen. Und und und.<br />

Bei soviel Dies und Das wun<strong>de</strong>rt es einen<br />

nicht, dass unser Schulsystem in viel zu<br />

vielen Fällen verblüffend dürftige Ergebnisse<br />

hervorbringt, dass Schülerleistungen<br />

in Deutschland weit stärker von <strong>de</strong>r Bildung<br />

<strong>de</strong>r Eltern abhängen als in <strong>de</strong>n meisten<br />

vergleichbaren Län<strong>de</strong>rn. Statt <strong>de</strong>n<br />

Schulen ein gesellschaftliches „Bedürfnis“<br />

nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren aufzubür<strong>de</strong>n, sollte<br />

es heißen: „Einfach nur Schule!“ Ausreichen<strong>de</strong><br />

Räumlichkeiten und genug Lehrer<br />

für guten Unterricht! Das hinzukriegen<br />

ist schwierig genug.<br />

Zum Autor: Thomas<br />

Gutmann (BuL) arbeitet<br />

als Redakteur<br />

einer Tageszeitung und<br />

ist Mitglied <strong>de</strong>r ACA-<br />

DEMIA-Redaktion.


Foto: picture alliance/dpa<br />

Schulhund Aila „zu Besuch“ in einer dritten<br />

Grundschulklasse. Die Terrierhündin „begleitet“<br />

je<strong>de</strong> Woche die Klassenlehrerin. Tatsächlich<br />

setzen immer mehr Pädagogen Schulhun<strong>de</strong><br />

im Unterricht ein – bun<strong>de</strong>sweit sind es bereits<br />

mehr als 1000 Hun<strong>de</strong>.<br />

Auf die Lehrer kommt es an<br />

Über Rehabilitierung und Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Schulpädagogik<br />

Hun<strong>de</strong>rt entschlossene und tatkräftige<br />

Menschen, sagte man früher, könnten<br />

eine Revolution auslösen. Nun,<br />

manchmal genügen auch weniger. In<br />

Schwe<strong>de</strong>n haben kürzlich acht Lehrer gezeigt,<br />

worauf es in <strong>de</strong>r Schule wirklich ankommt.<br />

Auch im Land <strong>de</strong>r Schären steht<br />

bildungsmäßig nämlich nicht alles zum<br />

Besten. Schwedische Achtklässler können<br />

heute nur noch so viel wie Siebtklässler vor<br />

zehn Jahren, die jüngste PISA-Studie offenbarte<br />

einen Leistungseinbruch bei<br />

Fünfzehnjährigen, Lehrer klagen über<br />

wachsen<strong>de</strong> Disziplinlosigkeit. Aber anscheinend<br />

gibt es Ausnahmen: Der Mathematik -<br />

lehrer Louca etwa gewann mit seinen<br />

Klassen regelmäßig bei internationalen<br />

Mathewettbewerben mit Schülern, von<br />

<strong>de</strong>nen man das ansonsten nicht erwartet<br />

hatte. Da hatte ein Fernsehproduzent eine<br />

I<strong>de</strong>e: Was wür<strong>de</strong> eigentlich passieren, wenn<br />

man einmal die besten Lehrer <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />

zusam mentrommelte – und sie gemeinsam<br />

auf eine schwierige Klasse losließe?<br />

Lan<strong>de</strong>sweit konnten sich nun Lehrer bewerben,<br />

die besten acht wur<strong>de</strong>n ausgewählt<br />

und übernahmen<br />

für sechs<br />

Monate <strong>de</strong>n kompletten<br />

Unterricht<br />

<strong>de</strong>r 9A an <strong>de</strong>r Johannesskola,<br />

einer<br />

Gesamtschule in<br />

Malmö. Viele Schü -<br />

l e r d i e s e r A b -<br />

schluss klasse hatten sich schon lange aufgegeben,<br />

teilweise erschienen sie gar nicht<br />

mehr zum Unterricht. In einer Mischung<br />

aus Zugewandtheit und Zutrauen, Respekt<br />

und Autorität – und weitgehend ohne Strafen<br />

– versuchten die Lehrer, <strong>de</strong>n Neunt-<br />

Es gibt nur guten<br />

o<strong>de</strong>r schlechten<br />

Unterricht<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

von Michael Felten<br />

klässlern <strong>de</strong>n Glauben daran wie<strong>de</strong>rzugeben,<br />

dass sie erfolgreich lernen könnten.<br />

Mathelehrer Louca etwa stellte sich <strong>de</strong>n<br />

Schülern mit folgen<strong>de</strong>n Worten vor: „Ich<br />

bin sehr nett, aber gleichzeitig auch sehr<br />

anspruchsvoll. Wenn ihr mich auf eine<br />

Tasse Kaffee einla<strong>de</strong>t,<br />

kriegt ihr von<br />

mir drei zurück.<br />

Wenn ihr aber<br />

schwierig seid, bin<br />

ich dreimal so<br />

schwierig. Also, es<br />

liegt an euch.“<br />

Nach einem halben<br />

Jahr musste sich die Klasse <strong>de</strong>n üblichen<br />

nationalen Vergleichstests stellen –<br />

und schnitt glänzend ab: Lan<strong>de</strong>sweit erster<br />

Platz in Mathe, Vierter in Schwedisch,<br />

überdurchschnittlich in Englisch. Gute<br />

Lehrer in Schwe<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n seit<strong>de</strong>m auch<br />

ACADEMIA 5/2012 17


Das ewige Experimentierfeld<br />

schon mal „9A-Lehrer“ genannt. Die dreizehnteilige<br />

Bildungsdoku wur<strong>de</strong> übrigens<br />

ein Quotenhit.<br />

Da ist er, <strong>de</strong>r verblüffen<strong>de</strong> Ausweg aus<br />

hohlem Bildungsgere<strong>de</strong> und unsinnigen<br />

Bildungsreformen! Gute Lehrer können<br />

anscheinend schier Unmögliches bewirken:<br />

Sie können negative Entwicklungen<br />

nicht nur stoppen, son<strong>de</strong>rn in ungeahntem<br />

Ausmaß wen<strong>de</strong>n. Ihre Metho<strong>de</strong> klingt einleuchtend,<br />

hat es aber in sich: Man trete<br />

<strong>de</strong>n Schülern mit viel Respekt und Verständnis<br />

entgegen, glaube an ihre Entwicklungsfähigkeit,<br />

gönne ihnen anspruchsvollen<br />

Unterricht und bereite sie<br />

tatkräftig auf die Abschlussprüfungen vor.<br />

Anscheinend kommt es auf die Menschen<br />

an, nicht auf die Strukturen!<br />

Erstaunlich allerdings, dass das Experiment<br />

von Malmö in <strong>de</strong>r hiesigen Bildungsdiskussion<br />

kaum aufgegriffen wur<strong>de</strong> – Reformpädagogen<br />

jedwe<strong>de</strong>r Couleur<br />

verweisen ansonsten nur allzu gerne gen<br />

Nor<strong>de</strong>n! Lei<strong>de</strong>r kein Einzelfall – auch an<strong>de</strong>re<br />

Beispiele, an <strong>de</strong>nen sich die Kraft <strong>de</strong>s<br />

guten Lehrers zeigt, führen ein mediales<br />

Schattendasein. Etwa die amerikanischen<br />

KIPP-Schulen (knowledge is power program):<br />

Unterschichtenkin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>n Vorstadt-Ghettos<br />

lernen hier unter strengen<br />

Schulregeln, ackern sich durch dickste<br />

Aufgabenpakete und bestehen dann standardisierte<br />

Tests doppelt so häufig wie <strong>de</strong>r<br />

Lan<strong>de</strong>sdurchschnitt. Sie können sich allerdings<br />

auch je<strong>de</strong>rzeit an ihre Lehrer wen<strong>de</strong>n,<br />

sieben Tage die Woche, rund um die<br />

Uhr. Nun, vielleicht ist die weitgehen<strong>de</strong><br />

Ausblendung solcher Fälle kein Wun<strong>de</strong>r:<br />

Eine Rehabilitation <strong>de</strong>r Lehrerpersönlichkeit<br />

wür<strong>de</strong> nämlich manch mo<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Debattenzopf<br />

abschnei<strong>de</strong>n, manch wohlklingen<strong>de</strong>s<br />

Reformpapier in die pädagogische<br />

Rumpelkammer beför<strong>de</strong>rn.<br />

Etwa das Strukturlamento: Seit Jahren<br />

wird uns weisgemacht, nur <strong>de</strong>r gemeinsame<br />

Unterricht in Gesamtschulen – neuerdings:<br />

in Gemeinschaftsschulen – könne<br />

18 5/2012 ACADEMIA<br />

Der erste Schultag, an<br />

<strong>de</strong>m, wie es nicht selten<br />

heißt, <strong>de</strong>r „Ernst <strong>de</strong>s Lebens beginnt“.<br />

Vielleicht ist es ja tatsächlich<br />

so? Es bleiben die Schultüten.<br />

d i e<br />

L e i s -<br />

tungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r steigern<br />

und ihr Sozialverhalten<br />

verbessern, schließlich<br />

hätten die PISA-Sieger doch auch „eine<br />

Schule für alle“. Schulpolitikern wie<br />

Bildungsjournalisten schenken <strong>de</strong>m gerne<br />

Gehör – anscheinend hat <strong>de</strong>r Gedanke <strong>de</strong>s<br />

Einheitlichen etwas Anheimeln<strong>de</strong>s. Dabei<br />

betitelte ein ehemaliger Gesamtschulleiter<br />

seinen beruflichen Rückblick: „Warum ich<br />

meine Kin<strong>de</strong>r heute nicht mehr auf eine<br />

integrierte Gesamtschule schicken wür<strong>de</strong>.“<br />

Und <strong>de</strong>r renommierte Schulforscher<br />

Helmut Fend musste kürzlich seine eigene<br />

Forschung „überrascht und enttäuscht“<br />

wie folgt bilanzieren: „Die Gesamtschule<br />

schafft unterm Strich nicht mehr Bildungsgerechtigkeit<br />

als die Schulen <strong>de</strong>s geglie<strong>de</strong>rten<br />

Schulsystems.“ Die PISA-Forscher<br />

selbst weisen<br />

regelmäßig<br />

Kin<strong>de</strong>r<br />

sind<br />

keine<br />

Rohstoffe<br />

darauf hin,<br />

dass nicht die<br />

Str u k turen<br />

über schulische<br />

Qualität<br />

entschei<strong>de</strong>n,<br />

son<strong>de</strong>rn die<br />

Güte <strong>de</strong>s<br />

Unterrichts.<br />

So ist <strong>de</strong>nn auch die aktuelle Formel „länger<br />

gemeinsam lernen“ in ihren Verheißungen<br />

irreführend: Es gibt einfach kein<br />

bestes Schulsystem – nur guten o<strong>de</strong>r<br />

schlechten Unterricht. An<strong>de</strong>re Län<strong>de</strong>r mit<br />

Fotos: KNA und SGW<br />

integriertenSchulsystemen<br />

haben übrigens nur<br />

scheinbar Einheitsschulen: So gehen<br />

in Schwe<strong>de</strong>n zwar 95 Prozent eines Schülerjahrgangs<br />

auf ein Gymnasium, aber diese<br />

unterglie<strong>de</strong>rn sich nach 17 verschie<strong>de</strong>nen<br />

Profilen – von <strong>de</strong>m, was hierzulan<strong>de</strong><br />

eine Brennpunkt-Hauptschule ist, bis zum<br />

Elitegymnasium!<br />

Irreführend auch das Selbständigkeitsgetue:<br />

Kultusbehör<strong>de</strong>n erklären Schulen<br />

neuerdings gerne zu Zonen <strong>de</strong>r Selbständigkeit<br />

– um administrative Kosten zu reduzieren,<br />

um Verantwortung für Schulexperimente<br />

von sich abzuschieben, um <strong>de</strong>m<br />

Unmut über zu große Klassen zu entgehen.<br />

Die Verheißung von Autonomie<br />

schmeichelt zunächst <strong>de</strong>r antihierarchischen<br />

Sehnsucht naiver Gemüter; alsbald<br />

in<strong>de</strong>s dürfen die Kollegen ihre Nachmittage<br />

damit verbringen, in Arbeitsgruppen<br />

Schulprogramme zu formulieren, die<br />

nachher in <strong>de</strong>r Schubla<strong>de</strong> verschwin<strong>de</strong>n,<br />

o<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n kommunalen Schulträgern<br />

über Renovierungsfragen und Finanzengpässe<br />

zu rangeln. Zeit, die ihnen natürlich<br />

fehlt für ruhige Gespräche mit Schülern,<br />

sorgfältige Beratungen von Eltern, gründliches<br />

Planen <strong>de</strong>r einzelnen Unterrichtsstun<strong>de</strong>n<br />

– o<strong>de</strong>r auch für kulturelle Aktivitäten.<br />

Selbst die Hoffnung auf Befreiung<br />

von <strong>de</strong>r Aufsichtsbehör<strong>de</strong> wird enttäuscht:<br />

Schließlich muss die überprüfen, ob das<br />

selbständige Schultreiben auch die rich -


tige Richtung<br />

nimmt<br />

– <strong>de</strong>r neuen<br />

Offenheit <strong>de</strong>r<br />

Umstän<strong>de</strong> folgt<br />

eine neue Kontrolliertheit<br />

<strong>de</strong>r Zustän<strong>de</strong>.<br />

Also reisen Schulinspektionsteams<br />

durchs Land (Lehrer-O-Ton:<br />

„Die Qualitätsfuzzis kommen!“), verweilen<br />

in je<strong>de</strong>r Schule drei Tage, besichtigen<br />

je<strong>de</strong>n Lehrer für 20 Minuten, machen tausend<br />

Kreuzchen in dicke Evaluationsbögen<br />

– und empfehlen <strong>de</strong>r Schule hernach<br />

nicht selten „Organisationsentwicklung“,<br />

selbst bei guten Leistungen. Das Skurrile<br />

bei dieser Prozedur: Nicht wenige Lehrer<br />

führen hierbei, obwohl unkündbar verbeamtet,<br />

potemkinschen Unterricht vor, extrem<br />

aufwendige o<strong>de</strong>r überwiegend eigenverantwortliche<br />

Arbeitsformen etwa, die<br />

im Alltag kaum funktionieren wür<strong>de</strong>n – so<br />

groß <strong>de</strong>r Konformismus (Brecht: „Hofintelligenz“),<br />

so gering das berufliche<br />

Selbstbewusstsein.<br />

Überhaupt <strong>de</strong>r Messwahn: Grundsätzlich<br />

spricht ja nichts dagegen, Bildungsprozesse<br />

besser zu überprüfen, das Geschehen<br />

im Klassenzimmer nicht in Gänze <strong>de</strong>m<br />

Belieben <strong>de</strong>s einzelnen<br />

Lehrers zu überlassen.<br />

Wenn aber aus PISA-<br />

Studien nur solche Konsequenzen<br />

gezogen wer<strong>de</strong>n,<br />

die Bildungsausgaben<br />

einsparen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Marotten<br />

eines Kultusministers<br />

folgen o<strong>de</strong>r wirtschaftlich erwünscht<br />

sind; wenn in <strong>de</strong>r<br />

Folge nur noch genau das<br />

gepaukt wird, was Lern -<br />

standsmessungen abfragen<br />

wer<strong>de</strong>n; wenn<br />

banale schulinterne<br />

Befragungen<br />

(„Glaubst du, dass<br />

Sitzenbleiben<br />

hilfreich ist?“)<br />

als Scheinlegitimation<br />

für neue<br />

Schulve rsuche<br />

missbraucht wer<strong>de</strong>n;<br />

dann feiert eine<br />

neue Gläubigkeit fröhliche<br />

Urständ: Evaluation<br />

als sakrosankte Steuerungsform.<br />

Schule und Unterricht missraten<br />

dabei zu einem Gebiet von Daten<br />

und Prozessen, auf <strong>de</strong>m bei geeigneter Justierung<br />

<strong>de</strong>r Variablen alles machbar, ökonomisch<br />

optimal kalkulierbar und auch<br />

politisch kontrollierbar scheint. Solche<br />

„Invasion <strong>de</strong>r Kennziffern“ öffnet <strong>de</strong>n Bildungssektor<br />

natürlich auch für die Interessen<br />

nationaler o<strong>de</strong>r gar global operieren<strong>de</strong>r<br />

Testindustrien und Medienkonzerne.<br />

Aber Bildung ist etwas an<strong>de</strong>res als Warenproduktion,<br />

Kin<strong>de</strong>r sind keine Rohstoffe.<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Defizite unserer Schulen<br />

liegen nicht in Rahmenbedingungen<br />

o<strong>de</strong>r Strukturen, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>n Beziehungen<br />

– genauer gesagt: in einer Verunsicherung<br />

im Pädagogischen sowie einer Vernachlässigung<br />

<strong>de</strong>s Psychologischen. Zitat eines<br />

jungen Leserbriefschreibers <strong>de</strong>r „Zeit“: „Ich<br />

als Schüler behaupte, dass die Lehrer <strong>de</strong>r<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktor für eine gelungene<br />

Bildungspolitik sind.“ Primär von ihnen<br />

hängt es ab, ob junge Menschen soli<strong>de</strong> Fachkompetenzen<br />

erwerben, ob sich ihr Weltbewusstsein<br />

weitet, ob sie zu gesellschaftlicher<br />

Teilhabe fähig wer<strong>de</strong>n – gera<strong>de</strong> auch<br />

dann, wenn sie bildungsferneren Schichten<br />

entstammen. Dazu braucht <strong>de</strong>r Lehrer<br />

aber nicht ständig neue Entwicklungsvereinbarungen<br />

o<strong>de</strong>r endlose Struktur<strong>de</strong>batten,<br />

son<strong>de</strong>rn Ruhe und Unterstützung in<br />

seinem Unterrichtsalltag; im beständigen<br />

Ringen um Motivation und Nachhaltigkeit,<br />

bei <strong>de</strong>r täglichen Gratwan<strong>de</strong>rung zwischen<br />

Über- und Unterfor<strong>de</strong>rung seiner<br />

vielen individualisierten Schüler. Wie mache<br />

ich bockigen Schülern Mut, wie meistere<br />

ich schwierige Unterrichtssituationen,<br />

wie for<strong>de</strong>re ich Spitzenschüler wirklich?<br />

Ein Klassenzimmer ist eben zunächst einmal<br />

eine Sphäre <strong>de</strong>s Beziehungshaften, das<br />

Unterrichten primär eine Angelegenheit<br />

zwischen Menschen. Deshalb ist Schule<br />

so entschei<strong>de</strong>nd dadurch geprägt, wie <strong>de</strong>r<br />

Lehrer das Verhältnis zwischen ihm und<br />

seinen menschlichen „Objekten“ sieht und<br />

gestaltet. Alles bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> und erzieherische<br />

Wollen muss er schließlich durch persönliche<br />

Vermittlung, also über die zwischenmenschliche<br />

Beziehung transportieren.<br />

Und <strong>de</strong>shalb wird ein stets ärgerlicher Ge-<br />

Der Autor: Michael Felten ist Gymnasiallehrer an einem Gymnasium in<br />

Köln sowie Lehrbeauftragter an Pädagogischen Hochschulen. Zuletzt erschien<br />

von ihm „Schluss mit <strong>de</strong>m Bildungsgere<strong>de</strong>! Eine Anstiftung zu pädagogischem<br />

Eigensinn“ (2012). Ebenfalls von Michael Felten: „Auf die Lehrer<br />

kommt es an! Für eine Rückkehr <strong>de</strong>r Pädagogik in die Schule“ (2010). Bei<strong>de</strong><br />

Bücher erschienen im Gütersloher Verlagshaus.<br />

ACADEMIA 5/2012 19


Das ewige Experimentierfeld<br />

samtschullehrer in seinen För<strong>de</strong>reffekten<br />

ebenso beschei<strong>de</strong>n abschnei<strong>de</strong>n wie ein<br />

dünkelhafter Studienrat am Gymnasium,<br />

ein engagierter Hauptschullehrer dagegen<br />

bei seinen Schülern manch pädagogisches<br />

Wun<strong>de</strong>r zustan<strong>de</strong> bringen. Dreh- und Angelpunkt<br />

schulischer Bildungsarbeit kann<br />

<strong>de</strong>shalb nur <strong>de</strong>r Mensch sein – einer, <strong>de</strong>r<br />

das zu vermitteln<strong>de</strong> Wissen mit Begeisterung<br />

und Be<strong>de</strong>utsamkeit verkörpert und<br />

die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung damit kunstvoll<br />

inszeniert und souverän einfor<strong>de</strong>rt. Dazu<br />

braucht es aber eine an<strong>de</strong>re Professionalität<br />

als die neuerdings postulierte <strong>de</strong>s kühlen<br />

Lernmanagers – vor allem personale<br />

Zeit und Zuwendung, Kraft und Menschenkenntnis.<br />

Die pädagogische Situation,<br />

sie bleibt eben etwas ganz an<strong>de</strong>res als<br />

die zunehmen<strong>de</strong> Schnellebigkeit unserer<br />

Erwachsenenwelt.<br />

Höchste Zeit also, dass wir uns auf das<br />

Bild <strong>de</strong>s „Schulmeisters“, auf die Kraft <strong>de</strong>r<br />

20 5/2012 ACADEMIA<br />

Lehrerpersönlichkeit – und damit auf die<br />

Be<strong>de</strong>utsamkeit <strong>de</strong>s Erwachsenen in <strong>de</strong>r<br />

Bildungsfrage – wie<strong>de</strong>rbesinnen:<br />

Lehrer müssen Lerngruppen selbstbewusst<br />

und zugewandt führen können.<br />

Nicht kühl-mo<strong>de</strong>rieren<strong>de</strong> Zurückhaltung<br />

ist gefragt, son<strong>de</strong>rn Führungsfreu<strong>de</strong> – ein<br />

unverschämtes Besinnen auf Pädagogik.<br />

Lehrer müssen Lernprozesse sinnvoll<br />

arrangieren und steuern können. Es geht<br />

nicht um Metho<strong>de</strong>nkirmes, son<strong>de</strong>rn um<br />

die lernpsychologisch fundierte Be -<br />

schränkung auf das Wesentliche.<br />

Lehrer müssen Lernschwierigkeiten<br />

auflösen können – nicht durch Er -<br />

mäßigung <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen, son<strong>de</strong>rn<br />

durch geschulte Einfühlsamkeit und tatkräftige<br />

Ermutigung. Schüler sind eben<br />

manchmal unlustig, eifersüchtig, mutlos;<br />

dann brauchen sie jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r sie mit-<br />

reißt – o<strong>de</strong>r ihnen zeigt, wie man sich zusammenreißt.<br />

Auf die Lehrer kommt es an! Diese Losung<br />

be<strong>de</strong>utet keine Neuerfindung <strong>de</strong>s Ra<strong>de</strong>s –<br />

eher eine Vergewisserung <strong>de</strong>ssen, dass Rä<strong>de</strong>r<br />

rund und gut gelagert sein müssen,<br />

wenn sie gut rollen sollen. Damit geht aber<br />

auch eine ernste Mahnung an Lehrerausbildung<br />

und Bildungspolitik einher. Nicht<br />

um je<strong>de</strong>n Preis „Die Schule neu <strong>de</strong>nken“<br />

(Hartmut von Hentig) darf die Devise sein,<br />

son<strong>de</strong>rn forschungsbasiert „Schule richtig<br />

<strong>de</strong>nken“ (Hans Maier). Das wäre eine<br />

wirkliche Bildungswen<strong>de</strong>: Vor<strong>de</strong>rgründigen<br />

Reformaktionismus stoppen, die personelle<br />

Ausstattung <strong>de</strong>r Schulen erheblich<br />

verbessern, die psychologische Qualifizierung<br />

<strong>de</strong>r Lehrer ausweiten, das Ansehen<br />

<strong>de</strong>r pädago gischen Zunft steigern. Der Alltag<br />

<strong>de</strong>s Lehrers wäre weiterhin anspruchsvoll<br />

– aber nicht länger auslaugend, son<strong>de</strong>rn<br />

aufbauend.<br />

Bildung: in Zukunft sind weitere<br />

Verän<strong>de</strong>rungen unvermeidlich<br />

Prof. Weishaupt, Sprecher <strong>de</strong>r Autorengruppe<br />

<strong>de</strong>s „Bildungsberichts 2012“: zunehmend freie Schulen<br />

Um das <strong>de</strong>utsche Bildungssystem ist es<br />

nicht so schlecht bestellt, wie manche<br />

öffentlich geführte Debatte vermuten<br />

lassen wür<strong>de</strong>, sagt <strong>de</strong>r Bildungsforscher<br />

Prof. Dr. Horst Weishaupt vom Deutschen<br />

Institut für Internationale Pädagogische<br />

Forschung. Der Sprecher <strong>de</strong>r Autorengrup -<br />

pe <strong>de</strong>s „Bildungsberichts 2012“ sieht aber<br />

auch verstärkte Privatisierungsten<strong>de</strong>nzen im<br />

Bildungswesen, vor allem da, wo das öffent-<br />

WEITERFÜHRENDER LINK<br />

www.bildungsbericht.<strong>de</strong><br />

liche System nicht auf gesellschaftliche<br />

Entwicklungen reagiert, wie er im Interview<br />

mit ACADEMIA-Redakteur Christoph<br />

Herbort-von Loeper (B-S) erläutert.<br />

Herr Prof. Weishaupt, <strong>de</strong>r Bildungsbericht<br />

präsentiert nun schon zum vierten<br />

Mal bereichsübergreifend Fortschritte<br />

und Probleme. Wie steht es um die <strong>de</strong>utsche<br />

Bildung im Jahr 2012?<br />

Insgesamt ist eine <strong>de</strong>utlich positive Entwicklung<br />

erkennbar. Aber es gibt nach wie<br />

vor Problemgruppen, um die die politisch<br />

Verantwortlichen sich intensiv kümmern<br />

müssen: zum Beispiel Migranten, die Probleme<br />

mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache haben,<br />

und <strong>de</strong>utsche Kin<strong>de</strong>r, die in sozial belasteten<br />

Lebenslagen aufwachsen. Aber: Ausbau<br />

<strong>de</strong>r Ganztagsschulen und verstärkte För<strong>de</strong>rmaßnahmen<br />

an <strong>de</strong>n Schulen sind <strong>de</strong>r richtige<br />

Weg. Außer<strong>de</strong>m gibt es noch einiges am<br />

Übergang von <strong>de</strong>r Schule ins Berufsleben zu<br />

verbessern. Wir brauchen dort Anschlüsse<br />

statt Warteschleifen. Die unterstützen<strong>de</strong>n<br />

Maßnahmen sind oft noch zu wenig auf<br />

die Adressaten ausgerichtet und die Berufsorientierung<br />

in <strong>de</strong>n letzten Klassen <strong>de</strong>r<br />

allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schule müsste auch<br />

verbessert wer<strong>de</strong>n. (Fortsetzung nächste Seite)


Foto: picture alliance/ZB<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

Erfahrungen in <strong>de</strong>r Schule, gute wie schlechte,<br />

prägen ein Leben lang – nicht zuletzt das weitere<br />

Sozialverhalten, das allerdings in <strong>de</strong>r Familie<br />

grundgelegt wird. Im Bild: ein Schulmädchen,<br />

das etwas zu sagen hat.


Das ewige Experimentierfeld<br />

Wenn wir einmal die Bildungslebensphasen<br />

durchgehen und im Kin<strong>de</strong>rgarten anfangen.<br />

Laut Bildungsbericht besuchen<br />

in Deutschland 25 Prozent <strong>de</strong>r unter dreijährigen<br />

Kin<strong>de</strong>r und sogar 94 Prozent <strong>de</strong>r<br />

Drei- bis Sechsjährigen eine Betreuungseinrichtung.<br />

Die öffentliche Debatte um<br />

Betreuungsgeld und Rechtsanspruch auf<br />

einen Kin<strong>de</strong>rgartenplatz wird intensiv geführt.<br />

Ab wann macht es Sinn, Bildung<br />

und Lernen außerhalb <strong>de</strong>r Familie zu<br />

institutionalisieren?<br />

Nun, zunächst lässt sich feststellen, dass<br />

frühe Betreuungsangebote international<br />

weit verbreitet sind. In Deutschland haben<br />

wir unterschiedliche Kulturen in Ost und<br />

West; im Osten ist es schon lange Zeit<br />

selbstverständlich, dass Kin<strong>de</strong>r früh in die<br />

Kin<strong>de</strong>rkrippe gehen.<br />

Der wichtigste Punkt zu Ihrer Frage ist<br />

aber die personelle Ausgestaltung <strong>de</strong>r Angebote,<br />

und da lässt sich bei uns feststellen,<br />

dass es in <strong>de</strong>n Krippen gut aussieht.<br />

Es wird nicht auf Masse statt Klasse gesetzt,<br />

wenn das Verhältnis von Personal zu<br />

betreuten Kin<strong>de</strong>rn betrachtet wird.<br />

Die Frauenerwerbsquote in Deutschland<br />

steigt und Familienauszeiten wer<strong>de</strong>n kürzer.<br />

Das ist die Folge <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Qualifikation<br />

von Frauen, die <strong>de</strong>n beruflichen Anschluss<br />

auch als Mütter nicht verlieren wollen.<br />

Die bessere Integration junger Mütter in<br />

<strong>de</strong>n Arbeitsmarkt ist ein gesellschaftliches<br />

Anliegen, für das <strong>de</strong>r Ausbau von Krippen<br />

eine wichtige Voraussetzung ist. Ich bin <strong>de</strong>r<br />

Meinung, dass <strong>de</strong>n Familien die Entscheidung<br />

bei <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rbetreuung überlassen<br />

wer<strong>de</strong>n muss; <strong>de</strong>r Gesetzgeber sollte umgekehrt<br />

aber sein selbst gesetztes Ziel hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Betreuungskapazitäten einhalten.<br />

Wenn wir auf die Schulen schauen, so<br />

dreht sich die öffentliche Debatte dort vor<br />

allem um Probleme o<strong>de</strong>r um umstrittene<br />

Reformen. Nur ein paar Stichworte: PI-<br />

SA, Abschaffung <strong>de</strong>r Hauptschule, acht-<br />

22 5/2012 ACADEMIA<br />

jähriges Gymnasium. Ist das <strong>de</strong>utsche<br />

Bildungssystem eine parteipolitische<br />

Dauerbaustelle o<strong>de</strong>r sehen Sie eine klare<br />

Richtung, in die die Entwicklung geht?<br />

Das dreigliedrige Schulsystem hat nicht<br />

mehr funktioniert und sich ja quasi selbst<br />

aufgelöst, in<strong>de</strong>m die Hauptschule immer<br />

mehr auch für <strong>de</strong>n mittleren Abschluss geöffnet<br />

wur<strong>de</strong>. Da ist es nur konsequent, ein<br />

zweigliedriges Schulsystem einzuführen,<br />

in <strong>de</strong>m neben <strong>de</strong>m Gymnasium eine zweite<br />

Schulart steht, an <strong>de</strong>r unterschiedliche<br />

Schulabschlüsse erworben wer<strong>de</strong>n können<br />

und – was durchaus im Trend liegt – Erst -<br />

abschlüsse durch höherwertige Abschlüsse<br />

ergänzt wer<strong>de</strong>n können. Wir müssen<br />

auch sehen, dass <strong>de</strong>r mittlere Abschluss<br />

zum Standardabschluss für <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt<br />

gewor<strong>de</strong>n ist und <strong>de</strong>r Hauptschulabschluss<br />

allein kaum noch berufliche Perspektiven<br />

eröffnet.<br />

Was das achtjährige Gymnasium betrifft,<br />

bin ich persönlich <strong>de</strong>r Meinung, dass es eine<br />

sinnvolle Strategie ist, die Schulbesuchszeiten<br />

zu flexibilisieren und leistungsstarken<br />

Schülern eine verkürzte<br />

Schulzeit zu ermöglichen. Auch das<br />

Nebeneinan<strong>de</strong>r von Ganz- und Halbtagsschulen,<br />

das vor allem <strong>de</strong>n Eltern eine<br />

Wahlmöglichkeit nach ihren Bedürfnissen<br />

gibt, macht langfristig Sinn. Generell zeigt<br />

sich eine Ten<strong>de</strong>nz im Bildungswesen, sich<br />

an verän<strong>de</strong>rte gesellschaftliche Bedingungen<br />

und unterschiedliche Elternerwartungen<br />

anzupassen. Diese Bemühungen<br />

könnten noch verstärkt wer<strong>de</strong>n. Insofern<br />

sind auch in Zukunft weitere Verän<strong>de</strong>rungen<br />

unvermeidlich.<br />

Der Bildungsbericht legt dar, dass die<br />

Zahl <strong>de</strong>r Schulen in freier Trägerschaft<br />

seit 1998 um 53 Prozent gestiegen ist, bei<br />

<strong>de</strong>n Grundschulen beträgt <strong>de</strong>r Zuwachs


Eine ewige Diskussion ist die über <strong>de</strong>n Zusam -<br />

menhang von finanzieller Begüterung und<br />

Bildungschancen. Im Bild zu erkennen die<br />

For<strong>de</strong>rung: „Reiche Eltern für alle“ (links unten).<br />

sogar mehr als 150 Prozent. Drückt sich<br />

darin ein schwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Vertrauen in das<br />

öffentliche Schulsystem aus?<br />

Bei <strong>de</strong>n freien Grundschulen, die vor allem<br />

in Ost<strong>de</strong>utschland überproportional<br />

entstan<strong>de</strong>n sind, könnte es eventuell sogar<br />

verfassungsrechtliche Probleme geben, da<br />

solche nach Artikel 7 <strong>de</strong>s Grundgesetzes<br />

nur in Ausnahmefällen zu genehmigen<br />

sind. Die Entwicklung bei <strong>de</strong>n freien<br />

Schulen insgesamt spiegelt eine zunehmen<strong>de</strong><br />

Pluralisierung im Bildungssystem<br />

wi<strong>de</strong>r. Eltern suchen sich die Schulen, die<br />

ihren Vorstellungen und Bedürfnissen am<br />

besten entsprechen, zum Beispiel was Betreuungszeiten<br />

o<strong>de</strong>r auch bilinguale Erziehung<br />

angeht. Die öffentliche Schulverwaltung<br />

scheint diese Signale nicht<br />

ausreichend zu erkennen, sodass freie<br />

Schulen diese Marktlücke füllen. Die Entscheidung<br />

<strong>de</strong>r Eltern ist oft kein bewusstes<br />

Foto: picture alliance/Bildagentur Huber<br />

Votum gegen das öffentliche Schulwesen,<br />

son<strong>de</strong>rn eine pragmatische Wahl <strong>de</strong>s passen<strong>de</strong>n<br />

Angebots. Von einem zunehmen<strong>de</strong>n<br />

Vertrauensverlust wür<strong>de</strong> ich <strong>de</strong>shalb<br />

nicht sprechen.<br />

Und wie sieht es mit <strong>de</strong>r Qualität aus?<br />

Sind freie Schulen die besseren, auch<br />

weil sie oft über Schulgel<strong>de</strong>r mehr Mittel<br />

haben?<br />

Was <strong>de</strong>n Lernerfolg <strong>de</strong>r Schüler angeht,<br />

gibt es keine wissenschaftlichen Belege,<br />

dass freie Schulen im Vergleich zu öffentlichen<br />

die besseren sind. Richtig ist, dass<br />

sie oft speziellere Angebote haben als das<br />

im öffentlichen Bereich <strong>de</strong>r Fall ist. Über<br />

die Mittelausstattung gibt es zwischen<br />

freien Schulen und <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn unterschiedliche<br />

Auffassungen.<br />

29 Prozent <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r kommen aus problematischen<br />

Elternhäusern. Ist die<br />

Schule <strong>de</strong>shalb nicht schon längst <strong>de</strong> facto<br />

<strong>de</strong>r Sozialarbeiter <strong>de</strong>r Gesellschaft und<br />

muss Aufgaben übernehmen, für die sie<br />

eigentlich nicht vorgesehen ist?<br />

Auch wenn sich die Situation in <strong>de</strong>n vergangenen<br />

Jahren etwas entspannt hat, ist<br />

es richtig, dass sehr viele Kin<strong>de</strong>r aus Elternhäusern<br />

kommen, die entwe<strong>de</strong>r bildungsfern<br />

sind o<strong>de</strong>r sich in einer sozialen<br />

o<strong>de</strong>r finanziellen Notlage befin<strong>de</strong>n. Es ist<br />

eine schwierige Aufgabe <strong>de</strong>s Schulwesens,<br />

die Startnachteile von Schülern auszugleichen.<br />

Das geschieht zum Beispiel über die<br />

Ganztagsschulen und flankieren<strong>de</strong> sozialpädagogische<br />

Maßnahmen. Es ist aber<br />

wichtig, dass die Schule diese Aufgabe<br />

übernimmt, <strong>de</strong>nn es ist ein zentrales Anliegen<br />

<strong>de</strong>s Bildungswesens zu garantieren,<br />

dass Schüler zu einem Abschluss<br />

kommen und in <strong>de</strong>n Arbeitsmarkt integriert<br />

wer<strong>de</strong>n können. Die Schule hatte<br />

schon immer Bildungs- und Erziehungsaufgaben<br />

zu übernehmen. Durch die Ausweitung<br />

<strong>de</strong>r Betreuungszeiten durch die<br />

Ganztagsschule und an<strong>de</strong>re unterrichtser-<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

gänzen<strong>de</strong> Maßnahmen nimmt die Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Erziehungsaufgaben zu, ohne die<br />

Aufgaben <strong>de</strong>r Sozialarbeit übernehmen zu<br />

können.<br />

Ich möchte aber auch erwähnen, dass viele<br />

Migranten, die in etwa die Hälfte dieser<br />

Problemgruppe ausmachen, eine hohe Integrationsbereitschaft<br />

aufweisen und gera<strong>de</strong><br />

sie bestrebt sind, über die Bildung ihrer<br />

Kin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Benachteiligung herauszukommen.<br />

Wachsen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen an die Schule<br />

wirken sich auch auf die Lehrer aus. Von<br />

<strong>de</strong>nen sind aber die Hälfte über 50 Jahre<br />

alt. Droht uns ein Lehrernotstand?<br />

Pauschal kann man das sicher nicht sagen,<br />

aber es gibt Entwicklungen, auf die sich<br />

die Schulverwaltungen einstellen müssen.<br />

Aufgrund <strong>de</strong>r Altersstruktur <strong>de</strong>r Lehrerschaft<br />

besteht ein erhöhter Ersatzbedarf an<br />

Lehrkräften. Ich erwarte einen Mangel in<br />

einzelnen Fächern wie etwa in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften,<br />

Kunst, Musik o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n<br />

beruflichen Schulen, aber keinen generellen<br />

Lehrermangel. Allerdings ist eine verstärkte<br />

Ten<strong>de</strong>nz zur Feminisierung <strong>de</strong>s<br />

Lehrerberufs längst nicht mehr nur an <strong>de</strong>n<br />

Grundschulen zu erkennen. Wir müssen<br />

uns als Gesellschaft überlegen, ob das hinnehmbar<br />

ist o<strong>de</strong>r ob nicht gezielt versucht<br />

wer<strong>de</strong>n soll, mehr Männer für <strong>de</strong>n Lehrerberuf<br />

zu begeistern.<br />

Wie kann das gelingen?<br />

Eine Möglichkeit ist zum Beispiel, <strong>de</strong>n<br />

Quereinstieg in <strong>de</strong>n Lehrerberuf zu erleichtern.<br />

Die Lehrerausbildung setzt noch<br />

zu stark auf die klassische Lehrerausbildung<br />

im Anschluss an die Schulzeit an <strong>de</strong>r<br />

Universität. Seiteneinsteigerprogramme<br />

könnten als Qualifizierungsprogramme<br />

ausgebaut wer<strong>de</strong>n, um brachliegen<strong>de</strong> Potenziale<br />

zu erschließen, um „Spätberufene“<br />

als Lehrer zu qualifizieren.<br />

(Fortsetzung nächste Seite)<br />

ACADEMIA 5/2012 23


Das ewige Experimentierfeld<br />

Nach <strong>de</strong>r Schule ist ja nicht alles vorbei<br />

in Sachen Bildung. Lebenslanges Lernen<br />

ist ein beliebtes Schlagwort – fin<strong>de</strong>t sich<br />

das neben Sonntagsre<strong>de</strong>n auch in <strong>de</strong>r realen<br />

Arbeitswelt wie<strong>de</strong>r?<br />

Lei<strong>de</strong>r nur bedingt. Trotz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mographischen<br />

Entwicklung und <strong>de</strong>r Dynamik <strong>de</strong>s<br />

Arbeitsmarktes beobachten wir eine Stagnation<br />

auf <strong>de</strong>m Feld <strong>de</strong>r beruflichen<br />

Weiterbildung. Das ist eine fatale Entwicklung,<br />

wenn das Ziel erreicht wer<strong>de</strong>n<br />

soll, in <strong>de</strong>n Betrieben gut qualifizierte Arbeitskräfte<br />

bis zum Rentenbeginn zu beschäftigen.<br />

Der Nachqualifizierungsbedarf<br />

ist groß: Die Anzahl <strong>de</strong>r Erwachsenen<br />

ohne abgeschlossene Berufsausbildung ist<br />

weit höher als die Zahl <strong>de</strong>r Anlernjobs.<br />

Hier besteht ein großer Bedarf, Berufsabschlüsse<br />

nachzuholen. Wir haben in<br />

Deutschland aber auch eine doppelt so hohe<br />

Quote von Abiturienten wie von Hochschulabsolventen.<br />

Das heißt, es gibt ein<br />

großes Potenzial von Beschäftigten für eine<br />

aka<strong>de</strong>mische Nachqualifizierung, aber<br />

die Strukturen, es zu nutzen, fehlen.<br />

Woran liegt das?<br />

Die Universitäten haben wegen <strong>de</strong>r Überlast<br />

in <strong>de</strong>n klassischen Studiengängen zurzeit<br />

kein beson<strong>de</strong>res Interesse, sich in <strong>de</strong>r<br />

aka<strong>de</strong>mischen Weiterbildung und Teilzeitstudiengängen<br />

stärker zu engagieren.<br />

Muss die <strong>de</strong>nn an <strong>de</strong>r Universität stattfin<strong>de</strong>n?<br />

Ich bin schon <strong>de</strong>r Meinung, dass Bildungsabschlüsse<br />

im Prinzip von öffentlichen<br />

24 5/2012 ACADEMIA<br />

Bildungseinrichtungen angeboten wer<strong>de</strong>n<br />

sollten. Aber die aktuelle Lage führt auch<br />

hier zu einer starken Privatisierungsten<strong>de</strong>nz,<br />

zum Beispiel in Form privater Fachhochschulen<br />

mit dualen Studiengängen.<br />

Trotz<strong>de</strong>m sehe ich die öffentlichen Hochschulen<br />

wegen <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Aufgabe hier in <strong>de</strong>r Pflicht.<br />

For<strong>de</strong>rungen und Empfehlungen wie diese<br />

erheben Sie jetzt als Wissenschaftler.<br />

Umgesetzt wer<strong>de</strong>n müssen sie aber von <strong>de</strong>r<br />

Politik. Wie beurteilen Sie die Rolle <strong>de</strong>r<br />

Bildungsforschung im Gesamtprozess?<br />

In <strong>de</strong>n vergangenen zehn Jahren ist eine<br />

Wen<strong>de</strong> zu einer evi<strong>de</strong>nzbasierten Bildungspolitik<br />

erkennbar, die sich u.a. an <strong>de</strong>r<br />

Teilnahme an <strong>de</strong>n PISA-Studien zeigt.<br />

Durch die wissenschaftliche Dauerbeobachtung<br />

<strong>de</strong>s Bildungssystems erhalten die<br />

Politiker eine verbesserte Datengrundlage<br />

für ihre Entscheidungen – und das wissen<br />

sie durchaus zu schätzen. Die Gesellschaft<br />

erhebt heute auch einen verstärkten Anspruch<br />

an die Politik, politische Entscheidungen<br />

nicht aus <strong>de</strong>m Bauch heraus zu<br />

treffen, son<strong>de</strong>rn auf einer soli<strong>de</strong>n wissenschaftlichen<br />

Basis. In diesem Sinn sind<br />

Instrumente wie <strong>de</strong>r Bildungsbericht Formate<br />

wissenschaftlicher Politikberatung,<br />

aufbereitete Analysen als Handlungs- und<br />

Entscheidungsgrundlage. Sie sollen die<br />

Politik nicht gängeln, son<strong>de</strong>rn unterstützen.<br />

Die Politik braucht solche Grundlagen<br />

für ihre Entscheidungen, aber keine<br />

direkten Handlungsempfehlungen. Die<br />

Verantwortung für politische Entscheidungen<br />

soll und muss bei <strong>de</strong>n legitimierten<br />

Volksvertretern bleiben.<br />

Der Interviewpartner: Prof. Dr. Horst Weishaupt (Jahrgang 1947)<br />

legte nach <strong>de</strong>m Besuch <strong>de</strong>r Realschule 1967 am Pädagogischen Fachinstitut<br />

in Jugenheim/Bergstraße die „Erste Prüfung zum Erwerb <strong>de</strong>r Lehrbefähigung<br />

in musisch-technischen Fächern an öffentlichen Schulen“ mit <strong>de</strong>n Unterrichtsfächern<br />

Musik und Kunsterziehung ab. Nach einer Tätigkeit als Lehrer an einer<br />

Grund-, Haupt- und Realschule in Darmstadt folgte von 1968 bis 1973<br />

das Studium <strong>de</strong>r Pädagogik an <strong>de</strong>r Johann-Wolfgang-Goethe Universität in Frankfurt am Main mit<br />

<strong>de</strong>n Nebenfächern Psychologie, Soziologie, Musikwissenschaft und Evangelische Theologie. Von<br />

1974 bis 1992 war Weishaupt wissenschaftlicher Mitarbeiter in <strong>de</strong>r Abteilung Ökonomie <strong>de</strong>s Deutschen<br />

Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) in Frankfurt am Main. In dieser Zeit<br />

schloss er auch seine Promotion in Erziehungswissenschaft ab. Von 1992 bis 2004 hatte er eine<br />

Professur für „Empirische Bildungsforschung“ an <strong>de</strong>r Pädagogischen Hochschule Erfurt/Mühlhausen<br />

(ab 2001 Universität Erfurt) inne, anschließend war er bis 2008 Professor für Empirische Bildungsforschung<br />

an <strong>de</strong>r Bergischen Universität Wuppertal. Seit 1. April 2008 leitet Weishaupt die Arbeitseinheit<br />

„Steuerung und Finanzierung“ am DIPF, einem Institut <strong>de</strong>r Leibniz-Gemeinschaft. Weishaupt<br />

ist verheiratet und Vater dreier erwachsener Kin<strong>de</strong>r.<br />

Foto: KNA<br />

Ohne For<strong>de</strong>rung keine<br />

För<strong>de</strong>rung – eine in<br />

vielerlei Hinsicht<br />

wahre pädagogische<br />

Aussage. Dabei<br />

hilft sportliche<br />

For<strong>de</strong>rung (im Bild),<br />

die For<strong>de</strong>rung nach<br />

ganzheitlicher –<br />

geistiger und körperlicher<br />

– Erziehung<br />

zu verwirklichen.


