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21. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />
digte <strong>Facebook</strong> im Februar 2012 <strong>de</strong>n Börsengang<br />
an. Ob dieser so medial beworbene<br />
Schritt in wirtschaftlicher Hinsicht auch das<br />
hält, was er zunächst zu versprechen schien,<br />
darüber kann <strong>de</strong>rzeit spekuliert wer<strong>de</strong>n, wie<br />
auch über die Frage, auf welche Art mit<br />
„<strong>Facebook</strong>“ Geld gemacht wer<strong>de</strong>n könnte.<br />
Lebt ein User tatsächlich gänzlich in <strong>de</strong>r<br />
virtuellen Welt, dann könnte man Prof.<br />
Ernst Pöppel, Professor für Medizinische<br />
Psychologie, durchaus rechtgeben, <strong>de</strong>r in<br />
<strong>de</strong>r „FAZ“ über „<strong>Facebook</strong>, Öffentlichkeitswahn<br />
und Intimität“ spricht und „<strong>Facebook</strong>“<br />
als „Selbstprostitution“ bezeichnet.<br />
Die Begründung: „Man öffnet sich nicht<br />
wirklich, will sich aber zeigen.“ <strong>Facebook</strong><br />
betrifft viele Lebensbereiche. Damit beschäftigen<br />
sich nicht nur Informatiker, son<strong>de</strong>rn<br />
vom Psychologen bis zum Wirtschaftswissenschaftler<br />
eine ganze Bandbreite von<br />
Fachleuten. Eine amüsante Feststellung<br />
machte <strong>de</strong>r „<strong>Facebook</strong>“-Beziehungsseismograph<br />
von David McCandless, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
„Wirtschaftswoche“ veröffentlicht wird:<br />
Bei einer Analyse von 10.000 Statusmeldun-<br />
gen auf „<strong>Facebook</strong>“ wur<strong>de</strong> aufgezeichnet,<br />
dass die Plattform nicht nur ein Ort ist, wo<br />
„virtuelle Beziehungen“ gesucht und schnell<br />
aufgenommen, son<strong>de</strong>rn gleichzeitig durch<br />
einen simplen Klick genauso schnell been <strong>de</strong>t<br />
wer<strong>de</strong>n können. Bei „Freundschaften“ ist es<br />
ein einfaches „Blockieren“ o<strong>de</strong>r gar „Löschen“.<br />
Der Beziehungsstatus kann wechseln:<br />
von „In einer Beziehung“ etwa zu „Es<br />
ist kompliziert“ o<strong>de</strong>r einfach nur „Single“.<br />
Wozu also eigentlich re<strong>de</strong>n, wenn es mit<br />
einem Mausklick kurz und schmerzlos geht?<br />
Vielleicht waren all diese Beobachtungen<br />
auch Anreiz für einen nie<strong>de</strong>rländischen<br />
Kurzfilm „Farewell <strong>Facebook</strong>“, einem stu<strong>de</strong>ntischen<br />
Projekt von Joep van Osch und<br />
Casper Eskes. In elf Minuten stellt sich <strong>de</strong>r<br />
Protagonist auf humoristische Weise <strong>de</strong>r<br />
Frage nach <strong>de</strong>m Sinn von „<strong>Facebook</strong>“. Van<br />
Osch sagte in einem „Spiegel online“-<br />
Interview, eine ganze Menge Leute hätten<br />
sich bei ihm daraufhin gemel<strong>de</strong>t mit <strong>de</strong>r<br />
Aussage, sie hätten sich in ihrem „<strong>Facebook</strong>“-Verhalten<br />
„ertappt und ein wenig<br />
beschämt“ gefühlt. Botschaft <strong>de</strong>s Films:<br />
Zielloses herumsurfen und Frem<strong>de</strong> beobachten,<br />
Profile von Freun<strong>de</strong>n besuchen,<br />
um sich über sie zu informieren, ohne mit<br />
ihnen sprechen zu müssen, die Freun<strong>de</strong>sliste<br />
pushen, sein Profil brav <strong>de</strong>m Trend<br />
anpassen, fleißig Statusmeldungen aktualisieren<br />
– all das wird einen Menschen<br />
nicht glücklicher machen.<br />
Die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Kommunikation und<br />
<strong>de</strong>s Informationsaustauschs mit Freun<strong>de</strong>n<br />
und <strong>de</strong>r Familie weltweit können durchaus<br />
sinnvoll sein. Was aber, wenn man die virtuelle<br />
Kommunikation, als „digitaler Komfort“<br />
verbrämt, zur Befriedigung <strong>de</strong>s wachsen<strong>de</strong>n<br />
Neuigkeitsbedürfnisses for<strong>de</strong>rt?<br />
Damit das eigene Wahrnehmungsbild nicht<br />
allzu verzerrt wird, ist im Sommer ein Besuch<br />
im Biergarten mit „<strong>Facebook</strong>“-Freun<strong>de</strong>n<br />
und im Winter ein geselliger Spiele abend<br />
im warmen Wohnzimmer ein Beweis dafür,<br />
dass die Kommunikation nicht nur virtuell<br />
funktioniert und man tatsächlich in Verbindung<br />
bleibt. Theodora Boruszczak<br />
ACADEMIA 5/2012 73<br />
Foto: picture alliance/dpa