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Hochschule<br />
Neue Bologna-Studiengänge – <strong>de</strong>r Weg ins Abseits?<br />
Neue berufliche Chance o<strong>de</strong>r Schmalspurbahn<br />
ins berufliche Abseits?<br />
Neue Bachelor-Studiengänge sind<br />
kein Kennzeichen <strong>de</strong>s Bologna-Prozesses,<br />
son<strong>de</strong>rn eine Begleiterscheinung, die nicht<br />
selten eher eine Frucht <strong>de</strong>r Verschulung<br />
<strong>de</strong>s Studiums und <strong>de</strong>s Wettbewerbs zwischen<br />
Hochschulen als das Ergebnis<br />
eines zielstrebigen Bildungskonzepts zu<br />
sein scheint. Ein Beispiel dafür sind<br />
Studiengänge wie <strong>de</strong>r „Unternehmensjurist“<br />
in Mannheim o<strong>de</strong>r auch „Law and<br />
Economics“ in Bonn. Die von <strong>de</strong>n Befürwortern<br />
betonten Vorteile <strong>de</strong>rartiger Studiengänge<br />
zeigen mehr als <strong>de</strong>utlich, welche<br />
aka<strong>de</strong>mischen Errungenschaften die<br />
Universitäten mit <strong>de</strong>m Bachelor-Prozess<br />
verloren haben.<br />
„Wer in Mannheim die erste Staatsprüfung<br />
nicht schafft, hat immerhin einen Bachelor<br />
in <strong>de</strong>r Tasche. Wer in Hei<strong>de</strong>lberg, Köln<br />
o<strong>de</strong>r Bonn nach Jahren <strong>de</strong>s Studiums<br />
mehrmals durch das Examen fällt, steht<br />
hingegen vor <strong>de</strong>m Nichts.“ So schil<strong>de</strong>rt eine<br />
große Tageszeitung <strong>de</strong>n angeblichen<br />
Vorteil <strong>de</strong>s Mannheimer Unternehmensjuristen.<br />
Was aber ist dieser Bachelor tatsächlich<br />
wert? Er stellt <strong>de</strong>n Absolventen<br />
kaum über <strong>de</strong>n juristischen Studienabbre-<br />
cher, <strong>de</strong>r früher schon in zahlreichen Berufen<br />
dank eines gewissen Kenntnisstan<strong>de</strong>s<br />
und einer erlernten Denkweise durchaus<br />
seinen Platz fin<strong>de</strong>n konnte. Als<br />
Bachelor mit einer Wissensmischung aus<br />
Recht und Betriebswirtschaft steht <strong>de</strong>r Absolvent<br />
vielleicht ein wenig, viel besser<br />
allerdings nicht da. Insi<strong>de</strong>r sprechen sogar<br />
von einem Zertifikat für ein gescheitertes<br />
Studium und sehen auch in <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />
entsprechen<strong>de</strong> Reaktionen. Für die<br />
Rechtsabteilung eines Unternehmens<br />
reicht <strong>de</strong>r so erworbene Bachelor nicht<br />
aus, da hier ein umfassend ausgebil<strong>de</strong>ter<br />
Volljurist gefragt ist, <strong>de</strong>r alle Rechtsgebiete<br />
und damit alle Eventualitäten ab<strong>de</strong>ckt.<br />
In <strong>de</strong>r Vertragsvorbereitung beispielsweise,<br />
wo <strong>de</strong>r Bachelor im Unternehmen<br />
sein spezialisiertes Wissen ausspielen<br />
kann, konkurriert ein Unternehmensjurist<br />
mit universitärem Bachelor-Abschluss sicherlich<br />
nicht selten mit gut ausgebil<strong>de</strong>ten<br />
Kaufleuten o<strong>de</strong>r Betriebswirten von Hochschulen<br />
für angewandte Wissenschaften.<br />
Der universitäre Bachelor-Abschluss kann<br />
so schnell zur beruflichen Sackgasse ohne<br />
Perspektive wer<strong>de</strong>n.<br />
Wenig logisch ist gleichzeitig, dass die<br />
neuen Bologna-Studiengänge das, was<br />
DHV-Präsi<strong>de</strong>nt Kempen:<br />
Wissenschaftsbetrug ist kriminell<br />
Bonn. Für die Schaffung eines Straftatbestan<strong>de</strong>s Wissenschaftsbetrug spricht sich <strong>de</strong>r Deutsche<br />
Hochschulverband (DHV) aus. Er zielt damit auf die Branche <strong>de</strong>r so genannten Promotionsberater,<br />
die im dringen<strong>de</strong>n Verdacht stehe, für vermeintliche Promoven<strong>de</strong>n kommerziell Dissertationen,<br />
darüber hinaus aber auch Bachelor- und Masterabschlussarbeiten für Studieren<strong>de</strong> zu<br />
verfassen. Schätzungen zufolge wer<strong>de</strong>n laut DHV bis zu zwei Prozent aller Dissertationen<br />
unter tatkräftiger Mitwirkung von Promotionsberatern abgefasst, und in <strong>de</strong>n Fachbereichen<br />