Freiheit,<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

Erziehungsgemeinschaft,<br />

Begegnung mit Gott<br />

Katholische Schulen und ihr Engagement<br />

für junge Menschen<br />

Mehr als 370.000 Schülerinnen und<br />

Schüler besuchen eine <strong>de</strong>r gut 900<br />

allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n und berufsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Katholischen Schulen in freier<br />

Trägerschaft in Deutschland. Die Katholischen<br />

Schulen bil<strong>de</strong>n damit das größte<br />

Segment unter <strong>de</strong>n freien Schulträgern.<br />

Für die über 300 verschie<strong>de</strong>nen kirchlichen<br />

Institutionen – darunter Diözesen<br />

und diözesane Schulstiftungen beziehungsweise<br />

Schulwerke ebenso wie Or<strong>de</strong>n,<br />

Pfarrgemein<strong>de</strong>n, Verbän<strong>de</strong> und Vereine<br />

–, die sich in <strong>de</strong>r Trägerschaft von<br />

Schulen engagieren, ist damit ein hoher<br />

Aufwand verbun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r viele Ressourcen<br />

nicht zuletzt auch finanzieller Art bin<strong>de</strong>t.<br />

Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um ein Engagement,<br />

das sich in vielerlei Hinsicht lohnt und genau<br />

an <strong>de</strong>r richtigen Stelle platziert ist.<br />

Aus gesellschaftspolitischer Perspektive<br />

ist die Privatschulfreiheit ein hohes Gut in<br />

unserem freiheitlichen und <strong>de</strong>mokratischen<br />

Staat. Sie ermöglicht die freie Wahl<br />

von Bildungseinrichtungen und verhin<strong>de</strong>rt<br />

ein staatliches Erziehungsmonopol. Für<br />

die Kirche ist es selbstverständlich, sich<br />

dabei mit eigenen Angeboten als freier<br />

Träger einzubringen, kann sie doch im Bereich<br />

<strong>de</strong>r Bildung auf eine zweitausendjährige<br />

Tradition zurückblicken und hat sie<br />

doch bereits jahrhun<strong>de</strong>rtelang Erfahrun-<br />

von Cbr Erzbischof<br />

Hans-Josef Becker (G-S)<br />

gen mit eigenen Schulen gesammelt, noch<br />

bevor <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rne Staat die allgemeine<br />

Schulpflicht einführte und sich selbst in<br />

die Verantwortung für das Schulwesen<br />

nahm.<br />

Fragt man aus einer eher innerkirchlichstrategischen<br />

Perspektive nach Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Präsenz <strong>de</strong>r Kirche in <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

<strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong>de</strong>rts, dann wird<br />

ebenfalls sehr schnell <strong>de</strong>utlich, dass <strong>de</strong>r<br />

Wert <strong>de</strong>r Katholischen Schulen und die mit<br />

ihnen verbun<strong>de</strong>nen Chancen gar nicht<br />

hoch genug eingeschätzt wer<strong>de</strong>n können.<br />

Unsere Schulen erfreuen sich einer hohen<br />

gesellschaftlichen Akzeptanz, und wir stehen<br />

in <strong>de</strong>n Schulen in intensivem Kontakt<br />

mit einer beachtlichen Zahl junger Menschen.<br />

So bieten unsere Schulen nicht nur<br />

<strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern wie auch<br />

<strong>de</strong>n Eltern die Möglichkeit, Kirche zu erfahren<br />

und mit ihr in Kontakt zu stehen,<br />

son<strong>de</strong>rn sie ermöglichen es auch <strong>de</strong>r Kirche,<br />

durch die Bildung und Erziehung junger<br />

Menschen die zukünftige Entwicklung<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft mitzugestalten.<br />

Das stärkste Argument für das Engagement<br />

<strong>de</strong>r Kirche in <strong>de</strong>r Trägerschaft eigener<br />

Schulen besteht für mich allerdings in<br />

<strong>de</strong>m Dienst an <strong>de</strong>n Schülerinnen und<br />

Schülern und ihren Eltern, <strong>de</strong>n die Kirche<br />

ACADEMIA 5/2012 25


Das ewige Experimentierfeld<br />

durch ihr spezifisch christlich geprägtes<br />

Bildungsangebot leistet. Katholische Schulen<br />

zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Erziehungs-<br />

und Bildungskonzept im christlichen<br />

Verständnis vom Menschen und von<br />

<strong>de</strong>r Welt sowie im Glauben <strong>de</strong>r Kirche<br />

grundgelegt ist. Damit setzen Katholische<br />

Schulen auch bildungspolitische Akzente,<br />

die eine Wirkung über <strong>de</strong>n engen Rahmen<br />

Katholischer Schulen hinaus in die Gesamtgesellschaft<br />

hinein entfalten. Worin das be -<br />

son<strong>de</strong>re pädagogische Profil Katholischer<br />

Schulen besteht, kann ich hier nicht in einem<br />

umfassen<strong>de</strong>n Sinn ausführen. Wir haben<br />

dazu als Deutsche Bischofskonferenz<br />

mit <strong>de</strong>m Dokument „Qualitätskriterien für<br />

Katholische Schulen. Ein Orientierungsrahmen“<br />

im Jahr 2009 ausführlich Stellung<br />

genommen. Ich möchte nur auf drei Akzente<br />

hinweisen, die Katholische Schulen<br />

setzen und die mir in <strong>de</strong>n gegenwärtigen<br />

bildungspolitischen Diskussionen eine beson<strong>de</strong>rs<br />

hohe Relevanz zu haben scheinen.<br />

Einen ersten Akzent setzen Katholische<br />

Schulen auf <strong>de</strong>r personalen Freiheit <strong>de</strong>s<br />

Menschen, die mit <strong>de</strong>ssen aus seiner Gott -<br />

ebenbildlichkeit hergeleiteten Wür<strong>de</strong> begrün<strong>de</strong>t<br />

wird. Damit beziehen Katholische<br />

Schulen eine <strong>de</strong>utliche Gegenposition zu<br />

Ten<strong>de</strong>nzen einer funktionalistischen und<br />

ökonomistischen Verzweckung <strong>de</strong>s Menschen.<br />

Nebenbei bemerkt bil<strong>de</strong>t die durch<br />

die UN-Konvention über die Rechte von<br />

Menschen mit Behin<strong>de</strong>rungen angestoßene<br />

bildungspolitische Debatte um Inklusion<br />

hier eine erfreuliche Ausnahme. Der<br />

Leitgedanke <strong>de</strong>r Inklusion setzt beim<br />

Menschen selbst und <strong>de</strong>r ihm eigenen<br />

Wür<strong>de</strong> und eben nicht bei seinem ökonomischen<br />

Zweck und seiner gesellschaft-<br />

26 5/2012 ACADEMIA<br />

Cbr Erzbischof Hans-Josef Becker aus<br />

Pa<strong>de</strong>rborn auf Besuch in einer Grundschule.<br />

Er selbst wirkte einst als Lehrer. 1972 legte er<br />

die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt ab.<br />

lichen Funktionalität an. Wir haben uns als<br />

Kommission für Erziehung und Schule <strong>de</strong>r<br />

Deutschen Bischofskonferenz das Thema<br />

Inklusion daher auch gerne zu eigen gemacht<br />

und uns im Mai dieses Jahres mit<br />

einer entsprechen<strong>de</strong>n Empfehlung an alle<br />

Träger Katholischer Schulen gewandt.<br />

Bei aller Einigkeit über <strong>de</strong>n hohen Stellenwert<br />

von Bildung im Allgemeinen erleben<br />

wir gegenwärtig immer wie<strong>de</strong>r eine Engführung<br />

<strong>de</strong>s Bildungsbegriffs im Sinne einer<br />

Gleichsetzung von Bildung mit <strong>de</strong>m<br />

Erwerb sprachlicher, mathematischer und<br />

naturwissenschaftlicher Kompetenzen.<br />

Nicht selten wird Bildung dabei auch reduziert<br />

auf eine Dienstmagd zur Verfolgung<br />

rein wirtschaftlicher Interessen. Der<br />

Arbeit Katholischer Schulen liegt dagegen<br />

die Grundüberzeugung zugrun<strong>de</strong>, dass eine<br />

<strong>de</strong>m Menschen als Ganzem gerecht wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Bildung wesentlich weiter zu fassen<br />

ist. Bildung in unserem Verständnis zielt<br />

auf die Entwicklung und Entfaltung <strong>de</strong>s<br />

von Gott um seiner selbst Willen geschaffenen<br />

Menschen in seinen persönlichen<br />

Anlagen. Die Ansammlung von Wissen<br />

und Fertigkeiten allein befähigt <strong>de</strong>n Menschen<br />

noch nicht, seinem Wesen und seiner<br />

Wür<strong>de</strong> entsprechend frei zu han<strong>de</strong>ln.<br />

Der Autor: Cbr Hans-Josef Becker (G-S), Erzbischof von Pa<strong>de</strong>rborn,<br />

Lehramtsstudium für Grund- und Hauptschulen, 1972 zweite Staatsprüfung<br />

für das Lehramt, 2000 Bischofsweihe, 2003 Ernennung zum Erzbischof.<br />

Er ist Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kommission VII (Erziehung und Schule) <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Bischofskonferenz (DBK) und Mitglied in <strong>de</strong>r Gemeinsamen Konferenz von<br />

DBK und Zentralkomitee <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Katholiken.<br />

Erst das Nach<strong>de</strong>nken, die eigene wertegebun<strong>de</strong>ne<br />

Reflexion über Wissensbestän<strong>de</strong><br />

ermöglicht es, eigene authentische Standpunkte<br />

und Haltungen zu entwickeln. Katholische<br />

Schulen legen <strong>de</strong>shalb großen<br />

Wert darauf, ihre Schülerinnen und Schüler<br />

zu solchem Reflektieren, Hinterfragen<br />

und Bewerten anzuregen.<br />

Ein zweiter Akzent Katholischer Schulen,<br />

<strong>de</strong>n ich gegenwärtig für außeror<strong>de</strong>ntlich<br />

brisant halte, besteht in <strong>de</strong>r grundlegend<br />

positiven Wertschätzung <strong>de</strong>r Eltern und ihrer<br />

Aufgabe im Rahmen <strong>de</strong>s Bildungs- und<br />

Erziehungsprozesses. Ich nehme mit Sorge<br />

wahr, dass die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Eltern für<br />

die Bildung ihrer Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeit vielfach<br />

mit pessimistischen Assoziationen verbun<strong>de</strong>n<br />

wird. So gilt es in <strong>de</strong>r an sich wichtigen<br />

und sehr zu unterstützen<strong>de</strong>n Debatte<br />

um mehr Chancengerechtigkeit im Bildungswesen<br />

inzwischen als weit ver -<br />

breiteter und nicht mehr hinterfragter<br />

Grundkonsens, dass <strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>s Elternhauses<br />

auf <strong>de</strong>n Bildungserfolg junger<br />

Menschen soziale Ungleichheit verstärke<br />

und daher ein Übel sei. Daraus wer<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />

Konsequenzen abgeleitet, die<br />

darauf zielen, <strong>de</strong>n Einfluss <strong>de</strong>r Eltern auf<br />

die Erziehung und Bildung ihrer Kin<strong>de</strong>r<br />

zu reduzieren. Konkret wer<strong>de</strong>n solche<br />

Konsequenzen etwa in <strong>de</strong>r Ganztagsschul<strong>de</strong>batte<br />

<strong>de</strong>utlich und – viel gravieren<strong>de</strong>r<br />

noch – in <strong>de</strong>r Debatte um die null- bis<br />

zweijährigen Kin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren Betreuung und<br />

Erziehung durch die Eltern von nicht wenigen<br />

ernst zu nehmen<strong>de</strong>n Politikern und<br />

Wissenschaftlern als ein „Fernhalten von<br />

Bildung“ etikettiert und ein<strong>de</strong>utig negativ<br />

bewertet wird.<br />

Foto: KNA


Zum Selbstverständnis Katholischer<br />

Schulen gehört <strong>de</strong>mgegenüber das Leitbild<br />

<strong>de</strong>r Erziehungsgemeinschaft mit <strong>de</strong>n<br />

Eltern. Dabei versteht die Schule ihre Arbeit<br />

in <strong>de</strong>r Erziehung und Bildung <strong>de</strong>r<br />

Schülerinnen und Schüler als subsidiären<br />

Dienst im Verhältnis zum primären Erziehungsauftrag<br />

<strong>de</strong>r Eltern. Die Perspektive<br />

ist somit eine an<strong>de</strong>re. Bekanntlich gibt es<br />

eine lange Tradition katholischer Internate,<br />

und nicht wenige Katholische Schulen<br />

arbeiten – mitunter seit vielen Jahrzehnten<br />

– mit hervorragen<strong>de</strong>n Ganztagsangeboten.<br />

Nicht zuletzt engagieren sich auch viele<br />

unserer Katholischen Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Betreuung <strong>de</strong>r Unter-Dreijährigen.<br />

Immer verstehen sich unsere<br />

Bildungseinrichtungen dabei aber in<br />

einer Unterstützungs- und Ergänzungsfunktion<br />

gegenüber <strong>de</strong>n Eltern. Unsere<br />

Gesellschaft begibt sich auf <strong>de</strong>n Holzweg,<br />

wenn sie familiäre und institutionelle Erziehung<br />

und Bildung gegeneinan<strong>de</strong>r ausspielt<br />

und wenn sie dabei <strong>de</strong>r Institution<br />

grundsätzlich <strong>de</strong>n Vorzug vor <strong>de</strong>r als <strong>de</strong>fizitär<br />

charakterisierten Familie gibt.<br />

Schließlich möchte ich auf einen dritten<br />

Akzent Katholischer Schulen hinweisen,<br />

<strong>de</strong>r wegen seiner zentralen Be<strong>de</strong>utung an<br />

sich vor allem An<strong>de</strong>ren hätte genannt<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, nämlich die konsequente<br />

Einbeziehung <strong>de</strong>r religiösen<br />

Dimension <strong>de</strong>s Menschen in das gesamte<br />

Erziehungs- und Bildungskonzept.<br />

Mit dieser eigentlichen differentia<br />

specifica kirchlicher Schulen hängt auch<br />

eine große Herausfor<strong>de</strong>rung zusammen,<br />

die sich uns Bischöfen und Schulträgern<br />

für die Zukunft stellt. Weil unser gesellschaftliches<br />

Umfeld zunehmend säkularer<br />

wird, kommen an unsere Schulen auch vermehrt<br />

Lehrerinnen und Lehrer, die über<br />

keine ausgeprägte kirchliche Sozialisation<br />

verfügen und wenig religiös-theologisches<br />

Vorwissen mitbringen. Deshalb wer<strong>de</strong>n<br />

wir künftig viel stärker als in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

Angebote zur religiös-theologischen<br />

Fortbildung und auch zur spirituellen<br />

Begleitung unserer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter schaffen.<br />

Während staatliche<br />

Schulen zu weltanschaulicherNeutralität<br />

verpflichtet sind,<br />

ist es <strong>de</strong>r Anspruch<br />

Katholischer Schulen,<br />

nicht nur im Religionsunter<br />

richt,<br />

son<strong>de</strong>rn im Unterricht<br />

aller Fächer und im<br />

gesamten Schulleben die<br />

Frage nach Gott wach zu<br />

halten, Gelegenheiten<br />

zur Begegnung mit<br />

Gott zu schaffen<br />

und ein Leben in<br />

Beziehung<br />

mit Gott<br />

zu för<strong>de</strong>rn.<br />

Foto: KNA<br />

D a s<br />

heißt nicht,<br />

dass nur katholische<br />

Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

eine Katholische Schule besuchen<br />

können. Son<strong>de</strong>rn es geht zunächst um eine<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Offenheit <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />

und Schüler für <strong>de</strong>n religiösen Sinn ihres<br />

Lebens – ausdrücklich im Respekt gegenüber<br />

Angehörigen an<strong>de</strong>rer Konfessionen<br />

und Religionen. Gleichzeitig wollen unsere<br />

Schulen ihren katholischen Schülerinnen<br />

und Schülern helfen, ihren eigenen<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

Wilhelm von Humboldt (1767-1835): Sein<br />

Einfluss auf die Entwicklung <strong>de</strong>r Schule im<br />

19. Jahrhun<strong>de</strong>rt war erheblich. Er vertrat einen<br />

ganzheitlichen Bildungsansatz, <strong>de</strong>r allerdings –<br />

nicht zuletzt zur Stärkung Preußens nach <strong>de</strong>r<br />

Nie<strong>de</strong>rlage gegen Napoleon – auch <strong>de</strong>utlich<br />

zweckorientiert war.<br />

Glauben besser zu verstehen und ihr<br />

Christsein zur Entfaltung zu bringen. Gera<strong>de</strong><br />

in diesem Bereich einer ganzheitlichen,<br />

die religiöse Dimension <strong>de</strong>s Menschen<br />

ausdrücklich mit einbeziehen<strong>de</strong>n<br />

Bildung leisten die Katholischen Schulen<br />

einen einzigartigen Dienst, <strong>de</strong>r an Schulen<br />

staatlicher o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rer Träger nicht <strong>de</strong>legierbar<br />

wäre.<br />

ACADEMIA 5/2012 27


Das ewige Experimentierfeld<br />

Das neue Jahrtausend begann für die<br />

<strong>de</strong>utsche Bildungspolitik mit einem<br />

Paukenschlag. Hatte man sich bislang<br />

nach außen mit einiger Selbstgefälligkeit<br />

als das Land nicht nur <strong>de</strong>r Dichter und<br />

Denker, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r Musterpädagogen<br />

präsentiert, so för<strong>de</strong>rte die PISA-Studie<br />

die ernüchtern<strong>de</strong> Erkenntnis zutage,<br />

dass sich die <strong>de</strong>utschen Schüler nur im<br />

Mittelfeld bewegten, wogegen Finnland<br />

und Japan in <strong>de</strong>n drei evaluierten Kompetenzfel<strong>de</strong>rn,<br />

Mathematik, Lesefähigkeit<br />

und Naturwissenschaften, die vor<strong>de</strong>rsten<br />

Plätze belegten. Zwar mün<strong>de</strong>te die Diskussion<br />

über das mäßige Abschnei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Schüler bald wie<strong>de</strong>r in die altbekannten<br />

Debatten über die Überlegenheit<br />

<strong>de</strong>r Gesamtschule, wie sie etwa bei <strong>de</strong>n<br />

finnischen PISA-Siegern dominiert, o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

traditionellen dreigliedrigen Schulsystems,<br />

auf das Bayern, das im bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Vergleich<br />

führen<strong>de</strong> Bun<strong>de</strong>sland, seinen Erfolg<br />

zurückführt, aber unabhängig davon setzten<br />

sich die Kultusminister <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r das Ziel,<br />

Deutschland in die PISA-Spitzengruppe zu<br />

führen. Eine sichtbare Konsequenz dieser<br />

Politik war die Definition von Bildungsstandards<br />

für die Unter- und Mittelstufe,<br />

die bun<strong>de</strong>sweite Geltung haben sollten.<br />

Blickt man zwölf Jahre nach <strong>de</strong>r ersten PI-<br />

SA-Studie auf die seither erfolgten Verbesserungen,<br />

dann sind diese nur auf <strong>de</strong>m<br />

Gebiet <strong>de</strong>r Mathematik und <strong>de</strong>r Naturwis-<br />

28 5/2012 ACADEMIA<br />

senschaften, wo sich Deutschland um zehn<br />

bzw. elf Rangplätze verbessern konnte, zu<br />

beobachten. Wesentlich geringer fällt <strong>de</strong>r<br />

Fortschritt im Bereich <strong>de</strong>r Lesefähigkeit,<br />

wo man unter 65 Teilnehmern gera<strong>de</strong> mal<br />

vom 21. auf <strong>de</strong>n 16. Rang kletterte, aus.<br />

Auch wenn man über die methodischen<br />

Unzulänglichkeiten <strong>de</strong>r PISA-Tests lange<br />

streiten kann, trifft sich dieses Ergebnis<br />

mit <strong>de</strong>n Beobachtungen vieler Lehrer. Gespannt<br />

wird man sein, wie Deutschland bei<br />

künftigen Leistungsvergleichen mit sei-<br />

nem Bildungssystem abschnei<strong>de</strong>n wird,<br />

<strong>de</strong>nn inzwischen wur<strong>de</strong> die gymnasiale<br />

Schulzeit in <strong>de</strong>n meisten Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />

um ein Jahr verkürzt. Der Grund dafür<br />

liegt sicher nicht darin, dass man angesichts<br />

eines wenig effizienten Schulsystems<br />

meinte, <strong>de</strong>n Gymnasiasten ein weiteres<br />

Schuljahr guten Gewissens ersparen zu<br />

können. Vielmehr ist die Verkürzung ebenso<br />

wie <strong>de</strong>r Wegfall <strong>de</strong>r Wehrpflicht und die<br />

Einführung <strong>de</strong>s dreijährigen BA-Studiums<br />

eine Folge <strong>de</strong>s <strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>ls,<br />

<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r einen Seite einen früheren Berufseintritt,<br />

auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren eine längere<br />

Lebensarbeitszeit erfor<strong>de</strong>rt. In <strong>de</strong>r Politik<br />

wird fast einhellig die Überzeugung vertreten,<br />

eine Gesellschaft könne es sich<br />

nicht leisten, ihre Elite erst nach 13 Schuljahren,<br />

neun Monaten Wehrpflicht und einem<br />

neun- bis zwölfsemestrigen Studium<br />

im Alter von 25 Jahren in die Berufstätigkeit<br />

zu entlassen. Demgegenüber sollen<br />

nun die Gymnasiastengenerationen mit 17<br />

zum Abitur und mit 20/21 Jahren zum ersten<br />

Studienabschluss geführt wer<strong>de</strong>n. Nur <strong>de</strong>n<br />

besten BA-Absolventen steht noch ein<br />

zweijähriges Master-Studium offen.<br />

So attraktiv eine solche Vorstellung für <strong>de</strong>n<br />

auf möglichst viele Steuerzahler angewiesenen<br />

Staat und die Rentenversicherungsträger<br />

auch sein mag – die künftigen<br />

Berufsanfänger wer<strong>de</strong>n nur dann <strong>de</strong>n<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen in immer anspruchsvolle-<br />

Mit <strong>de</strong>r Bildungsreform in <strong>de</strong>n<br />

Zur „Hochschulreife“ von Schulabsolventen von Prof. Dr. Gerhard Wolf<br />

Der Autor: Prof. Dr. Gerhard Wolf ist Germanistikprofessor an <strong>de</strong>r Universität<br />

Bayreuth. Er war von 2008 bis 2012 <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Philosophischen<br />

Fakultätentages, <strong>de</strong>r fächerübergreifen<strong>de</strong>n hochschulpolitischen<br />

Vertretung <strong>de</strong>r Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften an 62 <strong>de</strong>utschen<br />

Universitäten.<br />

ren Berufsfel<strong>de</strong>rn gerecht, wenn sie zuvor<br />

in Schule und Universität eine Ausbildung<br />

erhalten haben, die sie genau für dieses<br />

Berufsleben befähigt. Zwar soll gar nicht in<br />

Abre<strong>de</strong> gestellt wer<strong>de</strong>n, dass etwa ein Fünftel<br />

<strong>de</strong>r Gymnasiasten nur acht Jahre für die<br />

Erlangung <strong>de</strong>r Studierfähigkeit benötigt,<br />

aber es zeichnet sich nach <strong>de</strong>n ersten Erfahrungen<br />

mit <strong>de</strong>n neuen G8-Abiturienten<br />

bereits ab, dass das 13. Schuljahr doch<br />

nicht so verzichtbar war, wie von <strong>de</strong>r Bildungspolitik<br />

immer behauptet. Es ist noch<br />

völlig offen, wer die bei <strong>de</strong>n Abiturienten<br />

durch die Verkürzung <strong>de</strong>r Schulzeit entstan<strong>de</strong>nen<br />

Defizite kompensieren soll. Die<br />

Universitäten fühlen sich nicht zuständig,<br />

und als Konsequenz droht – wie in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften<br />

jetzt schon zu beobachten<br />

ist – eine allgemeine Zunahme <strong>de</strong>r<br />

Zahl <strong>de</strong>r Studienabbrecher. Auch ist das<br />

Lehrpersonal an <strong>de</strong>n Universitäten in <strong>de</strong>r<br />

Regel nicht auf 17jährige Studieren<strong>de</strong> eingestellt,<br />

die aus einem Schulsystem kommen,<br />

das, ihnen Schwierigkeiten meistens<br />

aus <strong>de</strong>m Weg räumend, ihre Selbstverantwortung<br />

wenig, ihre Infantilisierung umso<br />

mehr begünstigte. Ob die Universitäten<br />

künftig mehr Wert auf die Lehre legen, ist<br />

fraglich, <strong>de</strong>nn in Zeiten einer fortschreiten<strong>de</strong>n<br />

Ökonomisierung ist für sie die Investition<br />

in die Ein<strong>werbung</strong> von Drittmitteln<br />

das wesentlich lukrativere Geschäft.


Das Abitur: bis heute weithin die Eintrittskarte<br />

für die höhere Bildung. Insbeson<strong>de</strong>re die<br />

Wo chen vor und während <strong>de</strong>r Examina<br />

bleiben in Erinnerung, manchmal gibt es auch<br />

Kuriosa dabei (siehe im Bild unten).<br />

Bildungsnotstand?<br />

Man wird aus <strong>de</strong>r PISA-Studie, die ja die<br />

Altersstufe <strong>de</strong>r 15jährigen erfasste, nicht<br />

leichthin auf eine mangelhafte Studierfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r Abiturienten schließen dürfen,<br />

aber die <strong>de</strong>utschen Bildungspolitiker<br />

scheinen diese Korrelation zu befürchten.<br />

Zumin<strong>de</strong>st erklärt sich so <strong>de</strong>r Beschluss<br />

<strong>de</strong>r Kultusministerkonferenz (KMK) aus<br />

<strong>de</strong>m Jahr 2007, neben <strong>de</strong>n existieren<strong>de</strong>n<br />

Bildungsstandards für <strong>de</strong>n Primarbereich<br />

auch bun<strong>de</strong>sweite Standards für die Allgemeine<br />

Hochschulreife in Deutsch, Mathematik,<br />

Englisch und Französisch erstellen<br />

zu lassen. In <strong>de</strong>r damit beauftragten Kommission<br />

sitzen neben Erziehungswissenschaftlern<br />

und Didaktikern auch Fachwissenschaftler,<br />

die jenes Bildungsniveau<br />

<strong>de</strong>finieren, das mit <strong>de</strong>m Abitur erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n muss und das heute für die Aufnahme<br />

eines erfolgreichen BA-Studiums<br />

die Voraussetzung ist.<br />

Die Initiative <strong>de</strong>r KMK war im Dezember<br />

2011 für <strong>de</strong>n Philosophischen Fakultätentag<br />

(PhFT) <strong>de</strong>r Anlass, sich mit einer Umfrage<br />

an seine Delegierten zu wen<strong>de</strong>n. Im<br />

Einzelnen sollte die Studierfähigkeit <strong>de</strong>r<br />

Abiturienten eingeschätzt, bestehen<strong>de</strong> Defizite<br />

benannt sowie Vorschläge für geeignete<br />

Maßnahmen zur Verbesserung <strong>de</strong>r Situation<br />

gemacht wer<strong>de</strong>n. Die Ergebnisse<br />

lassen sich folgen<strong>de</strong>rmaßen zusammen-<br />

fassen: In erster Linie wur<strong>de</strong> ein <strong>de</strong>utlicher<br />

Rückgang in <strong>de</strong>r Sprach-, Lese- und<br />

Schreibkompetenz <strong>de</strong>r Abiturienten festgestellt,<br />

wobei <strong>de</strong>ren Schwächen im Bereich<br />

<strong>de</strong>r Rechtschreibung, Zeichensetzung<br />

und Grammatik zunähmen, die<br />

Deutlicher Rückgang<br />

<strong>de</strong>r Sprach-, Lese-<br />

und Schreibkompetenz<br />

<strong>de</strong>r Abiturienten<br />

sprachliche Varianz in Wortschatz, Grammatik<br />

und Stil hingegen abnähme. Die unmittelbare<br />

Folge davon sei eine allgemein<br />

zu beobachten<strong>de</strong> Schwierigkeit <strong>de</strong>r Studienanfänger,<br />

die argumentative Struktur<br />

längerer Texte zu erfassen sowie Probleme<br />

und Wi<strong>de</strong>rsprüche in ihnen zu erkennen.<br />

Daraus resultierten das wachsen<strong>de</strong> Unvermögen<br />

zur Abfassung eigener Stellungnahmen<br />

bzw. zur Unterscheidung zwischen<br />

begrün<strong>de</strong>ter Stellungnahme und<br />

beliebiger Meinungsäußerung. Nach Meinung<br />

<strong>de</strong>r Befragten brächten die Abiturienten<br />

auch immer weniger die Befähigung<br />

zum eigenständigen Arbeiten und<br />

Das ewige Experimentierfeld<br />

zum kritischen Argumentieren mit. Dies<br />

schlage sich vorrangig in schriftlichen Seminararbeiten<br />

nie<strong>de</strong>r, wo Studieren<strong>de</strong> oftmals<br />

über lange Passagen hinweg die Sekundärliteratur<br />

zwar korrekt zitierten,<br />

<strong>de</strong>ren Inhalte aber eher schlecht als recht<br />

mit eigenen Worten zusammenfassen<br />

o<strong>de</strong>r sich ar-<br />

gumentativ nur unzureichend<br />

damit auseinan<strong>de</strong>rsetzen<br />

könnten. Dies drücke sich<br />

schon optisch darin aus, dass<br />

längeren Textzitaten oft nur<br />

kurze eigenständige Kommentarpassagen<br />

folgten, in<br />

<strong>de</strong>nen bestenfalls eine emphatischeMeinungsäußerung,<br />

aber keine Argumente enthalten<br />

seien. In diesem Kontext ist auch die Beobachtung<br />

anzusie<strong>de</strong>ln, dass das kritische<br />

Bewusstsein im Umgang mit Internetquellen<br />

weitgehend fehlt. Komplementär dazu<br />

fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n Seminararbeiten die<br />

oberflächliche Übernahme von Fachjargons,<br />

<strong>de</strong>ren Be<strong>de</strong>utung nicht erkannt, geschweige<br />

<strong>de</strong>nn kritisch hinterfragt wird.<br />

Im Bereich von Grammatik und Syntax<br />

wer<strong>de</strong> mitunter die differenzielle Be<strong>de</strong>utung<br />

von Präpositionen und Konjunktionen<br />

nicht registriert, wobei es häufig zu missverständlichen<br />

Aussagen käme. Darauf ange-<br />

ACADEMIA 5/2012 29


Das ewige Experimentierfeld<br />

sprochen, fehle <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n dann je<strong>de</strong>s<br />

Mängelbewusstsein. Offenbar sei heute<br />

nicht nur „<strong>de</strong>r Dativ <strong>de</strong>m Genitiv sein Tod“<br />

(Bastian Sick), son<strong>de</strong>rn selbst die Unterscheidung<br />

von Dativ und Akkusativ wer<strong>de</strong><br />

nicht mehr beherrscht. Auch die korrekte<br />

Verbkonjugation („er weißte“) o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Unterschied zwischen Indikativ und Konjunktiv<br />

gehöre bei einigen Studieren<strong>de</strong>n nicht<br />

mehr zum Allgemeinwissen. Sofern sich bei<br />

<strong>de</strong>n schriftlichen Arbeiten die Studieren<strong>de</strong>n<br />

eines Rechtschreib-Korrekturprogrammes<br />

bedienten, hielten sich zwar die Orthographiefehler<br />

in Grenzen, aber Klausuren zeigten,<br />

wie wenig sattelfest hier viele sind.<br />

Bei <strong>de</strong>n meisten Studieren<strong>de</strong>n bestün<strong>de</strong><br />

zu<strong>de</strong>m eine grundsätzliche Unsicherheit<br />

hinsichtlich <strong>de</strong>r korrekten Interpunktion.<br />

Beobachtet wur<strong>de</strong>n ferner eine mangeln<strong>de</strong><br />

Fähigkeit, in Vorlesungen das Gehörte<br />

sinnvoll mitzuschreiben bzw. Texte mit<br />

Verstand zu exzerpieren o<strong>de</strong>r sie zusammenzufassen.<br />

Es sei darüber hinaus<br />

Seminarerfahrung, dass trotz <strong>de</strong>r fundamentalen<br />

Erleichterung <strong>de</strong>r Literaturrecherche<br />

durch die elektronischen Medien<br />

die jeweiligen Texte we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Bibliothek<br />

noch als Digitalisate gelesen wer<strong>de</strong>n.<br />

In das Bild einer gewissen stu<strong>de</strong>ntischen<br />

Unbedarftheit passt es, dass viele <strong>de</strong>r befragten<br />

Delegierten das mangelhafte Wissen<br />

auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Allgemeinbildung<br />

beklagen. Kritisiert wur<strong>de</strong>n etwa ungenügen<strong>de</strong><br />

Kenntnisse auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Geschichte, <strong>de</strong>r Literatur- und<br />

Kunstgeschichte, <strong>de</strong>r Musik o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r<br />

Mathematik. Ein Grund dafür wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

heute gängigen Re<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r geringen<br />

„Halbwertzeit“ <strong>de</strong>s Wissens gesehen. Nun<br />

mag es zwar durchaus sein, dass in manchen<br />

Bereichen das Wissen schnell veraltet,<br />

aber dies trifft sicher nicht auf die Frage<br />

zu, in welchem Jahrhun<strong>de</strong>rt Goethe<br />

gelebt, <strong>de</strong>r Zweite Weltkrieg stattgefun<strong>de</strong>n<br />

hat o<strong>de</strong>r welche Be<strong>de</strong>utung Pfingsten hat.<br />

Wenn Studieren<strong>de</strong> meinen, sie müssten<br />

sich mit <strong>de</strong>rartigen Kenntnissen nicht das<br />

Gedächtnis belasten, weil eine Antwort<br />

mit einigen Klicks im Internet erreichbar<br />

sei, dann offenbaren sie nicht nur ein mangelhaftes<br />

Wissen über die Funktion <strong>de</strong>s<br />

Gedächtnisses, son<strong>de</strong>rn übersehen die soziale<br />

Be<strong>de</strong>utung eines fundierten Allgemeinwissens.<br />

Zwar wird man nicht <strong>de</strong>r zusammenhanglosen<br />

Faktenhuberei das<br />

Wort re<strong>de</strong>n wollen, aber die angeblich geringe<br />

Halbwertzeit <strong>de</strong>s Wissens entpuppt<br />

sich bei näherem Hinsehen als wohlfeile<br />

Ausre<strong>de</strong> für Desinteresse o<strong>de</strong>r Faulheit.<br />

Schließlich beklagen die befragten Kolleginnen<br />

und Kollegen eine geringere Leistungsbereitschaft<br />

und ein nachlassen<strong>de</strong>s<br />

Interesse <strong>de</strong>r Abiturienten an <strong>de</strong>n Fachge -<br />

genstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r von ihnen studierten Fächer.<br />

Viel wich -<br />

tiger sei es<br />

Immer weniger Befähigung<br />

zum kritischen Argumentieren<br />

30 5/2012 ACADEMIA<br />

ihnen, mit<br />

e i n e m<br />

Minimum<br />

a n A u f -<br />

wand ein<br />

Optimum bei <strong>de</strong>n Zensuren zu erreichen.<br />

Die Anfangssemester seien zu<strong>de</strong>m vom<br />

Gymnasium eine großzügige Benotung<br />

gewöhnt und hätten von dort <strong>de</strong>n Eindruck<br />

mitgenommen, Performanz sei wichtiger als<br />

Kompetenz. Diese Entwicklung könne<br />

man freilich <strong>de</strong>n Abiturienten – so betonten<br />

einige Kollegen – kaum anlasten, weil das<br />

Gymnasium letztlich nur ein Spiegelbild<br />

<strong>de</strong>r Gesellschaft sei und man angesichts<br />

einer zunehmen<strong>de</strong>n Fehlertoleranz in <strong>de</strong>r<br />

Öffentlichkeit noch über das aus diesem<br />

Blickwinkel doch erstaunliche Leistungspotenzial<br />

<strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n froh sein könne.<br />

Es wäre in diesem Zusammenhang einmal<br />

interessant zu prüfen, inwiefern etwa die<br />

<strong>de</strong>saströse Entwicklung um <strong>de</strong>n neuen<br />

Großflughafen in Berlin mit einem allgemeinen<br />

Sorgfalts<strong>de</strong>fizit und nachlassen<strong>de</strong>r<br />

Lese- und Schreibkompetenz zu tun hat.<br />

Dementsprechend betreffen die dargestellten<br />

Probleme nicht nur die Geisteswissenschaften.<br />

Wie sich aus <strong>de</strong>r großen Resonanz<br />

auf die Umfrage an <strong>de</strong>n PhFT gezeigt<br />

hat, kämpfen auch Ingenieurwissenschaften,<br />

Juristen und Mediziner mit <strong>de</strong>n Folgen<br />

zurückgehen<strong>de</strong>r Sprach-, Lese- und<br />

Schreibkompetenz. Bei <strong>de</strong>n Medizinern<br />

überlegt man sich beispielsweise, welche<br />

Konsequenzen eine mangelhafte Sprach-<br />

und Schreibkompetenz auf das Arzt-Patienten-Gespräch<br />

o<strong>de</strong>r die Erstellung von<br />

Arztberichten haben könnte.<br />

Welche Konsequenzen sind nun aus <strong>de</strong>n<br />

Umfrageergebnissen zu ziehen? Zunächst<br />

muss in <strong>de</strong>r gymnasialen Oberstufe mehr<br />

Wert auf die Vermittlung von Grammatik<br />

und Syntax gelegt wer<strong>de</strong>n und müssen diese<br />

Kompetenzen im für alle verbindlichen<br />

Abiturfach Deutsch abgeprüft wer<strong>de</strong>n.<br />

Nur dann wer<strong>de</strong>n sich die Abiturienten<br />

entsprechend vorbereiten. Die Universitäten<br />

ihrerseits wer<strong>de</strong>n nicht umhin kommen,<br />

fehlen<strong>de</strong> Studienkompetenzen<br />

mittels eines ein- bis zweisemestrigen<br />

Orientierungs- o<strong>de</strong>r Vorschaltstudiums zu<br />

kompensieren. Die gesetzlichen Voraussetzungen<br />

dafür gibt es, und an einigen<br />

Universitäten wird intensiv über solche<br />

Formen nachgedacht. Das be<strong>de</strong>utet nicht,<br />

dass das 13. Schuljahr nun an die Universitäten<br />

verlagert wird, vielmehr können<br />

sich die Studienanfänger hier auch darüber<br />

klar wer<strong>de</strong>n, ob das von ihnen angezielte<br />

Fach ihren Begabungen entspricht.<br />

Es ist längst gesellschaftlicher Konsens,<br />

dass die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands<br />

von Bildung und Ausbildung seiner<br />

Bürger abhängt, und es bedarf keiner weiteren<br />

Diskussion, dass die Beherrschung<br />

<strong>de</strong>r Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz<br />

hier Grundlagenfunktion hat. Wahrscheinlich<br />

ist in Folge <strong>de</strong>r digitalen Revolution<br />

diese Erkenntnis etwas in <strong>de</strong>n Hintergrund<br />

geraten, aber wie die Initiative <strong>de</strong>r KMK<br />

zur Definition und Durchsetzung allgemeiner<br />

Abiturstandards zeigt, soll diese<br />

Fehlentwicklung korrigiert wer<strong>de</strong>n. Auch<br />

die Flexibilisierung <strong>de</strong>r Schullaufbahn in<br />

manchen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn, die künftig wie<strong>de</strong>r<br />

einen Abiturabschluss nach neun Jahren<br />

ermöglicht, zeigt, dass man sich hier<br />

allmählich von <strong>de</strong>m Fetisch einer Turboausbildung<br />

abzukehren beginnt. Da in <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>utschen Bildungsgeschichte auf Phasen<br />

<strong>de</strong>r „Erleichterungspädagogik“ auch solche<br />

folgten, in <strong>de</strong>nen man wie<strong>de</strong>r vermehrt nach<br />

<strong>de</strong>m eigentlichen Zweck <strong>de</strong>r Bildung fragte<br />

und Standards formulierte und durchsetzte,<br />

besteht begrün<strong>de</strong>te Hoffnung, dass auch<br />

die Beherrschung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache und<br />

die Vermittlung einer soli<strong>de</strong>n Allgemeinbildung<br />

wie<strong>de</strong>r mehr ins Zentrum <strong>de</strong>r gesellschaftlichen<br />

Diskussion rücken wer<strong>de</strong>n.


ANSICHTSSACHE<br />

Cartellbrü<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>ner Berufe und Lebensalter beziehen<br />

in dieser Reihe zu verschie<strong>de</strong>nen selbstgewählten und<br />

zeit aktuellen Themen Stellung. In dieser Ausgabe tut dies<br />

Cbr Stefan Lütkecosmann v/o Dino (Sx).<br />

Mathematik schult <strong>de</strong>n analytischen Blick auf die Welt<br />

Es gibt wohl kein Schulfach, das die Schüler aller Generationen so sehr in zwei<br />

Lager geteilt hat und nach wie vor teilt, wie das Fach Mathematik – nämlich in die<br />

„Mathekönner“ und die „Mathehasser“. Ersteren scheint <strong>de</strong>r zu lernen<strong>de</strong> Stoff gera<strong>de</strong><br />

so zuzufliegen, sie müssen offenbar nicht viel für ihren Erfolg tun und können sich<br />

sogar – für Zweitere völlig unbegreiflich – für mathematische Sachverhalte begeistern.<br />

„Mathehasser“ führen ihren Misserfolg in <strong>de</strong>r Regel darauf zurück, dass sie von<br />

ihren Erbanlagen her schon nicht dafür geschaffen sind, Mathematik zu verstehen und<br />

für sie daher jedwe<strong>de</strong> Bemühung in diese Richtung bereits vergeblich scheint. Diese<br />

Selbstdiagnose wird nicht selten auch noch von Eltern bestätigt und geför<strong>de</strong>rt: „Ach<br />

wissen Sie, Mathe konnte bei uns noch nie jemand. Das liegt bei uns in <strong>de</strong>r Familie.“<br />

Diese Darstellung ist zwar etwas überspitzt, die beschriebenen Grundzüge wer<strong>de</strong>n<br />

aber durch die Lehr-Lern-Forschung bestätigt. Der sogenannte Matthäus-Effekt (frei<br />

nach Mt 25,29: „Denn wer hat, <strong>de</strong>m wird gegeben“) besagt, dass Schüler mit Vorwissen<br />

einen besseren Nutzen aus <strong>de</strong>n im Unterricht bereitgestellten Lernmöglichkeiten<br />

ziehen können als Schüler ohne Vorwissen, und so die Schere zwischen Leistungsstarken<br />

und Leistungsschwachen im Laufe <strong>de</strong>r Schullaufbahn weiter und weiter<br />

auseinan<strong>de</strong>rgeht. Gera<strong>de</strong> im Mathematikunterricht, <strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r an zuvor Gelerntes<br />

anknüpft, ist dieser Effekt sehr ausgeprägt.<br />

Der Mathematiklehrer steht vor <strong>de</strong>r Aufgabe, einen Unterricht zu gestalten, <strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>rs<br />

auf individuelle För<strong>de</strong>rung eines je<strong>de</strong>n Schülers setzt, die Leis tungsschwachen<br />

mit Geduld und Verständnis für ihre Situation zu motivieren und zu Erfolgserlebnissen<br />

zu führen, ohne die Leistungsstarken auszubremsen, und gleichzeitig <strong>de</strong>n Leistungsstarken<br />

Möglichkeiten zur Entfaltung und Vertiefung zu geben, ohne die Leistungsschwachen<br />

zu verlieren. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die, sofern erfolgreich, äußerst<br />

erfüllend sein kann. Dass Rahmenbedingungen wie große Lerngruppen diese Aufgabe<br />

erschweren, kann man sich vorstellen. Aber auch Reformen in <strong>de</strong>r Schulentwicklung<br />

können in Verbindung mit Symptomen unserer mo<strong>de</strong>rnen Leistungsgesellschaft<br />

die Ergebnisse (nicht nur) <strong>de</strong>s Mathematikunterrichts beeinträchtigen.<br />

Die für Deutschland teilweise verheeren<strong>de</strong>n Ergebnisse <strong>de</strong>r Schulleistungsstudien wie<br />

zum Beispiel PISA und TIMMS haben Politik und Forschung dazu veranlasst, im Bildungsbereich<br />

neue Wege zu gehen. Die Formulierung von Kernkompetenzen und Lern -<br />

standards ermöglicht es jetzt, genauer zu überprüfen, ob die gefor<strong>de</strong>rten Lernziele<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n, und die Ergebnisse bun<strong>de</strong>sweit zu vergleichen. Es hat sich also ein<br />

Paradigmenwechsel vollzogen, von <strong>de</strong>r Inputorientierung (was soll gelehrt wer<strong>de</strong>n?)<br />

hin zur Outputorientierung (was soll am En<strong>de</strong> gekonnt wer<strong>de</strong>n?). Mittel <strong>de</strong>r Ergebnisüberprüfung<br />

sind dabei die standardisierten Tests und Vergleichsarbeiten sowie das<br />

Zentralabitur, das mittlerweile auch in einigen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn eingeführt wur<strong>de</strong>. Für die<br />

Erfolgskontrolle <strong>de</strong>s Prozesses <strong>de</strong>r Schulentwicklung sind diese Tests unentbehrlich.<br />

Dieser beson<strong>de</strong>re Fokus auf die Klassenarbeiten und Klausuren birgt aber eine Gefahr:<br />

Der oben genannten Outputorientierung <strong>de</strong>r Schulentwicklung steht auf Schüler- und<br />

Elternseite heute mehr <strong>de</strong>nn je eine an<strong>de</strong>re Outputorientierung gegenüber, ich nenne<br />

Foto: privat<br />

sie an dieser Stelle „Ergebnisorientierung“. Wichtiger als die in <strong>de</strong>r Schullaufbahn<br />

erlangten Kompetenzen scheinen heute die erreichten Noten zu sein, da diese <strong>de</strong>n Zugang<br />

zu erfolgsversprechen<strong>de</strong>n Ausbildungs- und Studienplätzen ermöglichen, aber<br />

auch verwehren können. Das hat zur Folge, dass bei vielen Schülern, oft unterstützt<br />

durch die Eltern, das Lernen nicht mehr als ein nachhaltiges Erlangen von Kompetenzen<br />

verstan<strong>de</strong>n wird, son<strong>de</strong>rn als ein auf <strong>de</strong>n Zeitraum kurz vor <strong>de</strong>r Klausur beschränktes<br />

intensives Training, das dazu führen soll, dass man zum richtigen Zeitpunkt möglichst<br />

gut über die vorgesetzte Hür<strong>de</strong> springt. Auch Lehrer laufen Gefahr, dieser falschen „Outputorientierung“<br />

zu folgen und ihren Unterricht ausschließlich auf die nächste Klassenarbeit<br />

o<strong>de</strong>r Klausur hin auszurichten (bekannt als „teaching-to-the-test“). Das suggeriert<br />

doch, dass das für die Arbeit gelernte danach keine Relevanz mehr hat. Es erschließt<br />

sich von selbst, dass ein nur auf einen Zeitpunkt ausgerichtetes Lernen gera<strong>de</strong> im Fach<br />

Mathematik fatal ist und <strong>de</strong>n oben genannten Matthäus-Effekt weiter verstärkt.<br />

Auch die Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre bis zum Abitur kann diesen Effekt<br />

noch verstärken, in<strong>de</strong>m sie <strong>de</strong>n Leistungsdruck <strong>de</strong>r Schüler erhöht. Wir müssen<br />

achtgeben, dass das erfolgreiche <strong>de</strong>utsche Bildungssystem nicht durch eine Reduzierung<br />

auf persönliche o<strong>de</strong>r gesellschaftlich wirtschaftliche Interessen an Effektivität<br />

einbüßt. Das Lernen darf nicht bloß auf <strong>de</strong>n kurzfristigen Erfolg ausgerichtet sein,<br />

son<strong>de</strong>rn muss nachhaltig sein.<br />

Ich sehe das Prinzip scientia unseres Cartellverban<strong>de</strong>s sehr eng mit <strong>de</strong>m humanistischen<br />

Bildungsbegriff verbun<strong>de</strong>n. Unser Verband und unsere Verbindungen folgen<br />

also einem Bildungsi<strong>de</strong>al, das nicht nur die Befähigung eines einzelnen für einen<br />

bestimmten Beruf verfolgt, son<strong>de</strong>rn ihn zu einem wertvollen und mitgestalten<strong>de</strong>n<br />

Mitglied <strong>de</strong>r Gesellschaft machen will. Das Fach Mathematik ist in diesem Zusammenhang<br />

nicht nur ein Werkzeug, <strong>de</strong>ssen sich an<strong>de</strong>re wissenschaftliche Disziplinen<br />

bedienen, son<strong>de</strong>rn die Beschäftigung damit schult <strong>de</strong>n analytischen Blick auf<br />

die Welt. Wo dieser Blick mangels Kompetenz fehlt, kann es schwerwiegen<strong>de</strong> Folgen<br />

haben. 1 Der Mathematiklehrer hat also die Aufgabe, seinen Schülern diesen beson<strong>de</strong>ren<br />

Blick zu eröffnen und nachhaltig zu schärfen.<br />

Der Autor: Stefan Lütkecosmann v/o<br />

Dino (Sx), geboren 1982, recipiert WS 2003/<br />

2004, 2003 bis 2009 Studium <strong>de</strong>r Mathematik<br />

und <strong>de</strong>r Katholischen Theo l o gie auf Lehramt<br />

für Gymnasien und Gesamtschulen an <strong>de</strong>r<br />

WWU Münster, 2006/2007 VOP, 2009 bis<br />

2011 Refe rendariat am Freiherr-vom-Stein-<br />

Gymnasium in Recklinghausen. Seit 2011<br />

Studienrat am Schillergymnasium in Münster.<br />

1 Vgl. <strong>de</strong>n Vortrag <strong>de</strong>s Phyikers Prof. A. A. Bartlett (http://www.youtube.com/watch?v=umFnrvcS6AQ).<br />

ACADEMIA 5/2012 31


Cartellverband<br />

Vom Veilchen übers Kreuz zum Spinat<br />

Immer wie<strong>de</strong>r interessant ist es zu erfahren,<br />

welche Wirkung die CV-Na<strong>de</strong>l hervorruft<br />

– im Sinne <strong>de</strong>r Erkennbarkeit, <strong>de</strong>s<br />

Farbe-Bekennens. Ich habe dies wie<strong>de</strong>rholte<br />

Male erfreulich erfahren. Als ich vernahm,<br />

dass für ACADEMIA ein Artikel über <strong>de</strong>n<br />

grünen Anstecker (mit <strong>de</strong>m merkwürdigen<br />

„Vulgo“ „Spinatfleck“) geplant sei, war zu -<br />

nächst unklar, wie dies möglich sein könnte.<br />

Nach einiger Recherche stellte sich heraus,<br />

dass dieses Thema <strong>de</strong>n Umfang eines<br />

üblichen Artikels weit überschreitet. Ausführlicher<br />

soll es daher in <strong>de</strong>r Festschrift<br />

„125 Jahre ACADEMIA“ (siehe Seite 35)<br />

behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n. Daher die Beschränkung<br />

auf einige wenige Eckpunkte <strong>de</strong>r<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Na<strong>de</strong>l. Durch Hilfe von<br />

Bbr Alfons Brandl (Ae), <strong>de</strong>r mit bewun<strong>de</strong>rnswerter<br />

