?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de
?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de
?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Mehrzahl <strong>de</strong>r Deutschen pflegt ein emotional inniges Verhältnis zu Österreich.<br />
Erfährt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Gesprächspartner, dass man Österreicher (und kein Bayer)<br />
ist, dann beginnen bei ihm die Augen <strong>de</strong>utlich zu strahlen, und es wer<strong>de</strong>n reihenweise<br />
alpine Urlaubsorte aufgezählt, die man in <strong>de</strong>n letzten Jahren aufgesucht<br />
hat, vorzugsweise im Winter. Vor nicht allzu langer Zeit wur<strong>de</strong> eine Untersuchung<br />
veröffentlicht, dass Österreich bei <strong>de</strong>n Deutschen nach wie vor an <strong>de</strong>r Spitze <strong>de</strong>r<br />
bevorzugten Urlaubsorte rangiert. Hingegen können sich Österreicher kaum vorstellen,<br />
in Deutschland Urlaub zu machen (Ausnahme Kurzreisen zu „bildungsnahen“<br />
Orten). Ein wichtiger, vor allem in Österreich wahrgenommener Faktor <strong>de</strong>r<br />
Beziehung zwischen Deutschland und Österreich ist auch <strong>de</strong>r Fußball. „Sieg“ und<br />
„Schmach“ liegen hier eng beieinan<strong>de</strong>r, und das nicht nur in Cordova 1978. Erinnert<br />
sei in diesem Zusammenhang auch an das Endspiel zur Deutschen Meisterschaft<br />
am 21. Juni 1941 – einen Tag vor <strong>de</strong>m Überfall auf die Sowjetunion! –,<br />
als Rapid Wien in einem Furioso (in <strong>de</strong>r legendären „Rapid-Viertelstun<strong>de</strong>“) Schalke<br />
04 bezwang und Deutscher Meister wur<strong>de</strong>. (Dass am diesjährigen Maria Himmelfahrtstag<br />
in Frankfurt/Main Deutschland Argentinien unterlag, während zeitgleich<br />
in Wien Österreich die Türkei besiegte, tat <strong>de</strong>r österreichischen<br />
Fußballseele gut.) Oft wun<strong>de</strong>rt man sich auch aus österreichischer Sicht, wie<br />
man sich in Deutschland das Leben selber oft schwer macht. Vor einigen Jahren<br />
wur<strong>de</strong> mit einem über-komplizierten System die LKW-Maut eingeführt. Prompt<br />
musste <strong>de</strong>swegen die Einführung verschoben wer<strong>de</strong>n. In Österreich wur<strong>de</strong> ein<br />
weniger aufwendiges, dafür billigeres System installiert, das sofort funktionierte<br />
und es immer noch tut. Weitere Beispiele ließen sich anführen.<br />
Während also <strong>de</strong>r Durchschnitts-Deutsche ein durchaus offenes, freundliches,<br />
vielfach historisch unbelastetes Verhältnis zu seinem südlichen Nachbarn verinnerlicht<br />
hat und bei einer Bewertung, welcher Nachbarstaat für ihn am wichtigsten<br />
ist, Österreich an <strong>de</strong>r Spitze steht, ist das beim offiziellen Deutschland<br />
nicht immer so gewesen. Es sei erinnert, dass die <strong>de</strong>utsche Regierung unter Gerhard<br />
Schrö<strong>de</strong>r Anfang 2000 Vorreiter bei <strong>de</strong>n EU-Maßnahmen gegenüber Österreich<br />
war. Unter einem CDU-Kanzler Helmut Kohl wären solche Beschlüsse nicht<br />
gefasst wor<strong>de</strong>n. Man hat damals kaum Deutsche getroffen, die ernsthaft diesen<br />
Boykott gegen Österreich befürwortet hatten. Wie bereits 1986 nach <strong>de</strong>r Wahl<br />
Kurt Waldheims zum Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten – er wur<strong>de</strong> erst nach seinem Ausschei<strong>de</strong>n<br />
aus diesem Amt Ehrenmitglied <strong>de</strong>r ÖCV-Verbindung Welfia –, so wur<strong>de</strong> 2000<br />
Österreich aus einem politischen Traumzustand gerissen. Es befand sich nach<br />
1945 bzw. 1955 in einer Vorstellung, etwas Beson<strong>de</strong>res zu sein, eine neutrale<br />
Brücke zwischen West und Ost zu bil<strong>de</strong>n und Hüter eines großen historischen und<br />
kulturellen Erbes zu sein. Das Papstwort Pauls VI. von „Österreich, als <strong>de</strong>r Insel<br />
<strong>de</strong>r Seligen“ hat diese Selbstbefindlichkeit noch verstärkt. Dieser Traumzustand<br />
38 5/2012 ACADEMIA<br />