Jura und Wirtschaftswissenschaften gehen Experten laut dpa sogar von je<strong>de</strong>r dritten Doktorarbeit<br />
als Fremdleistung aus. DHV-Präsi<strong>de</strong>nt Cbr Professor Bernhard Kempen (Mm): „Ghostwriter<br />
bringen die aka<strong>de</strong>mischen Gra<strong>de</strong> und die Hochschulen, die sie verleihen, in Verruf. Das<br />
geht zu Lasten <strong>de</strong>r großen Mehrzahl <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>miker, die ihre aka<strong>de</strong>mischen Gra<strong>de</strong> durch Leistung<br />
erworben haben.“ Um <strong>de</strong>m einen Riegel vorzuschieben, müssten die Abschreckungsinstrumente<br />
geschärft wer<strong>de</strong>n. „Wissenschaftsbetrug“, so Kempen, „ist kein Kavaliers<strong>de</strong>likt, son<strong>de</strong>rn<br />
kriminell.“ In diesem Sinne for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r DHV sowohl für <strong>de</strong>n Fremdautor als auch für <strong>de</strong>n<br />
Nutznießer, <strong>de</strong>r diese Arbeit als seine eigene ausgibt, die strafrechtliche Ahndung mit einem<br />
Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren o<strong>de</strong>r Geldstrafe. wb<br />
64 5/2012 ACADEMIA<br />
früher <strong>de</strong>m Stu<strong>de</strong>nten freigestellt war,<br />
durch die Verschulung <strong>de</strong>s Studiums zunächst<br />
unmöglich gemacht haben, nämlich<br />
neben einem Hauptstudienfach über <strong>de</strong>n<br />
Tellerrand hinweg auch in ein weiteres<br />
Fach zu riechen und dort Kenntnisse zu<br />
erwerben, die man mit erhöhtem Enga -<br />
gement mit Zwischenprüfungen o<strong>de</strong>r sogar<br />
<strong>de</strong>m vollen<strong>de</strong>ten Abschluss als Zu -<br />
satzqualifikation krönen konnte. Genau<br />
das in einem engen Korsett neu aufleben<br />
zu lassen, feiern die Hochschulen jetzt<br />
als kreative Leistung. Was dabei aber weitgehend<br />
auf <strong>de</strong>r Strecke bleiben dürfte, ist<br />
die eigene Neugier<strong>de</strong> als Basis <strong>de</strong>r neuen<br />
Fächerkombination. So bereitet man von<br />
Anfang an gekappte Laufbahnen, aber<br />
keine herausragen<strong>de</strong>n Leistungen vor. Die<br />
bleiben nach wie vor <strong>de</strong>m Studieren<strong>de</strong>n<br />
selbst überlassen, wobei ihm die Mög -<br />
lichkeiten dazu aber durch die Formalisierung<br />
und Verschulung drastisch beschnitten<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dass Bachelor-Abschlüsse gleichzeitig<br />
als Etappenprüfung auf <strong>de</strong>m Weg zum<br />
ersten juristischen Staatsexamen aus -<br />
gestaltet sind und <strong>de</strong>r Absolvent die<br />
Möglichkeit hat, dieses Staatexamen<br />
nach weiteren Semestern abzulegen, gibt<br />
<strong>de</strong>mjenigen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Studiengang „Un -<br />
ternehmensjurist“ o<strong>de</strong>r „Law and Eco -<br />
nomics“ erfolgreich absolviert, wenigs -<br />
tens noch die Chance auf eine vollwertige<br />
aka<strong>de</strong>mische Ausbildung, die auch von<br />
<strong>de</strong>n meisten Stu<strong>de</strong>nten genutzt wird. Wer<br />
aber auch am Bachelor scheitert, muss<br />
sich ebenso mit <strong>de</strong>m Nichts abfin<strong>de</strong>n<br />
wie ein mehrfach gescheiterter Examenskandidat<br />
in <strong>de</strong>r klassischen Juristenaus -<br />
bildung.<br />
Man sollte daraus <strong>de</strong>n Schluss ziehen,<br />
dass eine Reduzierung <strong>de</strong>r Qualifika -<br />
tionsmarke gegenüber <strong>de</strong>n herkömmlichen<br />
Studienabschlüssen nicht <strong>de</strong>r Sinn<br />
<strong>de</strong>s zweistufigen Studiums sein kann.<br />
Vielmehr sollte die Basis im Bachelor-<br />
Studium so gelegt wer<strong>de</strong>n, dass sie <strong>de</strong>n<br />
grundlegen<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />
herkömmlichen Berufsqualifikationen gerecht<br />
wird, auch wenn dafür etwas mehr<br />
Zeit erfor<strong>de</strong>rlich ist. Der Master kann<br />
dann eine zusätzliche Qualifikation verbun<strong>de</strong>n<br />
mit einer Schwerpunktbildung<br />
bringen. Wolfgang Braun (Bd)