Geduld und Eifer 45 Jahrgänge<br />

ACADEMIA durchforstet hat, ist es<br />

möglich, einen kurzen Abriss <strong>de</strong>r Entstehung<br />

zu geben – durchaus kurzweilig:<br />

Es gibt, um damit gleich zu beginnen, eine<br />

bedauernswerte Lücke: Über die tatsächliche,<br />

im CV-Handbuch genannte Einführung <strong>de</strong>r<br />

heutigen Form <strong>de</strong>s „Spinatflecks“ schweigt<br />

selbst ACADEMIA und lässt nur durch einige<br />

Randbemerkungen die Einführung auf<br />

<strong>de</strong>r C.V. unter <strong>de</strong>m Vorort Winfridiae er -<br />

ahnen. Das Thema CV-Na<strong>de</strong>l bzw. CV-Erkennungszeichen<br />

war ein Dauerbrenner in<br />

mehr als 100 Jahren ACADEMIA. Die erste<br />

Quelle hierzu befin<strong>de</strong>t sich in einer Ausgabe<br />

vom 13. Januar 1892. Hier heißt es: „Bei<br />

<strong>de</strong>r großen und stetig wachsen<strong>de</strong>n Zahl <strong>de</strong>r<br />

Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s C.V. ist es <strong>de</strong>m einzelnen<br />

schon längst nicht mehr möglich, die übrigen<br />

auch nur <strong>de</strong>m Namen nach zu kennen.<br />

[…] Die Be<strong>de</strong>utung eines alle Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s kennzeichnen<strong>de</strong>n Abzeichens<br />

ist von an<strong>de</strong>ren Corporationsverbän<strong>de</strong>n<br />

schon vor geraumer Zeit erkannt<br />

und gewürdigt wor<strong>de</strong>n!“ Bereits<br />

in diesem als erste Quelle bekannten<br />

Text wird neben an<strong>de</strong>ren Vorschlägen<br />

die Form einer Vorsteckna<strong>de</strong>l an <strong>de</strong>r<br />

Krawatte, gemäß <strong>de</strong>r damaligen Mo<strong>de</strong>,<br />

als Zeichen in Erwägung gezogen. Der<br />

Verfasser, ein gewisser Cbr Alba, spricht<br />

sich in <strong>de</strong>r Gestaltung für die Stilisierung<br />

eines Veilchens aus, da er diese Blume als<br />

äußerst geeignet ansieht; die Beweggrün<strong>de</strong><br />

dafür sind recht schleierhaft. Ein weiterer<br />

Cartellbru<strong>de</strong>r schlägt in <strong>de</strong>r unmittel-<br />

32 5/2012 ACADEMIA<br />

bar folgen<strong>de</strong>n Ausgabe <strong>de</strong>r ACADEMIA<br />

einen „Strauß Vergissmeinnicht mit 21<br />

Blüten, für die 21 Cartellverbindungen,<br />

sowie drei Stengeln für die drei Prinzipien<br />

und die drei Län<strong>de</strong>r Deutschland, Österreich<br />

und Schweiz“ vor, gibt allerdings sogleich<br />

zu be<strong>de</strong>nken, dass das Zeichen immer wie<strong>de</strong>r<br />

geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n müsse, sollten sich<br />

neue Verbindungen <strong>de</strong>m Verband anschließen.<br />

Man sollte dankbar sein, dass dieser<br />

Vorschlag nicht verwirklicht wur<strong>de</strong>: eine<br />

Ansteckna<strong>de</strong>l mit 126 Blüten?<br />

Schon eher mit <strong>de</strong>r heutigen Form vergleichbar<br />

ist ein Vorschlag, <strong>de</strong>r 1895 erwähnt wird:<br />

ein Or<strong>de</strong>nskreuz, das die or<strong>de</strong>nsartige Verfassung<br />

<strong>de</strong>r Cartellverbindungen sowie <strong>de</strong>ren<br />

Katholizitätsprinzip wie<strong>de</strong>rgibt. Man hat<br />

diesen Vorschlag in zweierlei Gestalt aufgenommen,<br />

nämlich als Vorsteckna<strong>de</strong>l für<br />

die Krawatte sowie auch als Anhänger für die<br />

Uhrenkette. Dieser Vorschlag wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r<br />

C.V. in Köln 1894 bereits unter Beifall vorgestellt<br />

und ist 1895 in München als eigener<br />

Tagesordnungspunkt protokolliert wor<strong>de</strong>n.<br />

1901 wird im 13. Jahrgang <strong>de</strong>r ACADEMIA<br />

(Nr. 10) das nun geplante „Cartellerkennungszeichen“<br />

vorgestellt. Es han<strong>de</strong>lte sich um<br />

eine silberne, auf Wunsch auch gol<strong>de</strong>ne Na -<br />

<strong>de</strong>l in Kreuzform mit einem grün emaillierten<br />

Lorbeerkranz, in <strong>de</strong>ssen Mitte die Buch -<br />

staben „C“ und „V“ ineinan<strong>de</strong>r geschrie ben<br />

zu er kennen waren. Eine Ähnlichkeit <strong>de</strong>r<br />

Form hierzu<br />

fin <strong>de</strong>t<br />

man heute noch auf<br />

<strong>de</strong>m Banner <strong>de</strong>s Scholaren<br />

im CV-Wappen. Warum<br />

die Na<strong>de</strong>l verbindlich<br />

erst 1924 auf <strong>de</strong>r Cartellversammlung<br />

in Münster eingeführt wur<strong>de</strong>?<br />

Über die Grün<strong>de</strong> darf ein wenig spekuliert<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Quellen schweigen<br />

hierzu. Der dazwischen liegen<strong>de</strong><br />

Erste Weltkrieg dürfte dazu beigetragen<br />

haben. In diesem Zusammenhang<br />

ist ein 1918 entworfenes CV-<br />

Kriegs abzeichen zu erwähnen,<br />

welches man im Fel<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Uniform<br />

tragen sollte: eine schlichte<br />

Na<strong>de</strong>l mit einem „C“ und einem<br />

„V“ auf einem quadratischen Grund. O<strong>de</strong>r<br />

war es <strong>de</strong>r energische Wi<strong>de</strong>rspruch eines<br />

Cartellbru<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>r sich in einem offenen<br />

Brief in <strong>de</strong>r ACADEMIA an <strong>de</strong>n Schöpfer<br />

<strong>de</strong>r Na<strong>de</strong>l wen<strong>de</strong>t und lauthals beklagt,<br />

dass er für eine Vorsteckna<strong>de</strong>l keinen Ort<br />

zum Anbringen fän<strong>de</strong>, da er als Geistlicher<br />

schließlich keine Krawatten besäße und an<br />

<strong>de</strong>r Soutanelle kein geeigneter Ort zum<br />

Anstecken zu fin<strong>de</strong>n sei? Die Bekleidungsvorschriften<br />

für Geistliche wur<strong>de</strong>n<br />

damals in lobenswerter Weise beobachtet.<br />

Der Urheber <strong>de</strong>r heutigen Form, <strong>de</strong>s „Spinatflecks“,<br />

mitsamt seiner Anbringungsweise<br />

ist allerdings gänzlich unbekannt. Fragen<br />

über Fragen: Ist das Grün ein Rest <strong>de</strong>s eins -<br />

tigen Lorbeerkranzes o<strong>de</strong>r doch die gemeinsame<br />

Farbe <strong>de</strong>r Gründungsverbindungen<br />

Aenania und Winfridia? Warum ist das<br />

Kreuz verschwun<strong>de</strong>n, wenn doch schließlich<br />

das Katholizitätsprinzip alle liberalen<br />

Strömungen und sogenannte „ökumenische<br />

Aufweichungsversuche“ eisern überlebt<br />

hat? Auch nach gründlicher Recherche<br />

waren bisher keine Quellen zu dieser<br />

Frage auffindbar. Vielleicht weiß <strong>de</strong>r eine<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Cartellbru<strong>de</strong>r hier weiter?<br />

Auch bei Unbekanntheit <strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Urheber erfüllt die Na<strong>de</strong>l ihren<br />

Zweck. Bedauerlicherweise ist die<br />

CV-Na<strong>de</strong>l nur selten zu sehen. Die<br />

Ausre<strong>de</strong>n hierzu sind vielfältig:<br />

Von angeblichen höheren Verschleißerscheinungen<br />

am Anzug<br />

(die durch einen Stopper ganz<br />

einfach behoben wer<strong>de</strong>n können),<br />

bis hin zu „commenttechnischen<br />

Schwierigkeiten“ in <strong>de</strong>r Urverbindung<br />

gibt es in diesem Bereich vieles zu hören.<br />

Dennoch sollte man zeigen, welchem Verband<br />

man angehört. Otto Ziegler (Ae)


Blick auf die Chargierten <strong>de</strong>s Darmstädter CV – <strong>de</strong>r Nassovia, Rheinpfalz und<br />

Nibelungia – beim Festkommers im Innenhof <strong>de</strong>r Burg Pfalzgrafenstein.<br />

90 Jahre KDStV Rheinpfalz zu Darmstadt<br />

Erstmals seit Jahrzehnten wie<strong>de</strong>r ein Festkommers auf <strong>de</strong>r Burg Pfalzgrafenstein im Rhein<br />

Kaub. Im vergangenen Juni feierte die<br />

KDStV Rheinpfalz im Rahmen <strong>de</strong>s 91.<br />

Stiftungsfestes ihr Bestehen seit 90 Jahren.<br />

Für die anwesen<strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r und<br />

Gäste war es ein großes Erlebnis, erstmals<br />

wie<strong>de</strong>r nach rund 50 Jahren einen Festkommers<br />

im Innenhof <strong>de</strong>r Burg Pfalzgrafenstein<br />

bei Kaub feiern zu können.<br />

Burg Pfalzgrafenstein (volkstümlich „Rheinpfalz“)<br />

ist heute ein Wahrzeichen für das<br />

UNESCO-Welterbe „Oberes Mittelrheintal“.<br />

Die stromumflossene Burg mitten im Rhein,<br />

das Wahrzeichen <strong>de</strong>r Verbindung, war und<br />

ist stets lebendiges Symbol <strong>de</strong>r Lebensgemeinschaft<br />

<strong>de</strong>r CV-Verbindung. Als die<br />

KDStV Rheinpfalz vor 90 Jahren gegrün<strong>de</strong>t<br />

wur<strong>de</strong>, war Pfalzgrafenstein das Symbol<br />

<strong>de</strong>s Freistaates Flaschenhals, eines nicht<br />

zugeteilten Gebietes zwischen <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n<br />

Siegermächten besetzten und kreisförmig<br />

begrenzten Besatzungszonen um Koblenz<br />

und Mainz. Die Bewohner dieses Gebietes,<br />

rechtlos und ehrlos, nahmen ihr Geschick<br />

mutig in die Hän<strong>de</strong>, verwalteten sich selbst<br />

und kämpften um Recht und Freiheit. Dies<br />

hat die Grün<strong>de</strong>r, die meist im Rheingebiet<br />

beheimatet waren, motiviert, <strong>de</strong>n Bund<br />

„Rheinpfalz“ zu nennen und ihm <strong>de</strong>n Wahlspruch<br />

„ Deutsche Ehre, <strong>de</strong>utsches Recht“<br />

zu geben. In dieser Zeit ist auch das Rheinpfalz-Bun<strong>de</strong>slied<br />

entstan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ssen erste<br />

Strophe <strong>de</strong>n Zeitgeist wi<strong>de</strong>rspiegelt, aber<br />

auch heute im übertragenen Sinne Gültigkeit<br />

beanspruchen darf:<br />

„Es steht ein Bau in unserem alten Rhein,<br />

voll Kraft und Kühnheit ragt er in die Welt.<br />

Er soll <strong>de</strong>m Bund ein leuchtend Vorbild sein,<br />

wie er im <strong>de</strong>utschen Strome Wache hält. Wie<br />

jene Burg, so wollen fest wir stehen. Gen<br />

je<strong>de</strong>n Feind im allerschwersten Streit. Mag’s<br />

nun zum Siegen o<strong>de</strong>r Sterben gehen, wir<br />

bleiben eins: Gut Rheinpfalz allezeit.“ Ein<br />

Jahr nach <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rbegründung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>s<br />

1948 fand erstmals im Sommersemester<br />

1949 ein Stiftungsfest in Kaub mit <strong>de</strong>m Festkommers<br />

im Innenhof <strong>de</strong>r Burg Pfalzgrafenstein<br />

statt. Seit dieser Zeit wer<strong>de</strong>n die<br />

Stiftungsfeste im jährlichen Wechsel in<br />

Darmstadt und am Rhein gefeiert. Ab Mitte<br />

<strong>de</strong>r 60er wur<strong>de</strong> ein Kommers auf <strong>de</strong>m<br />

Pfalzgrafenstein aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Denkmalschutzes<br />

nicht mehr gestattet.<br />

Burg Pfalzgrafenstein im<br />

Rhein, genannt Rheinpfalz.<br />

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von Cbr.(Wiegelmann Sv! & Helbich ArF! Sv!) zu Cbr.<br />

Telefon: 030 / 364 687 52 - 0179 / 43 53 941<br />

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Cartellverband<br />

2012 war es wie<strong>de</strong>r möglich, einen fest -<br />

lichen Kommers auf <strong>de</strong>r Burg im Rhein<br />

zu feiern. Cbr Pater Franziskus Knoll OP<br />

(Rap) hielt die Festre<strong>de</strong>. Er zelebrierte <strong>de</strong>n<br />

Festgottesdienst, <strong>de</strong>r am Sonntag mit <strong>de</strong>r<br />

Pfarrgemein<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Kauber Kirche stattfand.<br />

Ein Neunfang in Kaub ist gemacht.<br />

Eine Schiffsreise zwischen Kaub und<br />

Koblenz, weiterer Höhepunkt, wird in<br />

bester Erinnerung bleiben. Die Burg,<br />

Symbil <strong>de</strong>r Verbindung, soll auch in Zukunft<br />

helfen, junge Menschen für die<br />

Lebens gemeinschaft Rheinpfalz zu gewinnen.<br />

Karl Hans Heil (Rpf)<br />

ACADEMIA 5/2012 33<br />

Fotos: privat


Cartellverband<br />

34 5/2012 ACADEMIA<br />

Spefux<br />

Wir sind zu mehreren<br />

Füxen im Fuxenstall, und<br />

schon an uns kann man erkennen,<br />

wie unterschiedlich die<br />

Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r und damit auch unsere<br />

Verbindung ist. Gemeinsam ist uns die<br />

Erfahrung, dass wir an <strong>de</strong>r Uni und in<br />

<strong>de</strong>ren Umfeld, bei Partys o<strong>de</strong>r vor und<br />

nach Seminaren angesprochen wer<strong>de</strong>n,<br />

ob wir rechtsradikal sind. Je<strong>de</strong>r hat sich<br />

seine Worte und Ausführungen zurechtgelegt,<br />

mit <strong>de</strong>nen er dann (re)agiert.<br />

Je<strong>de</strong>r vernunftbegabte Stu<strong>de</strong>nt mit ein<br />

wenig gutem Willen müsste einsehen,<br />

dass <strong>de</strong>r Verband und die Verbindungen,<br />

die sich in ihm zusammengeschlossen<br />

haben, alles an<strong>de</strong>re sind als Deutsch -<br />

tümmler. Die Strategie, die übrigens<br />

keine gute ist: „Wir sind nicht die, die<br />

(…)“, kann man sich da, glaub ich,<br />

sparen. Wir sollten, und das sehen meine<br />

Confüxe genauso, positiv hervorstechen,<br />

mit Aktivitäten an <strong>de</strong>r Uni und in <strong>de</strong>ren<br />

Umfeld. Bei unserer Verbindung wird<br />

jetzt in Ergänzung dazu genau<br />

hingeguckt, welche Bil<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Galerie<br />

auf <strong>de</strong>r Homepage zu sehen sind.<br />

Ich find das erschreckend: Bei nicht wenigen<br />

CV-Verbindungen zieren, o<strong>de</strong>r besser:<br />

verunzieren Bil<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Internetauftritt, <strong>de</strong>ren Inhalt in keinem<br />

Verhältnis zur betonten gesellschaflichen<br />

Stellung steht. Über Bierausschank, Grill<br />

und eine Mischung aus locker-verkrampft<br />

kommt manches nicht wirklich<br />

hinaus. Wenn sich wenigstens einer die<br />

Mühe machen wür<strong>de</strong>, nur die „besten“<br />

Bil<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n<br />

Sammelsurium einzustellen!<br />

Die irgendwie zeitlosen Schnappschüsse<br />

kontrastieren erheblich mit <strong>de</strong>n sonstigen<br />

Formen unserer Verbindungen: als<br />

da sind Zirkel, Wappen usw. Soll hier gezeigt<br />

wer<strong>de</strong>n: Wir sind gar nicht so traditionell,<br />

wie Farben und Zirkel vermuten<br />

lassen? Das wäre scha<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn, wie<br />

schon gesagt: Das „Wir sind nicht die,<br />

die (…)“ o<strong>de</strong>r „Wir sind nicht die, für die<br />

ihr uns (…)“ wäre etwas zu wenig für eine<br />

echte Verbindung im Cartellverband<br />

<strong>de</strong>r katholischen <strong>de</strong>utschen Stu<strong>de</strong>nten -<br />

verbindungen.<br />

Feierlicher Festkommers zur Wie<strong>de</strong>rbegründung <strong>de</strong>r Tuisconia.<br />

Tuisconia ist in Landshut angekommen<br />

Große Unterstützung von <strong>de</strong>r KDStV Vin<strong>de</strong>licia und <strong>de</strong>m CV-Zirkel Landshut<br />

Landshut. In ihrer neuen Heimat feierte die<br />

AV Tuisconia Königsberg zu Landshut ihr<br />

115. Stiftungsfest und etablierte sich damit<br />

nach <strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>r Cartellversammlung<br />

in Freiburg endgültig an ihrem neuen<br />

Standort in Nie<strong>de</strong>rbayern. Sie ist damit die<br />

dritte CV-Verbindung am Standort einer<br />

Hochschule für angewandte Wissenschaften.<br />

Bei ihrem Wechsel vom Rhein an die Isar<br />

konnte sich die Tuisconia über große<br />

Unterstützung an Ort und Stelle freuen.<br />

Alte Herren <strong>de</strong>r Tuisconia lebten bereits in<br />

Bayern, und insbeson<strong>de</strong>re bei <strong>de</strong>r KDStV<br />

Vin<strong>de</strong>licia in München hatten einige von<br />

ihnen eine neue Heimat gefun<strong>de</strong>n. Diese<br />

Münchner CV-Verbindung regte auch an,<br />

Tuisconia nach Landshut zu verlegen, und<br />

unterstützte mit „Leih-Aktiven“ die Wie<strong>de</strong>rbegründung<br />

<strong>de</strong>r Aktivitas im vergangenen<br />

November. Große Unterstützung kam<br />

auch vom Landshuter CV-Zirkel, <strong>de</strong>ssen<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>r Cbr Kurt Geiger (Rup) mittlerweile<br />

auch Philisterconsenior <strong>de</strong>r Tuisconia<br />

ist. Beim Festkommers zum Stiftungsfest<br />

nahmen etliche Alte Herren aus<br />

<strong>de</strong>r bayerischen Umgebung das Band <strong>de</strong>r<br />

AV Tuisconia entgegen. Gleichzeitig erhielt<br />

auch <strong>de</strong>r erste Landshuter Ur-Tuiscone<br />

in diesem feierlichen Rahmen sein Bur -<br />

schen band. Philistersenior Cbr Dr. Hansjörg<br />

Hey zog vor diesem Hintergrund eine<br />

erfreuliche Bilanz <strong>de</strong>s Neustarts.<br />

Dass die Stadt Landshut beim ersten Festkommers<br />

<strong>de</strong>r Tuisconia in <strong>de</strong>r neuen Heimat<br />

durch einen Bürgermeister vertreten<br />

war und die Landshuter Zeitung ausführlich<br />

über das neue aka<strong>de</strong>mische Element<br />

in <strong>de</strong>r Stadt und sein Stiftungsfest berichtete,<br />

spricht für ein öffentliches Interesse<br />

an <strong>de</strong>r Korporation und eine freundliche<br />

Aufnahme am nie<strong>de</strong>rbayerischen Isar-<br />

Strand. Eine Entwicklung, die im vergangenen<br />

Jahr mit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rgründung <strong>de</strong>r<br />

Aktivitas <strong>de</strong>r Tuisconia in Landshut ihren<br />

Anfang genommen hatte, wur<strong>de</strong> damit erfolgreich<br />

fortgesetzt.<br />

In einer Grußbotschaft sandte Cbr Papst<br />

Benedikt XVI. (Rup) <strong>de</strong>r AV Tuisconia anlässlich<br />

ihrer Wie<strong>de</strong>rgründung und ihres<br />

115. Stiftungsfestes Glück- und Segenswünsche.<br />

„Die Tuisconen haben in ihrer bewegten<br />

Geschichte stets versucht, auf <strong>de</strong>n<br />

Grundlagen <strong>de</strong>s katholischen Glaubens Antworten<br />

auf die Fragen <strong>de</strong>r Zeit zu geben.<br />

Diesem Auftrag wollen sie sich nun mit<br />

neuer Kraft im aka<strong>de</strong>mischen Leben vor<br />

allem an <strong>de</strong>r Hochschule Landshut wie auch<br />

in <strong>de</strong>r Gesellschaft insgesamt widmen. So<br />

mögen die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r AV Tuisconia in<br />

ihren zahlreichen gemeinschaftlichen Aktivitäten<br />

wie auch im persönlichen Leben<br />

dieser Verpflichtung weiterhin gerecht<br />

wer<strong>de</strong>n und in Treue zum Evangelium und<br />

zur Lehre <strong>de</strong>r Kirche an <strong>de</strong>r Zukunft eines<br />

christlichen Europas gestaltend mitwirken.“<br />

Senior Cbr Stephan Pilsinger (Vc, TsK)<br />

betonte in seiner Kommersansprache <strong>de</strong>n<br />

Wert <strong>de</strong>r Freundschaft in <strong>de</strong>r Verbindung<br />

auf <strong>de</strong>r Basis gemeinsamer Werte, <strong>de</strong>s<br />

christlichen Menschenbil<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>r Wissenschaft<br />

und <strong>de</strong>r rechtsstaatlichen Ordnung.<br />

Cbr Staatssekretär Bernd Sibler (Ae) vom<br />

Bayerischen Staatsministerium für Unterricht<br />

und Kultus ging in seiner Festre<strong>de</strong> auf<br />

die Frage ein, ob mit <strong>de</strong>m Verlust <strong>de</strong>r traditionellen<br />

Abschlüsse <strong>de</strong>r Hochschulen<br />

im Bologna-Prozess auch Qualität <strong>de</strong>r Abschlüsse<br />

verloren gegangen sei. Bildung<br />

gehe über die reine Anwendbarkeit von<br />

Wissen hinaus, und <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong> müsse<br />

neben seinem Platz im Beruf auch seinen<br />

Platz in <strong>de</strong>r Gesellschaft fin<strong>de</strong>n. Die Grüße<br />

und Glückwünsche <strong>de</strong>s CV-Rats zur<br />

Wie<strong>de</strong>rgründung überbrachte AHB-Vorstandsmitglied<br />

Cbr Benedikt Kuttenkeuler<br />

(GW). Wolfgang Braun (Bd)


Das ist mir etwas wert: 125 Jahre ACADEMIA<br />

Jetzt Anzeigen buchen!<br />

Anlässlich <strong>de</strong>s Jubiläums „125 Jahre ACADEMIA“ im kommen<strong>de</strong>n Jahr<br />

2013 wird eine Festschrift mit einigem Format erscheinen – die nicht im<br />

Regal verstaubt, son<strong>de</strong>rn Lust macht auf mehr Verbindung und Cartellverband<br />

und obendrein staunen lässt über die Vielfalt <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s. Die<br />

Festschrift, die <strong>de</strong>rzeit entsteht, gibt aufschlussreiche Einblicke in die<br />

Wirklichkeit unseres CV-Organs anno dazumal und heute; und das mit<br />

<strong>de</strong>m Schwerpunkt auf seinen vielen menschlichen Seiten.<br />

Zusammenzusehen ist diese menschliche und institutionelle Vielfalt mit<br />

<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Be<strong>de</strong>utung, die ACADEMIA zukommt und noch<br />

mehr zukommen soll. Chefredakteure von ehe<strong>de</strong>m und Redaktionsmitglie<strong>de</strong>r<br />

von heute verfassen diverse Beiträge. Auch Wissenschaftler,<br />

die be<strong>de</strong>utsame Epochen <strong>de</strong>r ACADEMIA untersucht haben, wer<strong>de</strong>n die<br />

Ergebnisse ihrer historischen Studien präsentieren, über <strong>de</strong>nen sie <strong>de</strong>rzeit<br />

noch tüfteln und brüten.<br />

Die Festschrift von Cartellbrü<strong>de</strong>rn für Cartellbrü<strong>de</strong>r und, <strong>de</strong>n Zielen<br />

<strong>de</strong>s CV entsprechend: weit darüber hinaus! Das ist die einmalige Gele -<br />

genheit für Cartellbrü<strong>de</strong>r, sich und ihre Unternehmen in diesem heraus -<br />

ragen<strong>de</strong>n Band zu präsentieren. Ein Bekenntnis zumal: ACADEMIA und<br />

<strong>de</strong>r CV sind mir etwas wert!<br />

Das Platzl Hotel - ausgezeichnet<br />

mit vier Sternen - steht wie kein<br />

an<strong>de</strong>res Haus für persönliches<br />

Flair im Zeichen Münchner<br />

Gastlichkeit.<br />

Unseren Gästen stehen 166<br />

Zimmer und eine Bayerische<br />

Suite, sieben Veranstaltungsräume,<br />

eine Bar sowie zwei<br />

Restaurants zur Verfügung.<br />

Zwischen Marienplatz,<br />

Viktualienmarkt, <strong>de</strong>m Alten<br />

Peter, <strong>de</strong>m Hofbräuhaus und<br />

<strong>de</strong>r Maximilianstrasse gelegen,<br />

ist das Platzl Hotel <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ale<br />

Ausgangspunkt für jegliche Art<br />

von Unternehmungen in<br />

München.<br />

P LATZL HOTEL<br />

Cartellverband<br />

Anzeigenschluss ist <strong>de</strong>r 31. Januar 2013.<br />

Zwei Anzeigenformate wer<strong>de</strong>n für die Ausgabe angeboten: eine<br />

ganze Seite und eine halbe Seite. Die Anzeigenpreise variieren je<br />

nach Placement.<br />

Mit <strong>de</strong>r Bergmoser+Höller Agentur, Aachen, wur<strong>de</strong>n Flatrate-<br />

Ta rife zur Gestaltung von Anzeigen vereinbart. Ansprechpartnerin<br />

ist Frau Lisanne Kappler, Telefon 0241-980998-0, kappler@<br />

buh-agentur.<strong>de</strong>.<br />

Anzeigenpreise und weitere Informationen fin<strong>de</strong>t Ihr unter<br />

www.agentur-ley.<strong>de</strong>. Ansprechpartner ist Cbr Stephan Ley (Alm),<br />

Mitglied <strong>de</strong>r ACADEMIA-Redaktion, Telefon 089-45227022,<br />

aca<strong>de</strong>mia@agentur-ley.<strong>de</strong>.<br />

Ich bitte um Eure großzügige Unterstützung!<br />

Von <strong>de</strong>r Pracht <strong>de</strong>s<br />

Orients fasziniert erwarb König<br />

Ludwig II im Jahr 1876 <strong>de</strong>n<br />

Maurischen Kiosk, <strong>de</strong>n er neun<br />

Jahre zuvor auf <strong>de</strong>r Pariser<br />

Weltausstellung gesehen hatte,<br />

und ließ ihn im Park von<br />

Schloß Lin<strong>de</strong>rhof aufstellen.<br />

Weiterhin ließ <strong>de</strong>r König im<br />

Königshaus am Schachen einen<br />

maurischen Saal in prunkvollem<br />

orientalischem Stil mit prächtiger<br />

innerer Ornamentik und<br />

bunten Glasfenstern errichten.<br />

Nach diesen Vorbil<strong>de</strong>rn ist<br />

<strong>de</strong>r Erholungsbereich in <strong>de</strong>r<br />

5. Etage <strong>de</strong>s Platzl Hotels<br />

eingerichtet.<br />

Platzl Hotel, Sparkassenstraße 10, D-80331 München, Telefon 089 - 23 703 - 0, Fax 089 - 23 703 800, www.platzl.<strong>de</strong><br />

Familie Peter Inselkammer (Rup)<br />

ACADEMIA 5/2012 35


Cartellverband<br />

Cbr Peter Frank<br />

folgt im Vorsitz<br />

<strong>de</strong>r Johannes Denk-<br />

Felix Porsch-Stiftung<br />

Freiburg. Es war ein rühren<strong>de</strong>r Moment, als<br />

Cbr Dr. Klaus Küchenhoff (Wf) während <strong>de</strong>r<br />

Jahresversammlung auf <strong>de</strong>r 126. Cartellversammlung<br />

in Freiburg im vergangenen Juni<br />

seinen Rückzug vom Posten <strong>de</strong>s Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Felix Porsch-Johannes Denk-<br />

Stiftung e.V. bekanntgab. Mit <strong>de</strong>n buchstäblichen<br />

„standing ovations“ zollten ihm die<br />

Stiftungsvereinsmitglie<strong>de</strong>r für ein über 30<br />

Jahre andauern<strong>de</strong>s Lebenswerk Respekt.<br />

Tatsächlich wäre die Stiftung ohne die unermüdliche<br />

und geschickte Arbeit von Cbr Küchenhoff<br />

nicht da, wo sie heute steht. So hin -<br />

tergründig und leise sich die Arbeit von Cbr<br />

Küchenhoff abgespielt haben mag, so erfolgreich<br />

war sie. Er verstand es, mit Hilfe seiner<br />

Vorstandkollegen, <strong>de</strong>m verstorbenen Cbr<br />

Werner Kutscher und Cbr Hans Schrom (Tfs),<br />

aus <strong>de</strong>m Anfangskapital von 30.000 Mark<br />

durch eine kluge und umsichtige Anlagestrategie<br />

ein Vereinsvermögen von nunmehr über<br />

zwei Millionen Euro zu generieren. Mit Hilfe<br />

eines Schulkamera<strong>de</strong>n aus Werl und <strong>de</strong>r AV<br />

Guestfalia Tübingen organisierte Cbr Küchenhoff<br />

für „seinen“ Stiftungsverein noch mehr als<br />

eine Viertelmillion Euro als Abschiedsgeschenk.<br />

Sein Nachfolger in <strong>de</strong>r Funktion <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong> das Vorstandsmitglied Cbr<br />

Peter Frank (ChM), <strong>de</strong>r Dr. Klaus Küchenhoffs<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Tätigkeit zum Wohle<br />

<strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rzwecks hervorhob. Wie<strong>de</strong>rgewählt<br />

wur<strong>de</strong>n dann die Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r<br />

Cbr Hans Schrom (Tfs) und Matthias Ho<strong>de</strong>rlein<br />

(TsM). Stephan Ley (Alm)<br />

36 5/2012 ACADEMIA<br />

INFO<br />

Siehe dazu auch das Interview in <strong>de</strong>r ver -<br />

gan genen ACADEMIA 04/2012,S.6 bis 9.<br />

Cbr Reinhold Bocklet (Tfs): glänzen<strong>de</strong> Re<strong>de</strong><br />

zur bayerisch-pfälzischen Geschichte<br />

Annweiler. 90. Stiftungsfest <strong>de</strong>r KDStV<br />

Trifels – schon <strong>de</strong>r Begrüßungsabend am<br />

Donnerstag war von einer heiteren, festlichen<br />

und ausgesprochen entspannten Stimmung<br />

getragen. In <strong>de</strong>r Pfarrkirche von Annweiler<br />

wur<strong>de</strong> am folgen<strong>de</strong>n Morgen das Requiem<br />

zelebriert. Der Festakt auf <strong>de</strong>r Burg begann<br />

mit einer Ansprache <strong>de</strong>s Philisterseniors,<br />

Matthias Puschnig. Trifels sei eine erfolgreiche<br />

und wachsen<strong>de</strong> Verbindung mit einer<br />

leistungsorientierten Aktivitas und einem<br />

wohlgefüllten Fuxenstall. Der Höhepunkt<br />

für die Trifelser war die Übergabe <strong>de</strong>r<br />

Hun<strong>de</strong>rt semesterbän<strong>de</strong>r an die Alten Herren.<br />

Durch <strong>de</strong>n Erfolg vor fünf Jahren bestärkt,<br />

fand <strong>de</strong>r Festball auch dieses Jahr erneut<br />

im Alten Rathaus von Landau statt. Einen<br />

gelungenen Nachmittag verbrachten die<br />

Teilnehmer <strong>de</strong>s verbindungsin ternen Mentorenprogramms.<br />

Gespannt war man auf <strong>de</strong>n renovierten Hohenstaufensaal;<br />

für Festkommerse ist dies <strong>de</strong>r<br />

perfekte Veranstaltungsort. Der Festredner<br />

war mit Cbr Reinhold Bocklet (Tfs), <strong>de</strong>m<br />

I. Vizepräsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s Bayerischen Landtags,<br />

sehr glücklich gewählt. Seine erfrischend vorgetragene<br />

Re<strong>de</strong> zur pfälzisch-bayerischen<br />

Ge schichte glänzte durch eine Reihe unbe -<br />

kannter und überraschen<strong>de</strong>r Fakten und Zusammenhänge.<br />

Die heilige Messe feierte Verbindungsseelsorger<br />

Cbr Pater Dr. Wolfgang<br />

H. Spindler OP (F-Rt). Stephan Ley (Alm)<br />

Auf <strong>de</strong>r Trifels stellten sich die Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r<br />

Trifelsiae sowie Cartellbrü<strong>de</strong>r zum Gruppenbild.


Das Cheruscerhaus mit <strong>de</strong>m neuen Stu<strong>de</strong>ntenwohnheim (rechts im Bild) – ein gelungenes architektonisches Ensemble.<br />

Cheruscia Würzburg hat ein neues Stu<strong>de</strong>ntenwohnheim<br />

Kurze Entfernungen zum Zentrum wie zur Campus-Uni über <strong>de</strong>r Stadt<br />

Würzburg. Es war nicht das erste Mal,<br />

dass die Verantwortlichen <strong>de</strong>r KDStV<br />

Cheruscia vor einigen Jahren das Thema<br />

Hauserweiterung auf die Tagesordnung<br />

setzten: Bereits 1964 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anbau eines<br />

Wohntraktes mit mehreren eigenständigen<br />

Appartements diskutiert, und ein Architekturmo<strong>de</strong>ll<br />

im Verbindungsarchiv<br />

zeugt noch von <strong>de</strong>n damals angestellten<br />

Überlegungen. Nun ist das Projekt Wirklichkeit<br />

gewor<strong>de</strong>n: Vom <strong>de</strong>rzeitigen Philistersenior<br />

Dr. Wolfgang Prosch unbeirrbar<br />

betrieben, mit tatkräftiger Unterstützung<br />

zahlreicher Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r finanziell ermöglicht<br />

und von <strong>de</strong>m auf Stu<strong>de</strong>ntenappartements<br />

spezialisierten Würzburger Architekturbüro<br />

Hetterich entworfen, wur<strong>de</strong><br />

beim 118. Stiftungsfest En<strong>de</strong> Mai 2011<br />

symbolisch <strong>de</strong>r erste Spatenstich zum geplanten<br />

Anbau gesetzt. Bereits anlässlich<br />

<strong>de</strong>r vorweihnachtlichen Feier im darauffolgen<strong>de</strong>n<br />

Dezember fand mit CV-Seelsorger<br />

Cbr Ulrich Bonin die Einweihung statt.<br />

Der schlichte, aber vornehme zweigeschossige<br />

Trakt erhebt sich an <strong>de</strong>r Südseite<br />

<strong>de</strong>s bestehen<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong>s. In ruhigem<br />

Wohngebiet mit kurzen Entfernungen zum<br />

Zentrum ebenso wie zur Campus-Uni über<br />

<strong>de</strong>r Stadt gelegen, beherbergt er sechs eigenständige<br />

Appartements – darunter ein<br />

behin<strong>de</strong>rtengerechtes – samt Küchenzeile,<br />

Nasszelle und neuester technischer Ausstattung.<br />

Im Inneren mit <strong>de</strong>m ebenfalls bereits<br />

teilsanierten Altbau verbun<strong>de</strong>n, können<br />

die Stu<strong>de</strong>nten ihre Wohnung auch über<br />

einen separaten Außenzugang erreichen.<br />

Ebenso besteht ein unmittelbarer Zugang<br />

zu Terrasse und Garten. Dem Bedürfnis<br />

nach Mobilität ist durch einen Parkplatz<br />

für bis zu drei Autos entsprochen. Weitere<br />

kostenfreie Stellmöglichkeiten gibt es im<br />

unmittelbaren Umfeld.<br />

In Ergänzung zum Altbau, auf <strong>de</strong>m sich<br />

auch weiterhin das eigentliche Verbindungsleben<br />

abspielen wird, dient <strong>de</strong>r Neubau<br />

ausschließlich als Wohntrakt. Das war<br />

immer das Problem am bisherigen Domizil<br />

<strong>de</strong>r Cheruscia: Gebaut 1955/57 als<br />

großzügiges Verbindungshaus mit weitem<br />

Foyer, schwungvollem offenen Treppenhaus<br />

und zwei großen Festsälen, hatte man<br />

in <strong>de</strong>n couleurstu<strong>de</strong>ntischen Glanzzeiten<br />

<strong>de</strong>r Nachkriegszeit auf Stu<strong>de</strong>ntenbu<strong>de</strong>n<br />

verzichtet. Als sich die Keilarbeit in <strong>de</strong>n<br />

1970er Jahren allgemein erschwerte, musste<br />

Cheruscia auf das häufig erfolgver-<br />

Cartellverband<br />

INFO<br />

Auskünfte zur Zimmervermietung erteilt<br />

Damian Zawadka, Telefon 01577-3443264.<br />

sprechen<strong>de</strong> Instrument günstiger Wohnappartements<br />

weitgehend verzichten. Dem<br />

soll <strong>de</strong>r neue Anbau nun Abhilfe schaffen.<br />

Nebenbei kommen auch Kunstfreun<strong>de</strong> auf<br />

ihre Kosten: Zum einen konnten die buntfarbigen<br />

Wappenfenster im Kneipsaal <strong>de</strong>s Erdgeschosses<br />

erhalten und mit einer rückwärtigen<br />

Beleuchtung versehen wer<strong>de</strong>n, zum<br />

an<strong>de</strong>ren ziert die Fassa<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Cheruscerwappen<br />

ein herausragen<strong>de</strong>r Schmuck.<br />

Das handgemeißelte Rotsandsteinrelief ist<br />

das Meisterstück von Cbr Steinmetz Bernhard<br />

Istel (ChW), <strong>de</strong>r es <strong>de</strong>r Verbindung nun<br />

als beson<strong>de</strong>rs generöses Geschenk überlassen<br />

hat. Johannes San<strong>de</strong>r (ChW)<br />

Rolf van Rienen<br />

Couleurartikelversand<br />

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Foto: privat<br />

ACADEMIA 5/2012 37


Die Mehrzahl <strong>de</strong>r Deutschen pflegt ein emotional inniges Verhältnis zu Österreich.<br />

Erfährt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Gesprächspartner, dass man Österreicher (und kein Bayer)<br />

ist, dann beginnen bei ihm die Augen <strong>de</strong>utlich zu strahlen, und es wer<strong>de</strong>n reihenweise<br />

alpine Urlaubsorte aufgezählt, die man in <strong>de</strong>n letzten Jahren aufgesucht<br />

hat, vorzugsweise im Winter. Vor nicht allzu langer Zeit wur<strong>de</strong> eine Untersuchung<br />

veröffentlicht, dass Österreich bei <strong>de</strong>n Deutschen nach wie vor an <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r<br />

bevorzugten Urlaubsorte rangiert. Hingegen können sich Österreicher kaum vorstellen,<br />

in Deutschland Urlaub zu machen (Ausnahme Kurzreisen zu „bildungsnahen“<br />

Orten). Ein wichtiger, vor allem in Österreich wahrgenommener Faktor <strong>de</strong>r<br />

Beziehung zwischen Deutschland und Österreich ist auch <strong>de</strong>r Fußball. „Sieg“ und<br />

„Schmach“ liegen hier eng beieinan<strong>de</strong>r, und das nicht nur in Cordova 1978. Erinnert<br />

sei in diesem Zusammenhang auch an das Endspiel zur Deutschen Meisterschaft<br />

am 21. Juni 1941 – einen Tag vor <strong>de</strong>m Überfall auf die Sowjetunion! –,<br />

als Rapid Wien in einem Furioso (in <strong>de</strong>r legendären „Rapid-Viertelstun<strong>de</strong>“) Schalke<br />

04 bezwang und Deutscher Meister wur<strong>de</strong>. (Dass am diesjährigen Maria Himmelfahrtstag<br />

in Frankfurt/Main Deutschland Argentinien unterlag, während zeitgleich<br />

in Wien Österreich die Türkei besiegte, tat <strong>de</strong>r österreichischen<br />

Fußballseele gut.) Oft wun<strong>de</strong>rt man sich auch aus österreichischer Sicht, wie<br />

man sich in Deutschland das Leben selber oft schwer macht. Vor einigen Jahren<br />

wur<strong>de</strong> mit einem über-komplizierten System die LKW-Maut eingeführt. Prompt<br />

musste <strong>de</strong>swegen die Einführung verschoben wer<strong>de</strong>n. In Österreich wur<strong>de</strong> ein<br />

weniger aufwendiges, dafür billigeres System installiert, das sofort funktionierte<br />

und es immer noch tut. Weitere Beispiele ließen sich anführen.<br />

Während also <strong>de</strong>r Durchschnitts-Deutsche ein durchaus offenes, freundliches,<br />

vielfach historisch unbelastetes Verhältnis zu seinem südlichen Nachbarn verinnerlicht<br />

hat und bei einer Bewertung, welcher Nachbarstaat für ihn am wichtigsten<br />

ist, Österreich an <strong>de</strong>r Spitze steht, ist das beim offiziellen Deutschland<br />

nicht immer so gewesen. Es sei erinnert, dass die <strong>de</strong>utsche Regierung unter Gerhard<br />

Schrö<strong>de</strong>r Anfang 2000 Vorreiter bei <strong>de</strong>n EU-Maßnahmen gegenüber Österreich<br />

war. Unter einem CDU-Kanzler Helmut Kohl wären solche Beschlüsse nicht<br />

gefasst wor<strong>de</strong>n. Man hat damals kaum Deutsche getroffen, die ernsthaft diesen<br />

Boykott gegen Österreich befürwortet hatten. Wie bereits 1986 nach <strong>de</strong>r Wahl<br />

Kurt Waldheims zum Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten – er wur<strong>de</strong> erst nach seinem Ausschei<strong>de</strong>n<br />

aus diesem Amt Ehrenmitglied <strong>de</strong>r ÖCV-Verbindung Welfia –, so wur<strong>de</strong> 2000<br />

Österreich aus einem politischen Traumzustand gerissen. Es befand sich nach<br />

1945 bzw. 1955 in einer Vorstellung, etwas Beson<strong>de</strong>res zu sein, eine neutrale<br />

Brücke zwischen West und Ost zu bil<strong>de</strong>n und Hüter eines großen historischen und<br />

kulturellen Erbes zu sein. Das Papstwort Pauls VI. von „Österreich, als <strong>de</strong>r Insel<br />

<strong>de</strong>r Seligen“ hat diese Selbstbefindlichkeit noch verstärkt. Dieser Traumzustand<br />

38 5/2012 ACADEMIA<br />

Was <strong>de</strong>nken Österreicher über Deutsche und umgekehrt?<br />

Diesmal stellt Cbr Dr. Gerhard Hartmann (Baj) interessante Gedanken zum Verhältnis <strong>de</strong>r Genannten zueinan<strong>de</strong>r vor.<br />

Braucht Deutschland Österreich?<br />

ist nach 1990 zu einem guten Teil brüchig gewor<strong>de</strong>n. Der damalige EU-Boykott<br />

gegenüber Österreich hat gezeigt, dass es auch in <strong>de</strong>r EU notwendig ist, langfristige,<br />

von <strong>de</strong>r parteipolitischen Zusammensetzung <strong>de</strong>r jeweiligen Regierungen unabhängige<br />

und stabile Freundschaften zu pflegen. Dass dazu Deutschland vorrangig<br />

zählen muss, war offenbar zumin<strong>de</strong>st damals abhan<strong>de</strong>n gekommen.<br />

Das Dilemma ist also offenkundig: Österreich braucht Deutschland nach wie<br />

vor, vor allem in <strong>de</strong>r Wirtschaft sowie im Frem<strong>de</strong>nverkehr – und gera<strong>de</strong> in<br />

diesen Zeiten <strong>de</strong>r Euro-Krise. Deutschland braucht aber (vor<strong>de</strong>rgründig) Österreich<br />

nicht. Dass in dieser Situation an <strong>de</strong>r falschen Stelle gespart wur<strong>de</strong> und eine<br />

Reihe österreichischer Vertretungsbehör<strong>de</strong>n, Außenhan<strong>de</strong>lsstellen und Büros<br />

<strong>de</strong>r offiziellen Frem<strong>de</strong>nverkehrs<strong>werbung</strong> in Deutschland geschlossen wur<strong>de</strong>n,<br />

mag vielleicht kurzfristig das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Budget sanieren helfen. Diese<br />

Maßnahmen sind aber höchst kurzsichtig und wer<strong>de</strong>n sich schon in ein paar<br />

Jahren bitter rächen.<br />

Trotz alle<strong>de</strong>m: Es war auch 2012 wie<strong>de</strong>r Ferienzeit. Viele <strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sbürger<br />

kamen nach Österreich. Obwohl nicht zu Hause, fühlen sie sich hier daheim. Viele<br />

kommen seit Jahren ins selbe Hotel, kennen <strong>de</strong>ren Inhaber o<strong>de</strong>r Bedienstete fast<br />

schon freundschaftlich. Vielleicht kommen sie spät abends an <strong>de</strong>r Hotel-Bar ins<br />

Gespräch, ob es dabei immer höchst aka<strong>de</strong>misch zugeht, mag dahingestellt sein.<br />

Und vielfach mussten sie bereits feststellen, dass nicht nur Stu<strong>de</strong>nten zunehmend<br />

ihr Glück in Österreich suchen wollen, son<strong>de</strong>rn auch Bedienstete <strong>de</strong>s Gast- und<br />

Beherbergungsgewerbes – vornehmlich aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn übrigens.<br />

An <strong>de</strong>r positiven Einstellung <strong>de</strong>r Deutschen gegenüber Österreich und <strong>de</strong>n Österreichern<br />

hat sich und wird sich wohl nichts än<strong>de</strong>rn. Es ist das vielleicht die Sehnsucht<br />

nach einer an<strong>de</strong>ren Lebens- und Genusskultur. Dabei stößt man immer wie<strong>de</strong>r<br />

auf das wi<strong>de</strong>rsprüchliche Phänomen, dass die <strong>de</strong>utschen Österreichurlauber<br />

von <strong>de</strong>m herrlichen Essen dort schwärmen. Sind sie zu Hause, gehen sie wie<strong>de</strong>r<br />

zum Griechen, Thailän<strong>de</strong>r etc., und kaum ein österreichisches Restaurant überlebt<br />

länger. Gera<strong>de</strong> bei Besuchern in Wien (aber nicht nur dort) wird nicht nur die<br />

Sehnsucht nach einer an<strong>de</strong>ren Lebenseinstellung, son<strong>de</strong>rn auch nach einem verlorenen<br />

Heimatgefühl geweckt, das man in <strong>de</strong>n vielen durch Bomben und Krieg<br />

zerstörten und nach 1945 rasch wie<strong>de</strong>r aufgebauten und somit lei<strong>de</strong>r geschichtswie<br />

oft gesichtslosen <strong>de</strong>utschen Städten nicht mehr fin<strong>de</strong>t kann. Möglicherweise<br />

braucht Deutschland dann Österreich doch noch.<br />

Priv.-Doz. Dr. Gerhard Hartmann (Baj) lebte aus beruflichen Grün<strong>de</strong>n seit<br />

1982 in Köln, dann, seit 1999 in Kevelaer. Er ist unter an<strong>de</strong>rem Verfasser einiger<br />

Bücher zur Geschichte <strong>de</strong>s (Ö)CV.


