28.05.2013 Aufrufe

?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de

?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de

?Facebook?: - studio-grafik-werbung.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

– Revolutionär wi<strong>de</strong>r Willen<br />

<strong>de</strong>utschen und <strong>de</strong>r europäischen Spaltung war nur sehr kurz geöffnet<br />

Michail Gorbatschow und Johannes Paul II. begegnen sich – als figürliche<br />

Karikaturen. 1989 kam es zur leibhaftigen Begegnung (siehe Seite 15).<br />

In einem System, das bis dahin auf <strong>de</strong>r lückenlosen Staatskontrolle<br />

und <strong>de</strong>r Bevormundung <strong>de</strong>r Bürger basierte, wollte Gorbatschow<br />

nun auf einen neuen Typus von Menschen setzen. Diese sollten<br />

keine Befehlsempfänger, son<strong>de</strong>rn „einfallsreiche, klar <strong>de</strong>nken<strong>de</strong><br />

und dynamische Persönlichkeiten sein ..., die imstan<strong>de</strong> sind, eine<br />

Situation selbstkritisch einzuschätzen, sich vom Formalismus und<br />

vom dogmatischen Verhalten bei <strong>de</strong>r Arbeit zu lösen.“<br />

Wie ließen sich aber all diese Konzepte mit <strong>de</strong>m von Gorbatschow<br />

bis En<strong>de</strong> 1989 krampfhaft verteidigten Dogma von <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n<br />

Rolle <strong>de</strong>r Partei vereinbaren? Mit ähnlichen Wi<strong>de</strong>rsprüchen war<br />

auch <strong>de</strong>r Gorbatschowsche Feldzug gegen das Unfehlbarkeitsdogma<br />

<strong>de</strong>r Partei behaftet, das die Kommunisten bis dahin wie das<br />

kostbarste Gut gehütet hatten. Unantastbare Autoritäten und Tabus<br />

dürfe es nicht mehr geben, verkün<strong>de</strong>te 1987 Gorbatschow und<br />

versetzte dadurch das Land in eine Art Wahrheitsrausch. Dennoch<br />

Foto: KNA<br />

erlag er <strong>de</strong>r naiven Hoffnung, er wer<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Lage sein, <strong>de</strong>n von<br />

ihm ausgelösten Bil<strong>de</strong>rsturm in kontrollierte Bahnen zu lenken.<br />

Die Verfechter <strong>de</strong>r alten Ordnung sahen sehr früh ein, sicher früher<br />

als Gorbatschow, welch katastrophale Folgen für das Regime die<br />

Auflockerung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Machtstrukturen, das Abrücken<br />

vom kommunistischen Unfehl barkeitsdogma o<strong>de</strong>r die För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r gesellschaftlichen Eigeninitiative haben könnten. Die sowjetischen<br />

Medien gäben nur <strong>de</strong>n angriffslustigen Zerstörern die<br />

Möglichkeit, sich zu äußern, beklagte sich im März 1988 <strong>de</strong>r dogmatischgesinnteSchrift-<br />

steller Jurij<br />

B o n d a r e w.<br />

We n n m a n<br />

diesen Kräften<br />

keine neue<br />

Nie<strong>de</strong>rlage à<br />

la Stalingrad<br />

bereiten wür<strong>de</strong>,<br />

wür<strong>de</strong>n sie<br />

das Land in <strong>de</strong>n Abgrund stürzen. Auch in <strong>de</strong>r Parteielite wur<strong>de</strong><br />

immer häufiger die Meinung vertreten, das Reformkonzept Gorbatschows<br />

sei völlig verfehlt. Der sowjetische Botschafter in Warschau,<br />

Wladimir Browi kow, führte im Frühjahr 1989 auf einem<br />

ZK-Plenum aus: Aus einer hochgeachteten Weltmacht habe sich<br />

die Sowjetunion nun in ein Gespött <strong>de</strong>r Völker verwan<strong>de</strong>lt, für <strong>de</strong>n<br />

scha<strong>de</strong>nfrohen Westen sei sie bereits ein Koloss auf tönernen Füßen.<br />

So grenzt es beinahe an ein Wun<strong>de</strong>r, dass die ans Herrschen gewohnte<br />

Parteibürokratie die Etablierung <strong>de</strong>r ersten Ansätze für eine<br />

zivile Gesellschaft im Lan<strong>de</strong>, wenn auch unter heftigen Protesten,<br />

zunächst zuließ. Das an sich geschlossene kommunistische<br />

Gebäu<strong>de</strong> erhielt einen Riss, <strong>de</strong>r im Laufe <strong>de</strong>r Zeit immer tiefer<br />

wur<strong>de</strong>. Dieser Riss führte letztendlich zum Zusammensturz <strong>de</strong>s<br />

gesamten Gebäu<strong>de</strong>s, was natürlich <strong>de</strong>n Intentionen Gorbatschows<br />

gänzlich wi<strong>de</strong>rsprach. Die von ihm initiierten Verän<strong>de</strong>rungen haben<br />

allerdings <strong>de</strong>n Zusammenbruch <strong>de</strong>r kommunistischen Diktaturen<br />

beinahe unumgänglich gemacht.<br />

Ähnliche Folgen hatte das „Neue Denken“ Gorbatschows auch im<br />

Bereich <strong>de</strong>r Beziehungen zwischen Moskau und seinen Vasallenstaaten<br />

im Ostblock. Auch hier löste Gorbatschow Umwälzungen<br />

aus, die von ihm ursprünglich keineswegs beabsichtigt waren. So<br />

z. B. durch die auf <strong>de</strong>r 19. Parteikonferenz vom Juni 1988 verkün<strong>de</strong>te<br />

These, die Völker und Staaten seien bei <strong>de</strong>r Wahl ihres jeweiligen<br />

ACADEMIA 5/2012 13<br />

Essay<br />

Lückenlose<br />

Staatskontrolle<br />

und Bevormundung<br />

<strong>de</strong>r Bürger

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!