Was <strong>de</strong>nken Österreicher über Deutsche und umgekehrt?<br />
Diesmal stellt Cbr Dr. Gerhard Hartmann (Baj) interessante Gedanken zum Verhältnis <strong>de</strong>r Genannten zueinan<strong>de</strong>r vor.<br />
Braucht Deutschland Österreich?<br />
ist nach 1990 zu einem guten Teil brüchig gewor<strong>de</strong>n. Der damalige EU-Boykott<br />
gegenüber Österreich hat gezeigt, dass es auch in <strong>de</strong>r EU notwendig ist, langfristige,<br />
von <strong>de</strong>r parteipolitischen Zusammensetzung <strong>de</strong>r jeweiligen Regierungen unabhängige<br />
und stabile Freundschaften zu pflegen. Dass dazu Deutschland vorrangig<br />
zählen muss, war offenbar zumin<strong>de</strong>st damals abhan<strong>de</strong>n gekommen.<br />
Das Dilemma ist also offenkundig: Österreich braucht Deutschland nach wie<br />
vor, vor allem in <strong>de</strong>r Wirtschaft sowie im Frem<strong>de</strong>nverkehr – und gera<strong>de</strong> in<br />
diesen Zeiten <strong>de</strong>r Euro-Krise. Deutschland braucht aber (vor<strong>de</strong>rgründig) Österreich<br />
nicht. Dass in dieser Situation an <strong>de</strong>r falschen Stelle gespart wur<strong>de</strong> und eine<br />
Reihe österreichischer Vertretungsbehör<strong>de</strong>n, Außenhan<strong>de</strong>lsstellen und Büros<br />
<strong>de</strong>r offiziellen Frem<strong>de</strong>nverkehrs<strong>werbung</strong> in Deutschland geschlossen wur<strong>de</strong>n,<br />
mag vielleicht kurzfristig das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Budget sanieren helfen. Diese<br />
Maßnahmen sind aber höchst kurzsichtig und wer<strong>de</strong>n sich schon in ein paar<br />
Jahren bitter rächen.<br />
Trotz alle<strong>de</strong>m: Es war auch 2012 wie<strong>de</strong>r Ferienzeit. Viele <strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sbürger<br />
kamen nach Österreich. Obwohl nicht zu Hause, fühlen sie sich hier daheim. Viele<br />
kommen seit Jahren ins selbe Hotel, kennen <strong>de</strong>ren Inhaber o<strong>de</strong>r Bedienstete fast<br />
schon freundschaftlich. Vielleicht kommen sie spät abends an <strong>de</strong>r Hotel-Bar ins<br />
Gespräch, ob es dabei immer höchst aka<strong>de</strong>misch zugeht, mag dahingestellt sein.<br />
Und vielfach mussten sie bereits feststellen, dass nicht nur Stu<strong>de</strong>nten zunehmend<br />
ihr Glück in Österreich suchen wollen, son<strong>de</strong>rn auch Bedienstete <strong>de</strong>s Gast- und<br />
Beherbergungsgewerbes – vornehmlich aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn übrigens.<br />
An <strong>de</strong>r positiven Einstellung <strong>de</strong>r Deutschen gegenüber Österreich und <strong>de</strong>n Österreichern<br />
hat sich und wird sich wohl nichts än<strong>de</strong>rn. Es ist das vielleicht die Sehnsucht<br />
nach einer an<strong>de</strong>ren Lebens- und Genusskultur. Dabei stößt man immer wie<strong>de</strong>r<br />
auf das wi<strong>de</strong>rsprüchliche Phänomen, dass die <strong>de</strong>utschen Österreichurlauber<br />
von <strong>de</strong>m herrlichen Essen dort schwärmen. Sind sie zu Hause, gehen sie wie<strong>de</strong>r<br />
zum Griechen, Thailän<strong>de</strong>r etc., und kaum ein österreichisches Restaurant überlebt<br />
länger. Gera<strong>de</strong> bei Besuchern in Wien (aber nicht nur dort) wird nicht nur die<br />
Sehnsucht nach einer an<strong>de</strong>ren Lebenseinstellung, son<strong>de</strong>rn auch nach einem verlorenen<br />
Heimatgefühl geweckt, das man in <strong>de</strong>n vielen durch Bomben und Krieg<br />
zerstörten und nach 1945 rasch wie<strong>de</strong>r aufgebauten und somit lei<strong>de</strong>r geschichtswie<br />
oft gesichtslosen <strong>de</strong>utschen Städten nicht mehr fin<strong>de</strong>t kann. Möglicherweise<br />
braucht Deutschland dann Österreich doch noch.<br />
Priv.-Doz. Dr. Gerhard Hartmann (Baj) lebte aus beruflichen Grün<strong>de</strong>n seit<br />
1982 in Köln, dann, seit 1999 in Kevelaer. Er ist unter an<strong>de</strong>rem Verfasser einiger<br />
Bücher zur Geschichte <strong>de</strong>s (Ö)CV.