Breslau-Krakau-Städtereise <strong>de</strong>r KDStV Alcimonia<br />

Eichstätt/Breslau/Krakau.Vom Montag,<br />

18., bis Sonntag, 24. März 2013, fin<strong>de</strong>t<br />

die erste Breslau-Krakau-Städtereise <strong>de</strong>r<br />

KDStV Alcimonia Eichstätt im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r CV-Aka<strong>de</strong>mie statt. Die Kulturfahrt<br />

schließt unter an<strong>de</strong>rem Besuche <strong>de</strong>s<br />

Marienwall fahrts ortes Tschenstochau so-<br />

Seminare CV-Aka<strong>de</strong>mie<br />

22/2012, „Wie verän<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r Glaube die eigene Persönlichkeit?“<br />

7. bis 9. Dezember 2012, Seminar <strong>de</strong>r KDStV Bergland,<br />

Vinzenz Forum Pallotti, Vallendar<br />

Anfragen und Seminaranmeldungen bitte richten an das<br />

CV-Sekretariat, Linzer Str. 82, 53604 Bad Honnef, Tel. 02224/96002-0,<br />

Fax 02224/96002-20, aka<strong>de</strong>mie@cartellverband.<strong>de</strong><br />

wie <strong>de</strong>s Gelän<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Konzentrations -<br />

lagers Auschwitz ein. Auf <strong>de</strong>m Programm<br />

stehen außer<strong>de</strong>m eine Kreuzkneipe mit<br />

<strong>de</strong>r AV Salia-Silesia zu Gleiwitz im CV<br />

sowie eine Begegnung mit Verantwortlichen<br />

<strong>de</strong>r Jagillonen-Universität Krakau,<br />

organisiert vom Alfons-Fleischmann-<br />

<br />

<br />

Cartellverband<br />

Verein Eichstätt (AFV). Die ortskundige<br />

Leitung <strong>de</strong>r Städtetour liegt bei Frau Theodora<br />

Boruszczak, die Teilneh merzahl ist<br />

auf 30 beschränkt. Weitere Informationen<br />

gibt es unter www.alcimonia.<strong>de</strong>, Anmeldun -<br />

gen wer<strong>de</strong>n ab sofort unter staedtereise@<br />

alcimonia.<strong>de</strong> erbeten. AC<br />

Wir sind eine überörtliche Patentanwaltssozietät mit Standorten in Villingen-Schwenningen, München und<br />

Linz. Zu unseren Mandanten zählen kleine und mittelständische Unternehmen aus unterschiedlichen<br />

Technikbereichen sowie international agieren<strong>de</strong> Konzerne. Unsere Tätigkeitsschwerpunkte im<br />

Patentwesen liegen dabei in <strong>de</strong>n Bereichen Elektrotechnik und Maschinenbau.<br />

Für unseren Standort in Villingen-Schwenningen (Ba<strong>de</strong>n-Württemberg) suchen wir zum nächstmöglichen<br />

Zeitpunkt<br />

einen Patentanwaltskandidaten (m/w)<br />

sowie<br />

einen Patentanwalt/European Patent Attorney (m/w)<br />

mit abgeschlossenem Universitätsstudium <strong>de</strong>r Fachrichtungen Elektrotechnik o<strong>de</strong>r Maschinenbau.<br />

Wir bieten sowohl eine exzellente Ausbildung als auch vielfältige und interessante Tätigkeiten in einem<br />

motivierten Team. Wir streben eine langfristige Zusammenarbeit an.<br />

Ihre Be<strong>werbung</strong> richten Sie, gerne auch per E-Mail, an<br />

Cbr. Robert Göhring Va!, Elb! und Cbr. Stephan J. Mixa Va!<br />

Die Schwarze Madonna –<br />

auch zu ihr führt die Reise.<br />

Patentanwälte Westphal, Mussgnug & Partner<br />

Am Riettor 5, 78048 Villingen-Schwenningen, Tel.: 07721 8838-0, mail@wemupat.<strong>de</strong>, www.wemupat.<strong>de</strong><br />

Anzeige<br />

ACADEMIA 5/2012 39


Cartellverband<br />

„Beziehungen“ und „Bu<strong>de</strong>n“ sind die<br />

Lebensa<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s CV und seiner Verbindungen<br />

Ergebnisse <strong>de</strong>r CV-Mitglie<strong>de</strong>rbefragung: Keilempfehlungen aus <strong>de</strong>m Umfeld <strong>de</strong>r Alten Herren,<br />

preiswerte Stu<strong>de</strong>ntenzimmer und Webseiten sind die wichtigsten Quellen für neue Mitglie<strong>de</strong>r<br />

Bad Honnef. CVer studieren im allgemeinen<br />

schneller und erzielen bessere<br />

Abschlüsse; dies war bislang die Annahme<br />

aus älteren, CV-internen Erhebungen.<br />

Seit Juni letzten Jahres haben 156 Aktive<br />

und 110 alte Herren unter 40 Jahren und<br />

mit bis zu acht Jahren Berufspraxis an<br />

<strong>de</strong>n Onlinebefragungen <strong>de</strong>s internationalen<br />

Beratungsunternehmens Universum<br />

(Stockholm/Phila<strong>de</strong>lphia/Köln/Shanghai)<br />

teilgenommen und das höhere Studientempo<br />

klar bestätigt:<br />

Unsere Studieren<strong>de</strong>n im CV sind zwar ca.<br />

ein Jahr älter als <strong>de</strong>r Durchschnitt, mit 6,6<br />

vs. 6,9 von 10 Punkten etwas mittelmäßiger<br />

in ihren Noten und mit jährlich 44.434<br />

Euro um ca. 800 Euro anspruchsvoller in<br />

ihren Gehaltserwartungen. Dafür jedoch<br />

gelingt unseren Cartellbrü<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Berufseinstieg<br />

etwa eineinhalb Jahre früher<br />

als <strong>de</strong>m Durchschnitt. Mit 4,3 Jahren Be-<br />

Zur Methodik<br />

<strong>de</strong>r Online-Befragung<br />

Studieren<strong>de</strong> und Professionals – Aka<strong>de</strong>miker<br />

mit bis zu acht Jahren Berufserfahrung<br />

– wur<strong>de</strong>n unter Zuhilfenahme von Online-<br />

Netzwerken, Alumni-Organisationen und<br />

an<strong>de</strong>ren Partnern per Email zu einer ca.<br />

15-minütigen Online-Befragung eingela<strong>de</strong>n.<br />

Die Einladung enthielt einen Link, mit<br />

<strong>de</strong>m die Teilnehmer auf <strong>de</strong>n Online-Fragebogen<br />

zugreifen konnten. Die Befragten<br />

erfuhren direkt im Anschluss, welcher Karriere-Typ<br />

sie sind und welche Unternehmen<br />

basierend auf ihren Karriereprioritäten gut<br />

zu ihnen passen. Die Ergebnisse <strong>de</strong>r unabhängigen,<br />

nationalen Befragungen wur<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>r Wirtschaftswoche und in <strong>de</strong>r Financial<br />

Times veröffentlicht. Alle Antworten<br />

wer<strong>de</strong>n gemäß <strong>de</strong>n Datenschutzbestimmungen<br />

anonym behan<strong>de</strong>lt. Die nächste<br />

Universum Professional-Studie startet<br />

im Laufe <strong>de</strong>s Juli 2012.<br />

40 5/2012 A ACADEMIA<br />

rufserfahrung verdienen sie durchschnittlich<br />

58.302 Euro jährlich und damit etwa<br />

1.000 Euro weniger als ihre Kollegen,<br />

sind aber auch ca. ein Jahr jünger. Anhand<br />

<strong>de</strong>r Zahlen älterer teilnehmen<strong>de</strong>r Cartellbrü<strong>de</strong>r<br />

wissen wir, dass das Gehaltsniveau<br />

nach durchschnittlich 16,5 Berufsjahren<br />

bei <strong>de</strong>rzeit 88.325 Euro p.a. liegt.<br />

CVER-KARRIEREZIEL:<br />

FÜHRUNGSKRAFT IM<br />

ÖFFENTLICHEN DIENST<br />

Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich grenzen sich unsere<br />

CVer im Hinblick auf ihre Karriereziele<br />

vom Gros <strong>de</strong>r männlichen Studieren<strong>de</strong>n<br />

bzw. Berufstätigen ab: 47% unserer jungen<br />

Berufstätigen (vs. ø 40% aller männ-<br />

lichen Studienteilnehmer) und sogar 51%<br />

unserer Studieren<strong>de</strong>n (vs. ø 37%) streben<br />

die Übernahme von Führungs- und an<strong>de</strong>ren<br />

verantwortungsvollen Aufgaben an.<br />

65% unserer Aka<strong>de</strong>miker (vs. ø 45%) legen<br />

Wert auf ein intellektuell anspruchs-<br />

<br />

<br />

Bei bei<strong>de</strong>n Gruppen zeigt sich eine klare<br />

Präferenz für die Berufsfel<strong>de</strong>r „Öffentlicher<br />

Dienst / Politik“ und „Forschung &<br />

Lehre“. Die bei männlichen Studieren<strong>de</strong>n<br />

normalerweise mit ca. 30% hoch im Kurs<br />

stehen<strong>de</strong>n Arbeitgeber aus <strong>de</strong>r Automobilindustrie<br />

erreichen bei <strong>de</strong>n CVern allenfalls<br />

beschei<strong>de</strong>ne 18%.<br />

Soweit eine kurze Zusammenfassung zum<br />

<br />

mit bis zu acht Jahren Berufspraxis. In <strong>de</strong>r<br />

Studie wur<strong>de</strong>n aber auch fünf CV-spezi-<br />

<br />

Wie ist <strong>de</strong>r Kontakt zu Deiner CV-Stu<strong>de</strong>ntenverbindung zustan<strong>de</strong> gekommen?


Was war letzten En<strong>de</strong>s Ausschlag gebend dafür, dass Du in Deiner CV-Verbindung aktiv gewor<strong>de</strong>n bist?<br />

tung <strong>de</strong>r Antworten auf diese für Aktivitates<br />

und Altherrenschaften existenziell<br />

wichtigen Fragen lässt unter an<strong>de</strong>rem<br />

folgen<strong>de</strong> Verän<strong>de</strong>rung im Zustan<strong>de</strong>kommen<br />

<strong>de</strong>s Erstkontakts zu Interessenten<br />

erkennen: Während 31% unserer heute<br />

berufstätigen Cartellbrü<strong>de</strong>r auf Empfehlung<br />

hin kontaktiert wor<strong>de</strong>n sind, erfolgte<br />

dies nur noch bei 19% unserer Studieren<strong>de</strong>n.<br />

Dagegen haben 44% unserer Aktiven<br />

im Zuge ihrer Zimmersuche <strong>de</strong>n Weg zur<br />

CV-Verbindung gefun<strong>de</strong>n. Dies be<strong>de</strong>utet<br />

eine Keilungs-Verschiebung weg von <strong>de</strong>r<br />

überzeugten Empfehlung <strong>de</strong>s CV und seiner<br />

Verbindungen hin zum rein pragmatischem<br />

Moment einer Unterkunft in einem<br />

Verbindungshaus. Eine aus zweierlei<br />

Grün<strong>de</strong>n gefährliche Entwicklung:<br />

KEILGÄSTE EMPFEHLEN,<br />

HÄUSER RENOVIEREN<br />

Erstens scheinen sich unsere jüngeren<br />

Alten Herren nicht mehr so intensiv im<br />

Familien- und Bekanntenkreise nach<br />

keilfähigen Studienanfängern umzusehen<br />

und diese ihren Ur- o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

CV-Verbindungen als Keilgäste zu empfehlen.<br />

Zweitens birgt die Keilung von<br />

44% unserer Aktiven über preiswerten<br />

Stu<strong>de</strong>ntenwohnraum die Gefahr, dass<br />

insbeson<strong>de</strong>re CV-Verbindungen mit älteren,<br />

nicht auf mo<strong>de</strong>nem Niveau gehaltenen<br />

Stu<strong>de</strong>ntenzimmern ihr bisheriges<br />

Keilpotenzial verlieren. Dies dürfte sich<br />

spätestens 2020 mit Einknicken <strong>de</strong>r aktu-<br />

ellen Stu<strong>de</strong>ntenschwemme aufgrund <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>rzeit vielerorts entstehen<strong>de</strong>n Überangebots<br />

an brandneuen, exzellent ausgestattenen<br />

Appartments à la „Stu<strong>de</strong>ntisches<br />

Wohnen“ massiv bemerkbar machen. Immerhin<br />

such(t)en aber noch 30% unserer<br />

Cartellbrü<strong>de</strong>r unabhängig davon initiativ<br />

<strong>de</strong>n Kontakt zu ihrer Verbindung. Wegen<br />

<strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Internetpräferenz gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r jüngeren Zielgruppen ist in diesem<br />

Zusammenhang die aussagekräftige Darstellung<br />

über eine mo<strong>de</strong>rne Webseite ein<br />

Muss für je<strong>de</strong> CV-Stu<strong>de</strong>ntenverbindung!<br />

Entschei<strong>de</strong>nd für <strong>de</strong>n Rezeptionsantrag<br />

unserer Cartellbrü<strong>de</strong>r war und ist – Wen<br />

wun<strong>de</strong>rt‘s? – die „gute Stimmung auf<br />

<strong>de</strong>m Verbindungshaus“ und die damit<br />

verbun<strong>de</strong>ne „Freundschaft zu einem Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r“.<br />

Allerdings geben ganze 44%<br />

<strong>de</strong>r studieren<strong>de</strong>n CVer die „Zugehörigkeit<br />

zu einer starken Gemeinschaft“ als ein<br />

Hauptmotiv für ihre Mitgliedschaft an.<br />

Sicherlich eine Aussage, mit <strong>de</strong>nen unsere<br />

Verbindungen und <strong>de</strong>r Cartellverband<br />

selbst in Zukunft expressis verbis intensiver<br />

werben sollten.<br />

Gut 40% nennen das Generationen übergreifen<strong>de</strong><br />

Lebensbundprinzip als Ursache<br />

für ihre Verbindungszugehörigkeit. Allerdings<br />

scheinen „<strong>de</strong>r interdisziplinäre<br />

Austausch im Studium“ und auch „die<br />

Gemeinschaft katholischer Stu<strong>de</strong>nten“ an<br />

Be<strong>de</strong>utung zu verlieren.<br />

Abschließend sei noch ergänzt, dass sich<br />

knapp die Hälfte (49%) unserer Aktiven<br />

vor ihrem Studium als Messdiener und<br />

37% als Jugendgruppenleiter engagiert<br />

Cartellverband<br />

haben. Dies be<strong>de</strong>utet, dass wir unsere<br />

Pfarrgemein<strong>de</strong>n mehr <strong>de</strong>nn je als Keilungsplattformen<br />

wie<strong>de</strong>rent<strong>de</strong>cken müssen.<br />

MEHR WERBUNG IN<br />

DEN PFARRGEMEINDEN<br />

Ergo: Liebe Conphilister, haltet in Euren<br />

Familien und im Freun<strong>de</strong>s- und Bekanntenkreis<br />

gezielt Ausschau nach angehen<strong>de</strong>n<br />

Stu<strong>de</strong>nten und erzählt diesen vom<br />

CV und <strong>de</strong>n Vorteilen <strong>de</strong>s Couleurstu<strong>de</strong>ntentums!<br />

Übermittelt ortsansässigen<br />

CV-Verbindungen frühzeitig <strong>de</strong>ren Kontaktdaten<br />

und fasst nach, ob Eure Empfehlung<br />

auch nachverfolgt wur<strong>de</strong>.<br />

Sprecht die Messdiener und Gruppenleiter<br />

in Euren Pfarrgemein<strong>de</strong>n an und berichtet<br />

ihnen über die Existenz unserer katholischen<br />

Verbindungen und unserer „CV-<br />

Kirche“.<br />

Liebe Hausvereinsvorsitzen<strong>de</strong>, bringt Eure<br />

Stu<strong>de</strong>ntenzimmer und Verbindungshäuser<br />

möglichst kurzfristig auf ein nachhaltig<br />

konkurrenzfähiges Wohnniveau.<br />

Und – last but not least – liebe Aktivitates,<br />

sorgt dafür, dass Eure Websites zeitgemäß<br />

<br />

Dann klappt‘s auch mit <strong>de</strong>r Keilung.<br />

Tom Peters (B-Th)<br />

[Der Autor steht als Ansprechpartner<br />

für Fragen zu <strong>de</strong>n Universum-Studien<br />

und zu <strong>de</strong>n CV-Ergebnissen gern zur<br />

Verfügung: tom.peters@comm-act.<strong>de</strong>]<br />

A ACADEMIA 5/2012 41


Cartellverband<br />

Weihbischof<br />

Manfred<br />

Melzer<br />

Ehrenmitglied<br />

<strong>de</strong>r KDStV<br />

Ripuaria Bonn<br />

Bonn. Ripuaria Bonn hat ein neues Ehren-<br />

mitglied, das sich in die stolze Reihe <strong>de</strong>r<br />

kirchlichen Wür<strong>de</strong>nträger <strong>de</strong>r 1863 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Verbindung einreiht. Vor Weihbischof<br />

Manfred Melzer trugen die Bischöfe<br />

Wilhelm Schnei<strong>de</strong>r (Pa<strong>de</strong>rborn),<br />

Franz Rudolf Bornewasser (Trier), Josef<br />

Müller und Wilhelm Stockums (Köln),<br />

Nuntius Corrado Kardinal Bafile (Rom),<br />

42 5/2012 ACADEMIA<br />

Die Activitas mit <strong>de</strong>m Ehrenmitglied,<br />

das in <strong>de</strong>r Vergangenheit schon häufig mit<br />

Bonner Ripuaren zu tun hatte.<br />

Philistersenior Stephan Bücker und das neue<br />

Ehrenmitglied Weihbischof Manfred Melzer bei<br />

<strong>de</strong>r Überreichung <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong>.<br />

Abt Il<strong>de</strong>fons Schulte-Strathaus (Michaelsberg<br />

Siegburg) und Joseph Kardinal Höffner<br />

(Köln) das Ripuarenband. Dem Kölner<br />

Weihbischof Melzer, geboren 1944 in Solingen-Ohligs<br />

– ehemals erzbischöflicher<br />

Kaplan und Geheimsekretär unseres Ehrenmitglieds<br />

Joseph Kardinal Höffner –<br />

wur<strong>de</strong> das blau-weiß-rote Band Ripuariae<br />

CV-Zirkel Wiesba<strong>de</strong>n spen<strong>de</strong>te 3.300 Euro<br />

Wiesba<strong>de</strong>n. Der CV-Zirkel Wiesba<strong>de</strong>n übergab Anfang Juli <strong>de</strong>m Hospizverein Auxilium<br />

Wiesba<strong>de</strong>n einen Scheck in Höhe von über 3.300 Euro. Bereits zum siebten Mal schenkten<br />

Alte Herren <strong>de</strong>s Zirkels und ihre Damen Wein und Wasser an die Besucher <strong>de</strong>s Wiesba<strong>de</strong>ner<br />

Pfingstturniers im Schlosspark zu Wiesba<strong>de</strong>n-Biebrich aus, dieses Jahr unterstützt durch<br />

Aktive <strong>de</strong>r Rheno-Palatia Breslau zu Mainz. Auxilium bietet Begleitung für Menschen mit<br />

einer unheilbaren Erkrankung, Begleitung für Sterben<strong>de</strong> und für trauern<strong>de</strong> Menschen. Reingewinn<br />

und Spen<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Reihen <strong>de</strong>s Zirkels ergaben diese Summe. Alle Cartellbrü<strong>de</strong>r<br />

und ihre Damen hatten während ihres Dienstes am Stand Gelegenheit, sich von <strong>de</strong>r positiven<br />

Wirkung solcher Wohltätigkeitsaktionen durch Couleurstu<strong>de</strong>nten auf das Bewusstsein <strong>de</strong>r<br />

Öffentlichkeit zu überzeugen. Der Zirkel engagiert sich seit 1995 auf <strong>de</strong>m caritativen Sektor mit<br />

Spen<strong>de</strong>n, die an Kin<strong>de</strong>rgärten, Altenheime, Hospizvereine u.ä. gehen. Theo Krekeler (Nm)<br />

am 2. Mai bei einem Aka<strong>de</strong>mischen Festakt<br />

vor einer großen Corona von Gästen und<br />

Cartell- und Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>rn verliehen.<br />

Philistersenior Stephan Bücker erklärte,<br />

<strong>de</strong>r Weihbischof lebe das Prinzip religio in<br />

<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s katholischen Glaubens<br />

und <strong>de</strong>s Verständnisses <strong>de</strong>r christlichen<br />

Konfes sionen untereinan<strong>de</strong>r. Sein bischöflicher<br />

Wahlspruch „Diligendo Deum cognoscere“<br />

belegt die aktive Gestaltung <strong>de</strong>s<br />

eigenen Le bens aus <strong>de</strong>m Glauben in <strong>de</strong>r<br />

Verantwortung vor Gott, <strong>de</strong>n Menschen<br />

und <strong>de</strong>r Schöpfung. Eine beson<strong>de</strong>re Beziehung<br />

zu Ripuaria besteht für Melzer<br />

auch in <strong>de</strong>r Mitgliedschaft <strong>de</strong>r Theologenverbindung<br />

VKTh Burgundia im Konvikt<br />

Albertinum in Bonn, mit <strong>de</strong>r Ri puaria ein<br />

Freundschaftsabkommen pflegt.<br />

Nach <strong>de</strong>r Laudatio nahm <strong>de</strong>r Philistersenior<br />

zusammen mit <strong>de</strong>m Aktivensenior<br />

René van Reimersdahl Manfred Melzer<br />

<strong>de</strong>n Burscheneid ab und verlieh ihm das<br />

Ripuarenband. Zu<strong>de</strong>m überreichte <strong>de</strong>r


Philistersenior <strong>de</strong>m neuen Ehrenmitglied<br />

die Mütze und das Diplom <strong>de</strong>r Verbindung<br />

und begrüßte <strong>de</strong>n Bischof herzlich als neuen<br />

Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bonner Ripuaren.<br />

Cbr Bischof Melzer bedankte sich in einer<br />

Replik für die Laudatio und fand sehr<br />

freundliche Worte über seine Aufnahme bei<br />

<strong>de</strong>n Ripuaren. Er baute sogleich eine weitere<br />

Brücke auf: er hielt ein Werbeblatt <strong>de</strong>r<br />

Ripuaria aus <strong>de</strong>m Wintersemester 1981/82<br />

hoch, auf <strong>de</strong>m in schwarzer Handschrift<br />

auf kardinalsrotem Papier stand: „Das<br />

Gegenwärtigsein <strong>de</strong>r Ripuaria an <strong>de</strong>r Universität<br />

steht nicht unter <strong>de</strong>m Gesetz <strong>de</strong>r<br />

zugeschlossenen Arche, son<strong>de</strong>rn unter<br />

<strong>de</strong>m Zeichen <strong>de</strong>s Sauerteigs, <strong>de</strong>r in das<br />

Mehl gehört, nicht daneben. Köln, Allerheiligen<br />

1981, + Joseph Card. Höffner“.<br />

Sodann zeichnete er <strong>de</strong>n Weg zu seiner<br />

neuen Verbindung in vielen Erlebnissen<br />

nach, die ihn schon zu Studienzeiten auf<br />

das Bonner Ripuarenhaus geführt hatten.<br />

Dort h a t -<br />

aktive<br />

Gestaltung<br />

<strong>de</strong>s eigenen<br />

Lebens<br />

aus <strong>de</strong>m<br />

Glauben<br />

t e e r<br />

nicht nur<br />

als Senior<br />

<strong>de</strong>r Theologenverb<br />

i n d u n g<br />

V K T h<br />

Burgundia<br />

bereits in<br />

<strong>de</strong>n 60-er<br />

Jahren eine<br />

Kneipe<br />

g e s c h l a -<br />

gen, son-<br />

<strong>de</strong>rn auch manche Diskussionen und Dispute<br />

mit Theologen geführt, die auch das<br />

Ripuarenband tragen. Beson<strong>de</strong>rs freute<br />

sich Cbr Bischof Melzer über die stattliche<br />

Activitas und kündigte für das nächste Semester<br />

einen Abend an, <strong>de</strong>r ganz einem intensiven<br />

Gedankenaustausch mit <strong>de</strong>r Activitas<br />

dienen solle.<br />

Nach <strong>de</strong>n Re<strong>de</strong>n versammelte sich die Ripuarenfamilie<br />

mit ihrem neuen Mitglied vor<br />

<strong>de</strong>m Verbindungshaus um eine Papstbank<br />

von <strong>de</strong>r Eucharistiefeier auf <strong>de</strong>m Freiburger<br />

Flugplatzgelän<strong>de</strong> zum Abschluss <strong>de</strong>s<br />

Besuchs von Papst Benedikt XVI. 2011 in<br />

Deutschland; diese Bank wur<strong>de</strong> erst wenige<br />

Tage zuvor von Cbr Hermann-Josef Busen<br />

(RBo) seiner Verbindung gestiftet.<br />

Dr. Ulrich Schnorrenberg (RBo),<br />

Stephan Bücker (RBo)<br />

und Walter Gauer (RBo)<br />

Cartellverband<br />

COMMENTiert<br />

Stolzes Attribut vieler Verbindungshäuser sind die<br />

Ahnengalerien ihrer Alten Herren, am besten fortlaufend<br />

bis zur Gründung. Wie die Gefallenentafeln bei<strong>de</strong>r Weltkriege<br />

sind diese immer wie<strong>de</strong>r Anstoß zum Nach<strong>de</strong>nken über die Einheit<br />

<strong>de</strong>s Lebensbun<strong>de</strong>s, die Brücke <strong>de</strong>r Tradition, die Treue zu <strong>de</strong>n<br />

Prinzipien; <strong>de</strong>r Hel<strong>de</strong>nkult früherer Zeiten ist passé.<br />

Durchaus erinnere ich mich <strong>de</strong>r ersten Chargierfahrten zu<br />

Beerdigungen Alter Herren, die, mir persönlich zwar unbekannt,<br />

ein an<strong>de</strong>res Verständnis weckten für die größere Gemeinschaft<br />

über <strong>de</strong>n Kreis hinaus, in <strong>de</strong>m man als Aktiver sich lebensfroh<br />

bewegte. Im Lauf <strong>de</strong>r Jahre haben sich dann zunehmend auch gute<br />

Freun<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>n Dahingegangenen gereiht, <strong>de</strong>rer zu ge<strong>de</strong>nken in<br />

einer Verbindung Raum ist:<br />

Anlässe sind zunächst Kommerse, bei <strong>de</strong>nen wir nicht nur ein<br />

soundsovieltes Stiftungsfest feiern, son<strong>de</strong>rn in stillem<br />

Totenge<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>r Verstorbenen erinnern – Momente, die<br />

nachwirken. Zumin<strong>de</strong>st im süd<strong>de</strong>utschen Raum ist <strong>de</strong>r Gräbergang<br />

zu Allerheiligen fester Bestandteil <strong>de</strong>s Semesterprogramms.<br />

Keineswegs nur die katholischen Korporationen sind dabei<br />

unterwegs, son<strong>de</strong>rn, respektvoll die Mütze voreinan<strong>de</strong>r ziehend,<br />

begegnen sich hier die Vertreter aller Couleur, und manches<br />

Grab ziert hernach ein Kranz mit Farbenschleife. Seltener<br />

scheint die Abhaltung sogenannter Trauerkneipen gewor<strong>de</strong>n zu<br />

sein, die aber schon aus Grün<strong>de</strong>n einer gewissen Praxis jeweils<br />

zum Totensonntag, am besten mit einem vorausgehen<strong>de</strong>n<br />

Ge<strong>de</strong>nkgottesdienst, stattfin<strong>de</strong>n sollten:<br />

Die Trauerkneipe wird vom Präsi<strong>de</strong>n in umflorter Salonwichs<br />

ge schlagen. Je<strong>de</strong>r Teilnehmer erhält ein volles Glas. Der<br />

Kneip saal ist von Kerzenlicht erleuchtet. Die Corona nimmt<br />

schweigend ihre Plätze ein. Der Stuhl zur Rechten <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>n<br />

ist leer, die Rückenlehne umflort. Davor brennt eine Kerze,<br />

daneben steht ein volles Glas. Der Präsi<strong>de</strong> nimmt schweigend<br />

seinen Platz ein und legt <strong>de</strong>n Schlä ger ohne Kommando hin. Ein<br />

Trauerlied wird getragen angestimmt, nach kurzer Begrüßung<br />

ist ein „Colloquium triste“ möglich. Nach <strong>de</strong>m nächsten Lied<br />

hält <strong>de</strong>r Präsi<strong>de</strong> die Gedächtnisre<strong>de</strong>, verliest die Namen und<br />

Lebensläufe <strong>de</strong>r Verstorbenen, woran sich eine Ge<strong>de</strong>nkminute<br />

anschließt: „Silentium triste in memoriam!“ Nach <strong>de</strong>m dritten<br />

Lied folgt <strong>de</strong>r Trauersalaman<strong>de</strong>r, für <strong>de</strong>n alle Kerzen bis auf<br />

die vor <strong>de</strong>m leeren Stuhl gelöscht wer<strong>de</strong>n. Der Präsi<strong>de</strong>: „Corona<br />

hoch! Auf un seren Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r trinken wir <strong>de</strong>n letzten<br />

Schluck.“ Die Gläser wer<strong>de</strong>n leise ausgetrunken. Der Präsi<strong>de</strong>:<br />

„Alle Gläser sind leer, nur eines ist voll. Der es trank, ist<br />

nicht mehr. Höre es, toter Bru<strong>de</strong>r, ich trinke Dir das letzte<br />

Glas. – Wie <strong>de</strong>in Leben zerbrochen ist, so zerbreche dieses<br />

Glas. – Wie Dein Leben verloschen ist, so verlösche die ses<br />

Licht. – Im Rei che <strong>de</strong>s Lichts sehen wir uns wie<strong>de</strong>r. Trauer -<br />

kneipe ex.“ Alle Anwesen<strong>de</strong>n verlassen wortlos Kneipe und Haus.<br />

Im Anschluß verbietet sich je<strong>de</strong>s Exkneipen.<br />

Dr. Bernhard Grün (Mm)<br />

ACADEMIA 5/2012 43


Cartellverband<br />

Teelicht mit <strong>de</strong>m<br />

Logo <strong>de</strong>s CV<br />

Schmallenberg. Das Bekenntnis zum Cartell -<br />

verband und seinen wegweisen<strong>de</strong>n Prinzipien<br />

kennt viele Formen. Eine beson<strong>de</strong>re<br />

Form ist ein durchsichtiges Rundglas, das<br />

zweimal das Logo <strong>de</strong>s Cartellverban<strong>de</strong>s trägt<br />

(siehe Bild untenstehend). Gedacht ist es<br />

für die Aufnahme eines Teelichts. Der CV-<br />

Zirkel Hunau-Wilzenberg hat es anfertigen<br />

lassen. Initiator ist dankenswerterweise<br />

Cbr Herbert Grobbel (Hs). Das Glas ist 11<br />

Zentimeter hoch und hat einen Durchmesser<br />

von 5,5 Zentimetern. Pro Glas liegt <strong>de</strong>r<br />

Preis bei 1,95 Euro, dazu kommen noch die<br />

Kosten für Verpackung und Porto. Die Sendung<br />

enthält zwölf Stück, das heißt zwölf<br />

Gläser. Unschwer vorzustellen, wie sich<br />

das „CV-Teelicht“ für <strong>de</strong>n CV-Kommers, für<br />

Gau- und Zirkelveranstaltungen o<strong>de</strong>r einfach<br />

nur für gemütliche Aben<strong>de</strong> eignet. AC<br />

Zu beziehen über:<br />

CVZ Hunau-Wilzenberg,<br />

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Telefon 02972/921129, Fax 5586,<br />

herbert.grobbel@t-online.<strong>de</strong>.<br />

44 5/2012 ACADEMIA<br />

Cbr Bischof Dr. Overbeck von Essen:<br />

„Verbindung mit <strong>de</strong>r Verbindung“<br />

Essen. Der Essener Bischof Dr. Franz-Josef<br />

Overbeck ist neues Ehrenmitglied <strong>de</strong>r<br />

KDStV Nordmark Essen. Aufgenommen<br />

wur<strong>de</strong> er im Rahmen <strong>de</strong>s Stiftungsfestes<br />

im ablaufen<strong>de</strong>n Sommersemester. Bischof<br />

Overbeck, <strong>de</strong>ssen Vorgänger Kardinal<br />

Franz Hengsbach (Hr) ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r<br />

CVer war, sprach von einer „schönen und<br />

kurzweiligen Feier“. Er gab seiner Hoffnung<br />

Ausdruck, die „Verbindung mit <strong>de</strong>r<br />

Bischof Dr. Overbeck ergriff<br />

das Wort, nach<strong>de</strong>m das Band<br />

<strong>de</strong>r KDStV Nordmark Essen<br />

angelegt wor<strong>de</strong>n war.<br />

Freu<strong>de</strong> über die Aufnahme<br />

<strong>de</strong>s prominenten Geistlichen<br />

als Ehrenmitglied auch<br />

seitens <strong>de</strong>r Activitas.<br />

Verbindung“ in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren<br />

weiter vertiefen zu können. PhilX Cbr<br />

Stefan Kleine-Möllhoff drückte sich erfreut<br />

über die Aufnahme <strong>de</strong>s neuen pro -<br />

minenten Mitglieds aus. Im Rahmen <strong>de</strong>r<br />

Jubel-Cartellversammlung 2011 in Essen<br />

hatte Bischof Oberbeck das Pontifikalamt<br />

im Essener Dom gefeiert. Ein Interview<br />

mit Cbr Dr. Franz-Josef Overbeck (Ndm)<br />

in <strong>de</strong>r ACADEMIA folgt in Kürze. AC


­<br />

Warum bezahlt Deutschland seine Professoren so schlecht?<br />

Köln. Seit <strong>de</strong>m Sommersemester 2012 unterrichte ich<br />

als nebenberuflicher Dozent an <strong>de</strong>r Fachhochschule Köln.<br />

Ein Bekannter, <strong>de</strong>m ich davon erzählte, meinte darauf<br />

spontan: „Promovieren Sie doch noch. Dann können Sie ja<br />

Professor wer<strong>de</strong>n.“<br />

Diese Aussage bewog mich dazu, einmal die einschlägigen<br />

Beamtenbesoldungstabellen zu studieren, um zu erfahren,<br />

was Professoren eigentlich verdienen. In meinem Fall<br />

an einer Fachhochschule ist die Besoldungsgruppe W2<br />

einschlägig. Ohne eigenes Verhandlungsgeschick o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

(beschei<strong>de</strong>nen) Finanzlage <strong>de</strong>r Hochschule geschul<strong>de</strong>te<br />

Zulagen entspricht das in Nordrhein-Westfalen einem monatlichen<br />

Bruttobasisgehalt von 4.354 Euro. Das erschien<br />

mir als beurlaubtem Bun<strong>de</strong>sbeamten auf <strong>de</strong>n ersten Blick<br />

nicht wirklich viel Geld zu sein. Ein Blick in die Besoldungs -<br />

tabelle <strong>de</strong>r Besoldungsgruppe A zeigt, dass das <strong>de</strong>m<br />

Gehalt eines Regierungsrates (A13), also <strong>de</strong>m Eingangs -<br />

amt <strong>de</strong>s Höheren Dienstes, mit 17 Jahren Berufs er fah -<br />

rung o<strong>de</strong>r eines Oberstudienrates (A14) mit zehn Jahren<br />

Berufserfahrung entspricht. A15, was einem Regierungs -<br />

direktor entspräche, liegt in je<strong>de</strong>m Falle über W2.<br />

Ich wur<strong>de</strong> nach<strong>de</strong>nklich. Ein gewöhnlicher Gymnasiallehrer<br />

mit zwei Staatsexamina verdient also in aller Regel mehr<br />

als ein promovierter Fachhochschulprofessor. Was be<strong>de</strong>utet<br />

das nun für Universitätsprofessoren? Hier entspricht<br />

<strong>de</strong>ren Basisbezahlung nach W3 wie<strong>de</strong>r am Beispiel Nord -<br />

rhein-Westfalen 5.279 Euro brutto im Monat, was einem<br />

Studiendirektor mit 17 Berufsjahren (A15) entspricht.<br />

Letzterer hat dafür lediglich zwei Staatsexamina abgelegt,<br />

ersterer jedoch geschätzte zehn Jahre in Promotion und<br />

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Habilitation investiert. Ein schlechtes Geschäft für <strong>de</strong>n<br />

Pro fessor? Ich fin<strong>de</strong> ja, <strong>de</strong>nn über seine reguläre Tätigkeit<br />

als Hochschullehrer lassen sich gegenüber einem Gym na si al -<br />

lehrer diese finanziellen Nachteile lediglich durch reguläre<br />

Lehr- und Forschungstätigkeit im Laufe eines Berufs -<br />

lebens nicht mehr aufholen. Erschwerend kommt die<br />

regionale Gleichmacherei hinzu. Ein Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r von mir,<br />

Universitätsprofessor in Bayreuth, sagte mir, einen Ruf in<br />

das ungleich teurere München hätte er sich nicht leisten<br />

können. Die Besoldung im teuren München entspricht<br />

exakt <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Provinzstädten Bayreuth o<strong>de</strong>r Coburg.<br />

Meines Erachtens ist die Besoldung unserer Hoch schul -<br />

lehrer lächerlich gering. Wenn wir, und als rohstoffarmes<br />

Land sind wir massiv auf die Intelligenz unserer Köpfe angewiesen,<br />

zukünftige Eliten durch beson<strong>de</strong>rs fähige Köpfe<br />

ausbil<strong>de</strong>n lassen wollen, muss dazu auch ein finanzieller<br />

Anreiz geschaffen wer<strong>de</strong>n. Dem A14 o<strong>de</strong>r A15 äquivalente<br />

Gehälter kann man als Lehrer o<strong>de</strong>r Ver waltungsbeamter<br />

ungleich leichter und vermutlich auch schneller <strong>de</strong>nn als<br />

Professor erlangen. Gleichzeitig könnte durch eine höhere<br />

Besoldung <strong>de</strong>r Professoren <strong>de</strong>ren weitverbreiteten Ne ben -<br />

tätigkeiten entgegengewirkt wer<strong>de</strong>n. Mit Blick auf die Be -<br />

zahlung von Hochschullehrern wun<strong>de</strong>rt es mich nicht mehr,<br />

wie viele Professoren nebenbei (o<strong>de</strong>r vielleicht doch eher<br />

hauptsächlich?) als Berater, Gutach ter o<strong>de</strong>r Markt for scher<br />

arbeiten. Eine Eindämmung dieser Ne bentätigkeiten käme<br />

gewiss auch <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>s aka<strong>de</strong>mischen Nach -<br />

wuchses zu Gute. Wür<strong>de</strong> mir mein eingangs zitierter<br />

Bekannter noch einmal eine Hochschul kar riere empfehlen,<br />

wür<strong>de</strong> ich ihm antworten: „Danke, aber eine Professur<br />

kann ich mir finanziell nicht leisten.“ Marco Ottawa (Hs)<br />

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ACADEMIA 5/2012 45


Cartellverband<br />

Oktober 2012<br />

46 5/2012 ACADEMIA<br />

2012<br />

Samstag, 13. 34. Regionaltag Südost, Dres<strong>de</strong>n<br />

Samstag, 13. 34. Regionaltag Süd, München Vc<br />

Samstag, 20. 34. Regionaltag West, Bochum Si<br />

Samstag, 20. 34. Regionaltag Südwest, Darmstadt Rpf<br />

Samstag, 27. 34. Regionaltag Nord, Braunschweig<br />

Samstag, 27. - Sonntag, 28. 120. Stiftungsfest CVZ Buchonia, Fulda; Samstag: Festkommers<br />

November 2012<br />

Freitag, 2. - Sonntag, 4. 30. Medienseminar mit HSS, Kloster Banz<br />

Samstag, 3. 125. Stiftungsfest CVZ Lippstadt<br />

Dienstag, 6. CV-Empfang Stuttgart<br />

Montag, 12. KKM-Empfang, München<br />

Samstag, 17. 120 Jahre CVZ Landau<br />

Freitag, 23. - Samstag, 24. EINSTIEG Abi München<br />

Freitag, 23. - Sonntag, 25. 90. Stiftungsfest KDStV Elbmark, Duisburg; Samstag: Festkommers<br />

Dezember 2012<br />

Samstag, 1. KVV <strong>de</strong>s EKV, Leoben<br />

Freitag, 14. - Sonntag, 16. Thomastag, Nürnberg; Samstag: Festkommers<br />

2013<br />

März 2013<br />

Samstag, 16. Alcimonia Eichstätt, Symposion zur Zukunft <strong>de</strong>r Katholischen Universität<br />

Mai 2013<br />

Freitag, 3. - Sonntag, 5. 40. Stiftungsfest AV Suebo-Danubia Ulm;<br />

Samstag: Festkommers (Kloster Roggenburg)<br />

Samstag, 4. 125 Jahre ACADEMIA, Festakt im Bayerischen Landtag München<br />

Samstag, 4. 125. Stiftungsfest CV-Zirkel Berlin<br />

Donnerstag, 9. - Sonntag, 12. CVV <strong>de</strong>s ÖCV, Alpbach<br />

Sonntag, 12. - Sonntag, 19. CV-Rhône-Flussschiffs-Reise<br />

Donnerstag, 16. - Montag, 20. 150. Stiftungsfest Ripuaria Bonn; Samstag: Festkommers<br />

Donnerstag, 16. - Montag, 20. 150. Stiftungsfest Saxonia<br />

Freitag, 24. - Sonntag, 26. 150. Stiftungsfest Novesia<br />

Donnerstag, 30. - Sonntag, 2.6. 127. Cartellversammlung in Braunschweig (Fronleichnam)<br />

Juni 2013<br />

Freitag, 14. - Samstag, 15. 50. Stiftungsfest Algovia Augsburg; Samstag: Festkommers<br />

Freitag, 14. - Sonntag, 16. 100. Stiftungsfest Hasso-Nassovia Frankfurt<br />

Freitag, 14. - Sonntag, 16. 100. Stiftungsfest Fre<strong>de</strong>ricia; Samstag: Festkommers<br />

Donnerstag, 27. - Sonntag, 30. 100. Stiftungsfest Rheinland<br />

September 2013<br />

Freitag, 6. - Montag, 9. 167. Generalversammlung <strong>de</strong>s StV, Murten<br />

Wichtige CV-Termine<br />

2014<br />

Juni 2014<br />

Donnerstag, 19. - Sonntag, 22. 128. Cartellversammlung in Aachen (Fronleichnam)


Foto: SGW<br />

Prof. Dr. Friedrich Diedrich (G-<br />

S) wur<strong>de</strong> am 26. Juli 1962 vor<br />

50 Jahren zum Priester geweiht.<br />

Von 1995 bis 2003 (2005)<br />

übernahm <strong>de</strong>r engagierte Cartellbru<strong>de</strong>r<br />

das Amt <strong>de</strong>s CV-Seelsorgers.<br />

Der am 5. Oktober 1935 in<br />

Hannover geborene Jubilar legte<br />

1956 in Hil<strong>de</strong>sheim das Abitur ab<br />

und studierte Katholische Theologie<br />

in Pa<strong>de</strong>rborn, Innsbruck und Bonn. In<br />

Pa<strong>de</strong>rborn empfing er das Sakrament <strong>de</strong>r<br />

Priesterweihe und war anschließend in <strong>de</strong>r<br />

Seelsorge tätig. 1972 wur<strong>de</strong> er Wissenschaftlicher<br />

Assistent am Lehrstuhl für Altes<br />

Testament an <strong>de</strong>r Katholisch-Theologischen<br />

Fakultät <strong>de</strong>r Ruhr-Universität<br />

Bochum. Die Promotion 1975 erfolgte in<br />

Bochum, die Habilitation 1985 in Freiburg.<br />

Von 1984 bis 1988 lehrte er an <strong>de</strong>r Universität<br />

Osnabrück Biblische Theologie-Altes<br />

Testament. 1988 wur<strong>de</strong> er auf <strong>de</strong>n<br />

Lehrstuhl für Alttestamentliche<br />

Wissenschaft an <strong>de</strong>r Theologischen<br />

Fakultät <strong>de</strong>r Katholischen<br />

Universität Eichstätt berufen, <strong>de</strong>r<br />

er zeitweise als Dekan vorstand.<br />

Der Cartellverband gratuliert Cbr<br />

Diedrich sehr herzlich zu seinem<br />

Jubiläum und wünscht ihm noch<br />

viele schöne Jahre im Kreis <strong>de</strong>r<br />

Cartellbrü<strong>de</strong>r.<br />

Auch und vor allem ACADEMIA<br />

ist Cbr Prof. Dr. Diedrich zu Dank<br />

verpflichtet. Seit vielen Jahren engagiert<br />

er sich mit bemerkenswerten<br />

inhaltlichen Beiträgen zu verschie<strong>de</strong>nen,<br />

vor allem theologischen<br />

Fragestellungen. Die Art dieser Beiträge<br />

ist mit <strong>de</strong>n Begriffen <strong>de</strong>r inhaltlichen Ausgewogenheit<br />

und <strong>de</strong>r wissenschaftlich<br />

wünschenswerten Sachlichkeit und Klarheit<br />

zu beschreiben. All das, Ausgewogenheit,<br />

Sachlichkeit und Klarheit, fügt sich<br />

Personen<br />

Prof. Dr. Friedrich Diedrich<br />

feierte Gol<strong>de</strong>nes Priesterjubiläum<br />

nahtlos und ansprechend in <strong>de</strong>n<br />

journalistischen Rahmen unserer<br />

Verbandszeitschrift ein. Ansprechend<br />

ist auch Prof. Diedrichs Wirken<br />

innerhalb <strong>de</strong>r Redaktion, was<br />

sich in Pünktlichkeit und überhaupt<br />

Zuverlässigkeit ausdrückt,<br />

was die Beiträge betrifft. Titelträgerei<br />

und Ämterschmuck liegen<br />

<strong>de</strong>m Jubilar ferne, was bei <strong>de</strong>r traditionellen<br />

Vorstellungsrun<strong>de</strong> zu Beginn<br />

je<strong>de</strong>r Redaktionskonferenz <strong>de</strong>utlich wird.<br />

Während <strong>de</strong>r Konferenzen dann sind seine<br />

Äußerungen wohlüberlegt und durchaus<br />

kritisch. Seine kritische Funktion, nicht<br />

zuletzt seinem aka<strong>de</strong>mischen Anspruch<br />

geschul<strong>de</strong>t, bewegt sich stets innerhalb <strong>de</strong>r<br />

Cartell- und Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>rlichkeit. In <strong>de</strong>r<br />

praktischen Seelsorge als Priester steht<br />

ihm <strong>de</strong>r Mensch in all seinen Sorgen und<br />

Nöten vor Augen.<br />

Beiträge<br />

inhaltlicher<br />

Ausgewogenheit und<br />

wissenschaftlich<br />

wünschenswerter<br />

Sachlichkeit<br />

und Klarheit<br />

Ich selbst bin Bbr Prof. Diedrich, <strong>de</strong>r mich<br />

vor bald 20 Jahren in Eichstätt die alt -<br />

testamentliche Weisheit lehrte, sehr dankbar,<br />

dass er zur Vielfalt <strong>de</strong>r ACADEMIA<br />

stets beiträgt. Viele Lebensjahre bei guter<br />

Gesundheit sind ihm von Herzen sehr zu<br />

wünschen! Veit Neumann (Alm)<br />

ACADEMIA 5/2012 47


Personen<br />

Ehrenwache am Sarg <strong>de</strong>s Ehrenmitglie<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />

KDStV Chursachsen, Maria Emanuel Prinz von<br />

Sachsen. Rechts im Bild die Chargierten.<br />

KDStV Chursachsen trauert um ihr Ehrenmitglied Prinz von Sachsen<br />

Dres<strong>de</strong>n. Die KDStV Chursachsen Dres<strong>de</strong>n<br />

trauert um ihr Ehrenmitglied, S.K.H.<br />

Maria Emanuel Prinz von Sachsen, <strong>de</strong>r am<br />

23. Juli 2012 im 87. Lebensjahr an seinem<br />

Schweizer Wohnort nach kurzer Krankheit<br />

verstarb. Cbr Maria Emanuel (Markgraf von<br />

Meißen, Herzog zu Sachsen) war als ältester<br />

Enkel <strong>de</strong>s letzten sächsischen Königs seit<br />

1968 Chef <strong>de</strong>s Hauses Wettin Albertinische<br />

Linie, Mitglied <strong>de</strong>s Malteseror<strong>de</strong>ns und<br />

<strong>de</strong>s Or<strong>de</strong>ns vom Gol<strong>de</strong>nen Vlies. Während<br />

48 5/2012 ACADEMIA<br />

seines Berufslebens arbeitete er als aka<strong>de</strong>mischer<br />

Kunstmaler und im Börsenhan<strong>de</strong>l.<br />

Daneben widmete er sich <strong>de</strong>m sächsischen<br />

Kulturerbe und <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sgeschichte. Da<br />

bereits sein Onkel, P. Georg von Sachsen<br />

(Gu, gestorben 1943), Cartellbru<strong>de</strong>r war,<br />

konnte Maria Emanuel zu Anfang <strong>de</strong>r<br />

1990er Jahre als einer <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>ellen Grün<strong>de</strong>rväter<br />

<strong>de</strong>r Dresdner CV-Verbindung gewonnen<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Ehrenbandverleihung<br />

fand im Juni 1998 statt. Das 20. Stiftungs-<br />

fest im Juni 2012 konnte er aus gesundheitlichen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht mehr besuchen. Gründungssenior<br />

Klaus Schlick (Cpf) und eine<br />

Chargenabordnung aus Dres<strong>de</strong>n wohnten<br />

am 30. Juli <strong>de</strong>n Exsequien in <strong>de</strong>r Königskapelle<br />

nahe Imst (Tirol) bei und erwiesen<br />

<strong>de</strong>m verstorbenen Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r auch<br />

beim Requiem in <strong>de</strong>r Dres<strong>de</strong>ner Kathedrale<br />

am 3. August die letzte couleurstu<strong>de</strong>ntische<br />

Ehre. Requiescat in pace! Provi<strong>de</strong>ntiae<br />

memor! Albrecht Malcherek (Cs)<br />

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Foto: Helfricht


Warum ich CVer gewor<strong>de</strong>n bin<br />

Das war schon eine gleichermaßen berechtigte wie überraschen<strong>de</strong><br />

