Das ewige Experimentierfeld samtschullehrer in seinen För<strong>de</strong>reffekten ebenso beschei<strong>de</strong>n abschnei<strong>de</strong>n wie ein dünkelhafter Studienrat am Gymnasium, ein engagierter Hauptschullehrer dagegen bei seinen Schülern manch pädagogisches Wun<strong>de</strong>r zustan<strong>de</strong> bringen. Dreh- und Angelpunkt schulischer Bildungsarbeit kann <strong>de</strong>shalb nur <strong>de</strong>r Mensch sein – einer, <strong>de</strong>r das zu vermitteln<strong>de</strong> Wissen mit Begeisterung und Be<strong>de</strong>utsamkeit verkörpert und die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung damit kunstvoll inszeniert und souverän einfor<strong>de</strong>rt. Dazu braucht es aber eine an<strong>de</strong>re Professionalität als die neuerdings postulierte <strong>de</strong>s kühlen Lernmanagers – vor allem personale Zeit und Zuwendung, Kraft und Menschenkenntnis. Die pädagogische Situation, sie bleibt eben etwas ganz an<strong>de</strong>res als die zunehmen<strong>de</strong> Schnellebigkeit unserer Erwachsenenwelt. Höchste Zeit also, dass wir uns auf das Bild <strong>de</strong>s „Schulmeisters“, auf die Kraft <strong>de</strong>r 20 5/2012 ACADEMIA Lehrerpersönlichkeit – und damit auf die Be<strong>de</strong>utsamkeit <strong>de</strong>s Erwachsenen in <strong>de</strong>r Bildungsfrage – wie<strong>de</strong>rbesinnen: Lehrer müssen Lerngruppen selbstbewusst und zugewandt führen können. Nicht kühl-mo<strong>de</strong>rieren<strong>de</strong> Zurückhaltung ist gefragt, son<strong>de</strong>rn Führungsfreu<strong>de</strong> – ein unverschämtes Besinnen auf Pädagogik. Lehrer müssen Lernprozesse sinnvoll arrangieren und steuern können. Es geht nicht um Metho<strong>de</strong>nkirmes, son<strong>de</strong>rn um die lernpsychologisch fundierte Be - schränkung auf das Wesentliche. Lehrer müssen Lernschwierigkeiten auflösen können – nicht durch Er - mäßigung <strong>de</strong>r Anfor<strong>de</strong>rungen, son<strong>de</strong>rn durch geschulte Einfühlsamkeit und tatkräftige Ermutigung. Schüler sind eben manchmal unlustig, eifersüchtig, mutlos; dann brauchen sie jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r sie mit- reißt – o<strong>de</strong>r ihnen zeigt, wie man sich zusammenreißt. Auf die Lehrer kommt es an! Diese Losung be<strong>de</strong>utet keine Neuerfindung <strong>de</strong>s Ra<strong>de</strong>s – eher eine Vergewisserung <strong>de</strong>ssen, dass Rä<strong>de</strong>r rund und gut gelagert sein müssen, wenn sie gut rollen sollen. Damit geht aber auch eine ernste Mahnung an Lehrerausbildung und Bildungspolitik einher. Nicht um je<strong>de</strong>n Preis „Die Schule neu <strong>de</strong>nken“ (Hartmut von Hentig) darf die Devise sein, son<strong>de</strong>rn forschungsbasiert „Schule richtig <strong>de</strong>nken“ (Hans Maier). Das wäre eine wirkliche Bildungswen<strong>de</strong>: Vor<strong>de</strong>rgründigen Reformaktionismus stoppen, die personelle Ausstattung <strong>de</strong>r Schulen erheblich verbessern, die psychologische Qualifizierung <strong>de</strong>r Lehrer ausweiten, das Ansehen <strong>de</strong>r pädago gischen Zunft steigern. Der Alltag <strong>de</strong>s Lehrers wäre weiterhin anspruchsvoll – aber nicht länger auslaugend, son<strong>de</strong>rn aufbauend. Bildung: in Zukunft sind weitere Verän<strong>de</strong>rungen unvermeidlich Prof. Weishaupt, Sprecher <strong>de</strong>r Autorengruppe <strong>de</strong>s „Bildungsberichts 2012“: zunehmend freie Schulen Um das <strong>de</strong>utsche Bildungssystem ist es nicht so schlecht bestellt, wie manche öffentlich geführte Debatte vermuten lassen wür<strong>de</strong>, sagt <strong>de</strong>r Bildungsforscher Prof. Dr. Horst Weishaupt vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung. Der Sprecher <strong>de</strong>r Autorengrup - pe <strong>de</strong>s „Bildungsberichts 2012“ sieht aber auch verstärkte Privatisierungsten<strong>de</strong>nzen im Bildungswesen, vor allem da, wo das öffent- WEITERFÜHRENDER LINK www.bildungsbericht.<strong>de</strong> liche System nicht auf gesellschaftliche Entwicklungen reagiert, wie er im Interview mit ACADEMIA-Redakteur Christoph Herbort-von Loeper (B-S) erläutert. Herr Prof. Weishaupt, <strong>de</strong>r Bildungsbericht präsentiert nun schon zum vierten Mal bereichsübergreifend Fortschritte und Probleme. Wie steht es um die <strong>de</strong>utsche Bildung im Jahr 2012? Insgesamt ist eine <strong>de</strong>utlich positive Entwicklung erkennbar. Aber es gibt nach wie vor Problemgruppen, um die die politisch Verantwortlichen sich intensiv kümmern müssen: zum Beispiel Migranten, die Probleme mit <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache haben, und <strong>de</strong>utsche Kin<strong>de</strong>r, die in sozial belasteten Lebenslagen aufwachsen. Aber: Ausbau <strong>de</strong>r Ganztagsschulen und verstärkte För<strong>de</strong>rmaßnahmen an <strong>de</strong>n Schulen sind <strong>de</strong>r richtige Weg. Außer<strong>de</strong>m gibt es noch einiges am Übergang von <strong>de</strong>r Schule ins Berufsleben zu verbessern. Wir brauchen dort Anschlüsse statt Warteschleifen. Die unterstützen<strong>de</strong>n Maßnahmen sind oft noch zu wenig auf die Adressaten ausgerichtet und die Berufsorientierung in <strong>de</strong>n letzten Klassen <strong>de</strong>r allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schule müsste auch verbessert wer<strong>de</strong>n. (Fortsetzung nächste Seite)
Foto: picture alliance/ZB Das ewige Experimentierfeld Erfahrungen in <strong>de</strong>r Schule, gute wie schlechte, prägen ein Leben lang – nicht zuletzt das weitere Sozialverhalten, das allerdings in <strong>de</strong>r Familie grundgelegt wird. Im Bild: ein Schulmädchen, das etwas zu sagen hat.