Anfrage unseres ACADEMIA-Chefredakteurs Dr. Veit<br />

Neumann nach meinen Grün<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Eintritt in <strong>de</strong>n CV.<br />

Ja – warum eigentlich?<br />

Nicht immer erinnert man sich an die Voraussetzungen einer<br />

Entscheidung, die zur Selbstverständlichkeit gewor<strong>de</strong>n<br />

ist. Das Einhun<strong>de</strong>rt-Semester-Band ist längst verliehen<br />

(2008). Die Gedanken gehen also einige Jahrzehnte zurück.<br />

In Erinnerung bringt sich das hartnäckige Werben eines<br />

Staufen, mit <strong>de</strong>m ich gemeinsam das Gymnasium in<br />

Essen besucht hatte. Nach<strong>de</strong>m ich alsdann bei Staufia zu<br />

Gast war und – im Grundsätzlichen wohlinformiert – auf<br />

einen Freun<strong>de</strong>skreis gestoßen bin, <strong>de</strong>ssen Nachhaltigkeit<br />

ich bis heute ungezählte Gespräche und gemeinsame Erlebnisse<br />

verdanke, war meine Entscheidung gleich zu Beginn<br />

meines Studiums gefasst, zumal das Suum cuique als<br />

Leitmotiv <strong>de</strong>r Staufia hinreichend individual-freiheitsorientierte<br />

Entfaltungsmöglichkeit versprach.<br />

Amicitia ist bekanntlich nur eines <strong>de</strong>r konsenstragen<strong>de</strong>n<br />

Prinzipien. Ich bin mir nicht sicher, ob sich bei <strong>de</strong>ren Ergänzung<br />

durch religio und scientia die Gründungsverbindungen<br />

Aenania München und Winfridia Breslau im Jahre<br />

1856 <strong>de</strong>r Fortschrittlichkeit ihrer Gedanken bewusst waren:<br />

mit religiösem Bekenntnis und <strong>de</strong>r Wissenschaftlichkeit<br />

ist keine unauflösbare Antinomie geprägt wor<strong>de</strong>n, wie<br />

immer wie<strong>de</strong>r kritisch angemerkt wird, son<strong>de</strong>rn es wur<strong>de</strong><br />

eine sich ergänzen<strong>de</strong> und wechselseitig beeinflussen<strong>de</strong><br />

Werterkenntnis zusammengebracht. Wenn die Wissenschaft<br />

we<strong>de</strong>r einen zwingen<strong>de</strong>n Nachweis für die Kreationstheorie<br />

noch die Evolutionstheorie zu erbringen vermag,<br />

wobei die neuerliche Feststellung von Hawkings,<br />

dass eben alles immer schon dagewesen sei, zur Problemlösung<br />

angesichts einer offensichtlichen wissenschaftlichen<br />

Resignation nichts wirklich beitragen kann: was<br />

könnte mich veranlassen, bei Akzeptanz eines cogito ergo<br />

sum anzunehmen, dass alles irdische und menschliche<br />

Sein auf Zufall beruht und nicht auf göttlicher Schöpfung?<br />

Warum soll ich bei dieser „einfachen“ Alternative (tertium<br />

non datur!) das Unwahrscheinlichere und Sinnlose glau-<br />

von Cbr Dr. Theodor Schramm (St)<br />

ben? Es hat immerhin fünfzig Jahre gedauert, bis <strong>de</strong>n genannten<br />

Prinzipien im Jahre 1907 patria hinzugefügt wur<strong>de</strong>,<br />

wobei ab initio die Begrifflichkeit nicht ausschließend<br />

und abwehrend interpretiert wur<strong>de</strong>: Von Anfang an wur<strong>de</strong>n<br />

unabhängig von <strong>de</strong>ren Staatsangehörigkeit Neumitglie<strong>de</strong>r<br />

zugelassen, und <strong>de</strong>m Verständnis war eine europäische<br />

Auslegung zugrun<strong>de</strong> gelegt.<br />

Für mich erwies sich im Übrigen bei <strong>de</strong>r Staufia als beson<strong>de</strong>rs<br />

attraktiv, dass die Verbindung in Bonn angesie<strong>de</strong>lt<br />

ist, einer Stadt, die viele Jahre aufgrund <strong>de</strong>r frühen Entscheidung<br />

ihres ersten Kanzlers, Konrad A<strong>de</strong>nauer, zum<br />

Regierungssitz bestimmt wor<strong>de</strong>n war und dies Jahrzehnte<br />

bis zur Wie<strong>de</strong>rvereinigung bleiben sollte. Diese Präsenz<br />

erlaubte ein unmittelbares Erfahren und Miterleben einer<br />

turbulenten politischen Entwicklung bis zur aktuellen<br />

staatlichen Realität, die ich später über Jahrzehnte staatsrechtlich<br />

begleiten konnte. Theodor Schramm (St)<br />

Personen<br />

ACADEMIA 5/2012 49


Personen<br />

Cbr Prof. Dr. Walter Eykmann (ChW) feierte 75. Geburtstag<br />

Würzburg.Am 20. August feierte <strong>de</strong>r vormalige<br />

langjährige Würzburger Direktabgeordnete<br />

für <strong>de</strong>n bayerischen Landtag,<br />

Cbr Prof. Walter Eykmann (ChW), seinen<br />

75. Geburtstag. Er wur<strong>de</strong> als Stu<strong>de</strong>nt für<br />

das Lehramt an Gymnasien am 25. November<br />

1959 bei <strong>de</strong>r KDStV Cheruscia rezipiert.<br />

Über 100 Semester hat er seiner<br />

Verbindung die Treue gehalten.<br />

Seine politische Karriere begann 1972 als<br />

CSU-Stadtrat in Würzburg, 1978 wur<strong>de</strong> er<br />

Landtagsabgeordneter und blieb es 30 Jahre.<br />

Die Übernahme <strong>de</strong>s Kreisvorsitzes <strong>de</strong>r Würzburger<br />

CSU von 1991 bis 1995 betrachtete er<br />

eher als Episo<strong>de</strong>. Er verlegte sich auf das Geschäft<br />

<strong>de</strong>s unabhängigen Volksvertreters, die<br />

Uraufgabe <strong>de</strong>s Parlamentariers. 2004 stimmte<br />

er als einziger CSU-Abgeordneter gegen<br />

das achtjährige Gymnasium. Zu seinen po-<br />

50 5/2012 ACADEMIA<br />

litischen Schwerpunkten entwickelten<br />

sich Kultur, Hochschule und öffentli cher<br />

Dienst. Berühmtheit erlangte er als Vorsitzen<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>s Ausschusses für Fragen <strong>de</strong>s Öffentlichen<br />

Dienstes von 1986 bis 2008, <strong>de</strong>r<br />

kurz „Eykmann-Ausschuss“ genannt wur -<br />

<strong>de</strong>. Sein Einsatz für einen mo<strong>de</strong>rnen leistungsorientierten<br />

Öffentlichen Dienst, <strong>de</strong>r<br />

die soziale Komponente nicht aus <strong>de</strong>m Auge<br />

verliert, schlug sich in verschie <strong>de</strong>nen<br />

Ehrungen (Ehrenkommissar <strong>de</strong>r bayerischen<br />

Polizei o<strong>de</strong>r Gol<strong>de</strong>ne Ehren medaille<br />

<strong>de</strong>s bayerischen Beamtenbun<strong>de</strong>s) nie<strong>de</strong>r.<br />

Einen Namen machte sich Walter Eykmann<br />

als Lobbyist und Überzeugungstäter in allen<br />

Bereichen von Wissenschaft, Bildung und<br />

Pädagogik. Von 1991 bis 2005 war er Bun -<br />

<strong>de</strong>svorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Katholischen Elternschaft<br />

Deutschlands (KED). Es seien nur<br />

noch <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>svorsitz <strong>de</strong>s Bayerischen<br />

Bibliotheksverban<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Vorsitz im<br />

Finanzausschuss <strong>de</strong>s Kuratoriums <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie<br />

für Politische Bildung in Tutzing genannt.<br />

Unter <strong>de</strong>n vielen Ehrungen ist Walter<br />

Eykmann beson<strong>de</strong>rs stolz auf seine Ernennung<br />

zum Ehrensenator <strong>de</strong>r Universität<br />

Würzburg 2009. An weiteren wichtigen<br />

Auszeichnungen seien noch <strong>de</strong>r Bayerische<br />

Verdienstor<strong>de</strong>n (1989) und das Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuz<br />

1. Klasse (2005) erwähnt.<br />

Als Anerkennung für seine Verdienste im<br />

kirchlichen Bereich wur<strong>de</strong> er 2005 Komtur<br />

<strong>de</strong>s päpstlichen St.-Silvester-Or<strong>de</strong>ns.<br />

Als gläubiger Christ leugnet er nicht die<br />

Begrenztheiten, auch seine eigenen, umso<br />

mehr weiß er sich, zu einem (selbst-)kritischen<br />

und bewussten Dienst an <strong>de</strong>r Welt<br />

herausgefor<strong>de</strong>rt. Wolfgang Weiß (Oe-D)<br />

Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuz für Cartellbru<strong>de</strong>r Dr. Alois Becker (Si)<br />

Wesel. Der ehemalige Direktor <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie<br />

Klausenhof, Cbr Dr. Alois Becker<br />

(Si), ist mit <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>sverdienstkreuz am<br />

Ban<strong>de</strong> ausgezeichnet wor<strong>de</strong>n. Landrat<br />

Dr. Ansgar Müller überreichte Cbr Becker,<br />

<strong>de</strong>r im März 2011 in <strong>de</strong>n Ruhestand<br />

Dr. Alois Becker mit Familie (links Sohn Cbr Helmut<br />

Becker (Na) und Landrat Dr. Ansgar Müller, 2.v.l.).<br />

ging, die Auszeichnung im Kreishaus<br />

Wesel. In <strong>de</strong>r Begründung heißt es, dass<br />

Becker als „Motor für zukunftsweisen<strong>de</strong><br />

Entwicklungen“ und mit „großem Sachverstand<br />

und Fachkompetenz“ die beruf -<br />

liche Bildung und berufliche Integration<br />

von Benachteiligten und insbeson<strong>de</strong>re<br />

von jungen Migranten geprägt habe.<br />

Müller nannte beispielhaft verschie<strong>de</strong>ne<br />

Lehrgänge, die <strong>de</strong>r studierte Sozialwissenschaftler<br />

maßgeblich initiiert habe, so etwa<br />

Integrationskurse für koreanisches und<br />

philippinisches Krankenpflegepersonal<br />

Mitte <strong>de</strong>r 70er Jahre, Reintegra tionskurse<br />

für koreanische Bergarbeiter, Schulabschlusskurse<br />

für junge Migranten und<br />

Umschulungskurse für Rehabilitan<strong>de</strong>n. In<br />

seiner Ansprache hob <strong>de</strong>r Landrat das<br />

ehrenamtliche Engagement in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Lan<strong>de</strong>s- und Bun<strong>de</strong>sgremien<br />

<strong>de</strong>r katholischen Erwachsenenbildung<br />

hervor. Cbr Becker bedankte sich für die<br />

hohe Auszeichnung und betonte, dass sie<br />

nur zu einem Teil ihm selbst zustehe,<br />

son<strong>de</strong>rn „min <strong>de</strong>stens zur Hälfte“ <strong>de</strong>n<br />

Mitarbeitern und <strong>de</strong>m Leitungsteam <strong>de</strong>r<br />

Aka<strong>de</strong>mie Klausenhof. Cbr Alois Becker<br />

ist <strong>de</strong>rzeit Consenior <strong>de</strong>s CV-Zirkels Ve -<br />

salia Wesel. AC


Päpstliche Ehrung<br />

für Cbr Hans Roland Krichel (Sld)<br />

Völklingen. Ein beson<strong>de</strong>rer Glück- und<br />

Segenswunsch erreichte anlässlich seines<br />

75. Geburtstages Cbr Hans Roland Krichel<br />

(Sld) im saarländischen Völklingen.<br />

Mit einer kalligraphisch bemerkenswer ten<br />

Urkun<strong>de</strong> erteilte Papst Benedikt XVI.<br />

(Rup) <strong>de</strong>m aktiven Katholiken <strong>de</strong>n Apostolischen<br />

Segen und erbat für ihn die Fülle<br />

<strong>de</strong>r göttlichen Gna<strong>de</strong>n. Gewürdigt wur<strong>de</strong><br />

damit Cbr Krichels aktive Beteiligung am<br />

Leben seiner heimatlichen Pfarrgemein<strong>de</strong><br />

St. Michael in Völklingen, <strong>de</strong>r er seit<br />

mehr als 35 Jahren als stellvertreten<strong>de</strong>r<br />

Verwaltungsratsvor sitzen<strong>de</strong>r dient. Daneben<br />

war er fünf Jahre lang als Kirchenrechner<br />

aktiv und initiierte 2008 <strong>de</strong>n preiswerten<br />

Ankauf einer wertvollen Orgel. Als<br />

beson<strong>de</strong>rs glücklichen Umstand sieht er<br />

noch heute an, dass er zwei bis dahin<br />

atheistisch eingestellte Menschen missionierte,<br />

die seit 2006 sehr aktive Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r ka tholischen Kirche gewor<strong>de</strong>n sind.<br />

Im CV war <strong>de</strong>r 1937 geborene Jubilar im<br />

Jahr 1961 Mitbegrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r KDStV Saarland,<br />

zu <strong>de</strong>ren Urgestein er seit<strong>de</strong>m gehört.<br />

Ein unvergessliches Erlebnis bleibt ihm,<br />

dass er 1962 als Publikationssenior seiner<br />

jungen Verbindung fungieren durfte. Auch<br />

war er <strong>de</strong>r erste Ur-Saarlan<strong>de</strong> im Amt <strong>de</strong>s<br />

Philisterseniors <strong>de</strong>r Korporation. Im Jahr<br />

2005 betrieb er die Verlegung <strong>de</strong>r KDStV<br />

Saarland von Saarbrücken nach Jena mit,<br />

in <strong>de</strong>ren Rahmen umfangreiche Aufgaben<br />

zu erledigen waren. Als Kassenwart <strong>de</strong>s<br />

Personen<br />

Eigenheim-Vereins seit 2003, als er nach<br />

<strong>de</strong>m urplötzlichen Tod seines Vorgängers<br />

spontan eingesprungen war, kümmerte er<br />

sich um <strong>de</strong>n Verkauf <strong>de</strong>s alten Saarland-<br />

Hauses, <strong>de</strong>n Umzug und die Anmietung<br />

und Einrichtung <strong>de</strong>r neuen Unterkunft in <strong>de</strong>r<br />

neuen Heimat. Für diese Leistung ehrte ihn<br />

die Korporation 2008 mit ihrem Eh ren band.<br />

Als er 2010 aus seinem Amt schied, konnte<br />

er seinem Nachfolger ein in seiner Amtszeit<br />

um 20 Prozent vermehrtes Vermögen <strong>de</strong>s<br />

Eigenheim-Vereins übergeben. wb<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

ACADEMIA 5/2012 51


Personen<br />

Carlo Mulbach (H-RG):<br />

Im Dienste <strong>de</strong>r Steuerzahler Luxemburgs<br />

Bereits während meiner Schulzeit wur<strong>de</strong> mein Interesse für<br />

die wirtschaftlichen Zusammenhänge geweckt. Neben <strong>de</strong>n<br />

klassischen Fächern zählten nämlich Volkswirtschaftslehre,<br />

Buchführung und Steuerwesen zu meinem Fächerkanon. Dadurch<br />

lag es nahe, nach meinem Wirtschaftsabitur ein Studium<br />

<strong>de</strong>r Volkswirtschaftslehre aufzunehmen. Damals gab<br />

es allerdings im Großherzogtum Luxemburg noch keine vollwertige<br />

Universität, so dass ich wie die meisten Gleichaltrigen<br />

zum Studium in ein Nachbarland ging. Während meines<br />

Studiums an <strong>de</strong>r Justus-Liebig-Universität Gießen optierte<br />

ich für das Wahlfach Finanzwissenschaft,<br />

das sich mit <strong>de</strong>n ökonomischen<br />

Aktivitäten <strong>de</strong>s Staates beschäftigt.<br />

Nach <strong>de</strong>m Studium trat ich meine erste<br />

Arbeitsstelle als parlamentarischer<br />

Mitarbeiter einer Parlamentsfraktion<br />

an. Ich begleitete vorwiegend die parlamentarische<br />

Arbeit <strong>de</strong>s Finanzausschusses,<br />

<strong>de</strong>r sich neben <strong>de</strong>n Haushalts-<br />

und Steuerfragen auch mit <strong>de</strong>n<br />

Gesetzentwürfen zur Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Finanzplatzes beschäftigt. So lernte<br />

ich die „Funktionsweise“ <strong>de</strong>s Luxemburger<br />

Staates kennen. Nach fünf Jahren<br />

wechselte ich als Volkswirt in <strong>de</strong>n<br />

öffentlichen Dienst, also in <strong>de</strong>n Dienst<br />

meiner Mitbürger. Ich wur<strong>de</strong> jener<br />

Steuerverwaltung zugewiesen, die primär<br />

für die direkten Steuern (Einkommens-,<br />

Lohn-, Vermögens-, Körperschafts-,<br />

Gewerbe-, Zinsertragssteuer)<br />

zuständig ist. In <strong>de</strong>r volkswirtschaftlichen<br />

Abteilung galt es, einerseits die<br />

Ertragskraft von 60 Prozent <strong>de</strong>r gesamten Staatseinnahmen<br />

zu schätzen, an<strong>de</strong>rerseits die Entwicklung <strong>de</strong>r Steuereinnahmen<br />

zu überwachen und statistisch aufzubereiten.<br />

Kurz vor Weihnachten 2010 wur<strong>de</strong> ich einstimmig von <strong>de</strong>r<br />

Abgeordnetenkammer S.K.H. Großherzog Henri als neues<br />

Mitglied <strong>de</strong>s fünfköpfigen Kollegiums <strong>de</strong>s luxemburgischen<br />

Rechnungshofes vorgeschlagen. Der Rechnungshof prüft die<br />

Rechnungsführung <strong>de</strong>r Organe, Verwaltungen und Dienststellungen<br />

<strong>de</strong>s Staates Luxemburg. Ferner kann <strong>de</strong>r Rechnungshof<br />

die Verwendung öffentlicher Mittel prüfen, die privaten<br />

o<strong>de</strong>r öffentlichen Einrichtungen für einen bestimmten<br />

Zweck gewährt wur<strong>de</strong>n. Als externe Finanzkontrolle prüft<br />

<strong>de</strong>r Rechnungshof nicht nur die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit<br />

<strong>de</strong>r Ausgaben, son<strong>de</strong>rn auch die wirtschaftliche<br />

Haushaltsführung <strong>de</strong>r öffentlichen Mittel. Deshalb prüft<br />

52 5/2012 ACADEMIA<br />

CVer im Ausland<br />

Die ACADEMIA-Redaktion<br />

wird weiter Cartellbrü<strong>de</strong>r<br />

vor stellen, die im Ausland<br />

wir ken. Wer da her Informationen über CVer<br />

im Ausland in beson<strong>de</strong>ren beruflichen<br />

Positionen und Lagen hat, kann diese<br />

gerne an die Redaktion wei ter -<br />

leiten (redaktion@ car tellverband.<strong>de</strong>).<br />

er die Sparsamkeit, die Wirtschaftlichkeit<br />

und die Wirksamkeit <strong>de</strong>r öffentlichen Ausgaben,<br />

ohne dass <strong>de</strong>ren Zweckmäßigkeit beurteilt wird.<br />

Das Gesetz verpflichtet <strong>de</strong>n Rechnungshof zur Vorlage eines<br />

jährlichen Gesamtberichtes über die allgemeine Haus -<br />

haltsführung <strong>de</strong>s Staates. Ferner kann <strong>de</strong>r Rechnungshof<br />

je<strong>de</strong>rzeit entwe<strong>de</strong>r auf Antrag <strong>de</strong>r Abgeordnetenkammer<br />

o<strong>de</strong>r auf eigene Initiative Son<strong>de</strong>rberichte zu bestimmten Bereichen<br />

<strong>de</strong>r öffentlichen Finanzführung vorlegen. Darüber<br />

hinaus prüft <strong>de</strong>r Rechnungshof die<br />

Haushaltsführung <strong>de</strong>s Geheimdienstes<br />

und <strong>de</strong>r politischen Parteien. Schluss -<br />

endlich ist er befugt, Stellung zu<br />

Gesetzentwürfen zu nehmen, die Auswirkungen<br />

auf die staatlichen Mittel sowie<br />

auf die Verwaltung <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Finanzen haben.<br />

Alle Veröffentlichungen, Berichte und<br />

Gerichte wer<strong>de</strong>n einem Son<strong>de</strong>rausschuss<br />

<strong>de</strong>r Abgeordnetenkammer zur<br />

Beratung vorgelegt. Vor <strong>de</strong>r Veröf fent -<br />

lichung <strong>de</strong>r Berichte haben die ge -<br />

prüften Stellen das Recht zu <strong>de</strong>n Fest -<br />

stellungen und Empfehlungen <strong>de</strong>s<br />

Rechnungshofes schriftlich binnen einer<br />

festgelegten Frist Stellung zu nehmen.<br />

Der luxemburgische Rechnungshof<br />

muss allein durch seine Argumente<br />

überzeugen, <strong>de</strong>nn analog zum <strong>de</strong>utschen<br />

Bun<strong>de</strong>srechnungshof besitzt er<br />

keine Exekutivgewalt. Seine Aufgabe<br />

ist es sicherlich nicht, <strong>de</strong>r parlamentarischen Opposition mit<br />

regierungskritischen Berichten zuzuarbeiten. Vielmehr soll<br />

<strong>de</strong>ssen Arbeit als beratend verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, um in<br />

einem kritischen Dialog <strong>de</strong>r Verwaltung Wege zu einer<br />

wirtschaftlichen Verwendung <strong>de</strong>r knappen Haushaltsmittel<br />

aufzuzeigen.<br />

Seit 2003 gibt es im „Ländchen“, wie das Großherzogtum<br />

von <strong>de</strong>n Eingeborenen liebevoll bezeichnet wird, die Universität<br />

von Luxemburg. Diese Hochschule in einem sehr multikulturellen<br />

Umfeld ist sicherlich interessant für ein Auslandssemester.<br />

So beherrschen die Luxemburger nicht nur ihre<br />

Muttersprache Luxemburgisch, son<strong>de</strong>rn sprechen ebenfalls<br />

fließend französisch und <strong>de</strong>utsch. Der hiesige CV-Zirkel, <strong>de</strong>m<br />

ich seit seiner Gründung vorstehe, steht allen interessierten<br />

Cartellbrü<strong>de</strong>rn zur Verfügung.


Dr. Günter Wentzlik erhält das<br />

160-Semester-Band <strong>de</strong>r Rheno-Palatia<br />

Mainz. Cbr Dr. Günter Wentzlik (R-P) ist<br />

<strong>de</strong>r einzige leben<strong>de</strong> in Breslau rezipierte<br />

Rheno-Palate. Die Verbindung dankte ihrem<br />

Bun<strong>de</strong>sbru<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Verleihung <strong>de</strong>s<br />

160-Semester-Ban<strong>de</strong>s durch Philister -<br />

senior Cbr Dr. Thomas Krahwinkel (R-P)<br />

für seine lebenslange Treue und wünschte<br />

ihm und seiner Familie Gottes Segen.<br />

Der Jubi lar wur<strong>de</strong> am 21. Mai 1913 im<br />

oberschlesi schen Kattowitz geboren. Im<br />

SS 1932 schrieb er sich an <strong>de</strong>r Friedrich-<br />

Wilhelm Universität Breslau für das Studium<br />

<strong>de</strong>r Medizin ein und mel<strong>de</strong>te sich<br />

bei e. v. CV-Verbindung Rheno-Palatia<br />

Breslau. Die Rezeption erfolgte am 23.<br />

April 1932.<br />

Als Truppenarzt verschlug es ihn quer<br />

durch Europa: Polen, Frankreich, Slowenien,<br />

Ungarn, Bulgarien und die Ukraine.<br />

An <strong>de</strong>r Ostfront in <strong>de</strong>r Nähe von Charkow<br />

erlitt <strong>de</strong>r junge Mediziner das furchtbare<br />

Schicksal: Nach einem russischen Panzerangriff<br />

am 20. März 1942 musste sein<br />

rechtes Bein amputiert wer<strong>de</strong>n. Seine chirurgische<br />

Laufbahn musste er aufgeben.<br />

Später fand er eine Assistentenstelle bei<br />

<strong>de</strong>r Stadt München im Klinikum „Rechts<br />

<strong>de</strong>r Isar“. Hier spezialisierte er seinen medizinischen<br />

Wirkungsbereich auf die Radiologie.<br />

Nach zehn Jahren im Dienst <strong>de</strong>r<br />

Stadt – mittlerweile längst Oberarzt – eröffnete<br />

er eine eigene Praxis als Radiologe.<br />

Diese führte er in Schwabing bis zu<br />

seinem Ruhestand.<br />

Foto: privat<br />

Der Jubilar Dr. Günter Wentzlik (R-P, vorne) in Kreis einiger Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>r<br />

und Damen; von links: Wolfgang Speicher und Gattin, Frau Regina Wentzlik,<br />

Philistersenior Dr. Thomas Krahwinkel, Bernhard Walzik (R-P) und Gattin.<br />

1961 heiratete er Frau Regina Sulski. Die<br />

Trauung vollzog Bbr Dr. Münch (R-P), <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r letzte Privatsekretär von Kardinal Bertram<br />

in Breslau war und nach <strong>de</strong>m Krieg<br />

nach München kam. Münch taufte auch die<br />

drei Töchter. Cbr Dr. Günter Wentzlik trägt<br />

in Erinnerung an seine Heimat das Band<br />

<strong>de</strong>r Salia-Silesia Gleiwitz. Ein bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>rlicher<br />

Kontakt blieb ihm wegen <strong>de</strong>r<br />

Entfernung und seines Alters lei<strong>de</strong>r versagt.<br />

Dafür lebte er seine Bun<strong>de</strong>sbrü<strong>de</strong>rlichkeit in<br />

Personen<br />

München bei e. v. KDStV Tuiskonia. Solan -<br />

ge es die Gesundheit zuließ, besuchte er die<br />

Stiftungsfeste seiner Rheno-Palatia in Mainz.<br />

Hier konnte er mit seinen Breslauer Bun <strong>de</strong>s -<br />

brü<strong>de</strong>rn (u.a. mit seinem Leibburschen „h.c.“<br />

Hubert Peterek) sich <strong>de</strong>s Erlebten erinnern.<br />

Seit ihm das Reisen zu beschwerlich<br />

wur<strong>de</strong>, hält er brieflichen und telefonischen<br />

Kontakt zu seiner Urverbindung und<br />

hat für alle Rheno-Palaten in München ein<br />

offenes Haus. Bernhard Walzik (R-P)<br />

ACADEMIA 5/2012 53


Kirche<br />

Innerhalb <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Provinz <strong>de</strong>r Jesuiten<br />

betreut Pater Eberhard von Gemmingen<br />

das Fundraising. Gemmingen,<br />

Jahrgang 1936, leitete zuvor 27 Jahre lang<br />

die <strong>de</strong>utschsprachige Redaktion von Radio<br />

Vatikan und ist darüber hinaus durch eine<br />

Vielzahl von Fernsehinterviews, so auch<br />

mit Cbr Papst Benedikt XVI. (Rup), bekannt<br />

gewor<strong>de</strong>n. Cbr Matthias Lermann<br />

(Th) sprach mit <strong>de</strong>m Jesuitenpater über<br />

seine <strong>de</strong>rzeitige Aufgabe.<br />

Pater von Gemmingen, Sie sind einer <strong>de</strong>r<br />

bekanntesten <strong>de</strong>utschen Jesuiten. Im Fernsehen<br />

wirken Sie auch in gespannten Situationen<br />

professionell und weltoffen.<br />

War das ein Grund, dass Ihr Or<strong>de</strong>n Sie<br />

gebeten hat, die schwierige Aufgabe <strong>de</strong>r<br />

Drittmittelbeschaffung zu übernehmen?<br />

54 5/2012 ACADEMIA<br />

Cbr Matthias Lermann (Th) im Gespräch mit Pater Eberhard Gemmingen SJ (rechts).<br />

Fundraising für einen Or<strong>de</strong>n<br />

Pater von Gemmingen SJ möchte etwas tun, „dass <strong>de</strong>r<br />

Sie überspitzen ein bisschen. Als mein<br />

Vorgänger einen Nachfolger suchte und<br />

ich in Rom frei wur<strong>de</strong>, hat er gesagt: „Der<br />

Gemmingen kann re<strong>de</strong>n, geniert sich nicht<br />

und ist bekannt, <strong>de</strong>n schlage ich mal vor!“<br />

Der Or<strong>de</strong>n hat ja auch nicht so wahnsinnig<br />

viele Leute, dass man eine große Auswahl<br />

hätte – man hat halt einen gebraucht und<br />

mich dann genommen.<br />

Die Jesuiten haben in Deutschland 400<br />

Or<strong>de</strong>nsbrü<strong>de</strong>r und müssen unter an<strong>de</strong>rem<br />

die finanzielle Last von zwei renommierten<br />

Hochschulen schultern. Lei<strong>de</strong>n Sie persönlich<br />

manchmal unter <strong>de</strong>r Last <strong>de</strong>r Verantwortung,<br />

dass das Geld reinkommt?<br />

Nein, darunter lei<strong>de</strong> ich nicht, weil es<br />

nicht vom Tageserfolg abhängt. Nehmen<br />

wir an, ich wür<strong>de</strong> gar kein Geld eintreiben<br />

können, dann müssten wir die bei<strong>de</strong>n<br />

Hochschulen um etwa zehn Prozent <strong>de</strong>r<br />

Ausgaben reduzieren, wir müssten sie aber<br />

nicht gleich schließen. Von allem, was<br />

wir in Deutschland tun, sind 95 Prozent<br />

<strong>de</strong>r Kosten ge<strong>de</strong>ckt und etwa 5 Prozent<br />

müssen durch Fundraising eingebracht<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Sie haben ja nach einem langen und erfolgreichen<br />

Berufsleben <strong>de</strong>m Or<strong>de</strong>n<br />

gegenüber Ihre Pflicht erfüllt. Sie selbst<br />

bekommen kein persönliches Gehalt.<br />

Was motiviert Sie, je<strong>de</strong>n Morgen ins<br />

Büro zu gehen?<br />

(Schmunzeln) Nichts tun wäre langweilig,<br />

die Motivation ist zu helfen, dass wir un-


Glaube nicht untergeht“<br />

sere seelsorgerischen und wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen weiterführen können.<br />

Ich bekomme zwar kein persönliches<br />

Gehalt, aber ich bin gut abgesichert, weil<br />

<strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n mich bis zu meinem Lebensen<strong>de</strong><br />

ernähren kann. Wenn man mir mit 75<br />

gesagt hätte „Du kannst jetzt aufhören und<br />

gehst spazieren!“, dann hätte ich geantwortet,<br />

das sei langweilig, ich will eine<br />

sinnvolle Arbeit haben.<br />

Sie sagen ja gelegentlich, Ihre Seele irre<br />

noch durch die Straßen von Rom …<br />

Ja, das ist richtig. Aber es ist mehr die Nostalgie.<br />

Ich möchte noch etwas tun für die<br />

Kirche, <strong>de</strong>n lieben Gott, das Reich Gottes,<br />

für die Menschen, für <strong>de</strong>n Glauben und dafür,<br />

dass <strong>de</strong>r Glaube nicht untergeht.<br />

Foto: Max Michel (Th)<br />

Sie haben in <strong>de</strong>m einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Gespräch<br />

ganz offen gesagt, um welchen Betrag<br />

es geht, <strong>de</strong>n Sie fundraisen müssen …<br />

… etwa eine Million Euro im Jahr.<br />

Wenn man das pauschalisiert, kann man<br />

sagen, das ist <strong>de</strong>r Gewinn eines größeren<br />

mittelständischen Unternehmens. Solch<br />

ein Unternehmer <strong>de</strong>nkt ja meist darüber<br />

nach, was wird, wenn die eigenen Kräfte<br />

nachlassen. Denken Sie manchmal darüber<br />

nach, ob möglicherweise <strong>de</strong>r Nachfolger<br />

fehlt?<br />

Ich frage mich, welcher an<strong>de</strong>re Jesuit meine<br />

Arbeit übernehmen kann, wenn ich in<br />

ein paar Jahren nicht mehr kann, ob dies<br />

vielleicht ein Laie machen kann, <strong>de</strong>r natürlich<br />

dann gut bezahlt wer<strong>de</strong>n muss und<br />

wesentlich mehr braucht als ich brauche.<br />

Aber die größere Sorge ist die, dass die<br />

Zahl <strong>de</strong>r engagierten katholischen Christen<br />

in Deutschland so rapi<strong>de</strong> zurückgeht,<br />

dass ich mich frage, ob wir in Zukunft<br />

Freun<strong>de</strong> fin<strong>de</strong>n können, die uns finanziell<br />

unterstützen so wie es jetzt <strong>de</strong>r Fall ist.<br />

Es gibt Or<strong>de</strong>nsgemeinschaften wie die<br />

Benediktiner von Münsterschwarzach,<br />

die <strong>de</strong>cken ihren finanziellen Bedarf mit<br />

20 eigenen Betrieben, mit 300 Angestellten,<br />

mit Unternehmensbeteiligungen, mit<br />

Spekulationen an <strong>de</strong>r Börse und mit <strong>de</strong>n<br />

vielen Büchern von Pater Anselm Grün<br />

OSB. Wäre diese „kapitalistische“ Wirtschaftsweise<br />

für Ihren Or<strong>de</strong>n eine <strong>de</strong>nkbare<br />

Alternative?<br />

Das ist nicht „kapitalistisch“, son<strong>de</strong>rn das<br />

ist unternehmerisch, und wir haben dafür<br />

nicht die Voraussetzungen <strong>de</strong>r Münsterschwarzacher.<br />

Aber wir haben auch Einnahmen<br />

durch Häuser, die wir geerbt haben<br />

und die vermietet sind – in diesem Sinne<br />

haben wir auch unternehmerisches Tun.<br />

Es ist ja so, dass bei Ihrer Arbeit, wie immer<br />

in kirchlicher und sozialer Arbeit,<br />

das Scherflein <strong>de</strong>r Witwe ganz hoch ein-<br />

Kirche<br />

zuschätzen ist. Sie betonen aber auch immer,<br />

dass Sie auf Großspen<strong>de</strong>n von<br />

Unternehmen o<strong>de</strong>r auch Spen<strong>de</strong>n in<br />

Form von Nachlässen angewiesen sind.<br />

Wie fä<strong>de</strong>lt man eine solche Spen<strong>de</strong> ein?<br />

Ich habe die Aufgabe vor zweieinhalb Jahren<br />

übernommen und noch keine großen<br />

Spen<strong>de</strong>n von Unternehmen eingeworben,<br />

vor allem weil wir keine Projekte haben.<br />

Große Unternehmen geben vielleicht einmal<br />

100.000 Euro, wenn man ihnen ein<br />

Projekt präsentiert. Wir brauchen aber die<br />

Deckung laufen<strong>de</strong>r Kosten für unsere bei<strong>de</strong>n<br />

Hochschulen und einiges an<strong>de</strong>re, und<br />

Deckung laufen<strong>de</strong>r Kosten ist etwas sehr<br />

Unangenehmes. Wir haben aber verschie<strong>de</strong>ne<br />

Schienen, wir informieren Leute über<br />

die Notwendigkeit, ein Testament zu machen,<br />

ohne dabei um Erbschaften zu betteln.<br />

Dann gehen wir auf Richter und<br />

Staatsanwälte zu, um Bußgel<strong>de</strong>r zu bekommen.<br />

Das wichtigste ist die Pflege <strong>de</strong>r<br />

Freundschaften zu <strong>de</strong>n paar 1000 Leuten,<br />

die uns dann und wann eine Summe überweisen.<br />

Aber die Freundschaft wird nicht<br />

missbraucht, um Geld zu bekommen.<br />

Wir hatten schon davon gesprochen, dass<br />

Ihr Fundraising etwa eine Million Euro<br />

erbringen sollte. Wie hoch ist <strong>de</strong>r Prozentanteil<br />

bei dieser Summe, mit <strong>de</strong>m Sie<br />

je<strong>de</strong>s Jahr fix rechnen können?<br />

Wir haben im letzten Jahr 700.000 Euro<br />

bekommen und noch einen Son<strong>de</strong>rfall,<br />

nämlich ein Bußgeld über 100.000 Euro.<br />

Also wir sind nicht auf die Million gekommen,<br />

die Million ist sozusagen die Zielsetzung,<br />

wenn es drunter liegt, bricht nicht<br />

gleich alles zusammen. Ich bin nicht <strong>de</strong>r<br />

Ökonom <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsprovinz. Wie das Geld<br />

verwaltet und ausgegeben wird, das geht<br />

auch nicht über meinen Schreibtisch.<br />

eberhard.gemmingen@jesuiten.org,<br />

office@matthias-lermann.<strong>de</strong><br />

KONTAKT<br />

ACADEMIA 5/2012 55


Kirche<br />

von Prof. DDr. Reinhard Knittel<br />

Eine bislang ungeschriebene Geschichte<br />

<strong>de</strong>s Zweiten Vatikanischen Konzils?<br />

In Anbetracht <strong>de</strong>r Fülle an Literatur<br />

über das Zweite Vatikanische Konzil mag<br />

<strong>de</strong>r gewählte Untertitel (zum Titel Seite 58<br />

unten) etwas gewagt klingen, ja sogar auf<br />

Sensationsenthüllungen hoffen lassen.<br />

Allerdings ist <strong>de</strong>r Autor <strong>de</strong>s nun in <strong>de</strong>utsche<br />

Sprache übersetzten Werkes zur Geschichte<br />

<strong>de</strong>s letzten ökumenischen Konzils,<br />

R. <strong>de</strong> Mattei, Professor für Geschichte<br />

<strong>de</strong>s Christentums an <strong>de</strong>r Università Europea<br />

di Roma, ein italienischer Historiker<br />

mit wissenschaftlichem Ruf, sicher kein<br />

Sensationsjournalist zweifelhafter Seriosität.<br />

Worin muss die Geschichte <strong>de</strong>s Konzils<br />

also „neu“ geschrieben wer<strong>de</strong>n?<br />

Der Autor, so das von ihm genannte Ziel,<br />

will <strong>de</strong>n Versuch einer neuen historischen<br />

„Rekonstruktion“ und „Interpretation“ <strong>de</strong>s<br />

Konzilsereignisses vorlegen (vgl. S. 30-<br />

32). Es soll hermeneutisch vom Kontext<br />

eines späten Siegs <strong>de</strong>s nie wirklich bewältigten<br />

und aufgearbeiteten innerkirchlichen<br />

Mo<strong>de</strong>rnismus her ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>ssen zum Teil ver<strong>de</strong>ckte Präsenz <strong>de</strong>r Autor<br />

während <strong>de</strong>s Pontifikates Papst Pius<br />

XII. anhand vieler konkreter Belege greifbar<br />

macht (vgl. SS. 37-120). Schon von<br />

diesem Deutungsansatz ist eine Hermeneutik<br />

<strong>de</strong>s Bruchs zur vorkonziliaren Lage<br />

<strong>de</strong>r Kirche in <strong>de</strong>r Deutungsweise <strong>de</strong> Matt-<br />

eis vorauszusetzen. Allerdings bezieht sich<br />

diese Sicht primär auf das historische Erscheinungsbild<br />

<strong>de</strong>s Konzilsereignisses,<br />

eingebettet in <strong>de</strong>ssen Vor- und Wirkungs-<br />

56 5/2012 ACADEMIA<br />

Sich mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit<br />

neu<br />

geschichte. Theologisch gesehen streift <strong>de</strong><br />

Mattei hingegen die Doktrin <strong>de</strong>r Konzilsdokumente<br />

bloß im Rahmen ihres konziliaren<br />

Wer<strong>de</strong>prozesses. Aber auch diesbezüglich<br />

bleibt <strong>de</strong>r Autor konsequent,<br />

in<strong>de</strong>m er auf <strong>de</strong>r Norm von doch eher positivistisch<br />

vorgetragenen theologischen<br />

Thesen <strong>de</strong>r vorkonziliaren Theologie eine<br />

traditionalistisch-antimo<strong>de</strong>rnistische Konzilskritik<br />

aufbauen will. Dabei kann es<br />

auch vorkommen, dass auch von dieser<br />

Norm abweichen<strong>de</strong> begriffliche Verän<strong>de</strong>rungen<br />

in <strong>de</strong>n Konzilstexten im Licht <strong>de</strong>r<br />

progressistischen Deutung übernommen<br />

und so abgelehnt wer<strong>de</strong>n (hier sei konkret<br />

etwa auf S. 415 verwiesen, wo <strong>de</strong>r Autor<br />

ganz auf traditionalistischer „Parteilinie“<br />

die theologisch irrige Deutung <strong>de</strong>s konziliaren<br />

subsistit in LG 8 im relativieren<strong>de</strong>n<br />

Sinn wie<strong>de</strong>rgibt, die nach <strong>de</strong>n Konzilsakten<br />

allerdings keinerlei Stütze in <strong>de</strong>r mens<br />

Concilii besitzt), ja überhaupt theologische<br />

Neuakzentuierungen in <strong>de</strong>n Konzils -<br />

texten kategorisch in Gegensatz zum vorkonziliaren<br />

Lehramt <strong>de</strong>r Kirche gebracht<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, um so die These vom<br />

„späten Sieg <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>rnismus“ rechtfertigen<br />

zu können (vgl. etwa bei <strong>de</strong>n Themen<br />

<strong>de</strong>r Bischöflichen Kollegialität, <strong>de</strong>ren authentische<br />

traditionelle Verankerung in <strong>de</strong>r<br />

Lehre ausgeblen<strong>de</strong>t wird, o<strong>de</strong>r beim Thema<br />

Religionsfreiheit, wo allein die antiliberalistischen<br />

Festlegungen <strong>de</strong>s Lehramtes<br />

<strong>de</strong>s 19. und beginnen<strong>de</strong>n<br />

20.<br />

Macht in falschem<br />

Sicherheitsgefühl verkannt<br />

Ein Blick auf Roberto <strong>de</strong> Matteis „bislang<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

als Maßstab <strong>de</strong>r<br />

Bewertung herangezogenwer<strong>de</strong>n).<br />

De Mattei spielt jedoch – und dies<br />

sei lobend hervorgehoben – hinsichtlich<br />

seines persönlichen Deutungshintergrunds<br />

mit offenen Karten, wenn er diesen Deu-<br />

tungshintergrund ausdrücklich im katholisch-traditionalistischen<br />

Spektrum verortet<br />

(vgl. S. 32, Fußnote 70).<br />

Die von <strong>de</strong> Mattei geschil<strong>de</strong>rten Hintergrün<strong>de</strong><br />

zur Wahl <strong>de</strong>s ersten Konzilspaps -<br />

tes, zur Beschreibung <strong>de</strong>ssen „unberechenbarer“<br />

Persönlichkeit, die keinem<br />

kirchlichen Lager ein<strong>de</strong>utig zuzugesellen<br />

Konzilsberatungen wie auch liturgische Feiern<br />

während <strong>de</strong>s Zweiten Vatikanischen Konzils<br />

fan<strong>de</strong>n im römischen Petersdom statt.<br />

war, bis hin zum „überraschen<strong>de</strong>n“ Einfall<br />

<strong>de</strong>r Einberufung eines ökumenischen<br />

Konzils im Jahr 1959 bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Übergang<br />

zum eigentlichen Corpus <strong>de</strong>r Konzilsgeschichte<br />

<strong>de</strong> Matteis (vgl. S. 121-152).<br />

Die eigentliche Konzilsgeschichte (vgl.<br />

S. 222-588) umfasst zunächst die Vorbereitungsphase<br />

(1959-1962), die <strong>de</strong> Mattei


<strong>de</strong>s Konzils<br />

auseinan<strong>de</strong>rsetzen<br />

ungeschriebene Geschichte“<br />

nur kursorisch streift, hauptsächlich in<br />

Hinblick auf die Formierung <strong>de</strong>r späteren<br />

Konzilslager. Sodann folgen chronologisch<br />

<strong>de</strong>taillierter die Beschreibung <strong>de</strong>r<br />

vier Sitzungsperio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Konzils (1962-<br />

1965) bis hin zum feierlichen Abschluss<br />

<strong>de</strong>s Konzils (8. Dezember 1965). Der<br />

Blick fällt im Konzilsverlauf nicht nur auf<br />

die „offizielle Bühne“ <strong>de</strong>r Konzilsaula,<br />

son<strong>de</strong>rn auch auf wichtige Vorgänge hinter<br />

<strong>de</strong>n Kulissen <strong>de</strong>s Konzils. Auch diesbezüglich<br />

kommt <strong>de</strong> Mattei zu einer ein<strong>de</strong>utigen<br />

Schlussfolgerung: Die „progressistische“<br />

Richtung <strong>de</strong>r Konzilsteilnehmer<br />

(Bischöfe und Theologen vornehmlich aus<br />

Deutschland, Belgien, Holland und Frankreich),<br />

die aus einem revolutionäreren und<br />

einem gemäßigteren Flügel bestand, sei<br />

bei Konzilsbeginn nur eine Min<strong>de</strong>rheit gewesen.<br />

Es gelang ihr aber bald, nicht zuletzt<br />

durch professionelle Manöver und<br />

gute Vernetzung, aber auch durch die weitgehen<strong>de</strong><br />

Dominanz <strong>de</strong>r an Be<strong>de</strong>utung immensen<br />

medialen Außenwirkung, die Erstellung<br />

<strong>de</strong>r Konzilsdokumente, mehr<br />

noch die euphorische Gesamtatmosphäre<br />

und die Richtung <strong>de</strong>s Konzils schon ab <strong>de</strong>r<br />

ersten Sitzungsperio<strong>de</strong>, in ihrem<br />

Sinn zu beeinflussen.<br />

Die ebenfalls nur eine Min<strong>de</strong>rheit<br />

bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Richtung <strong>de</strong>r<br />

„kurialen“ o<strong>de</strong>r „antimo<strong>de</strong>rnistischen“<br />

Konzilsväter hatte<br />

diese Macht zunächst in falschem Sicherheitsgefühl<br />

verkannt und sich zu spät wirksam<br />

organisiert, ohne jedoch an <strong>de</strong>n Einfluss<br />

<strong>de</strong>r Gegenrichtung heranzukommen.<br />

Gera<strong>de</strong> für diese kuriale Partei wirkte sich<br />

aber auch lähmend aus, dass sich <strong>de</strong>r Konzilspapst<br />

Paul VI., <strong>de</strong>r schon zu Beginn<br />

seines Pontifikates die Leitungsstruktur<br />

<strong>de</strong>s Konzils mit <strong>de</strong>utlicher Gewichtung<br />

zugunsten <strong>de</strong>s progressistischen Lagers<br />

verän<strong>de</strong>rte (Gremium <strong>de</strong>r Konzilsmo<strong>de</strong>ratoren),<br />

in vielen Themenbereichen eher<br />

einer gemäßigt progressistischen Linie<br />

zugehörig fühlte.<br />

Nur vereinzelt also und erst in <strong>de</strong>n letzten<br />

bei<strong>de</strong>n Sitzungsperio<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Konzils<br />

(1964-1965), als endlich eine eigene Organisation<br />

aufgebaut war, konnte diese<br />

Richtung Einfluss auf die konziliaren Abstimmungen<br />

gewinnen, so aber vielleicht<br />

auch – um einen wichtigen Punkt herauszugreifen<br />

– einen formellen Bruch in <strong>de</strong>r<br />

konziliaren Lehrvorlage zur Kirchenverfassung<br />

verhin<strong>de</strong>rn, wo die Wahrung <strong>de</strong>r<br />

primatialen Rechte <strong>de</strong>s Papstes in <strong>de</strong>r Kirchenleitung<br />

gegenüber einem „episkopa-<br />

Kirche<br />

listischen“ Verständnis von bischöflicher<br />

Kollegialität im dritten Kapitel von LG gelang.<br />

Nicht einseitig von <strong>de</strong>n „Siegern“ her will<br />

<strong>de</strong> Mattei also das Konzil <strong>de</strong>uten, im<br />

Gegenteil. Dementsprechend wer<strong>de</strong>n<br />

Quellen berücksichtigt – auch darin besteht<br />

eine gewisse neue Sicht dieser Kon-<br />

Parteikämpfe,<br />

Intrigen und Manöver<br />

zilsgeschichte –, die bisher entwe<strong>de</strong>r unbekannt<br />

o<strong>de</strong>r noch unveröffentlicht waren<br />

(etwa private Tagebücher von Konzilsteilnehmern)<br />

o<strong>de</strong>r doch meist in einer platten<br />

Konzilsgeschichte <strong>de</strong>r „Sieger“ einfach<br />

übergangen wor<strong>de</strong>n sind (eine Ausnahme<br />

bil<strong>de</strong>t die bekannte „Konzilsgeschichte“<br />

<strong>de</strong>s als Konzilsjournalisten tätigen P. R.<br />

Wiltgen, The Rhine flows into the Tiber:<br />

The unknown Council. New York, 1967,<br />

die schon viele Fakten und Deutungsversuche<br />

von <strong>de</strong> Mattei vorweggenommen hat).<br />

Allerdings fällt auf, dass mit Vorliebe jene<br />

Konzilsteilnehmer o<strong>de</strong>r Stellungnahmen<br />

außerhalb <strong>de</strong>r Konzilsaula ausführlich zu<br />

Wort kommen, die zum „antimo<strong>de</strong>rnistischen“<br />

Lager zu rechnen sind. Diese Wahl<br />

mag von <strong>de</strong>r obgenannten persönlichen<br />

Sichtweise her nachvollziehbar sein, ist aber<br />

sicher einseitig. In diese Linie fällt auch die<br />

von <strong>de</strong> Mattei mehrfach vorgetragene Ana -<br />

logie zwischen <strong>de</strong>m Konzil und Vorgängen<br />

<strong>de</strong>r französischen Revolution (vgl. u. a.<br />

S. 136, 153, 364, 369, 487), die, wenn<br />

überhaupt, nur als äußerst schwache Analogie<br />

gelten kann. (Fortsetzung nächste Seite)<br />

ACADEMIA 5/2012 57


Kirche<br />

Der Wirkungsgeschichte <strong>de</strong>s Konzilsereignisses<br />

auf das praktische Leben <strong>de</strong>r Kirche,<br />

die historisch nicht vom Konzil selbst zu trennen<br />

ist, geht <strong>de</strong>r Autor dann in <strong>de</strong>r sogenannten<br />

„Konzilsepoche“ (1965-1978) nach (vgl.<br />

SS. 589-659), in <strong>de</strong>r sich anstelle <strong>de</strong>s euphorisch<br />

erwarteten „Frühlings <strong>de</strong>s Glaubens“,<br />

durchaus folgerichtig zum konziliar erhobenen<br />

„Primat <strong>de</strong>r Pastoral“, eine Art „kulturelle<br />

Revolution“ <strong>de</strong>r traditionellen katholischen<br />

Mentalität mit vielen Krisenphänomenen<br />

abspielte, die in gewisser Analogie zur zeitgleichen<br />

neomarxistischen Stu<strong>de</strong>ntenrevolution<br />

<strong>de</strong>r 68er Generation zu sehen sei. Auch<br />

darin bestätigt sich also, <strong>de</strong>m Autor zufolge,<br />

post eventum eine Deutung <strong>de</strong>s Konzilsereig -<br />

nisses als Revolution im kirchlichen Leben.<br />

In <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Ausgabe darf als<br />

erleichternd für die Lektüre hervorgehoben<br />

wer<strong>de</strong>n, dass alle im Text genannten<br />

Persönlichkeiten mit einem kurzen biographischen<br />

Abriss in <strong>de</strong>n Fußnoten versehen<br />

wer<strong>de</strong>n. Demgegenüber bil<strong>de</strong>t das Fehlen<br />

eines ausführlichen und genauen Namensund<br />

Themenregisters, sonst üblicher Standard,<br />

sicher kein Diensten am Leser.<br />

Der Konzilshistoriker darf und muss entgegen<br />

aller Versuche einer Glorifizierung o<strong>de</strong>r<br />

Spiritualisierung <strong>de</strong>r Abläufe vor und hinter<br />

<strong>de</strong>n Kulissen <strong>de</strong>s Konzils auch <strong>de</strong>n menschlichen<br />

Koeffizienten bis hinein in die Abgrün<strong>de</strong><br />

von Parteienkämpfen, Intrigen und<br />

Manövern auf<strong>de</strong>cken. Auch in diesem Faktum<br />

unterschei<strong>de</strong>t sich das Zweite Vatikanische<br />

Konzil ja nicht von <strong>de</strong>n meisten an<strong>de</strong>ren<br />

Konzilien <strong>de</strong>r Kirchengeschichte. Das vorliegen<strong>de</strong><br />

Werk weist dies in vielen neuen und<br />

überzeugen<strong>de</strong>n Facetten nach. So aber gibt<br />

<strong>de</strong> Mattei eine im Ganzen durchaus stichhaltige<br />

Antwort auf die Frage, woher und warum<br />

sich die selbstauflöserischen Ten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>r<br />

traditionellen katholischen Kirchlichkeit auf<br />

<strong>de</strong>m Konzil und nach <strong>de</strong>m Konzil so effizient<br />

ausbreiten konnten. Gera<strong>de</strong> im Jahr eines<br />

Konzilsjubiläums eine durchaus notwendige<br />

und heilsame Herausfor<strong>de</strong>rung, sich mit <strong>de</strong>r<br />

Wirklichkeit <strong>de</strong>s Konzils neu und unbefangener<br />

als bisher auseinan<strong>de</strong>rzusetzen,<br />

allerdings auch ohne schablonenhafte Vereinfachungen<br />

von links und von rechts.<br />

58 5/2012 ACADEMIA<br />

LITERATUR<br />

Roberto <strong>de</strong> Mattei, Das Zweite Vatikanische<br />

Konzil: Eine bislang ungeschriebene<br />

Geschichte. Edition Kirchliche Umschau<br />

1 2011, 667 Seiten.<br />

Deutsch-Vatikanische Gesellschaft geht mit<br />

einer neuen Führung in die nächsten Jahre<br />

Berlin. Die Deutsch-Vatikanische Gesellschaft<br />

(DVG) hat auf ihrer Mitglie<strong>de</strong>r -<br />

versammlung in Berlin eine neue Spitze<br />

gewählt. Zum Nachfolger <strong>de</strong>s DVG-Gründungspräsi<strong>de</strong>nten<br />

Diethelm Lütze, <strong>de</strong>r<br />

sein Amt aus Altersgrün<strong>de</strong>n zur Verfügung<br />

stellte, wählten die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Stuttgarter Rechtsanwalt und Unternehmensberater<br />

Joachim Stau<strong>de</strong>nmaier. Als<br />

sein Stellvertreter fungiert Hans-Werner<br />

Carlhoff (Stuttgart), Ministerialreferent im<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württembergischen Kultusministerium.<br />

Die Konfessionszugehörigkeit <strong>de</strong>s<br />

neuen Führungsduos ver<strong>de</strong>utlicht die ökumenische<br />

Ausrichtung <strong>de</strong>r DVG: Stau<strong>de</strong>nmaier<br />

ist Katholik, während Carlhoff <strong>de</strong>r<br />

Evangelisch-Lutherischen Kirche angehört.<br />

Der bisherige Vizepräsi<strong>de</strong>nt Cbr Dr.<br />

Veit Neumann (Alm) (Regensburg) wechselt<br />

auf die Position <strong>de</strong>s Delegaten <strong>de</strong>r<br />

DVG beim Freistaat Bayern. Zum Medienreferenten<br />

berief das Präsidium Ulrich<br />

Heisterkamp (Min traching/Oberpfalz).<br />

Zum Dank für seine Verdienste um die<br />

Gründung und <strong>de</strong>n Aufbau <strong>de</strong>r Vereins -<br />

aktivitäten wur<strong>de</strong> Diethelm Lütze zum<br />

Ehrenmitglied ernannt. Zum Abschluss <strong>de</strong>r<br />

Mitglie<strong>de</strong>rversammlung hielt Karlfried<br />

Bergner, Referatsleiter Sü<strong>de</strong>uropa im Aus-<br />

wärtigen Amt, einen Vortrag zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschvatikanischen<br />

Beziehungen aus <strong>de</strong>r Pers -<br />

pektive <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Außenministeriums.<br />

Bereits am Vortag hatte Ministerialdirigent<br />

Claus-Peter Clostermeyer, Vertreter <strong>de</strong>s<br />

Hausherrn in <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>svertretung Ba<strong>de</strong>n-<br />

Württemberg, in Anwesenheit <strong>de</strong>s Aposto -<br />

lischen Nuntius in Deutschland, Erzbischof<br />

Dr. Jean-Clau<strong>de</strong> Périsset, die von <strong>de</strong>r DVG<br />

unterstützte Ausstellung „Zeichen <strong>de</strong>r Anerkennung<br />

und <strong>de</strong>s Dankes – Die Verdienstund<br />

Ritteror<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Heiligen Stuhles und <strong>de</strong>r<br />

Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland“ eröffnet.<br />

Nuntius Dr. Périsset hatte die Schirmherrschaft<br />

übernommen. Ehe die mehr als 300<br />

Gäste, darunter zahlreiche Diplomaten aus<br />

aller Welt, die wertvollen Originalexponate<br />

bestaunen konnten, führte <strong>de</strong>r Theologe Michael<br />

Autengruber aus Konstanz mit einem<br />

Vortrag in die Ausstellung ein. Die DVG<br />

wur<strong>de</strong> im Jahr 2006 als überkonfessioneller<br />

Verein gegrün<strong>de</strong>t und hat ihren Sitz in Stuttgart.<br />

Ziel ist die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r religiösen und<br />

kulturellen bilateralen Beziehungen zwischen<br />

<strong>de</strong>m Vatikan (Staat <strong>de</strong>r Vatikanstadt und Heiliger<br />

Stuhl) und <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland.<br />

Derzeit gehören <strong>de</strong>r DVG rund 80<br />

Personen an. Ulrich Heisterkamp<br />

Ein anregen<strong>de</strong>r Gesprächsabend mit<br />

Cbr Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann<br />

Speyer. Im Ägidienhaus in Speyer konnten<br />

Frau Heidi Ackermann (ND-Speyer),<br />

Klaus Pfeifer (Vg) (CV-Zirkel Speyer) und<br />

Hans Hin<strong>de</strong>rberger (KV-Zirkel Speyer)<br />

Cbr Bischof Dr. Karl-Heinz Wiese mann<br />

(G-S) zu einem Gesprächsabend begrüßen.<br />

Nach <strong>de</strong>r Vorstellung <strong>de</strong>r drei Verbän<strong>de</strong><br />

entwickelte sich im voll besetzten kleinen<br />

Saal <strong>de</strong>s Ägidienhauses ein reger<br />

Gedankenaustausch. Neben <strong>de</strong>r pastoralen<br />

Umgestaltung wur<strong>de</strong> auch die Stellung <strong>de</strong>r<br />

Frau in <strong>de</strong>r katholischen Kirche und die<br />

Frage nach <strong>de</strong>m Diakonat für Frauen ausführlich<br />

erörtert. Cbr Bischof Dr. Karl-<br />

Heinz Wiesemann unterstrich, dass die<br />

Gläubigen in <strong>de</strong>n Großpfarreien zur akti-<br />

ven Mitarbeit aufgefor<strong>de</strong>rt seien. In diesen<br />

wer<strong>de</strong>n auch die Frauen zur größeren und<br />

aktiveren Mitarbeit als Pastoralreferentinnen<br />

zum Einsatz kommen. Der Erhalt <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>rtagesstätten und Kin<strong>de</strong>rgärten in<br />

kirchlicher Leitung wer<strong>de</strong> trotz finanzieller<br />

Engpässe nicht in Frage gestellt. Wenn<br />

auch nicht alle anstehen<strong>de</strong>n Fragen zur<br />

vollen Zufrie<strong>de</strong>nheit gelöst wer<strong>de</strong>n konnten,<br />

zeigte <strong>de</strong>r Gesprächsabend, dass Cbr<br />

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann an <strong>de</strong>r<br />

Mitarbeit von CV, KV und ND sehr interessiert<br />

ist. Die Kontakte sollen weiter<br />

gepflegt wer<strong>de</strong>n. Der Kita <strong>de</strong>r Pfarrei St.<br />

Josef konnte eine Spen<strong>de</strong> von 175 Euro<br />

übermittelt wer<strong>de</strong>n. Karl Dann (Vg)


Aka<strong>de</strong>miker und Kirche: Zeit fürs Apostolat!<br />

Kirche<br />

In <strong>de</strong>n Jahren nach 1965 fand in Deutschlands katholischen<br />

Kreisen ein reges Aka<strong>de</strong>mie-Leben statt. Beinahe<br />

je<strong>de</strong>s Bistum legte sich ein Bildungshaus zu: Bildung überall<br />

und an je<strong>de</strong>r Ecke. Wur<strong>de</strong> – sofern kein Neubau entstand<br />

– eine Immobilie einem an<strong>de</strong>ren Zweck zugeführt,<br />

dann nicht selten <strong>de</strong>r Aus-, Weiter- o<strong>de</strong>r Fortbildung. Für<br />

Zentren dieser Art stellten Bischöfe bereitwillig finanzielle<br />

Mittel zur Verfügung. Sie maßen ihnen die Aufgabe bei,<br />

<strong>de</strong>m aka<strong>de</strong>mischen Teil <strong>de</strong>s Bistumsvolkes eine Heimstätte<br />

zu bieten, die seinem intellektuellen Anspruch mit universitärem<br />

Niveau entgegenkommt; dass neben Themen<br />

(Fortsetzung links unten)<br />

&<br />

Der Aka<strong>de</strong>miker Katholik<br />

wie „Verantwortung von Laien in <strong>de</strong>r Gesellschaft“ auch<br />

über die Kirche nachgedacht wur<strong>de</strong>, versteht sich von<br />

selbst. Mitunter massive Kritik an <strong>de</strong>ren hierarchischer<br />

Verfasstheit im Kontrast zu einer – wie naiv! – vermeintlich<br />

heileren Rest-Welt gehörte zum guten Ton solcher<br />

Häuser. Der heftige weltanschauliche Umschwung, <strong>de</strong>r seit<br />

<strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r 1960er Jahre bezeichnend war, ereignete<br />

sich für das binnenkatholische Milieu parallel an diesen<br />

Institutionen.<br />

Die Situation heute: Diözesen schließen Aka<strong>de</strong>mien – teils<br />

aus Geldsorgen, teils aus fehlen<strong>de</strong>m Interesse am Angebot<br />

dieser einst florieren<strong>de</strong>n Einrichtungen. Aus Trutzburgen<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utsch-katholischen Establishments wur<strong>de</strong>n gähnend<br />

leere Säle, Flure und Foyers. Die Hoffnung, die Kirche<br />

wer<strong>de</strong> von hier aus grundlegend an<strong>de</strong>rs, erfüllte sich<br />

nicht. Zahlreiche Katholiken, die voller Elan und Tatendrang<br />

die Kirche in ein neues Zeitalter führen wollten,<br />

stehen nun da und müssen einsehen: Die ganze Kritik,<br />

die eher ein Lamentieren o<strong>de</strong>r Herumnörgeln, und weniger<br />

ein konzises Unterschei<strong>de</strong>n von Gutem und Schlechtem<br />

an <strong>de</strong>r Kirche war, hat sie selbst ausgehöhlt. Schlimmer<br />

noch: Die Welt um sie herum wur<strong>de</strong> bei aller<br />

Nabelschau irgendwie vergessen, für die sie immerhin<br />

„Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit<br />

Gott wie für die Einheit <strong>de</strong>r ganzen Menschheit“ (LG 1)<br />

sein wollte.<br />

Dieser Schwund am ursprünglichen Publikum lässt sich<br />

u.a. festmachen am stillen Exodus <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>miker aus<br />

von Björn Wagner (Tfs)<br />

<strong>de</strong>n ehemals imposanten Hallen <strong>de</strong>s Geistes. Die Kirche<br />

hat ein massives Problem: Sie droht in unseren Breiten<br />

eine langweilige Mittelschicht-Veranstaltung zu wer<strong>de</strong>n,<br />

ohne Welt-Lust und trist wie ein ausgewaschenes Hemd.<br />

Der Arbeiter o<strong>de</strong>r Beschäftige am unteren Einkommensrand,<br />

<strong>de</strong>r Wohlhaben<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r intellektuelle Überflieger<br />

fin<strong>de</strong>t in ihr nur schwer Heimat, fühlt sich bei ihr kaum<br />

richtig o<strong>de</strong>r von ihr vertreten, ernst genommen, verstan<strong>de</strong>n,<br />

provokant herausgefor<strong>de</strong>rt. Der studierte Laie, <strong>de</strong>r<br />

sich in <strong>de</strong>r Unterscheidung geschult hat, ist als Getaufter<br />

jetzt in <strong>de</strong>r Pflicht: sich und seine Kirche zu einer Aka<strong>de</strong>mie,<br />

einer Wan<strong>de</strong>lhalle <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n Menschenverstands<br />

zu machen, die endlich für die „Welt“ da ist, kantig mit<br />

ihr streitet und ein eigenes Apostolat in Angriff nimmt,<br />

das „die Durchdringung und Vervollkommnung <strong>de</strong>r<br />

zeitlichen Ordnung mit <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>s Evangeliums“<br />

(AA 2) zum Ziel hat.<br />

Der Autor: Cbr Björn Wagner (Tfs) arbeitet zurzeit in München<br />

an einer theologischen Dissertation.<br />

ACADEMIA 5/2012 59


Hochschule<br />

60 5/2012 ACADEMIA<br />

Demographischer<br />

Der Bildungsbericht zur Gesamtentwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Bildungssystems liegt vor<br />

Das Bildungsniveau in Deutschland ist<br />

weiter angestiegen. Mit dieser Kernaussage<br />

starteten das Bun<strong>de</strong>sministerium<br />

für Bildung und Forschung, die<br />

Kultusministerkonferenz und das Deutsche<br />

Institut für Internationale Pädagogische<br />

Forschung in diesem Sommer die<br />

Vorstellung <strong>de</strong>s rund 350 Seiten starken<br />

nationalen Bildungsberichts 2012.<br />

„MEHR ABITURIENTEN“<br />

IST GLEICH „MEHR<br />

BILDUNGSNIVEAU“<br />

Beson<strong>de</strong>rs freute sich die Politik in einer<br />

Pressekonferenz über das Ergebnis <strong>de</strong>r<br />

Studie, wonach das Bildungsniveau ansteige<br />

und die Zahl <strong>de</strong>r Schulabbrecher weiter<br />

zurückgehe. Als Indikator für <strong>de</strong>n Anstieg<br />

<strong>de</strong>s Bildungsniveaus sieht sie die höhere<br />

Zahl <strong>de</strong>r Abiturienten. Ob <strong>de</strong>r Anstieg <strong>de</strong>r<br />

Schulabgänger mit Hochschulreife (49<br />

Prozent 2010, während es bei <strong>de</strong>n heute<br />

60- bis 65-Jährigen noch 20 Prozent waren)<br />

wirklich auf eine Steigerung <strong>de</strong>s Bildungsniveaus<br />

o<strong>de</strong>r auf ein Absenken <strong>de</strong>s<br />

Anfor<strong>de</strong>rungsniveaus zurückzuführen ist,<br />

wur<strong>de</strong> allerdings nicht untersucht, dieser<br />

Aspekt von <strong>de</strong>r Politik schon gar nicht thematisiert.<br />

Differenzierter <strong>de</strong>r Bildungsbericht<br />

selber: Er weist ausdrücklich darauf<br />

hin, dass Bildungsabschlüsse nur bedingt<br />

DER NATIONALE BILDUNGSBERICHT<br />

Der seit 2006 alle zwei Jahre erscheinen<strong>de</strong> nationale Bildungsbericht gibt eine aktuelle<br />

Bestandsaufnahme zur Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Bildungswesens. Erarbeitet wird er durch eine<br />

unabhängige Wissenschaftlergruppe unter Fe<strong>de</strong>rführung <strong>de</strong>s Deutschen Instituts für Internationale<br />

Pädagogische Forschung. Seine Beson<strong>de</strong>rheit liegt darin, dass die verschie<strong>de</strong>nen Bildungs -<br />

bereiche in ihrem Zusammenhang dargestellt und übergreifen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rungen im <strong>de</strong>utschen<br />

Bildungssystem sichtbar gemacht wer<strong>de</strong>n. Der Bildungsbericht richtet sich an Fachleute <strong>de</strong>s<br />

Bildungswesens und die interessierte Öffentlichkeit. Klaus Weber (St)<br />

Rückschlüsse auf Kompetenzen zulassen.<br />

In diesem Zusammenhang thematisiert er,<br />

dass nach <strong>de</strong>r Hamburger Leo-Studie 14,5<br />

Prozent <strong>de</strong>r Bevölkerung im erwerbsfähigen<br />

Alter von funktionalem Analphabetismus<br />

betroffen sind (siehe hierzu auch<br />

<strong>de</strong>n Essay in ACADEMIA 3/2012). Erfreulich,<br />

dass dieses wichtige Thema –<br />

wenn auch nur kurz – Eingang in <strong>de</strong>n Bildungsbericht<br />

2012 gefun<strong>de</strong>n hat.<br />

RAHMENBEDINGUNGEN<br />

FÜR BILDUNG<br />

VERÄNDERN<br />

SICH WEITER<br />

Nicht überraschend ist die Feststellung,<br />

dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mographische Wan<strong>de</strong>l voranschreitet.<br />

Die Geburtenzahl bleibt gering<br />

bei einer gleichzeitig zunehmen<strong>de</strong>n Zahl<br />

älterer Menschen. Bei <strong>de</strong>r Altersstruktur<br />

<strong>de</strong>s Personals an <strong>de</strong>n Bildungseinrichtungen<br />

wird das beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich: Fast die<br />

Hälfte <strong>de</strong>r Lehrkräfte im Schulwesen ist<br />

50 Jahre und älter. Und <strong>de</strong>r Anteil von Personen<br />

mit Migrationshintergrund in <strong>de</strong>r<br />

jüngeren Bevölkerung steigt weiter an.<br />

Das stellt eine Herausfor<strong>de</strong>rung insbeson<strong>de</strong>re<br />

für die vorschulischen Bildungseinrichtungen<br />

dar, zeigt <strong>de</strong>r Bericht doch,<br />

dass Kin<strong>de</strong>r, die mit ihren Eltern zu Hause<br />

nicht Deutsch sprechen, zu einem Drittel<br />

in Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen betreut wer<strong>de</strong>n,<br />

in <strong>de</strong>nen mehr als 50 Prozent <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

ebenfalls eine an<strong>de</strong>re nicht-<strong>de</strong>utsche<br />

Familiensprache haben. Auch nimmt die<br />

Zahl <strong>de</strong>r erwerbstätigen Frauen gegenüber<br />

2006 <strong>de</strong>utlich zu, wenn das jüngste Kind<br />

drei Jahre alt wird und es dann eine Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtung<br />

besucht. Inzwischen<br />

besuchen 94 Prozent <strong>de</strong>r Drei- bis Sechsjährigen<br />

Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen o<strong>de</strong>r<br />

nehmen an einer Kin<strong>de</strong>rtagespflege teil.<br />

Interessant, um nicht zu sagen typisch ist<br />

ein Vergleich <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>s Berichts<br />

zum Anstieg <strong>de</strong>r Bildungsausgaben mit<br />

<strong>de</strong>r Interpretation <strong>de</strong>r Politik: Einig ist man<br />

sich noch bei <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Fakten,<br />

dass die Bildungsausgaben von rund 165<br />

Milliar<strong>de</strong>n Euro 2009 auf über 172 Milliar<strong>de</strong>n<br />

Euro im Jahr 2010 angestiegen sind.<br />

Die Verfasser weisen auf die Son<strong>de</strong>reffekte<br />

<strong>de</strong>s Zukunftsinvestitionsgesetzes und<br />

an<strong>de</strong>rer Son<strong>de</strong>rprogramme hin und for<strong>de</strong>rn,<br />

dass die hinreichen<strong>de</strong> Finanzierung<br />

<strong>de</strong>s Bildungswesens auch über die Dauer<br />

<strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rprogramme hinaus gesichert<br />

wer<strong>de</strong>n muss. Die Politik hingegen blen<strong>de</strong>t<br />

diese Son<strong>de</strong>reffekte und <strong>de</strong>ren fehlen<strong>de</strong> finanzielle<br />

Nachhaltigkeit aus und betont,<br />

dass sich die Ausgaben für Bildung trotz<br />

schwieriger ökonomischer Rahmenbedingungen<br />

weiter erhöht haben.<br />

Bemerkenswert ist ein Zuwachs von Bildungseinrichtungen<br />

freier Träger um ein<br />

Viertel. Die Erhöhung <strong>de</strong>r Zahl allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r<br />

Schulen in freier Trägerschaft<br />

um fast 1.200, das heißt 53 Prozent <strong>de</strong>s<br />

Bestan<strong>de</strong>s von 1998, ist beachtenswert, bei<br />

Grundschulen ist das Anwachsen um 152<br />

Prozent im selben Zeitraum beson<strong>de</strong>rs augenfällig.<br />

Die Teilnehmerzahlen an diesen<br />

Einrichtungen sind stark anstiegen, im<br />

Hochschulbereich haben sie sich mehr als<br />

verdreifacht. Alles auf niedrigem Niveau,<br />

aber <strong>de</strong>r Trend ist ein<strong>de</strong>utig.


Wan<strong>de</strong>l schreitet voran<br />

Bedingt durch die doppelten Abiturjahrgänge<br />

und die Aussetzung von Wehr- und<br />

Zivildienst ist die Studienanfängerquote<br />

sehr hoch. Es wird eine Stabilisierung <strong>de</strong>r<br />

Zahl <strong>de</strong>r Studienanfänger auf hohem Niveau<br />

erwartet.<br />

ZAHL DER<br />

GRUNDSCHULEN IN<br />

FREIER TRÄGERSCHAFT<br />

ERHÖHTE SICH<br />

UM 152 PROZENT<br />

Beson<strong>de</strong>rs fällt die Erkenntnis auf, dass das<br />

Durchschnittsalter bei Eintritt in eine vollqualifizieren<strong>de</strong><br />

Ausbildung auf über 19<br />

Jahre angestiegen ist. Man ist versucht, dies<br />

auf die steigen<strong>de</strong> Zahl von Schulabsolventen<br />

mit Hochschulreife zu schieben. Diese<br />

Vermutung trifft aber nicht zu. Der Grund –<br />

so die Studie – liegt in erster Linie darin, dass<br />

Jugendliche ohne und mit Hauptschulabschluss<br />

erst spät in Ausbildung kommen.<br />

Bestätigt wird in <strong>de</strong>r Untersuchung auch,<br />

dass Aka<strong>de</strong>miker am kürzesten arbeitslos<br />

<br />

von Klaus Weber (St), Leiter <strong>de</strong>s CV-Hochschulamtes<br />

sind und Hochschulabsolventen die besten<br />

Aussichten auf <strong>de</strong>m Arbeitsmarkt genießen.<br />

Die ACADEMIA berichtete hierüber<br />

bereits in an<strong>de</strong>rem Zusammenhang in <strong>de</strong>r<br />

Ausgabe 1/2011. Der Bericht bleibt aber<br />

seriös und gibt zu, dass noch offen ist, ob<br />

man mit Bachelorabschluss im Beschäftigungssystem<br />

ähnliche Positionen fin<strong>de</strong>t<br />

wie mit einem <strong>de</strong>r traditionellen Abschlüsse.<br />

Das korrespondiere damit, dass <strong>de</strong>r Arbeitsmarktwert<br />

<strong>de</strong>s Bachelors für viele<br />

Stu<strong>de</strong>nten noch zweifelhaft sei. An<strong>de</strong>rs die<br />

Bun<strong>de</strong>svereinigung <strong>de</strong>r Deutschen Arbeitgeberverbän<strong>de</strong><br />

(BDA), für die sich <strong>de</strong>r Bachelor<br />

bereits am Arbeitsmarkt etabliert<br />

hat, so wie es BDA-Hauptgeschäftsführer<br />

Dr. Reinhard Göhner in <strong>de</strong>r ACADEMIA<br />

5/2011 formulierte.<br />

SCHWERPUNKTTHEMA<br />

AUF „ELFENBEIN -<br />

TURMERISCH“<br />

Wie in <strong>de</strong>n Vorjahren enthält <strong>de</strong>r Bericht<br />

ein Schwerpunktthema, dieses Mal zum<br />

Thema „Kulturelle/musisch-ästhetische<br />

Bildung im Lebenslauf“. Interessant, aber<br />

nicht immer leicht zu verstehen. Da er sich<br />

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Hochschule<br />

in erster Linie an ein Fachpublikum richtet,<br />

ist auch nichts dagegen einzuwen<strong>de</strong>n.<br />

Scha<strong>de</strong> ist es trotz<strong>de</strong>m, <strong>de</strong>nn wäre er in verständlicher<br />

Sprache und nicht – wie weite<br />

Teile <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Kapitel – auf „elfenbeinturmerisch“<br />

formuliert, könnten auch<br />

Nichtexperten von <strong>de</strong>n Erkenntnissen profitieren.<br />

So sollen nahezu alle Eltern schon<br />

in <strong>de</strong>r frühen Kindheit über gemeinsame<br />

Aktivitäten mit unterschiedlicher Intensität<br />

und Schwerpunktsetzung die kulturelle/<br />

musisch-ästhetische Bildung ihrer Kin<strong>de</strong>r<br />

anregen und nahezu 90 Prozent <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

und Jugendlichen musisch-ästhetisch aktiv<br />

sein. Schwer zu glauben. Es be<strong>de</strong>utet aber<br />

nicht, dass nahezu alle Kin<strong>de</strong>r und Jugendliche<br />

ein Musikinstrument lernen, in die<br />

Oper o<strong>de</strong>r das Theater gehen und im Chor<br />

singen. Denn die Begriffsbestimmung ist<br />

sehr weit gefasst und „versucht, <strong>de</strong>r Breite<br />

<strong>de</strong>s Bereichs Rechnung zu tragen, ohne einem<br />

spezifischen Konzept von kultureller<br />

Bildung zu folgen“. Provozierend könnte<br />

man formulieren: Eltern regen die kulturelle/musisch-ästhetische<br />

Bildung ihrer<br />

Kin<strong>de</strong>r bereits dann an, wenn sie regelmäßig<br />

mit ihnen in ein Fastfood-Restaurant<br />

gehen und sie motivieren, die dort erworbenen<br />

Bastelhefte zu bearbeiten. Ein<br />

Schelm, <strong>de</strong>r Schlechtes dabei <strong>de</strong>nkt.<br />

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<br />

ACADEMIA 5/2012 61


Hochschule<br />

Das Image <strong>de</strong>r linken Ka<strong>de</strong>rschmie<strong>de</strong> abgestreift<br />

Über lange Jahre galt sie als eine linke<br />

Ka<strong>de</strong>rschmie<strong>de</strong>, von <strong>de</strong>ren Absolventen<br />

viele in Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Verwaltung nicht viel wissen<br />

wollten. Die Universität Bremen war mehr<br />

ein Politikum, als dass sie als Hort <strong>de</strong>r<br />

Wissenschaft galt. Inzwischen haben sich<br />

die Diskussionen über die Hochschule an<br />

<strong>de</strong>r Weser beruhigt. Universität und Realität<br />

sind näher zusammengerückt.<br />

Zusammenhängen dürfte das einstige Image<br />

<strong>de</strong>r Bremer Universität mit <strong>de</strong>m Datum<br />

ihrer Gründung. 1971 war die 68er Stu<strong>de</strong>nten-Revolte<br />

noch in vollem Gange, und<br />

62 5/2012 ACADEMIA<br />

dieses Erbe prägte zunächst die Entwicklung.<br />

Die Bremer Universität wur<strong>de</strong> damals<br />

als Reform-Universität gegrün<strong>de</strong>t, an<br />

<strong>de</strong>r mit neuen Konzepten experimentiert<br />

wur<strong>de</strong>, und davon war die gesamte Hochschule<br />

mit ihrem Bildungsi<strong>de</strong>al geprägt.<br />

Und dieses „Bremer Mo<strong>de</strong>ll“, ergänzt um<br />

die Leitziele <strong>de</strong>r Interdisziplina-<br />

rität und <strong>de</strong>s forschen<strong>de</strong>n Lernens<br />

in Projekten, entsprach<br />

nicht unbedingt <strong>de</strong>m traditionellen<br />

Bild universitärer Lehre. In<br />

<strong>de</strong>n achtziger Jahren fand sie<br />

dann aber ihren neuen Weg, <strong>de</strong>r nach<br />

Auffassung von Kennern <strong>de</strong>r Hochschullandschaft<br />

an <strong>de</strong>r Weser <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l hin<br />

zu einem anerkannten Mitglied <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Hochschullandschaft initiiert hat.<br />

Eine innovative Öffnung für neue naturund<br />

ingenieurwissenschaftliche Fachbereiche<br />

stellte neue Weichen, und in <strong>de</strong>r<br />

Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Alfred-Wegener-Institut<br />

für Polar- und Meeresforschung<br />

in Bremerhaven verbün<strong>de</strong>te sich<br />

die Universität mit einem Partner, <strong>de</strong>r<br />

ihrem Image nur zuträglich sein konnte.<br />

Mit <strong>de</strong>r Aufnahme in die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

1986 setzten Erfolge<br />

bei <strong>de</strong>r Einrichtung von Son<strong>de</strong>rforschungsbereichen<br />

ein, und die Forschungsarbeit<br />

fand immer stärker überregionale Anerkennung.<br />

Nicht ohne Be<strong>de</strong>utung für diese Erfolge<br />

ist die Zusammenarbeit mit zahlreichen<br />

Forschungsinstituten auf <strong>de</strong>m Campus, neben<br />

<strong>de</strong>m Alfred-Wegener-Institut unter an<strong>de</strong>rem<br />

das Max-Planck-Institut für Marine<br />

Blick auf die Dächer <strong>de</strong>r Universität Bremen.<br />

An <strong>de</strong>r Institution sind 19.000 Stu<strong>de</strong>nten eingeschrieben.<br />

Mikrobiologie und das Fraunhofer-Institut<br />

für Fertigungstechnik und Angewandte<br />

Materialforschung. Die gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Fächer rückten im Zuge<br />

dieses Wan<strong>de</strong>ls stärker in <strong>de</strong>n Hintergrund.<br />

Und auch <strong>de</strong>r Generationenwechsel im<br />

Lehrkörper dürfte seinen Beitrag zur Neu-<br />

Weiterbildung<br />

eigener Schwerpunkt<br />

orientierung geleistet haben. Aktuell verfügt<br />

die Universität Bremen mit 19.000<br />

Studieren<strong>de</strong>n über vier Son<strong>de</strong>rforschungsbereiche,<br />

einen Exzellenzcluster und zwei<br />

Graduiertenschulen.<br />

Einen eigenen Schwerpunkt legt die Hochschule<br />

an <strong>de</strong>r Weser auf die Weiterbildung.<br />

Hier stehen spezielle Programme für<br />

Logistik & IT, Lehrkompetenz für die<br />

Erwachsenenbildung, „Digitale Medien<br />

für Frauen“, IT-Recht für Unternehmen<br />

und Weiterbildung für ältere Erwachsene<br />

zu Buche. Mit einem Inhouse-Angebot<br />

geht die Universität darüber hinaus mit<br />

maßgeschnei<strong>de</strong>rten Angeboten auf Un -<br />

ternehmen und Institutionen zu, die speziell<br />

für von diesen gebil<strong>de</strong>te Teams durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Hochschule ist damit<br />

in eine neue Experimentierphase einge -<br />

treten, die aber im Gegensatz zu <strong>de</strong>n Experimenten<br />

<strong>de</strong>r Frühphase ihr Standing<br />

eher stärkt und <strong>de</strong>n Absolventen beim<br />

Einstieg ins Berufsleben eher behilflich<br />

sein kann. Wolfgang Braun (Bd)


Für die Uni - wichtig!<br />

Mehr Studienabbrecher<br />

Das Hochschul-Informations-System (HIS) hat zum sechsten Mal eine Untersuchung zu <strong>de</strong>n<br />

Studienabbruchquoten an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Hochschulen vorgelegt. Ergebnis: Die Quote nimmt zu.<br />

Beson<strong>de</strong>rs augenfällig wird das an <strong>de</strong>n Zahlen für die Universitäten. Während an Fachhochschulen<br />

lediglich ein Studienabbruch von 19 Prozent <strong>de</strong>r Studienanfänger festzustellen ist, liegt sie bei <strong>de</strong>n<br />

Universitäten bei 35 Prozent. Damit hat sich die Studienabbruchquote bei <strong>de</strong>n Bachelorstudieren<strong>de</strong>n im<br />

Vergleich zu <strong>de</strong>n Studienanfängern 2004/2005 um drei Prozent erhöht. Aus <strong>de</strong>r nicht empirisch belegbaren<br />

Einschätzung <strong>de</strong>r HIS-Studie, dass sich hinter <strong>de</strong>m vergleichsweise hohen Wert die Übergangs- und<br />

Anpassungsprobleme bei <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r gestuften Studiengänge verbergen, macht das<br />

Bun<strong>de</strong>sministerium für Bildung und Forschung die Schlagzeile „Studienabbrecher in Zeiten von Bologna:<br />

Langfristig geht die Kurve <strong>de</strong>utlich zurück“.<br />

Wechsel an <strong>de</strong>r Spitze wichtiger Wissenschaftsorganisationen in Deutschland<br />

2012 ist das Jahr wichtiger Wahlen und Wechsel an <strong>de</strong>n Köpfen be<strong>de</strong>utsamer wissenschaftlicher<br />

Einrichtungen. Deren Leitungen wechseln nicht im Jahresrhythmus, son<strong>de</strong>rn prägen über einen längeren<br />

Zeitraum die Geschicke ihrer Organisation und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wissenschaftsszene. So ist Prof. Dr. Horst<br />

Hippler, vorher Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Karlsruher Instituts für Technologie, seit Mai neuer Chef <strong>de</strong>r<br />

Hochschulrektorenkonferenz, <strong>de</strong>m freiwilligen Zusammenschluss <strong>de</strong>r staatlichen und staatlich anerkannten<br />

Universitäten und Hochschulen in Deutschland, in <strong>de</strong>nen über 94 Prozent aller Studieren<strong>de</strong>n in Deutschland<br />

immatrikuliert sind.<br />

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft dient <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Wissenschaft durch die finanzielle Unterstützung<br />

von Forschungsaufgaben und durch die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit unter <strong>de</strong>n Forschern. Mit einem<br />

Gesamtbudget von fast 2,5 Milliar<strong>de</strong>n Euro hat sie großen Einfluss. Ab 1. Januar 2013 wird sie von <strong>de</strong>m<br />

Germanisten Professor Dr. Peter Strohschnei<strong>de</strong>r geführt.<br />

Die Fraunhofer-Gesellschaft, Europas größte Wissenschaftsorganisation für angewandte Forschung, wird ab<br />

1. Oktober von <strong>de</strong>m Maschinenbauprofessor Dr. Reimund Neugebauer geleitet.<br />

Bereits 2011 gewählt, hatte Prof. Dr. Margret Wintermantel am 1. Januar 2012 ihren Dienstantritt beim<br />

Deutschen Aka<strong>de</strong>mischen Austauschdienst (DAAD). Der DAAD ist die weltweit größte För<strong>de</strong>rorganisation für<br />

<strong>de</strong>n internationalen Austausch von Studieren<strong>de</strong>n und Wissenschaftlern.<br />

Nach<strong>de</strong>m bereits 2011 <strong>de</strong>r Wissenschaftsrat mit Professor Dr.-Ing. Wolfgang Marquardt einen neuen<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n bekam, sind nunmehr zahlreiche herausragen<strong>de</strong> Funktionen innerhalb kurzer Zeit neu besetzt<br />

wor<strong>de</strong>n, die für die Hochschulen große Be<strong>de</strong>utung haben.<br />

Anteil <strong>de</strong>r Nichtabiturienten an <strong>de</strong>n Studienanfängern verdoppelt<br />

Das Centrum für Hochschulentwicklung teilt in einer in diesem Sommer veröffentlichten Studie mit, dass sich<br />

<strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Nichtabiturienten zwischen 2007 und 2010 auf 2,1 Prozent verdoppelt hat. In Nordrhein-<br />

Westfalen ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Studienanfänger ohne Abitur mit 4,2 Prozent am höchsten, im Saarland mit 0,4<br />

Prozent am niedrigsten. In <strong>de</strong>n vergangenen drei Jahren haben 14 von 16 Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn ihre<br />

Zugangsbedingungen zum Studium ohne Abitur verbessert. Als Hür<strong>de</strong> für die Studienaufnahme bleiben jedoch<br />

– so die Studie – die zahlreichen Detail- und Ausnahmeregelungen bestehen. Studierwillige ohne Abitur<br />

müssen sich entsprechend intensiv durch <strong>de</strong>n Verordnungsdschungel kämpfen. Die Fernuniversität Hagen ist<br />

beim Studieren ohne Abitur mit 2502 Studienanfängern beson<strong>de</strong>rs nachgefragt, Berlin mit 433 Erstsemestern<br />

steht an zweiter Stelle. Das dürfte auch die Spitzenposition von Nordrhein-Westfalen begrün<strong>de</strong>n, weil Hagen<br />

in diesem Bun<strong>de</strong>sland liegt. Klaus Weber (St), Leiter <strong>de</strong>s CV-Hochschulamtes<br />

Hochschule<br />

ACADEMIA 5/2012 63


Hochschule<br />

Neue Bologna-Studiengänge – <strong>de</strong>r Weg ins Abseits?<br />

Neue berufliche Chance o<strong>de</strong>r Schmalspurbahn<br />

ins berufliche Abseits?<br />

Neue Bachelor-Studiengänge sind<br />

kein Kennzeichen <strong>de</strong>s Bologna-Prozesses,<br />

son<strong>de</strong>rn eine Begleiterscheinung, die nicht<br />

selten eher eine Frucht <strong>de</strong>r Verschulung<br />

<strong>de</strong>s Studiums und <strong>de</strong>s Wettbewerbs zwischen<br />

Hochschulen als das Ergebnis<br />

eines zielstrebigen Bildungskonzepts zu<br />

sein scheint. Ein Beispiel dafür sind<br />

Studiengänge wie <strong>de</strong>r „Unternehmensjurist“<br />

in Mannheim o<strong>de</strong>r auch „Law and<br />

Economics“ in Bonn. Die von <strong>de</strong>n Befürwortern<br />

betonten Vorteile <strong>de</strong>rartiger Studiengänge<br />

zeigen mehr als <strong>de</strong>utlich, welche<br />

aka<strong>de</strong>mischen Errungenschaften die<br />

Universitäten mit <strong>de</strong>m Bachelor-Prozess<br />

verloren haben.<br />

„Wer in Mannheim die erste Staatsprüfung<br />

nicht schafft, hat immerhin einen Bachelor<br />

in <strong>de</strong>r Tasche. Wer in Hei<strong>de</strong>lberg, Köln<br />

o<strong>de</strong>r Bonn nach Jahren <strong>de</strong>s Studiums<br />

mehrmals durch das Examen fällt, steht<br />

hingegen vor <strong>de</strong>m Nichts.“ So schil<strong>de</strong>rt eine<br />

große Tageszeitung <strong>de</strong>n angeblichen<br />

Vorteil <strong>de</strong>s Mannheimer Unternehmensjuristen.<br />

Was aber ist dieser Bachelor tatsächlich<br />

wert? Er stellt <strong>de</strong>n Absolventen<br />

kaum über <strong>de</strong>n juristischen Studienabbre-<br />

cher, <strong>de</strong>r früher schon in zahlreichen Berufen<br />

dank eines gewissen Kenntnisstan<strong>de</strong>s<br />

und einer erlernten Denkweise durchaus<br />

seinen Platz fin<strong>de</strong>n konnte. Als<br />

Bachelor mit einer Wissensmischung aus<br />

Recht und Betriebswirtschaft steht <strong>de</strong>r Absolvent<br />

vielleicht ein wenig, viel besser<br />

allerdings nicht da. Insi<strong>de</strong>r sprechen sogar<br />

von einem Zertifikat für ein gescheitertes<br />

Studium und sehen auch in <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />

entsprechen<strong>de</strong> Reaktionen. Für die<br />

Rechtsabteilung eines Unternehmens<br />

reicht <strong>de</strong>r so erworbene Bachelor nicht<br />

aus, da hier ein umfassend ausgebil<strong>de</strong>ter<br />

Volljurist gefragt ist, <strong>de</strong>r alle Rechtsgebiete<br />

und damit alle Eventualitäten ab<strong>de</strong>ckt.<br />

In <strong>de</strong>r Vertragsvorbereitung beispielsweise,<br />

wo <strong>de</strong>r Bachelor im Unternehmen<br />

sein spezialisiertes Wissen ausspielen<br />

kann, konkurriert ein Unternehmensjurist<br />

mit universitärem Bachelor-Abschluss sicherlich<br />

nicht selten mit gut ausgebil<strong>de</strong>ten<br />

Kaufleuten o<strong>de</strong>r Betriebswirten von Hochschulen<br />

für angewandte Wissenschaften.<br />

Der universitäre Bachelor-Abschluss kann<br />

so schnell zur beruflichen Sackgasse ohne<br />

Perspektive wer<strong>de</strong>n.<br />

Wenig logisch ist gleichzeitig, dass die<br />

neuen Bologna-Studiengänge das, was<br />

DHV-Präsi<strong>de</strong>nt Kempen:<br />

Wissenschaftsbetrug ist kriminell<br />

Bonn. Für die Schaffung eines Straftatbestan<strong>de</strong>s Wissenschaftsbetrug spricht sich <strong>de</strong>r Deutsche<br />

Hochschulverband (DHV) aus. Er zielt damit auf die Branche <strong>de</strong>r so genannten Promotionsberater,<br />

die im dringen<strong>de</strong>n Verdacht stehe, für vermeintliche Promoven<strong>de</strong>n kommerziell Dissertationen,<br />

darüber hinaus aber auch Bachelor- und Masterabschlussarbeiten für Studieren<strong>de</strong> zu<br />

verfassen. Schätzungen zufolge wer<strong>de</strong>n laut DHV bis zu zwei Prozent aller Dissertationen<br />

unter tatkräftiger Mitwirkung von Promotionsberatern abgefasst, und in <strong>de</strong>n Fachbereichen<br />

Jura und Wirtschaftswissenschaften gehen Experten laut dpa sogar von je<strong>de</strong>r dritten Doktorarbeit<br />

als Fremdleistung aus. DHV-Präsi<strong>de</strong>nt Cbr Professor Bernhard Kempen (Mm): „Ghostwriter<br />

bringen die aka<strong>de</strong>mischen Gra<strong>de</strong> und die Hochschulen, die sie verleihen, in Verruf. Das<br />

geht zu Lasten <strong>de</strong>r großen Mehrzahl <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>miker, die ihre aka<strong>de</strong>mischen Gra<strong>de</strong> durch Leistung<br />

erworben haben.“ Um <strong>de</strong>m einen Riegel vorzuschieben, müssten die Abschreckungsinstrumente<br />

geschärft wer<strong>de</strong>n. „Wissenschaftsbetrug“, so Kempen, „ist kein Kavaliers<strong>de</strong>likt, son<strong>de</strong>rn<br />

kriminell.“ In diesem Sinne for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r DHV sowohl für <strong>de</strong>n Fremdautor als auch für <strong>de</strong>n<br />

Nutznießer, <strong>de</strong>r diese Arbeit als seine eigene ausgibt, die strafrechtliche Ahndung mit einem<br />

Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren o<strong>de</strong>r Geldstrafe. wb<br />

64 5/2012 ACADEMIA<br />

früher <strong>de</strong>m Stu<strong>de</strong>nten freigestellt war,<br />

durch die Verschulung <strong>de</strong>s Studiums zunächst<br />

unmöglich gemacht haben, nämlich<br />

neben einem Hauptstudienfach über <strong>de</strong>n<br />

Tellerrand hinweg auch in ein weiteres<br />

Fach zu riechen und dort Kenntnisse zu<br />

erwerben, die man mit erhöhtem Enga -<br />

gement mit Zwischenprüfungen o<strong>de</strong>r sogar<br />

<strong>de</strong>m vollen<strong>de</strong>ten Abschluss als Zu -<br />

satzqualifikation krönen konnte. Genau<br />

das in einem engen Korsett neu aufleben<br />

zu lassen, feiern die Hochschulen jetzt<br />

als kreative Leistung. Was dabei aber weitgehend<br />

auf <strong>de</strong>r Strecke bleiben dürfte, ist<br />

die eigene Neugier<strong>de</strong> als Basis <strong>de</strong>r neuen<br />

Fächerkombination. So bereitet man von<br />

Anfang an gekappte Laufbahnen, aber<br />

keine herausragen<strong>de</strong>n Leistungen vor. Die<br />

bleiben nach wie vor <strong>de</strong>m Studieren<strong>de</strong>n<br />

selbst überlassen, wobei ihm die Mög -<br />

lichkeiten dazu aber durch die Formalisierung<br />

und Verschulung drastisch beschnitten<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Dass Bachelor-Abschlüsse gleichzeitig<br />

als Etappenprüfung auf <strong>de</strong>m Weg zum<br />

ersten juristischen Staatsexamen aus -<br />

gestaltet sind und <strong>de</strong>r Absolvent die<br />

Möglichkeit hat, dieses Staatexamen<br />

nach weiteren Semestern abzulegen, gibt<br />

<strong>de</strong>mjenigen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Studiengang „Un -<br />

ternehmensjurist“ o<strong>de</strong>r „Law and Eco -<br />

nomics“ erfolgreich absolviert, wenigs -<br />

tens noch die Chance auf eine vollwertige<br />

aka<strong>de</strong>mische Ausbildung, die auch von<br />

<strong>de</strong>n meisten Stu<strong>de</strong>nten genutzt wird. Wer<br />

aber auch am Bachelor scheitert, muss<br />

sich ebenso mit <strong>de</strong>m Nichts abfin<strong>de</strong>n<br />

wie ein mehrfach gescheiterter Examenskandidat<br />

in <strong>de</strong>r klassischen Juristenaus -<br />

bildung.<br />

Man sollte daraus <strong>de</strong>n Schluss ziehen,<br />

dass eine Reduzierung <strong>de</strong>r Qualifika -<br />

tionsmarke gegenüber <strong>de</strong>n herkömmlichen<br />

Studienabschlüssen nicht <strong>de</strong>r Sinn<br />

<strong>de</strong>s zweistufigen Studiums sein kann.<br />

Vielmehr sollte die Basis im Bachelor-<br />

Studium so gelegt wer<strong>de</strong>n, dass sie <strong>de</strong>n<br />

grundlegen<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />

herkömmlichen Berufsqualifikationen gerecht<br />

wird, auch wenn dafür etwas mehr<br />

Zeit erfor<strong>de</strong>rlich ist. Der Master kann<br />

dann eine zusätzliche Qualifikation verbun<strong>de</strong>n<br />

mit einer Schwerpunktbildung<br />

bringen. Wolfgang Braun (Bd)


Gesicht <strong>de</strong>r Hochschulen immer internationaler<br />

Bonn/Hannover. Die Stu<strong>de</strong>ntenschaft an Deutschlands Hochschulen wird internationaler: 70.000<br />

ausländische Studieren<strong>de</strong> und damit zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor nahmen 2008 ein Studium<br />

an einer <strong>de</strong>utschen Hochschule auf. Stärkste nationale Gruppe waren dabei Studienanfänger aus<br />

China, gefolgt von Neuimmatrikulierten aus <strong>de</strong>r Türkei, aus Frankreich, Polen, Russland und <strong>de</strong>n USA.<br />

Mit 18.000 ausländischen Doktoran<strong>de</strong>n schrieben sich 2009 doppelt so viele an <strong>de</strong>utschen Universitäten<br />

ein wie im Jahr 2000. Das be<strong>de</strong>utet, dass mittlerweile je<strong>de</strong>r fünfte Doktorand aus <strong>de</strong>m Ausland<br />

kommt, und zwar insbeson<strong>de</strong>re aus asiatischen und mittelost- sowie osteuropäischen Län<strong>de</strong>rn.<br />

An <strong>de</strong>r Spitze steht auch hier China zusammen mit Indien, gefolgt von Russland und Polen. Als Grund<br />

für ihre Entscheidung, zur Promotion nach Deutschland zu kommen, führen die meisten Doktoran<strong>de</strong>n<br />

an, dass sie vom guten Ruf und <strong>de</strong>r fachlichen Qualität <strong>de</strong>r Wissenschaft in ihrem Gastland<br />

überzeugt seien. Auch fühlten sie sich an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Hochschulen gut betreut. Dies geht aus<br />

<strong>de</strong>r aktuellen Studie „Wissenschaft weltoffen“ <strong>de</strong>s Deutschen Aka<strong>de</strong>mischen Austauschdienstes<br />

(DAAD) und <strong>de</strong>r HIS Hochschul-Informations-System GmbH hervor, die jährlich erstellt wird.<br />

Die Internationalisierung <strong>de</strong>r Hochschulen in Deutschland entspricht dabei einem weltweiten Trend.<br />

Rund drei Millionen Studieren<strong>de</strong> rund um <strong>de</strong>n Globus sind an Hochschulen außerhalb ihres Heimatlan<strong>de</strong>s<br />

immatrikuliert. Dabei zählt Deutschland nach <strong>de</strong>n USA und Großbritannien zu <strong>de</strong>n wichtigsten Gastlän -<br />

<strong>de</strong>rn. Insgesamt 240.000 ausländische Studieren<strong>de</strong> waren 2009 an <strong>de</strong>utschen Universitäten und Fachhochschulen<br />

eingeschrieben. Das waren erneut 6000 mehr als im Jahr zuvor und be<strong>de</strong>utet, dass etwa<br />

je<strong>de</strong>r achte Studieren<strong>de</strong> in Deutschland einen ausländischen Pass besitzt. Bei dieser Gesamtzahl liegen<br />

nach nationaler Herkunft China sowie die osteuropäischen Län<strong>de</strong>r Russland, Polen und Bulgarien vorn.<br />

Dem weltweiten Trend folgen zunehmend auch <strong>de</strong>utsche Studieren<strong>de</strong>. 90.000 von ihnen und damit<br />

acht Prozent mehr als im Vorjahr waren 2007 an einer ausländischen Hochschule eingeschrieben,<br />

bevorzugt in <strong>de</strong>n Nachbarlän<strong>de</strong>rn Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>, Österreich, Großbritannien und <strong>de</strong>r Schweiz. wb<br />

Reformbaustelle Hochschule:<br />

das Thema Durchlässigkeit<br />

Bonn/Berlin. Im Kontext <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

eines Deutschen Qualifikationsrahmens,<br />

<strong>de</strong>ssen Ziel es ist, auch die Gleichwertigkeit<br />

zwischen aka<strong>de</strong>mischem Studium und beruflicher<br />

Ausbildung abzubil<strong>de</strong>n, drängen<br />

insbeson<strong>de</strong>re die Interessenvertreter <strong>de</strong>r Sozialpartner<br />

darauf, auch die Durchlässigkeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Bildungsbereichen zu<br />

verbessern. Der soziale Aufstieg soll für<br />

<strong>de</strong>n Einzelnen nicht an <strong>de</strong>n Türen <strong>de</strong>r Fachhochschulen<br />

und Universitäten en<strong>de</strong>n.<br />

Gera<strong>de</strong> vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>s zunehmend<br />

auch in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit thematisierten<br />

und erwarteten Fachkräftemangels<br />

wer<strong>de</strong>n diese Aufstiegskarrieren<br />

auch für <strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>s Wohlstandsniveaus<br />

in Deutschland be<strong>de</strong>utsamer. Die zentrale<br />

Frage – insbeson<strong>de</strong>re an Universitäten –<br />

ist, wie es gelingt, die aus <strong>de</strong>r beruflichen<br />

Bildung in das Studium hineinwachsen<strong>de</strong>n<br />

Studieren<strong>de</strong>n so auf das Studium vorzubereiten,<br />

dass sie es auch ohne Niveauverlust<br />

erfolgreich abschließen können.<br />

Die Übergänge wer<strong>de</strong>n über <strong>de</strong>n Beschluss<br />

<strong>de</strong>r Kultusministerkonferenz zum Hochschulzugang<br />

für beruflich Qualifizierte<br />

vom März 2009 ausgebaut. Nach diesem<br />

Beschluss haben Meister, Techniker und<br />

gleichwertig Qualifizierte einen allgemeinen<br />

Hochschulzugang. Inhaber von Abschlüssen<br />

<strong>de</strong>r dualen Ausbildung benötigen<br />

eine berufliche Erfahrungszeit von<br />

zwei Jahren, um sich in einem ihrer Ausbildung<br />

affinen Studiengang einschreiben<br />

zu können. Darüber hinaus gibt es das Ins -<br />

trument <strong>de</strong>r Eignungsfeststellung.<br />

Das Centrum für Hochschulentwicklung<br />

hat nun im Juli 2012 die Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte<br />

entlang <strong>de</strong>r lan<strong>de</strong>sspezifischen Regelungen<br />

analysiert. Sichtbar wird, dass<br />

die einzelnen Län<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n neuen Möglichkeiten<br />

sehr unterschiedlich umgegangen<br />

sind. Zum Teil ist die Umsetzung in<br />

laufen<strong>de</strong> Novellen <strong>de</strong>r Hochschulgesetze<br />

eingebun<strong>de</strong>n und steht vor <strong>de</strong>m Abschluss.<br />

Hochschule<br />

Während Nordrhein-Westfalen unter seinen<br />

Studienanfängern 2010 immerhin<br />

4,23 Prozent Studieren<strong>de</strong> hatten, die aus<br />

<strong>de</strong>r beruflichen Qualifizierung gekommen<br />

sind, waren es im Saarland lediglich 0,38<br />

Prozent. Auch Berlin (3,68 Prozent) und<br />

Mecklenburg-Vorpommern haben ihre<br />

Hochschulen <strong>de</strong>utlich geöffnet.<br />

Generell kann diese Öffnung positiv wirken.<br />

Sie öffnet in zahlreichen beruflichen Fel<strong>de</strong>rn<br />

jungen engagierten Arbeitnehmern<br />

neue Karrieremöglichkeiten. Die Unternehmen<br />

können durch gezielte För<strong>de</strong>rung<br />

von dualen, Teilzeit- o<strong>de</strong>r berufsbegleiten<strong>de</strong><br />

Studien Fachkräfte bin<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n neuen<br />

Län<strong>de</strong>rn eröffnet sich für Universitäten<br />

und Fachhochschulen gera<strong>de</strong> im Kontext<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>mographisch bedingten Rückgänge<br />

<strong>de</strong>r Erstsemester in wenigen Jahren die<br />

Möglichkeit, über gezielte weiterbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Studienangebote neue Wege in <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen<br />

Bildung einzuschlagen.<br />

Auch die Anerkennung von beruflichen<br />

Qualifikationen, die auf ein Studium angerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n kann, ist heute schon großzügig<br />

geregelt. Bis zu 50 Prozent eines Studiums<br />

können von beruflich Qualifizierten<br />

durch Leistungen <strong>de</strong>r bisherigen Bildungsgänge<br />

ersetzt wer<strong>de</strong>n. Dies ist insbeson<strong>de</strong>re<br />

für jene mit beruflichen Fortbildungsqualifikationen<br />

interessant, die zwar nicht<br />

die breite eines klassischen Studiums erreichen,<br />

aber in einem bestimmten Segment<br />

hohe Qualifikationen erreicht haben.<br />

Die „Expertenkommission Forschung und<br />

Innovation“ hat in diesem Jahr Bund und<br />

Län<strong>de</strong>r aufgefor<strong>de</strong>rt, die Bildungspolitik<br />

stärker auf die vertikale und horizontale<br />

Durchlässigkeit hin auszurichten. „Eine<br />

zukunftsweisen<strong>de</strong> Bildungspolitik für<br />

Deutschland darf nicht ausschließlich darauf<br />

abzielen, eine hohe Zahl an Aka<strong>de</strong>mikern<br />

zu gewährleisten, son<strong>de</strong>rn muss auf möglichst<br />

hochwertige Ausbildungsgänge auf<br />

allen Stufen und auf eine maximale Durchlässigkeit<br />

zwischen beruflichen rund aka<strong>de</strong>mischen<br />

Bildungsgängen Wert legen. Das<br />

duale Berufsbildungssystem und das Hochschulsystem<br />

müssen gleichzeitig gestärkt<br />

wer<strong>de</strong>n.“ Damit sind die zentralen Eckpunkte<br />

auch benannt. Es darf nicht dazu kommen,<br />

dass Universitäten und Fachhochschulen<br />

das Niveau ihrer Bildungsgänge absenken,<br />

um beruflich Qualifizierte nach politischer<br />

Zielsetzung durch ein Studium zu bringen.<br />

Es darf keine Studieren<strong>de</strong>n zweier Leistungsklassen<br />

geben. Klaus Oidtmann (TsK)<br />

ACADEMIA 5/2012 65


St. Gothardus schmückt die Kanal<strong>de</strong>ckel<br />

Ein Blick ins geschichtsgesättigte Gotha<br />

Der Stadtpatron mit Mitra und Bischofsstab schmückt nicht<br />

nur <strong>de</strong>n wun<strong>de</strong>rschön restaurierten Renaissancegiebel<br />

<strong>de</strong>s Rathauses, sein Bild mit <strong>de</strong>m lateinischen Namen<br />

befin<strong>de</strong>t sich sogar auf <strong>de</strong>n Kanal<strong>de</strong>ckeln: St. Gothardus.<br />

Obwohl die rührige Stadtverwaltung mit ihm auf ihren<br />

Prospekten wirbt, scheint vielen Gothaern ihre christliche<br />

Wurzel nicht bewusst zu sein. Gothardus o<strong>de</strong>r St. Go<strong>de</strong>hard<br />

war bis 1020 Abt <strong>de</strong>s Benediktinerklosters Hersfeld,<br />

<strong>de</strong>m Gotha Steuern zahlen musste. Von dort aus ging er<br />

als Bischof nach Hil<strong>de</strong>sheim.<br />

Auch wenn <strong>de</strong>r aktive Glaube wie in vielen an<strong>de</strong>ren Städten<br />

<strong>de</strong>r neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r manchmal verdunstet zu sein<br />

scheint, ist das Stadtbild von Gotha von ihm geprägt. Hinweisschil<strong>de</strong>r<br />

an allen wichtigen Punkten weisen auf die<br />

dreischiffige spätgotische Margarethenkirche hin, die nach<br />

ihrer Zerstörung 1944 in alter Schönheit wie<strong>de</strong>rhergestellt<br />

wur<strong>de</strong>. 40 bis 100 Gottesdienstbesucher sollen es am<br />

Sonntag sein. Die älteste Margarethenkirche an dieser Stel -<br />

le hatte 1290 <strong>de</strong>r Deutsche Or<strong>de</strong>n übernommen.<br />

Luther und Bach sind allgegenwärtig, auch<br />

wenn die Orgeln nicht ganz so<br />

berühmt sind wie die im<br />

nahen Arnstadt.<br />

66 5/2012 ACADEMIA<br />

Das Gothaer Rathaus im Zentrum<br />

<strong>de</strong>s Hauptmarkes. Baubeginn: 1567.<br />

Das aktive evangelische Leben pulsiert im ehemaligen<br />

Augustinerkloster, in <strong>de</strong>m Luther viermal gepredigt hat.<br />

Er war von Gotha so beeindruckt, dass er <strong>de</strong>n Wunsch<br />

äußerte, dort begraben zu wer<strong>de</strong>n. Es kam an<strong>de</strong>rs. Heute<br />

ist das Augustinerkloster eine Begegnungsstätte mit<br />

einer „Herberge“ von 17 Zimmern. Die Bibliothek mit<br />

rund 5000 Bän<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n früheren evangelischen<br />

Gemein<strong>de</strong>n Gothas zusammengetragen. Das älteste<br />

Buch ist eine lateinische Lutherausgabe von 1564.<br />

Aus <strong>de</strong>m einstigen Kapitelsaal wur<strong>de</strong> ein Café. Von hier<br />

aus kommt <strong>de</strong>r Besucher in <strong>de</strong>n Kreuzgang, auch hier Tische<br />

für die Gäste. Im Übrigen: Christentum zum Anfassen.<br />

1989 waren Kloster und Kirche Zentrum <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsgebete<br />

und Ausgangsort <strong>de</strong>r friedlichen<br />

Demonstrationen. Heute gibt es im Sommer hin und<br />

wie<strong>de</strong>r Gottesdienste vor <strong>de</strong>r Klosterkirche,<br />

um <strong>de</strong>n Glauben öffentlich<br />

zu bekennen.<br />

Foto: picture alliance/Bildagentur Huber<br />

Immer wie<strong>de</strong>r wird in <strong>de</strong>r Stadt<br />

auch auf die katholische Bonifatiuskirche<br />

hingewiesen. Mit einem<br />

mo<strong>de</strong>rnen Gemein<strong>de</strong>haus<br />

liegt sie auf einem<br />

kleinen Hügel. 3500 Katholiken<br />

gibt es hier, darunter<br />

zwei CVer. Im Gegensatz zu<br />

<strong>de</strong>n evangelischen Gotteshäusern<br />

ist die Kirche verschlossen.<br />

Ist das im Sinne<br />

<strong>de</strong>s Erbauers, <strong>de</strong>s Bonif<br />

a t i u s w e r k e s ?<br />

Ansicht <strong>de</strong>s Rathauses um die Jahrhun<strong>de</strong>rtwen<strong>de</strong>.<br />

Foto: picture alliance/akg-images


B L Ü H E N D E L A N D S C H AFTE N<br />

Zwar gibt es einen Hinweis, wo <strong>de</strong>r Schlüssel zu holen ist,<br />

aber wer tut das schon, um sich kurz vor <strong>de</strong>m Tabernakel<br />

im Gebet zu sammeln? Dann kann man auch <strong>de</strong>n<br />

„Raum <strong>de</strong>r Stille“ im Augustinerkloster aufsuchen. Ist die<br />

katholische Kirche zu, weil keine Beter kommen o<strong>de</strong>r ist<br />

es nicht umgekehrt?<br />

Seit <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> hat Gotha mit heute rund 45.000 Einwohnern<br />

etwa 10.000 Bürger verloren. Waren das die<br />

rührigsten? Die Stadt wirkt ruhig, manchmal leer. Fragt<br />

man, warum das so ist, heißt es,<br />

die Gothaer seien keine geselli-<br />

gen Thüringer, sie blieben lieber<br />

daheim. So gehört das malerische<br />

und ansprechen<strong>de</strong> Stadtbild<br />

oft allein <strong>de</strong>n Touristen. Sie<br />

wer<strong>de</strong>n abends von einem<br />

„Nachtwächter“ und tagsüber<br />

manchmal von einem „Mönch“<br />

im schwarzen Benediktinerhabit<br />

geführt. Noch etwas: In vier Tagen<br />

sahen wir kein einziges muslimisches Kopftuch. Die<br />

Vietnamesen, die zu DDR-Zeiten kamen, sind integriert.<br />

Fragt man nach <strong>de</strong>utscher Küche, erfährt man zunächst:<br />

„Hier haben wir nur italienische und asiatische Restaurants.“<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick stimmt das. Hinzugefügt wer<strong>de</strong>n muss,<br />

dass selbst <strong>de</strong>r Ratskeller fest in italienischer Hand ist, jedoch<br />

wie auch an<strong>de</strong>re Italiener thüringische Spezialitäten<br />

anbietet. Und das mit umwerfen<strong>de</strong>r Freundlichkeit.<br />

Hier verlobte sich<br />

Kaiser Wilhelm II.<br />

mit Auguste Viktoria<br />

– heimlich<br />

Foto: Thomas Grundner<br />

Foto: ramu<br />

Englischer und Orangeriegarten, <strong>de</strong>r nahe Thüringerwald<br />

sind etwas für Naturliebhaber. Der Historiker ist fasziniert<br />

von <strong>de</strong>n Galerien <strong>de</strong>s europäischen A<strong>de</strong>ls. Das<br />

Herzogshaus von Sachsen-Gotha verheiratete seine Söhne<br />

und Töchter an viele Fürstenhöfe. So haben fast alle<br />

europäischen Monarchien ihre Wurzeln in Gotha. „Königskin<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Weltgeschichte“ – ihre Porträts schmücken<br />

Wän<strong>de</strong> im Schloss. „Gotha a<strong>de</strong>lt“ heißt es auf Prospekten.<br />

Die Forschungsbibliothek lockt mit wissenschaftlichen<br />

Tagungen, aber auch gängigen Vorträgen ins Schloss<br />

und hütet <strong>de</strong>n Schatz von 3000<br />

evangelischen Gesangbüchern.<br />

Die Parteiengeschichte? 1875<br />

vereinigten sich in Gotha die Sozial<strong>de</strong>mokratischeArbeiterpartei<br />

(Bebel) und <strong>de</strong>r Allgemeine<br />

Deutsche Arbeiterverein (Lassalle)<br />

zur Sozial<strong>de</strong>mokratischen Arbeiterpartei<br />

Deutschlands. 1917<br />

wur<strong>de</strong> dort die Unabhängige<br />

Sozial<strong>de</strong>mokratische Partei Deutschlands gegrün<strong>de</strong>t,<br />

und 1946 vereinigten sich in <strong>de</strong>m geschichtsträchtigen<br />

Gotha KPD und SPD zur SED. Die Urne <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsnobelpreisträgerin<br />

Bertha von Suttner, Autorin von „Die Waffen<br />

nie<strong>de</strong>r“, befin<strong>de</strong>t sich auf <strong>de</strong>m Hauptfriedhof.<br />

Schon im Bun<strong>de</strong>sbahnmagazin „Mobil“ mel<strong>de</strong>t sich die<br />

Die Versicherungen? Es gibt das lei<strong>de</strong>r nur an einem Tag<br />

in <strong>de</strong>r Woche geöffnete Versicherungsmuseum Ernst Wilhelm<br />

Arnoldi. Er grün<strong>de</strong>te 1820 die „Gothaer Feuerversicherungsbank<br />

für <strong>de</strong>n Deutschen Han<strong>de</strong>lsstand“. Die<br />

Stadtverwaltung mit einer ganzseitigen Anzeige: „Ein Gothaer Versicherungen sind nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> nicht zu-<br />

Märchenschloss im Nahen Osten.“ Gemeint Blick von <strong>de</strong>r ist Seebrücke das die aus rückgekehrt, auf das Seeheilbad son<strong>de</strong>rn Heiligendamm. in Köln geblieben. Bis 1967 wur-<br />

Stadt überragen<strong>de</strong> und in einem großen Park gelegene <strong>de</strong>n in Gotha Straßenbahnwagen hergestellt. Einige von<br />

Schloss Frie<strong>de</strong>nstein. Hervorragend restauriert ist es die ihnen – mit <strong>de</strong>r Beschriftung Gotha – laufen noch heute<br />

größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands. Barock,<br />

Rokoko und Klassizismus sind zu bewun<strong>de</strong>rn, einiges Mo-<br />

in Istanbul und auf <strong>de</strong>r Krim.<br />

biliar <strong>de</strong>r Herzöge von Sachsen-Gotha ist erhalten. Dazu Eine blühen<strong>de</strong> Stadt inmitten blühen<strong>de</strong>r Landschaf-<br />

kommen in <strong>de</strong>n drei Museen Gemäl<strong>de</strong> von Lucas Craten? Gotha gehört unbedingt dazu! Bis hin zur Wartburg<br />

nach (er heiratete die Tochter eines Ratsherrn, das Haus reicht ihr Einfluss – nicht zuletzt durch <strong>de</strong>n bei Gothaers<br />

befin<strong>de</strong>t sich am Markt), Rubens, van Dyck und Caspar Seebergen gebrochenen Sandstein, aus <strong>de</strong>m die Burg<br />

David Friedrich. Ein beson<strong>de</strong>rer Anziehungspunkt: das <strong>de</strong>r heiligen Elisabeth besteht. Auch auf <strong>de</strong>r Wartburg<br />

„Gothaer Liebespaar“. Das Gemäl<strong>de</strong> regte das Hotel zeigt sich das bevorstehen<strong>de</strong> Lutherjahr 2017 mit einer<br />

am Schlosspark zu einem eigenen Menü an. Schon Kai- Gemäl<strong>de</strong>ausstellung über <strong>de</strong>n Reformator an. Das<br />

ser Wilhelm II., <strong>de</strong>r sich dort heimlich mit Auguste Viktoria Stadtbild von Gotha ist nach <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> mit Erfolg<br />

verlobte, mag es genossen haben. In <strong>de</strong>r Schatzkam- wie<strong>de</strong>r „aufgehübscht“. Was wird aus <strong>de</strong>r Natur? Blickt<br />

mer <strong>de</strong>s Schlosses erfreuen 2009 Pretiosen. Das noch man von <strong>de</strong>r Wasserkunst in die Weite, sieht man<br />

bespielte Ekhof- Theater ist das älteste Schlosstheater <strong>de</strong>r nicht <strong>de</strong>n Thüringer Wald, son<strong>de</strong>rn Windrä<strong>de</strong>r. Schaut<br />

Welt mit noch funktionieren<strong>de</strong>r Bühnentechnik aus <strong>de</strong>m man aus <strong>de</strong>m Fenster <strong>de</strong>r Wartburg o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s<br />

17. Jahrhun<strong>de</strong>rt. „Gotha – die Stadt im Grünen“ eine 2011 eröffneten Fünf-Sterne-Hotels: viel Wald und<br />

Stadt <strong>de</strong>r Superlative zu nennen, ist nicht übertrieben. Windrä<strong>de</strong>r. Norbert Matern (TsK)<br />

ACADEMIA 5/2012 67


Verbum peto<br />

spielcasino zu schließen? Wie könnten institutionellen Anlegern<br />

<br />

<br />

<br />

–<br />

im Blick auf die Altersvorsorge insbeson<strong>de</strong>re Versicherungen –<br />

<br />

Möglichkeiten rentierlicher Anlagen im realwirtschaftlichen Be-<br />

<br />

<br />

reich, national und international und damit sinnvolle Alternativen<br />

<br />

zur reinen, zur Zeit wenig rentierlichen Finanzanlage eröffnet wer<strong>de</strong>n?<br />

Solche und viele an<strong>de</strong>re Fragen lässt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>nnoch lesenswerte<br />

Artikel offen. Hans-Günter Pfeifer (Sld)<br />

Keine Wege zum Abbau<br />

<strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n<br />

Zu <strong>de</strong>m Essay „Was hinter <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>nkrise steht: Zu viel Geld ist das Problem,<br />

nicht zu wenig“ in <strong>de</strong>r ACADEMIA Nr. 04/2012, Seite 10 ff.:<br />

Die Analyse von Hans Joachim Vieweger ist gelungen! Köstlich<br />

sein Satz: „ Zu niedrige Zinsen wegen zu vielen Gel<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Notenbanken<br />

(und damit <strong>de</strong>r Investoren) haben eben zu viel Unsinn<br />

im Han<strong>de</strong>ln von Politikern zur Folge.“ Lei<strong>de</strong>r treiben auch Inves -<br />

toren Unsinn mit einem Zuviel <strong>de</strong>s billigen Gel<strong>de</strong>s, zum Beispiel<br />

gerne im Immobiliensektor. Fehlallokation von Ressourcen heißt<br />

das im Ökonomen-Jargon.<br />

Die Sün<strong>de</strong>nfälle <strong>de</strong>r Notenbanken, sprich die nahezu ungebremste<br />

Ausweitung <strong>de</strong>r Geldmenge, sind lei<strong>de</strong>r systemimmanent, seit<br />

darauf verzichtet wur<strong>de</strong>, die Refinanzierung <strong>de</strong>r Banken, wie bei<br />

<strong>de</strong>r Deutschen Bun<strong>de</strong>sbank lei<strong>de</strong>r auch in allzu ferner Vergangenheit,<br />

(nahezu ausschließlich) durch „gute Han<strong>de</strong>lswechsel“, einem<br />

Finanzierungsinstrument mit realwirtschaftlichem Hintergrund,<br />

zu besichern.<br />

Die Lösungsvorschläge Viewegers greifen bedauerlicherweise zu<br />

kurz. Sie sind womöglich geeignet, einer weiteren Eskalation <strong>de</strong>r<br />

Schul<strong>de</strong>nproblematik vorzubeugen, zeigen jedoch – neben <strong>de</strong>r Erwähnung<br />

<strong>de</strong>s EU-Fiskalpakts, <strong>de</strong>ssen Inkrafttreten zum 1. Januar<br />

2013 noch fraglich ist – keine Wege zum Abbau <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n. Es wäre interessant gewesen zu erfahren, was <strong>de</strong>r<br />

Autor beispielsweise von einer Finanztransaktionsabgabe hielte,<br />

<strong>de</strong>ren Aufkommen zwingend zum Altschul<strong>de</strong>nabbau eingesetzt<br />

wür<strong>de</strong>. Deshalb auch „Finanztransaktionsabgabe“ und nicht<br />

„-steuer“. Welche Vorschläge hätte er, das internationale Finanz-<br />

Erfahrener<br />

Lektor / Korrektor<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

68 5/2012 ACADEMIA<br />

<br />

Kontakt:<br />

Dr.<br />

Andreas Frangenber<br />

g (RBo)<br />

Straelener Ring 20<br />

41812 Erkelenz<br />

Telefon:<br />

0 24 31 – 7 48 28<br />

Mobil: 01 71 – 417 61 80<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

0 24 31 – 97 32 29<br />

E-Mail: info@factum-est.<strong>de</strong><br />

www .factum-est.<strong>de</strong><br />

Nicht benei<strong>de</strong>nswert,<br />

da nicht vorhan<strong>de</strong>n<br />

Zu <strong>de</strong>m Beitrag „Von CV und ÖCV“ in <strong>de</strong>r ACADEMIA Nr. 04/2012, Seite 44:<br />

Die Kolumne lese ich stets gerne. Zu <strong>de</strong>m Beitrag in <strong>de</strong>r vergangenen<br />

Ausgabe möchte ich bemerken: Pennalien haben in Österreich<br />

einen ganz an<strong>de</strong>ren Stellenwert als die Schülerverbindungen in<br />

Deutschland. Den ÖCV muss man auch nicht „um die Mittelschulverbindungen<br />

benei<strong>de</strong>n“. Er hat nämlich keine. Die bil<strong>de</strong>n einen<br />

eigenen Verband, <strong>de</strong>n Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV), mit<br />

heute 164 Korporationen, <strong>de</strong>ren älteste 1876 gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />

Bei<strong>de</strong> Verbän<strong>de</strong> sind seit <strong>de</strong>r unmittelbaren Nachkriegszeit durch<br />

ein Freundsschaftabkommen verbun<strong>de</strong>n und pflegen in mehreren<br />

Bereichen eine enge Zusammenarbeit o<strong>de</strong>r Abstimmung – aber<br />

nicht mehr. Die Initiative zur Gründung <strong>de</strong>s EKV ging vom MKV<br />

aus, wenn ein Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt, ein EU-Kommissar, mehrere Minister,<br />

ein Caritas-Chef usw. „nur“ Ur-MKVer sind, sagt das doch<br />

eine ganze Menge. Sie alle wur<strong>de</strong>n übrigens nach Amtsantritt sehr<br />

rasch auch mit <strong>de</strong>m Band einer ÖCV-Verbindung beehrt. Die<br />

Doppelmitgliedschaften machen in bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n etwa an die<br />

25 Prozent aus. Dr. Peter Krause (Rt-D)<br />

In <strong>de</strong>n verdienten<br />

Mittelpunkt gerückt<br />

Zu <strong>de</strong>m Bild mit <strong>de</strong>m damaligen Prof. Joseph Ratzinger<br />

und (vermeintlich) Kardinal Frings in <strong>de</strong>r ACADEMIA Nr. 03/2012, Seite 29:<br />

Auf <strong>de</strong>m Bild ist zwar rechts zweifelsfrei Joseph Ratzinger zu sehen,<br />

sein Gesprächspartner ist aber auf keinen Fall <strong>de</strong>r Kölner<br />

Kardinal Frings. In meiner Zeit als Messdiener am Bonner Müns -<br />

ter En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r vierziger, Anfang <strong>de</strong>r fünfziger Jahre <strong>de</strong>s vergangenen<br />

Jahrhun<strong>de</strong>rts hatte ich häufig Gelegenheit, Kardinal Frings<br />

aus nächster Nähe zu sehen, fan<strong>de</strong>n doch dort aus staatlichen Anlässen<br />

immer wie<strong>de</strong>r Pontifikalämter statt – tempora mutantur.<br />

Darüber hinaus bin ich 1944 von Frings persönlich gefirmt wor<strong>de</strong>n,<br />

kann mir also wohl ein Urteil über sein Aussehen erlauben,<br />

das im Übrigen ja auch gut dokumentiert ist. Auf <strong>de</strong>m Bild könnte<br />

es sich eher um <strong>de</strong>n Wiener Kardinal König han<strong>de</strong>ln [Anmerkung<br />

<strong>de</strong>r Redaktion: Es ist Kardinal Franz König]. Dessen bin ich mir<br />

aber nicht sicher. Zu <strong>de</strong>r ausführlichen Konzilsdokumentation<br />

möchte ich <strong>de</strong>r ACADEMIA ausdrücklich gratulieren, rückt sie<br />

doch ein vielen jüngeren Cartellbrü<strong>de</strong>rn schon ferngerücktes Ereignis<br />

in <strong>de</strong>n verdienten Mittelpunkt – auch wenn man nicht mit<br />

allen Artikeln einverstan<strong>de</strong>n ist. Heinzgeorg Pütz (Nv)


Starke Lieferantenbasis<br />

Bräkling Elmar (Wk), Oidtmann, Klaus (TsK):<br />

Power in Procurement. Erfolgreich einkaufen –<br />

Wettbewerbsvorteile sichern – Gewinne steigern,<br />

Wiesba<strong>de</strong>n 2012, 432 Seiten, 34,95 Euro, ISBN<br />

978-3-8349-2698-2.<br />

Um sich auf <strong>de</strong>n Weltmärkten erfolgreich<br />

positionieren zu können, agieren mo<strong>de</strong>rne<br />

Industrie- und Han<strong>de</strong>lsbetriebe in<br />

dynamischen Wertschöpfungsnetzwerken.<br />

Ihre Fähigkeit, unterschiedliche<br />

Kernkompetenzen verbin<strong>de</strong>n und in<br />

Produktangebote mit Mehrwert integrieren zu können, macht sie<br />

im Wettbewerb stark. Der Procurement-Funktion kommt dabei<br />

mit ihrer Kernaufgabe – <strong>de</strong>r Fremdversorgung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />

– eine Schlüsselrolle zu.<br />

Die Zeiten einer vorwiegend administrativen Abwicklungs- und<br />

Dienstleistungsfunktion sind vorbei. Vielmehr geht es zukünftig<br />

darum, mit <strong>de</strong>r Procurement-Funktion die Potenziale <strong>de</strong>r Weltmärk -<br />

te für die eigene Wertschöpfung zu aktivieren. Auf <strong>de</strong>n Beschaffungsmärkten<br />

hat sie das magische Viereck aus Kosten, Qualität,<br />

Zeit und Innovationen so zu steuern, dass die Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>s eigenen Unternehmens durch eine starke Lieferantenbasis<br />

verbessert wird. Die Aufgaben <strong>de</strong>s Procurement sind umfassend<br />

und komplex gewor<strong>de</strong>n. Dafür ist ein professionelles Management<br />

<strong>de</strong>r Procurement-Funktion erfor<strong>de</strong>rlich. Dieses Buch zeigt anhand<br />

zahlreicher Beispiele, wie Einkaufsorganisationen erfolgreich gestaltet,<br />

operationalisiert und gesteuert wer<strong>de</strong>n können. Nach <strong>de</strong>r<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Grundlagen geht es um die Themen Procurement-<br />

Planning, Procurement-Operations und Procurement-Controlling<br />

sowie um Resultate in <strong>de</strong>r Praxis.<br />

Cbr Prof. Bräkling lehrt ABWL, insbeson<strong>de</strong>re Beschaffung und<br />

Logistik an <strong>de</strong>r FH Koblenz, Cbr Klaus Oidtmann ist Referent im<br />

Wissenschaftsministerium Sachsen. AC<br />

Nur in einer kleinen Gruppe<br />

Mayr, Jeremia Josef M.: Glaubensweitergabe in<br />

paulinischen Gemein<strong>de</strong>n, Regensburg 2012, 160<br />

Seiten, 20,60 Euro, ISBN 978-3-7917-2466-9.<br />

Bisher wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Glaubensweitergabe<br />

vor allem aus pastoraltheo -<br />

logischer und religionspädagogischer<br />

Sicht aufgegriffen. Nun setzt sich eine<br />

Arbeit aus <strong>de</strong>r Exegese mit <strong>de</strong>m Thema<br />

auseinan<strong>de</strong>r. Jeremia Josef M. Mayr,<br />

Novize im Stift Schlägl, hat in <strong>de</strong>n<br />

Schriften <strong>de</strong>r Philosophisch-Theologischen<br />

Hochschule St. Pölten (hrsgg. von Josef Kreiml (FlP),<br />

Thomas H. Stark (Vc) und Michael Stickelbroeck) eine facettenreiche<br />

Darstellung <strong>de</strong>s Prozesses <strong>de</strong>r Glaubensweitergabe in <strong>de</strong>n<br />

paulinischen Gemein<strong>de</strong>n vorgelegt. Weitergabe <strong>de</strong>s Glaubens<br />

be<strong>de</strong>utet für <strong>de</strong>n Autor alle Aspekte <strong>de</strong>s Lebens und <strong>de</strong>s Sterbens<br />

GOLD HOTEL AM WISMARPLATZ<br />

10247 Berlin (Friedrichshain), Weserstraße 24<br />

Telefon: (030) 2933410 – Fax: (030) 29334110<br />

www.goldhotel.<strong>de</strong><br />

3 Sterne-Komforthotel, zentral, unweit Alex, ruhig, gepfl. Atmos -<br />

phäre. Alle Zi. DU, WC, TV, Tel., W-LAN, EZ ab 57,– Euro/DZ ab 76,–<br />

Euro. Zi/Tag mit reichhaltigem Frühstück – Eberhard Gold (Hr.)<br />

Bücher<br />

<strong>de</strong>r Gläubigen. Er grenzt <strong>de</strong>n Begriff gegen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mission ab.<br />

Paulus richtet sich in seinen Briefen nicht an Menschen, die gera<strong>de</strong><br />

eine erste Berührung mit <strong>de</strong>m Christusglauben hatten, son<strong>de</strong>rn er<br />

schreibt an getaufte Christen. Er reagiert in seinen Briefen auf aktuelle<br />

Anfragen und Probleme seiner Gemein<strong>de</strong>n. So entsteht ein<br />

realistisches Bild <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>n: „Die Menschen dieser Gemein<strong>de</strong>n<br />

nahmen das Wagnis <strong>de</strong>s Glaubens auf sich und versuchten,<br />

auf neue Art zu leben.“ Wo sie zu scheitern drohten, habe Paulus<br />

sie sowie sie sich gegenseitig ermahnt: „Wo sie fehlten, sprach er<br />

ihnen Mut zu und wies <strong>de</strong>n Weg, wie es besser gemacht wer<strong>de</strong>n<br />

könnte.“ Zugleich habe er sich selbst als Trostbedürftiger verstan<strong>de</strong>n.<br />

Eine Glaubens weitergabe, wie sie hier zur Sprache kommt,<br />

lasse sich aber nur in einer kleinen Gruppe verwirklichen. AC<br />

Konfrontation mit <strong>de</strong>r Sterblichkeit<br />

Wehrens, Hans Georg (RBo): Der Totentanz im<br />

alemannischen Sprachraum, Regensburg<br />

2012, 288 Seiten, 39,95 Euro, ISBN 978-3-<br />

7954-2563-0.<br />

Die keineswegs geringe Literatur<br />

zum Totentanz ist durch ein grandioses<br />

Werk erweitert wor<strong>de</strong>n. Hans Georg<br />

Wehrens (RBo), seit Jahren auf<br />

diesem Gebiet forschend, hat einen<br />

Band mit monumentalen und graphischen<br />

Totentänzen vom späten Mittelalter<br />

bis in die Neuzeit vorgelegt. Behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n die Totentanzdarstellungen<br />

<strong>de</strong>r Region, wo sich die dichteste Ansammlung<br />

befin<strong>de</strong>t: in <strong>de</strong>n „historischen Landschaften“ Elsass, Breisgau, Oberrhein,<br />

Hochrhein, Bo<strong>de</strong>nsee und Schwaben sowie im Schweizer<br />

Mittelland und im Tiroler Reutte – ein Gebiet, das sich mit <strong>de</strong>m<br />

alemannischen Sprachraum <strong>de</strong>ckt. (Fortsetzung nächste Seite)<br />

Couleurmützenherstellung www.harhaus-couleur.<strong>de</strong><br />

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ACADEMIA 5/2012 69


Bücher<br />

Über 50 Darstellungen <strong>de</strong>r Totentänze im alemannischen Sprachraum<br />

plus die Darstellungen <strong>de</strong>r Totenlegen<strong>de</strong>n in dieser Region<br />

von <strong>de</strong>n „Drei Leben<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n drei Toten“ und <strong>de</strong>n „Dankbaren<br />

Toten“ (insgesamt 14) beschreibt <strong>de</strong>r Autor in faszinieren<strong>de</strong>r<br />

Weise und liefert die Übersetzungen <strong>de</strong>r frühmittelalterlichen<br />

und lateinischen Texte dazu. Darüber hinaus ist <strong>de</strong>r Band mit<br />

78 Farbabbildungen und 29 Schwarzweiß-Abbildungen illustriert.<br />

In einer außeror<strong>de</strong>ntlich informativen Einleitung zu <strong>de</strong>m gesamten<br />

Themenkomplex wird auch die Frage nach Vorläufern und Vor -<br />

bil<strong>de</strong>rn sowie nach <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r Totentänze behan<strong>de</strong>lt.<br />

Und es wird auch auf das wahrscheinlich älteste überlieferte<br />

Wandgemäl<strong>de</strong> eines Totentanzes „La Danse macabre <strong>de</strong> Paris“<br />

(1424) und auf „La Danse macabre <strong>de</strong> La Chaise-Dieu“ (1410-<br />

1425) eingegangen.<br />

„Die Totentänze in Dichtung und bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Kunst spiegeln<br />

eine Lebenshaltung wi<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>r die Beschäftigung mit <strong>de</strong>m<br />

Sterben als Teil eines ‚gelingen<strong>de</strong>n Lebens‘ angesehen wur<strong>de</strong>.<br />

In ihrer Buchform waren die Bil<strong>de</strong>r Bestandteil <strong>de</strong>r Kultur<br />

<strong>de</strong>r A<strong>de</strong>ligen und Gebil<strong>de</strong>ten.“ Einem größeren Kreis waren<br />

die Dar stellungen aber auch zugänglich, da sie sehr häufig<br />

an Fried hofsmauern und in Beinhäusern angebracht waren.<br />

An zahl reichen Beispielen wird aufgezeigt, in welcher Form<br />

<strong>de</strong>r Totentanz dargestellt wur<strong>de</strong>, so „tanzt <strong>de</strong>r Tod anfangs<br />

(etwa um 1440) in einem Reigen, in einem Paartanz o<strong>de</strong>r<br />

Gruppentanz mit <strong>de</strong>n nach Stan<strong>de</strong>skategorien geordneten<br />

Menschen“.<br />

Seit <strong>de</strong>n 1520er Jahren än<strong>de</strong>rt sich das: „Der individualisierte<br />

Tod nähert sich einer Einzelperson und überrascht sie bei einer<br />

typischen Beschäftigung in ihrem alltäglichen Leben.“ Wehrens<br />

hat eine Vielzahl von Fakten in jahrelanger Forschung zusammengetragen<br />

und ein Standardwerk zum Thema Totentanz geschaffen.<br />

Walter Gauer (RBo)<br />

Verwaltung, Sicherheit und –<br />

Mitmenschlichkeit<br />

Hilgendorf, Eric, Eckert, Frank (Hrsgg.): Subsidiarität,<br />

Sicherheit, Solidarität. Festgabe für Franz-<br />

Ludwig Knemeyer zum 75. Geburtstag, Würzburg<br />

2012, 857 Seiten, 89 Euro, ISBN 978-3-89-<br />

913889-4.<br />

Unter <strong>de</strong>n Leitbegriffen <strong>de</strong>s Haupttitels<br />

wird das Wirken von Cbr Prof.<br />

Franz-Ludwig Knemeyer (Mm) in<br />

einer umfassen<strong>de</strong>n Festgabe gewürdigt.<br />

Die Herausgeber beschreiben <strong>de</strong>n Jubilar<br />

als einen <strong>de</strong>r „herausragen<strong>de</strong>n Wissenschaftler<br />

und Hochschullehrer im Bereich <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Verwaltungsrechts,<br />

insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>s Kommunal- und <strong>de</strong>s<br />

Polizeirechts“. Diese Beschreibung macht <strong>de</strong>utlich, wie vielfältig<br />

die Themen <strong>de</strong>r Festgabe zu sein haben: sie reichen von <strong>de</strong>r juristischen<br />

Grundlagenforschung über das internationale Privatrecht,<br />

weiter über das Kommunalrecht und das Straf- und Sicherheitsrecht<br />

bis hin zum Kirchenrecht.<br />

70 5/2012 ACADEMIA<br />

Die Begriffe <strong>de</strong>s Titels sind auch Prinzipien und Grundsätze, die<br />

auf das Tätigkeitsfeld und Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>s Jubilars hinweisen: Der<br />

Subsidiaritätsgedanke, <strong>de</strong>r das Denken Knemeyers prägt, bün<strong>de</strong>lt<br />

sein Interesse insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Selbstverwaltung im Kommunal-<br />

und Hochschulbereich. Fragen <strong>de</strong>r Sicherheit, die stets an<br />

erster Stelle stehen, gehören sowohl in formeller als auch in materieller<br />

Hinsicht in je<strong>de</strong>s Forschungsgebiet. Bei Prof. Knemeyer<br />

umfassen sie selbstverständlich das Sicherheitsrecht und Polizeirecht,<br />

vor allem aber ver<strong>de</strong>utlicht er die Fragen in seinen Beiträgen<br />

zur Kommunalen Kriminalprävention. Das dritte „S-Prinzip“, die<br />

Solidarität, gehört auf die Ebene <strong>de</strong>r Mitmenschlichkeit und <strong>de</strong>s<br />

persönlichen Engagements <strong>de</strong>s Jubilars.<br />

Dies alles würdigten sowohl viele Kollegen <strong>de</strong>r Juristischen Fakultäten<br />

Würzburg, Bayreuth, Augsburg, Regensburg und Osnabrück,<br />

als auch aus <strong>de</strong>r juristischen Praxis, wie unter an<strong>de</strong>rem Prof.<br />

Dr. Udo Steiner, ehemaliger Richter am Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht,<br />

welcher <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Solidarität als Rechtsbegriff <strong>de</strong>r sozialen<br />

Sicherheit subsumiert. Aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>s Kommunalrechts<br />

und <strong>de</strong>s Verwaltungsrechts trugen Prof. Heinz Fischer-Hei<strong>de</strong>lberger,<br />

Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Bayerischen Obersten Rechnungshofes, sowie<br />

Monika Motyl, Vorsitzen<strong>de</strong> Richterin <strong>de</strong>s Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes,<br />

bei, umrahmt von vielen Beiträgen ihrer Kollegen,<br />

welche wie sie mit Cbr Knemeyer verbun<strong>de</strong>n sind.<br />

Im ersten Teil fin<strong>de</strong>n sich „Beiträge aus <strong>de</strong>r Wissenschaft und Praxis“,<br />

während im zweiten Teil persönliche Beiträge und Erinnerungen<br />

ihren Platz haben. Die „Beiträge aus <strong>de</strong>r Wissenschaft und<br />

Praxis“ behan<strong>de</strong>ln Fragen, die rund um die Forschung angesie<strong>de</strong>lt<br />

sind und würdigen in fünf Kapitelüberschriften das breite Spektrum<br />

<strong>de</strong>s Wirkens von Prof. Knemeyer. Die ersten bei<strong>de</strong>n Kapitelüberschriften<br />

ordnen die Themen nach <strong>de</strong>n Forschungsschwerpunkten<br />

ein: „Subsidiarität-Selbstverwaltung-Kommunalrecht“<br />

und „Sicherheit-Polizeirecht-Strafrecht“. Ersteres wird nach einer<br />

ausgiebigen Definition aus kanonistischer Sicht und <strong>de</strong>r Verwaltungspraxis<br />

anhand von Problemstellungen aus <strong>de</strong>r Kommune sowie<br />

überörtlichen Institutionen beleuchtet, während <strong>de</strong>r Themenblock<br />

<strong>de</strong>r „Sicherheit“ nicht nur auf die Frage, was eigentlich<br />

„sicher“ sei, eingeht, son<strong>de</strong>rn auch auf Themen wie internationalen<br />

Terrorismus, organisierte Kriminalität und Prävention, aber<br />

auch die polizei- und strafrechtlichen Konsequenzen aufzeigt. In<br />

einem dritten Kapitel wird <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r Solidarität in eine Gruppe<br />

mit Gesundheit und Sozialem gefasst, wobei die Überschriften<br />

auf aktuelle Themen wie die Gesundheitsreform 2011, das Recht<br />

auf Gesundheit und die <strong>de</strong>mographische Entwicklung eingehen.<br />

Der letzte Block fasst „Aktuelles-Historisches-Internationales“<br />

zusammen. Gegenstand sind hier unter an<strong>de</strong>rem <strong>de</strong>r „Bologna-<br />

Prozess an juristischen Fakultäten“, Google Street View, „Die<br />

Deutsche Bahn AG – das staatsferne Staatsunternehmen“, rechtliche<br />

Fragen in Angelegenheiten <strong>de</strong>r Europäischen Union und<br />

„Whistleblowing“. Hinter einem Wissenschaftler steht auch<br />

eine Persönlichkeit, <strong>de</strong>swegen darf in einer Festschrift <strong>de</strong>r persönliche<br />

Teil, bestehend aus Beiträgen, Anekdoten und Erinnerungen<br />

nicht fehlen.<br />

Die Festgabe spiegelt das weite Spektrum <strong>de</strong>s Jubilars und seine<br />

vielschichtige und verdienstvolle Arbeit wi<strong>de</strong>r. Der umfang reiche<br />

Band würdigt sowohl <strong>de</strong>n Hochschullehrer und Forscher, zeigt<br />

seine Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>m Thema und nicht zuletzt sein enormes<br />

Engagement. Theodora Boruszczak


Aus Schreien wur<strong>de</strong> Vertrauen<br />

Heumann, Hans-Dieter: Hans-Dietrich Genscher.<br />

Die Biographie, Pa<strong>de</strong>rborn 2011, 346 Seiten,<br />

24,90 Euro, ISBN 978-3-50-677037-0.<br />

„Genscher hatte seinen engsten und langjährigen<br />

Mitarbeiter Kinkel von Anfang<br />

an als seinen Nachfolger ausersehen.“ So<br />

<strong>de</strong>r Diplomat Hans-Dieter Heumann, <strong>de</strong>r<br />

sein Buch über <strong>de</strong>n Menschen, Politiker<br />

und Staatsmann Hans-Dietrich Genscher<br />

selbstbewusst „die“ Biographie <strong>de</strong>s Ministers<br />

nennt, <strong>de</strong>r seit Gründung <strong>de</strong>s Auswärtigen<br />

Amtes 1871 mit einer Dienstzeit von 18 Jahren das Haus<br />

am längsten geführt hat.<br />

Das bis heute andauern<strong>de</strong> Vertrauensverhältnis zwischen Genscher<br />

und Cbr Klaus Kinkel (Gu) begann mit einem handfesten<br />

Streit: Der damalige Referatsleiter im Innenministerium hatte das<br />

Schreien seines Ministers genauso lautstark beantwortet. Das imponierte<br />

Genscher und Kinkel wur<strong>de</strong> Leiter <strong>de</strong>s Ministerbüros.<br />

Ein Foto zeigt die bei<strong>de</strong>n am Schreibtisch. Auf Bitten Genschers<br />

kam Kinkel auch 1972 während <strong>de</strong>r dramatischen Ereignisse bei<br />

<strong>de</strong>r Olympia<strong>de</strong> nach München. Genscher bot sich an Stelle <strong>de</strong>r<br />

israelischen Sportler als Geisel an. Kinkel: „Ich hatte ihm gesagt…<br />

es könnte sein En<strong>de</strong> sein, wirklich“ (S.135).<br />

Später holte Genscher Klaus Kinkel als Leiter <strong>de</strong>s Planungsstabes ins<br />

Auswärtige Amt nach. 1982 „will Kinkel Genscher zur Beendigung<br />

<strong>de</strong>r Koalition (von Schmidt zu Kohl) getrieben haben, sehr stark sogar“<br />

(S.125). Kinkel beriet seinen früheren Minister nicht zuletzt<br />

bei <strong>de</strong>n intensiven Verhandlungen über die <strong>de</strong>utsche Einigung, die<br />

Genscher bis hin zu gesundheitlichen Störungen belasteten.<br />

„… es könnte<br />

sein En<strong>de</strong> sein,<br />

wirklich“<br />

Dass Genschers Rolle<br />

dabei bis heute nicht genügend<br />

wahrgenommen<br />

wird, liegt nach Meinung<br />

Heumanns an <strong>de</strong>r folgenschweren<br />

Entscheidung<br />

<strong>de</strong>s „damaligen Außenministers<br />

und seines<br />

Nachfolgers Kinkel, das Archivgesetz zu respektieren und die Akten<br />

<strong>de</strong>s Auswärtigen Amtes nicht zugänglich zu machen“ (S.225).<br />

Helmut Kohl und das Bun<strong>de</strong>skanzleramt verhielten sich an<strong>de</strong>rs.<br />

Cbr Klaus Kinkel gehörte zu <strong>de</strong>n über 30 in- und ausländischen Zeitzeugen,<br />

die Heumann in längeren Interviews über Leben und Wirken<br />

<strong>de</strong>s langjährigen Außenministers befragte. Herangezogen wur<strong>de</strong> u.a.<br />

auch die von Kinkel herausgegebene Festschrift zu Genschers 70.<br />

Geburtstag. Etwas salopp gesagt, stellt Heumann – einst Referent bei<br />

<strong>de</strong>r FDP-Fraktion – Helmut Kohl in <strong>de</strong>n Schatten Hans-Dietrich<br />

Genschers, <strong>de</strong>r schon nach seiner Flucht aus Mittel<strong>de</strong>utschland 1952<br />

die Wie<strong>de</strong>rvereinigung stets fest im Blick gehabt habe. Michail Gorbatschow<br />

dazu am 30. September 2009 im Gespräch mit Autor Heu -<br />

mann: Genscher hat bei <strong>de</strong>r Entwicklung unserer Beziehungen „eine<br />

gewaltige Rolle gespielt“ (S.188). Am Ran<strong>de</strong> sei noch vermerkt, dass<br />

Thomas Gottschalk (TsM) – wie es in <strong>de</strong>m Buch heißt – zu <strong>de</strong>n ganz<br />

wenigen Duzfreun<strong>de</strong>n Genschers gehört. Norbert Matern (TsK)<br />

Welterkundung als Passion<br />

Bücher<br />

Mühlen, Alexan<strong>de</strong>r (BvBo): Jenseits von A<strong>de</strong>n,<br />

Dreilin<strong>de</strong>n Verlag Berlin 2012, 320 S., 19,90 Euro,<br />

portofrei unter bestellung@dreilin<strong>de</strong>n-verlag.<strong>de</strong>.<br />

„Eine offensichtlich positive Lebenshaltung<br />

<strong>de</strong>r Menschen“, die im Kontrast<br />

zum nicht überall ansprechen<strong>de</strong>n Umfeld<br />

in <strong>de</strong>r Stadt Ghaza stehe, so schätzt<br />

<strong>de</strong>r Diplomat Alexan<strong>de</strong>r Mühlen (BvBo)<br />

anlässlich einer Dienstreise 1995 die<br />

Lage ein. Und vertieft sich im Gespräch<br />

mit Palästinensern über die Infrastruktur<br />

und <strong>de</strong>utsche Wirtschaftshilfe. Ein multinationales Seminar,<br />

wozu im Diplomatengepäck auch eine Vi<strong>de</strong>oausrüstung komplizierte<br />

Grenzabfertigungen passieren musste, war <strong>de</strong>r Reiseanlass.<br />

Noch im Rückblick Jahre später vermag <strong>de</strong>r Autor in seinen Erinnerungen<br />

„Jenseits von A<strong>de</strong>n. Als Diplomat um die Welt“ darzulegen,<br />

dass seine Analysen ihre bisweilen traurige Aktualität bis<br />

heute bewahrt haben. Was auch für <strong>de</strong>n Jemen, einem frühen Posten,<br />

gilt. Nicht alle Versetzungen führen an <strong>de</strong>n Traumstrand, <strong>de</strong>r<br />

Beruf <strong>de</strong>s Gesandten führt regelmäßig auf „Härteposten“.<br />

Diplomat Mühlen hatte immer seine Frau zur Seite. Sie or -<br />

ganisierte das Familienleben, <strong>de</strong>ssen „normaler Alltag“ oft neu<br />

ausgehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n musste. Diplomatischer Glamour, <strong>de</strong>r für<br />

Außenstehen<strong>de</strong> mit Begegnungen und Begebenheiten in Ver -<br />

bindung gebracht wird, hat aus <strong>de</strong>r Innensicht etwas Nüchternes:<br />

Selbst eine geheime Mission ist eine Dienstsache, die gewitzt<br />

und mit nötiger Diziplin abgewickelt wird. Für die Begleitung<br />

einer Delegation von Bun<strong>de</strong>stagsabgeordneten nach Mittelasien<br />

konnte dann während sieben Tagen aus reicher Erfahrung<br />

geschöpft wer<strong>de</strong>n. Seine Überschau und Routine, davon reicht<br />

Mühlen nach seinem Eintritt in <strong>de</strong>n Ruhestand weiter: In einem<br />

Programm für Jungdiplomaten aus Afrika. Im weiten Bogen<br />

von 315 Seiten wer<strong>de</strong>n offizielle Mission und private Welter -<br />

kundung ausgebreitet. is<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

ACADEMIA 5/2012 71


Titel<br />

Die „Bücher <strong>de</strong>r Chronik“ <strong>de</strong>s<br />

„<strong>Facebook</strong>“ baut um und nötigt die User<br />

zu einer „Geschichte von Beginn an“.<br />

Das ist mehr als nur Kosmetik im social network!<br />

Die Entwickler <strong>de</strong>s bisher erfolgreichs -<br />

ten sozialen Netzwerks „<strong>Facebook</strong>“<br />

haben eine erhebliche Neuerung eingeführt.<br />

Im Zentrum <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rungen<br />

steht vor allem die „Timeline“. Im <strong>de</strong>utschen<br />

Sprachraum wird sie „Chronik“ genannt. Es<br />

geht um ein Profiltagebuch, das nun ästhetisch<br />

ansprechen<strong>de</strong>r und gleichzeitig auch<br />

persönlicher gestaltet wer<strong>de</strong>n kann. Der bisherige<br />

Kasten, <strong>de</strong>r die eigenen Meldungen<br />

und Nachrichten enthält, ist in ein umfassen<strong>de</strong>s<br />

Online-Tagebuch verwan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n<br />

und ähnelt damit einem Blog. Die Umstellung<br />

bei <strong>de</strong>n einzelnen Usern ist bereits in<br />

vollem Gange. Entziehen kann man sich ihr<br />

nicht. Spätestens im Herbst, teilt „<strong>Facebook</strong>“<br />

mit, wer<strong>de</strong>n alle Profilansichten<br />

umgestellt sein. Geworben wur<strong>de</strong> für die<br />

Chronik schon lange Zeit im voraus: „Erzähle<br />

<strong>de</strong>ine Lebensgeschichte mit einem<br />

neuartigen Profil.“ Solche und ähnliche Slogans<br />

erreichten die Nutzer unaufgefor<strong>de</strong>rt.<br />

Die Auffor<strong>de</strong>rung ist klar: „Teile die wichtigsten<br />

Beiträge, Fotos und Lebensereignis -<br />

se in <strong>de</strong>iner Chronik. Hier kannst du <strong>de</strong>ine<br />

Geschichte von Beginn bis jetzt erzählen.“<br />

Wozu überhaupt Mitglied in „<strong>Facebook</strong>“<br />

sein? Je<strong>de</strong>r sucht auf seine Weise neue Bekanntschaften<br />

und ist neugierig zu erfahren,<br />

was Bekannte und Freun<strong>de</strong> tun. Die<br />

perfekte Selbstdarstellung ist eine weitere<br />

Motivation, sich zu präsentieren und im<br />

Falle von „Freundschaftsanfragen“ auf<br />

„Hinzufügen“ zu klicken. Hauptsächlich<br />

teilt man aber die beschriebenen „wichtigen<br />

Geschehnisse“ als „Lebensereignisse“,<br />

um nicht als „<strong>Facebook</strong>-Ghost“ zu<br />

en<strong>de</strong>n – das wäre die Konsequenz, wenn<br />

dauerhaft keine Neuigkeiten eingestellt<br />

72 5/2012 ACADEMIA<br />

wer<strong>de</strong>n. Man wünscht sich ja eher ein<br />

„Hingucker-Profil“ und möchte seine „virtuellen<br />

Freun<strong>de</strong>“ in <strong>de</strong>n Bann ziehen.<br />

Die beschriebene Umstellung auf die „Chronik“<br />

hat einiges Aufsehen erregt. Dass sich<br />

Computer-Bild und ähnliche Magazine<br />

mit <strong>de</strong>m Thema „<strong>Facebook</strong>-Timeline“ befassen,<br />

ist verständlich. Doch auch die<br />

„Süd<strong>de</strong>utsche Zeitung“ und die „Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung“ (FAZ) sowie viele<br />

an<strong>de</strong>re Zeitungen und Zeitschriften möchten<br />

<strong>de</strong>n Lesern, unter <strong>de</strong>nen viele User<br />

sind, bei <strong>de</strong>r Umstellung helfen. Mehr als<br />

20 Millionen Deutsche haben sich <strong>de</strong>rzeit<br />

bei „<strong>Facebook</strong>“ angemel<strong>de</strong>t. Wie bei<br />

manch an<strong>de</strong>ren zunächst unbekannten<br />

Dingen, so gibt es auch bei <strong>de</strong>r Einführung<br />

<strong>de</strong>r „Chronik“ Wi<strong>de</strong>rstand. Viele <strong>de</strong>r Nutzer<br />

lehnen sie schlichtweg ab. Sie sei unübersichtlich<br />

und schwierig zu verwalten.<br />

Das neue Design <strong>de</strong>r Chronik bringt zwei<br />

große Verän<strong>de</strong>rungen. Mit <strong>de</strong>m neuen Profilbild<br />

vermittelt man einen persönlichen Gruß.<br />

Insgesamt sind es 850x315 Pixel, die die<br />

Möglichkeit bieten, stilvoll und persönlich,<br />

mit einem künstlerischen o<strong>de</strong>r lustigen Foto<br />

neben seinem Profilbild „Hallo“ zu sagen.<br />

Das übergroße „Titelbild“ ist öffentlich sichtbar,<br />

das heißt über die Gruppe <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r<br />

eigenen Seite zugelassenen User hinaus.<br />

Auch bei <strong>de</strong>n Statusmeldungen hat sich etwas<br />

verän<strong>de</strong>rt: nicht nur, dass es nun zwei<br />

Spalten für sie gibt. Es ist nun auch möglich,<br />

spezielle Bil<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Texte hervorzuheben.<br />

Inhalte, die vor längerer Zeit gepostet wur<strong>de</strong>n,<br />

können nun in <strong>de</strong>r Zeitleiste leicht gefun<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r sogar hinzugefügt wer<strong>de</strong>n.<br />

Somit ist das eigene Profil nicht mehr<br />

Auf <strong>de</strong>r Website von „<strong>Facebook</strong>“ erscheint die<br />

Welt <strong>de</strong>r Beziehungsinformationen und Infor -<br />

mationsbeziehungen wohlgeordnet in Bil<strong>de</strong>rn,<br />

Bildchen und Textchen.<br />

schnellebig und auf einen kurzen Augenblick<br />

bezogen, son<strong>de</strong>rn eben eine Art Blog.<br />

Mittlerweile wur<strong>de</strong> die Marktlücke geschlossen,<br />

die Gestaltung <strong>de</strong>r Chronik zu<br />

übernehmen. Auf eigenen Websites wer<strong>de</strong>n<br />

komplette Designvorschläge zur Personalisierung<br />

angeboten: „Der Stilberater<br />

für ihr virtuelles Profil.“ Man darf fragen,<br />

ob dies wirklich nötig ist.<br />

Sicher ist, dass sich „<strong>Facebook</strong>“ zu mehr als<br />

nur zu einem sozialen Netzwerk wie „studiVZ“<br />

entwickelt hat. Angefangen hat alles<br />

mit „facemash.com“ 2004, das Informatikund<br />

Psychologiestu<strong>de</strong>nten an <strong>de</strong>r Universität<br />

Harvard entwickelten. Mit Unterstützung<br />

von Kommilitonen entwickelte Mark<br />

Zuckerberg „<strong>Facebook</strong>“ nach anfängli chen<br />

Pannen bei Fragen <strong>de</strong>r Sicherheit und <strong>de</strong>r<br />

Wahrung von Persönlichkeitsrechten. Anfangs<br />

war es nur für Stu<strong>de</strong>nten gedacht; es<br />

wur<strong>de</strong> schnell beliebt und die Klientel erweitert.<br />

Später wur<strong>de</strong> die Website für an<strong>de</strong>re<br />

aus aller Welt freigegeben. 2008 wur<strong>de</strong>n 77<br />

Sprachen freigeschaltet. Schließlich kün-


21. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

digte <strong>Facebook</strong> im Februar 2012 <strong>de</strong>n Börsengang<br />

an. Ob dieser so medial beworbene<br />

Schritt in wirtschaftlicher Hinsicht auch das<br />

hält, was er zunächst zu versprechen schien,<br />

darüber kann <strong>de</strong>rzeit spekuliert wer<strong>de</strong>n, wie<br />

auch über die Frage, auf welche Art mit<br />

„<strong>Facebook</strong>“ Geld gemacht wer<strong>de</strong>n könnte.<br />

Lebt ein User tatsächlich gänzlich in <strong>de</strong>r<br />

virtuellen Welt, dann könnte man Prof.<br />

Ernst Pöppel, Professor für Medizinische<br />

Psychologie, durchaus rechtgeben, <strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>r „FAZ“ über „<strong>Facebook</strong>, Öffentlichkeitswahn<br />

und Intimität“ spricht und „<strong>Facebook</strong>“<br />

als „Selbstprostitution“ bezeichnet.<br />

Die Begründung: „Man öffnet sich nicht<br />

wirklich, will sich aber zeigen.“ <strong>Facebook</strong><br />

betrifft viele Lebensbereiche. Damit beschäftigen<br />

sich nicht nur Informatiker, son<strong>de</strong>rn<br />

vom Psychologen bis zum Wirtschaftswissenschaftler<br />

eine ganze Bandbreite von<br />

Fachleuten. Eine amüsante Feststellung<br />

machte <strong>de</strong>r „<strong>Facebook</strong>“-Beziehungsseismograph<br />

von David McCandless, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

„Wirtschaftswoche“ veröffentlicht wird:<br />

Bei einer Analyse von 10.000 Statusmeldun-<br />

gen auf „<strong>Facebook</strong>“ wur<strong>de</strong> aufgezeichnet,<br />

dass die Plattform nicht nur ein Ort ist, wo<br />

„virtuelle Beziehungen“ gesucht und schnell<br />

aufgenommen, son<strong>de</strong>rn gleichzeitig durch<br />

einen simplen Klick genauso schnell been <strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n können. Bei „Freundschaften“ ist es<br />

ein einfaches „Blockieren“ o<strong>de</strong>r gar „Löschen“.<br />

Der Beziehungsstatus kann wechseln:<br />

von „In einer Beziehung“ etwa zu „Es<br />

ist kompliziert“ o<strong>de</strong>r einfach nur „Single“.<br />

Wozu also eigentlich re<strong>de</strong>n, wenn es mit<br />

einem Mausklick kurz und schmerzlos geht?<br />

Vielleicht waren all diese Beobachtungen<br />

auch Anreiz für einen nie<strong>de</strong>rländischen<br />

Kurzfilm „Farewell <strong>Facebook</strong>“, einem stu<strong>de</strong>ntischen<br />

Projekt von Joep van Osch und<br />

Casper Eskes. In elf Minuten stellt sich <strong>de</strong>r<br />

Protagonist auf humoristische Weise <strong>de</strong>r<br />

Frage nach <strong>de</strong>m Sinn von „<strong>Facebook</strong>“. Van<br />

Osch sagte in einem „Spiegel online“-<br />

Interview, eine ganze Menge Leute hätten<br />

sich bei ihm daraufhin gemel<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r<br />

Aussage, sie hätten sich in ihrem „<strong>Facebook</strong>“-Verhalten<br />

„ertappt und ein wenig<br />

beschämt“ gefühlt. Botschaft <strong>de</strong>s Films:<br />

Zielloses herumsurfen und Frem<strong>de</strong> beobachten,<br />

Profile von Freun<strong>de</strong>n besuchen,<br />

um sich über sie zu informieren, ohne mit<br />

ihnen sprechen zu müssen, die Freun<strong>de</strong>sliste<br />

pushen, sein Profil brav <strong>de</strong>m Trend<br />

anpassen, fleißig Statusmeldungen aktualisieren<br />

– all das wird einen Menschen<br />

nicht glücklicher machen.<br />

Die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Kommunikation und<br />

<strong>de</strong>s Informationsaustauschs mit Freun<strong>de</strong>n<br />

und <strong>de</strong>r Familie weltweit können durchaus<br />

sinnvoll sein. Was aber, wenn man die virtuelle<br />

Kommunikation, als „digitaler Komfort“<br />

verbrämt, zur Befriedigung <strong>de</strong>s wachsen<strong>de</strong>n<br />

Neuigkeitsbedürfnisses for<strong>de</strong>rt?<br />

Damit das eigene Wahrnehmungsbild nicht<br />

allzu verzerrt wird, ist im Sommer ein Besuch<br />

im Biergarten mit „<strong>Facebook</strong>“-Freun<strong>de</strong>n<br />

und im Winter ein geselliger Spiele abend<br />

im warmen Wohnzimmer ein Beweis dafür,<br />

dass die Kommunikation nicht nur virtuell<br />

funktioniert und man tatsächlich in Verbindung<br />

bleibt. Theodora Boruszczak<br />

ACADEMIA 5/2012 73<br />

Foto: picture alliance/dpa


Titel<br />

Auf einer Konferenz im Wien <strong>de</strong>s Jahres<br />

2011 zum Thema Jugendarbeit<br />

brachte es ein erfahrener Teilnehmer<br />

und Vertreter <strong>de</strong>r professionellen Arbeit mit<br />

Jugendlichen auf <strong>de</strong>n Punkt: Vielleicht sollte<br />

man, wenn es um „<strong>Facebook</strong>“ und seine<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>s Kontaktens geht, für<br />

diesmal etwas weniger euphorisch an das<br />

Thema rangehen als dies in <strong>de</strong>n vergangenen<br />

Jahren bei neuaufkommen<strong>de</strong>n Internetmöglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Fall war. Seit <strong>de</strong>n 90ern<br />

habe man nämlich etwa im Ein- o<strong>de</strong>r Zweijahrestakt<br />

immer wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n jeweils<br />

neuesten und angeblich zukunftsträchtigen<br />

Entwicklungen zu tun bekommen, die allerdings<br />

fast so schnell, wie sie als Sterne am<br />

Himmel großes Aufsehen erregten, dann<br />

74 5/2012 ACADEMIA<br />

Zwischenmenschliche<br />

Beziehungsmechanik<br />

Welcher Stier wird nach „<strong>Facebook</strong>“ als nächstes<br />

durchs virtuelle Global village getrieben?<br />

auch wie<strong>de</strong>r verblassten wie die Sternschnuppen.<br />

Begonnen habe es seinerzeit mit<br />

<strong>de</strong>r Möglichkeit, E-Mails zu versen<strong>de</strong>n. Ir -<br />

gendwann sei man nach diversen Zwischenstationen<br />

bei „studiVZ“ angekommen. Zu<br />

dieser Zeit dann war auch „Xing“ in gewissen<br />

Kreisen <strong>de</strong>r Hit (vor <strong>de</strong>ssen Son<strong>de</strong>rangeboten<br />

man sich seit Monaten nicht mehr<br />

retten kann), bis schließlich vor knapp zwei<br />

Jahren „<strong>Facebook</strong>“ als das angeblich ultimativste<br />

Instrument <strong>de</strong>r Kommunikation<br />

großmächtig am Himmel erschienen sei.<br />

Skepsis sei am Platze. „LinkedIn“ und weitere<br />

Plattformen riefen heute kaum mehr<br />

als ein mü<strong>de</strong>s Lächeln hervor. Von ihnen<br />

habe es noch vor gar nicht so langer Zeit<br />

geheißen, ohne sie gehe es <strong>de</strong>finitiv nicht.<br />

Recht hatte <strong>de</strong>r professionelle Jugendarbeiter<br />

mit seiner Skepsis. Man kann sich<br />

auch heute <strong>de</strong>s Eindrucks nicht erwehren,<br />

dass innerhalb kurzer Fristen immer wie<strong>de</strong>r<br />

ein neuer Stier (übrigens das Symbol für die<br />

Vergötzung <strong>de</strong>s Geldbeutels) durchs Dorf<br />

getrieben wird. Als großer Shootingstar war<br />

„<strong>Facebook</strong>“ <strong>de</strong>nn auch am 18. Mai laufen<strong>de</strong>n<br />

Jahres mit 38 Dollar je Anteilsschein am<br />

Nasdaq in New York angetreten. Seither<br />

haben das Wissen um die zu hohe Anfangsbewertung<br />

und <strong>de</strong>r Ausstieg bekannter<br />

Mitarbeiter, aber auch Missmanagement<br />

bei <strong>de</strong>r Ausgabe <strong>de</strong>n Kurs für die Plattform<br />

<strong>de</strong>s sozialen Netzwerks massiv einbrechen<br />

lassen. Dabei geht es um viel Geld. Das<br />

Hauptproblem, das zum allmählichen Verblassen<br />

<strong>de</strong>s gelobten „<strong>Facebook</strong>“ führt,<br />

dürften allerdings die trüben Wachstumsaussichten<br />

sein. Sie sind limitiert und hängen<br />

nicht zuletzt vom Neuigkeitswert ab,<br />

<strong>de</strong>r seit einiger Zeit, was „<strong>Facebook</strong>“ betrifft,<br />

gen Null tendiert. Der Neuigkeitswert<br />

ist traditionell von Be<strong>de</strong>utung für die<br />

Motivation, dabei zu sein. Es gibt einen<br />

„bandwaggon effect <strong>de</strong>s Internets“, <strong>de</strong>r<br />

sich irgendwann ins Gegenteil verkehrt.<br />

Womöglich vollzieht sich die Ausbreitung<br />

solcher kommunikativer Angebote, die<br />

schier unendliche Möglichkeiten, ja die<br />

Befreiung von allen bisherigen Kommunikationshemmnissen<br />

vorgaukeln, im Sinne<br />

eines Schneeballsystems – mit <strong>de</strong>r be-<br />

Die „<strong>Facebook</strong>“-Seite enthält weitere Unterseiten,<br />

die ebenfalls Kontaktmöglichkeiten und vor allem<br />

Infos über sogenannte Freun<strong>de</strong> enthalten, die<br />

man per Mouseclick „bestätigen“ kann.


Foto: picture alliance/landov<br />

Foto: picture alliance/Photoshot<br />

kannten unvermeidbaren Deckelung: <strong>de</strong>r<br />

Wirklichkeit. Zwar geben sich <strong>de</strong>r 28 Jahre<br />

alte Mark Zuckerberg, vormalig Hoffnungsträger<br />

aus <strong>de</strong>m kalifornischen Palo<br />

Alto, und sein Imperium be<strong>de</strong>ckt, was<br />

Zahlen und vor allem Informationen über<br />

das Verhalten <strong>de</strong>r User betrifft. Es hat sich<br />

aber in <strong>de</strong>r Branche herumgesprochen,<br />

dass bei weitem nicht je<strong>de</strong>r gemel<strong>de</strong>te<br />

User auch ein aktiver, ein guter User ist.<br />

Man erinnere sich an Definitionen bei <strong>de</strong>r<br />

Untersuchung <strong>de</strong>r Reichweiten von Zeitungen:<br />

Als „Leser“ gilt in solchen Untersuchungen<br />

schon mal, wer einmal einen<br />

Artikel auf einer Seite in einer Zeitung<br />

„sieht“. Die Zahl <strong>de</strong>r Auflage wird dann<br />

„<strong>Facebook</strong>“-Initiator Mark Zuckerberg<br />

2004 an <strong>de</strong>r Harvard University in Cambridge<br />

nicht selten mal drei genommen, um die<br />

Zahl <strong>de</strong>r Leser (<strong>de</strong>r potentiellen) zu ermitteln,<br />

weil mehrere Personen eine Zeitung<br />

in die Hand nehmen können.<br />

In methodischer Hinsicht ist auch bei „<strong>Facebook</strong>“<br />

Vorsicht geboten: In Deutschland<br />

sind 20 Millionen „User“ registriert; weltweit<br />

angeblich beinahe eine Milliar<strong>de</strong>.<br />

Allerdings ist die Zahl <strong>de</strong>r Ausprobierer<br />

groß. Es gibt Personen, die nach ersten<br />

Versuchen einen weiteren Account anlegen,<br />

<strong>de</strong>r dann eine Zeitlang in Schwung<br />

kommt, während das frühere Konto ein<br />

Schattendasein fristet, bis es abgesetzt<br />

wird (o<strong>de</strong>r auch nicht). Das Löschen eines<br />

alten Accounts durch <strong>de</strong>n User ist nicht so<br />

einfach. Zur Wirklichkeit <strong>de</strong>s Arbeitslebens<br />

gehört auch in Deutschland, dass Vorge-<br />

ACADEMIA 5/2012 75<br />

Titel


Foto: picture alliance/ZUMAPRESS.com<br />

Titel<br />

76 ACADEMIA 5/2012 ACADEMIA<br />

setzte ihre Mitarbeiter auffor<strong>de</strong>rn, sich ins<br />

Schöne Neue <strong>Facebook</strong> zu begeben, um die<br />

Firma auf diese Art zu unterstützen. Das<br />

ist keine nachhaltige Motivation. Und<br />

schließlich machen viele, was <strong>de</strong>n „<strong>Facebook</strong>“-Freun<strong>de</strong>skreis<br />

betrifft, die Erfahrung,<br />

dass es kaum möglich ist, über einschlägige<br />

Kreise hinaus Welten zu erschließen. Wie<br />

sollte es auch an<strong>de</strong>rs sein? Interessen und<br />

Weltanschauungen verschie<strong>de</strong>ner Menschen<br />

sind eben an<strong>de</strong>rs gelagert und <strong>de</strong>r<br />

Ten<strong>de</strong>nz nach trennend. Wer wollte mit<br />

frem<strong>de</strong>n Typen auf <strong>de</strong>r Straße Hobbys,<br />

Interessen, das Leben teilen? Warum dann<br />

gera<strong>de</strong> über eine anonyme und unergründliche<br />

Maschine? Die „<strong>Facebook</strong>“-Anonymität<br />

mag helfen, Barrieren zu überwin<strong>de</strong>n.<br />

Aber je<strong>de</strong> echte menschliche Begegnung,<br />

ob via PC o<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Straße, ist anspruchsvoll<br />

und häufig anstrengend. Sind<br />

nicht genug Menschen mit ihren real-life-<br />

Freun<strong>de</strong>n und -Bekannten ohnehin genug<br />

beschäftigt, nicht selten überfor<strong>de</strong>rt?<br />

Durchaus nett ist es, wenn man in <strong>de</strong>r Anfangszeit<br />

zu hören bekommt: „Du bist ja<br />

auch schon auf <strong>Facebook</strong>!“ Das System lebt<br />

von zwei Strebungen, die mehr o<strong>de</strong>r weniger<br />

stark ausgeprägt sind: von Neugier und<br />

einem gewissen Exhibitionismus. Was da so<br />

alles an Mitteilungen steht, kann eine Zeitlang<br />

interessant und aufschlussreich, gelegentlich<br />

auch kurios sein. Menschliche Probleme<br />

und Formen <strong>de</strong>r Lebensgestaltung, die<br />

sich im Bekanntenkreis beobachten lassen,<br />

wie<strong>de</strong>rholen sich in „<strong>Facebook</strong>“. Und so<br />

ist es am En<strong>de</strong> eines „<strong>Facebook</strong>“-Abends<br />

oft zu ärgerlich, unfruchtbar Zeit verbracht<br />

zu haben. Die Erkenntnis lautet immer<br />

wie<strong>de</strong>r: Man braucht kein social network,<br />

nur um mittelmäßige Bil<strong>de</strong>r zu betrachten<br />

und unüberlegt geschriebene Texte zu lesen.<br />

Seien wir gespannt, welcher „Stier“ als<br />

nächster öffentlichkeitswirksam durchs<br />

virtuelle Global village getrieben wird. Es<br />

ist unmöglich, echte zwischenmenschliche<br />

Beziehungen über Klicken, Liken o<strong>de</strong>r<br />

ein Daumen hoch/runter zu <strong>de</strong>finieren, das<br />

an die Publikumsäußerungen am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

römischen Gladiatorenkampfes erinnert.<br />

Eines allerdings führt uns „<strong>Facebook</strong>“, das<br />

Unternehmen mit <strong>de</strong>m holprigen Kunst -<br />

namen „Gesichtsbuch“, durch die Zahl<br />

<strong>de</strong>r User <strong>de</strong>utlich vor Augen: Gesucht wird<br />

weiterhin nach Beziehungen, um die Einsamkeit<br />

zu überwin<strong>de</strong>n. Aber mit einem<br />

echten Gesicht und einem echten Buch<br />

gelingt das erfahrungsgemäß zehnmal<br />

besser. Veit Neumann (Alm)<br />

Foto: picture alliance/dpa<br />

Große Freu<strong>de</strong>, als „<strong>Facebook</strong>“ an die Börse geht.<br />

Im Vor<strong>de</strong>rgrund Mr. Zuckerberg, <strong>de</strong>r einen Knopf drückt.


Beispiel Spen<strong>de</strong>n: Wie „<strong>Facebook</strong>“ die Wirklichkeit verän<strong>de</strong>rt<br />

Das Spen<strong>de</strong>nsammeln mit Hilfe digitaler Medien revolutioniert<br />

<strong>de</strong>n Spen<strong>de</strong>nmarkt. Verstärkt wird <strong>de</strong>r Trend durch die Durchdringung<br />

nachwachsen<strong>de</strong>r gesellschaftlicher Milieus durch soziale<br />

Netzwerke wie „<strong>Facebook</strong>“. Denn seit<strong>de</strong>m „<strong>Facebook</strong>“<br />

in vieler Mun<strong>de</strong> ist, wird auch dort kräftig um i<strong>de</strong>elle und<br />

finanzielle Unterstützung geworben.<br />

„Überweisungsträger für eine Spen<strong>de</strong> ausfüllen? Hab ich noch<br />

nie gemacht! Seit<strong>de</strong>m ich <strong>de</strong>nken kann, spen<strong>de</strong> ich online.“ Das<br />

sagte unlängst ein engagierter berufstätiger Mann in seinen<br />

besten Lebensjahren. Kleinstbeträge o<strong>de</strong>r größere Spen<strong>de</strong>n:<br />

Kreditkartendaten o<strong>de</strong>r Kontodaten ins Formular auf <strong>de</strong>r<br />

Website <strong>de</strong>r Hilfsorganisation eintragen, Zahlung bestätigen<br />

– fertig. Bis heute ist das Spen<strong>de</strong>nverhalten sehr ge ne -<br />

rationentypisch geprägt: „Die Elterngeneration liebt es klassisch:<br />

Überweisungsträger ausfüllen und ab zur Bank in <strong>de</strong>n<br />

Briefkasten.“<br />

Eine Online-Spen<strong>de</strong> ist Spen<strong>de</strong>n über digitale Angebote von<br />

gemeinnützi gen Organisationen. Dies ist über <strong>de</strong>ren Website<br />

möglich o<strong>de</strong>r mit Hilfe eines Weblinks in einem E-Mail-Newsletter,<br />

<strong>de</strong>r auf die Website führt. Fünf bis zehn Prozent <strong>de</strong>r<br />

Spen<strong>de</strong>n lan<strong>de</strong>n auf diesem Weg bereits auf <strong>de</strong>n Spen<strong>de</strong>nkonten.<br />

Neue Möglichkeiten erschließt das Spen<strong>de</strong>nsammeln über<br />

Angebote im Bereich <strong>de</strong>r Social Media. Was aber macht<br />

„<strong>Facebook</strong>“ so beson<strong>de</strong>rs? Es bietet je<strong>de</strong>m die Möglichkeit,<br />

sich zu präsentieren, von seinem Leben, Wünschen und Träumen<br />

<strong>de</strong>r ganzen Welt zu berichten. Unternehmen und Organisationen<br />

können über spezielle Seiten, „Fanpages“, eine direkte<br />

Live-Kommunikation zur Öffentlichkeit und somit zu<br />

potentiellen Spen<strong>de</strong>rn aufbauen. Statt <strong>de</strong>s Monologs <strong>de</strong>s<br />

elektronischen Newsletters o<strong>de</strong>r bestenfalls <strong>de</strong>s Dialoges per<br />

E-Mail, wie er zunächst üblich war, tritt mit Hilfe <strong>de</strong>r sozialen<br />

Medien bzw. Netzwerke die Kommunikation von vielen mit<br />

vielen in <strong>de</strong>n Mittelpunkt.<br />

Wettbewerb auf <strong>de</strong>m Fundraisingmarkt<br />

zwingt zum Um<strong>de</strong>nken<br />

Gemeinnützige Organisationen befin<strong>de</strong>n sich ebenso wie nach<br />

Gewinn streben<strong>de</strong> Unternehmen im Wettbewerb zueinan<strong>de</strong>r.<br />

Die jährliche Spen<strong>de</strong>nsumme stagniert in Deutschland auf<br />

hohem Niveau. Für 2011 weist die Statistik, die „Bilanz <strong>de</strong>s<br />

Helfens“, ein Volumen von 4,262 Milliar<strong>de</strong>n Euro aus. Der<br />

<strong>de</strong>utsche Fundraisingmarkt ist zu<strong>de</strong>m von einem Polypol<br />

großer, teils international tätiger Organisationen geprägt,<br />

wie beispielsweise Unicef, Rotes Kreuz, Greenpeace, WWF,<br />

Ärzte ohne Grenzen, Care, Oxfam, Worldvision o<strong>de</strong>r SOS-Kin<strong>de</strong>rdörfer.<br />

Die Anzahl <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong>r geht zurück, auch wenn sie<br />

häufiger spen<strong>de</strong>n. Der Wettbewerb um die Gunst <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong>r<br />

wird sich weiter verschärfen. Die Frage ist also nicht wann,<br />

son<strong>de</strong>rn wie man neue Spen<strong>de</strong>r gewinnt und bestehen<strong>de</strong><br />

Spen<strong>de</strong>r bin<strong>de</strong>n kann. Social Media wie „<strong>Facebook</strong>“ sind dabei<br />

keine Wun<strong>de</strong>rwaffen, können aber sehr hilfreich sein.<br />

Online-Fundraising, Spen<strong>de</strong>nsammeln übers Internet, senkt<br />

Werbungs- und Marketingkosten, da Druck und Versand größtenteils<br />

eingespart wer<strong>de</strong>n.<br />

Online ist die Zukunft <strong>de</strong>s Fundraisings<br />

Das Internet mit seinen Möglichkeiten, aber auch die Smartphones,<br />

Mobiltelefone mit eingebauten Minicomputern, wer<strong>de</strong>n<br />

die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Kommunikation, <strong>de</strong>n Einkauf<br />

von Waren und Dienstleistungen, in Zukunft bestimmen.<br />

Glaubt man <strong>de</strong>n Auguren, so kann man bald auch auf <strong>de</strong>n<br />

Fanpages bei „<strong>Facebook</strong>“ digital einkaufen. Über die Website<br />

einer Organisation zu spen<strong>de</strong>n ist letztendlich nichts an<strong>de</strong>res<br />

als im Internet einkaufen zu gehen. Man bekommt einen immateriellen<br />

Gegenwert: Gutes getan zu haben. Das die Zukunft<br />

<strong>de</strong>s Fundraisings im online-Bereich liegt, <strong>de</strong>ssen waren<br />

sich die Branchenprofis auf <strong>de</strong>m Fundraising-Kongress 2012<br />

in Berlin sicher. Jedoch statt „nur“ o<strong>de</strong>r „ausschließlich“<br />

braucht es „und“ sowie „auch“: Die klassische, analoge Form<br />

<strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong> wird genauso wenig verdrängt wer<strong>de</strong>n wie gedruckte<br />

Zeitungen durch das Internet.<br />

Der Spen<strong>de</strong>r bestimmt die Art <strong>de</strong>r Kommunikation<br />

Der Spen<strong>de</strong>r kann die Art und Weise <strong>de</strong>r Kommunikation<br />

wählen, mit <strong>de</strong>r er mit einer gemeinnützigen Organisation in<br />

Kontakt treten möchte. Dadurch wird <strong>de</strong>r Kontakt intensiver<br />

und spart Geld zum Nutzen <strong>de</strong>r operativen Tätigkeit, <strong>de</strong>s Kerngeschäftes<br />

<strong>de</strong>r Organisation. „<strong>Facebook</strong>“ etwa bietet neue<br />

Kommunikationsformen: Spen<strong>de</strong>r können über die dortige<br />

„Fanpage“ miteinan<strong>de</strong>r in Kontakt treten o<strong>de</strong>r die Orga -<br />

nisation durch interaktive Informationen wie Kurzfilme,<br />

Podcasts (kurze Radiobeiträge) sowie Fotos kennenlernen.<br />

Die Organisation kann die Netzwerke nutzen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

<strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong>r zu stärken und per<br />

Interaktion die Spen<strong>de</strong>n zu erhöhen. Die durchschnittliche Online-Spen<strong>de</strong><br />

liegt mit 86 Euro drei mal höher als die klassische<br />

analoge Spen<strong>de</strong>. Wird eine Online-Spen<strong>de</strong> über die organisationseigene<br />

Website abgewickelt, ist sie zu<strong>de</strong>m um gut 330<br />

Prozent höher als auf einem Spen<strong>de</strong>nportal wie beispielsweise<br />

www.betterplace.<strong>de</strong>.<br />

Dass eine erste Spen<strong>de</strong> online getätigt wur<strong>de</strong>, heißt nicht,<br />

dass <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong>r keinen Wert auf persönlichen Kontakt legt<br />

und die klassischen Fundraising-Wahrheiten damit außer Kraft<br />

gesetzt wür<strong>de</strong>n. Organisationen sollten jetzt investieren und<br />

ihren Online- und Social-Media- Bereich auf- und o<strong>de</strong>r ausbauen.<br />

Heute kann Online-Fundraising mit <strong>de</strong>r richti gen Strategie<br />

profitabel sein, in fünf bis zehn Jahren wird es fester Be stand -<br />

teil je<strong>de</strong>r Organisation sein. Stephan Ley (Alm)<br />

www.agentur-ley.<strong>de</strong><br />

WEITERFÜHRENDER LINK<br />

ACADEMIA 5/2012 77


columna quaedam<br />

a Ioanne Eusebio Min. composita<br />

De asinis coronatis<br />

Rex illitteratus est quasi asinus coronatus, Fri<strong>de</strong>ricus ille<br />

Barbarossa dixisse fertur. Sed litteratus quis sit et quomodo<br />

fiat, quidam iure interroget. Litterati, respon<strong>de</strong>t ei Johannes<br />

Saresberiensis, sunt illi, qui auctores legerunt, auctores<br />

dumtaxat Latinos, ut Terentium, Ciceronem, Horatium.<br />

Quantum coniectura suspicari licet, non multum legerit ex<br />

corpore scriptorum antiquorum verbi gratia Carolus<br />

Magnus, qui inscius fuit artis scribendi. Sed vim certe<br />

litterarum et intellexit et auxit. Favebat enim hominibus<br />

litteratis, exempli gratia Alcuino Eboracensi, cui<br />

institutionem aulicam commendavit. Utut est, in Europa sine<br />

ulla dubitatione omnes optimarum studiis artium eruditi, etsi<br />

non omnes reges, et legebant hos auctores et scribebant ac<br />

loquebantur latine per tot saecula in scholis, in monasteriis,<br />

in universitatibus. Hodiernis autem diebus universitatum<br />

tirones saepe ne intellegere qui<strong>de</strong>m possunt verba auctorum<br />

antiquorum in scriptis latine laudata, vixdum compendium<br />

illum mirum litteris c. t. notatum. Praeterea homines, qui<br />

nunc sunt, legere vel latine loqui posse dicunt omnes asinos.<br />

Sed hos asinos non iam esse multos, se <strong>de</strong>fendit rerum<br />

litterarumque veterum peritus, et eo magis conservandos.<br />

Quod attinet ad res oeconomicas opus non sit asinis<br />

litterisque Latinis, licet magno emolumento sint, atqui<br />

perlegendae ac perscrutandae sunt in studiis saltem ad<br />

litteras, ad liberales artes, ad veritatem cognoscendam<br />

pertinentiis. Saepe qui<strong>de</strong>m in actis diurnis commentarii<br />

inveniri possunt <strong>de</strong> praecipiti universitatum festinatione,<br />

quae privet discipulos libertate atque otio. Recte monent,<br />

sed nonne coniunctum est otium amissum cum amissa<br />

Latinitate? Sed finem petam huius, ut ita dicam, columnae,<br />

ne vi<strong>de</strong>ar laudator temporis acti, ut ait Horatius. Quod<br />

valet in reges, valeat multo magis in mortales:<br />

Legamus igitur auctores, ne simus asini sine corona.<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Cartellverband <strong>de</strong>r katholischen <strong>de</strong>utschen<br />

Stu<strong>de</strong>ntenverbindungen (CV)<br />

Redaktionsleitung:<br />

Dr. Veit Neumann (Alm), Domplatz 7, 93047 Regensburg,<br />

E-Mail redaktion@cartellverband.<strong>de</strong><br />

Redaktion:<br />

Wolfgang Braun (Bd), St. Ingbert; Thomas Gutmann (BuL),<br />

Düsseldorf; Christoph Herbort-von Loeper (B-S), Berlin;<br />

Stephan Ley (Alm), München; Dr. Norbert Matern (TsK),<br />

München; Norbert A. Sklorz (Gbg), Köln;<br />

Christoph Wüllner (Wf), Münster<br />

Redaktionsschluss:<br />

Ausgabe 6/2012: 5. Oktober 2012<br />

Ausgabe 1/2013: 7. Dezember 2012<br />

Web-Adresse:<br />

www.cartellverband.<strong>de</strong><br />

Vertrieb:<br />

CV-Sekretariat, Linzer Straße 82, 53604 Bad Honnef,<br />

Telefon 02224 960020, Fax 02224 9600220<br />

78 5/2012 ACADEMIA<br />

Für die mit vollem Namen gekennzeichneten Beiträge ist <strong>de</strong>r<br />

jeweilige Verfasser verantwortlich; sie stellen nicht ohne weiteres<br />

die Meinung <strong>de</strong>r Redaktion dar.<br />

Für unverlangt eingesandte Manus kripte und Bil<strong>de</strong>r (Fotoabzüge,<br />

Dias, Negative) kann keine Gewähr übernommen wer<strong>de</strong>n.<br />

Nachdruck und Vervielfältigung je<strong>de</strong>r Art sind nur mit<br />

Genehmigung <strong>de</strong>r Redaktionsleitung zulässig.<br />

Anzeigenberatung und -verkauf:<br />

elbbüro, Stefanie Hoffmann,<br />

Telefon 040 33420712, Telefax 040 33420713,<br />

sh@elbbuero.com<br />

Anzeigenschluss:<br />

Ausgabe 6/2012: 23. Oktober 2012<br />

Ausgabe 1/2013: 27. Dezember 2012<br />

Erscheinungsweise:<br />

Einmal in zwei Monaten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mit gliedsbeitrag enthalten.<br />

Inland: Jahres abonnement EUR 12,50 / Einzel heft EUR 2,05<br />

Ausland: Jahres abonnement EUR 14,– / Einzelheft EUR 2,35<br />

(incl. Versand)<br />

Eine Zeitschrift, die <strong>de</strong>n schönen und anspruchsvollen<br />

Namen ACADEMIA führt, sollte die<br />

Altphilologen unter <strong>de</strong>n Cartellbrü<strong>de</strong>rn nicht aus<br />

<strong>de</strong>m Auge verlieren. Daher die „Columna quaedam“<br />

(eine Art Säule/Kolumne), mit <strong>de</strong>r uns <strong>de</strong>r<br />

Stu<strong>de</strong>nt und Latein-Meister Johannes Isépy aus<br />

Augsburg versieht. Der erste Teil <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n<br />

lateinischen Textes führt geschichtlich – Karl<br />

<strong>de</strong>r Große – auf das Hauptthema hin. Im zweiten<br />

Teil geht es um <strong>de</strong>n „aka<strong>de</strong>mischen Betrieb heute<br />

und das Latein“. Dieses Thema ist recht allgemein<br />

gehalten; verwiesen wird zum Beispiel auf<br />

das „otium“, das an <strong>de</strong>n Uni versi tä ten zusammen<br />

mit <strong>de</strong>m Latein verschwun<strong>de</strong>n ist, o<strong>de</strong>r auf<br />

die Fächer, die unbedingt das Latein benötigen.<br />

Den Rahmen <strong>de</strong>s Textes bil<strong>de</strong>t ein im Mittelalter<br />

bekanntes Zitat, wonach ein ungebil<strong>de</strong>ter König<br />

wie ein gekrönter Esel sei (daher <strong>de</strong>r Titel „De<br />

asinis coronatis“). Demgegenüber steht in <strong>de</strong>r<br />

Mitte <strong>de</strong>r „Säule“ die Aussage <strong>de</strong>r heutigen<br />

Menschen, dass doch je<strong>de</strong>r Esel Latein könne,<br />

und am En<strong>de</strong> die Auffor<strong>de</strong>rung, die lateinischen<br />

Autoren zu lesen. Ermunterung und Ermutigung<br />

an alle Cartellbrü<strong>de</strong>r, sich einmal mehr mit <strong>de</strong>n<br />

Grundlagen unserer Kultur zu beschäftigen. AC<br />

ACADEMIA 5/2012 – 105. Jahrgang B 2788<br />

Layout / Bildbearbeitung:<br />

SGW-Studio für Grafik und Werbung, Schulstraße 13,<br />

82131 Gauting, Telefon 089 85662050, Fax 089 85662051,<br />

munzert@s-g-w.<strong>de</strong>, www.s-g-w.<strong>de</strong><br />

Bildnachweis:<br />

dpa Picture-Alliance; KNA-Bild; Fotografia Felici;<br />

GRAPHICmeetsDESIGN; CV und privat<br />

Herstellung:<br />

Möller Druck und Verlag GmbH, Zeppelinstraße 6,<br />

16356 Ahrensfel<strong>de</strong> OT Blumberg,<br />

Telefon 030 419090, Telefax 030 41909299<br />

Verbreitete Auflage:<br />

28.239/II/2012 Exemplare<br />

Der gesamten Auflage liegen Prospekte <strong>de</strong>r Firmen Frölich&Kaufmann<br />

Verlags und Versand GmbH, RSD Reise Service Deutschland,<br />

Stiftung JA ZUM LEBEN und Verlag Her<strong>de</strong>r GmbH bei.<br />

Einem Teil <strong>de</strong>r Auflage liegt ein Prospekt <strong>de</strong>r Firma Hanseatisches Wein und<br />

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Die dargestellten Informationen stellen kein Angebot dar. Ein rechtlich gültiges Angebot kann Ihnen erst nach Anfrage in Übereinstimmung mit <strong>de</strong>m jeweils anzuwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Recht und in Verbindung mit <strong>de</strong>n jeweils gültigen Verkaufsunterlagen gemacht wer<strong>de</strong>n. Eine ausführliche Darstellung <strong>de</strong>s Beteiligungsangebotes ist <strong>de</strong>m allein verbindlichen<br />

Verkaufsprospekt zu entnehmen. Die dargestellten Informationen stellen kein öffentliches Angebot im Sinne <strong>de</strong>s Verkaufsprospektgesetzes dar. Grundlage <strong>de</strong>s öffentlichen<br />

Angebotes ist ausschließlich <strong>de</strong>r öffentliche Verkaufsprospekt. Anlageziele und Ergebnisse <strong>de</strong>r Vergangenheit sind keine Garantie für eine zukünftige Gewinnentwicklung.<br />

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