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von Dr. Michael F. Feldkamp<br />

AUSSENANSICHT<br />

Letzter europäischer Staatsmann mit Visionen<br />

In diesen Tagen ist es ein Jahr her, dass <strong>de</strong>r Heilige Vater, Papst Benedikt XVI.<br />

(Rup), in Deutschland zu Besuch war. Was haben nicht schon im Vorfeld <strong>de</strong>utsche<br />

Leitmedien diesen Besuch breit thematisiert. Fast schien es, als wür<strong>de</strong> ein Wesen<br />

aus einer frem<strong>de</strong>n Welt zu uns herab kommen, ein Alien. Der Papst wur<strong>de</strong> verteufelt.<br />

Antimo<strong>de</strong>rn sei er, gegen <strong>de</strong>n Zeitgeist sich stellend; ein Ewiggestriger. Oh Gott, er<br />

hat was gegen Schwule. Es wur<strong>de</strong>n kritische Fragen gestellt – ja, das muss aber<br />

doch mal erlaubt sein in unserem laizistischen Staat, <strong>de</strong>r 60 Jahre nach seiner Gründung<br />

die Zivilreligion für sich ent<strong>de</strong>ckt hat und zusehends die Wandlung von einem<br />

„<strong>de</strong>mokratischen“ zu einem „moralischen Rechtsstaat“ vollzieht. In <strong>de</strong>n sogenannten<br />

„Katholischen Aka<strong>de</strong>mien“ unserer Bistümer kamen in Vorbereitung auf <strong>de</strong>n<br />

Besuch <strong>de</strong>s „Ratzinger-Papstes“ fast ausschließlich seine Kritiker zu Worte. Nur<br />

zwei dieser Aka<strong>de</strong>mien wagten es, Peter Seewald, Manfred Lütz (BvBo) o<strong>de</strong>r<br />

Matthias Matussek einzula<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Bücher über Papst und Kirche die erfolgreichs -<br />

ten in diesem Genre <strong>de</strong>s Jahres 2011 waren. Statt <strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong>n Splittergruppen<br />

wie „Wir sind Kirche“ sowie alle maximal kirchenkritischen Lehrstuhlinhaber unserer<br />

Republik auf <strong>de</strong>n wenigen Sen<strong>de</strong>plätzen im Kirchenfunk <strong>de</strong>r öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunk- und Fernsehanstalten in wahre Interviewmarathons geschickt, um<br />

uns, <strong>de</strong>n selbstverschul<strong>de</strong>t unaufgeklärten Bürger, vor <strong>de</strong>m Stellvertreter Christi<br />

(freilich nur auf Er<strong>de</strong>n) zu warnen und mit einem Katalog vermeintlich unver -<br />

zichtbarer For<strong>de</strong>rungen unsere Ansprüche und Erwartungen an diesen Papstbesuch<br />

möglichst hochzuschrauben. Möglichst hoch <strong>de</strong>swegen, damit nachher – wenn<br />

<strong>de</strong>r alte Mann endlich wie<strong>de</strong>r weg ist – unsere Enttäuschung über seinen Besuch<br />

umso größer sei.<br />

Und dann war ER da, <strong>de</strong>r Mann aus Rom. Es kam an<strong>de</strong>rs, als die veröffentlichte Meinung<br />

uns Wochen lang zuvor hat weismachen wollen. Wie ein zu fürchten<strong>de</strong>r<br />

Machtmensch sah er nun wirklich nicht aus. Wie gelähmt schienen die Medien.<br />

Keiner sah sich in <strong>de</strong>r Lage, gegen die überschwengliche Freu<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Deutschen<br />

anzuschreiben o<strong>de</strong>r hämische Kommentare durch <strong>de</strong>n Äther zu schicken. Sie spürten:<br />

Er kam, sah und siegte! Und nicht nur das: Zur großen Überraschung hatte er<br />

auch gesprochen, und vor allem hat er zugehört! Seit <strong>de</strong>n 1960er Jahren reibt sich<br />

die Kirche in keinem an<strong>de</strong>ren Land Europas so sehr – nicht nur am Amtsinhaber son<strong>de</strong>rn<br />

– am Papsttum als Institution, wie die Kirche in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen Län<strong>de</strong>rn.<br />

Ich persönlich – und für diesen Beitrag bin ich nach meiner Meinung gefragt<br />

wor<strong>de</strong>n – fin<strong>de</strong> das großartig. Denn im Umkehrschluss ist dieses Beleg dafür, dass<br />

keine Kirche in <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>n Papst ernster nimmt als die Kirche in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschsprachigen<br />

Lan<strong>de</strong>n. Und <strong>de</strong>r Missionsdrang <strong>de</strong>utscher Katholiken ist ungebrochen –<br />

allerdings nicht hinein in eine kirchenferne Welt, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>r Stoßrichtung Weltkirche,<br />

die auf <strong>de</strong>utsches Niveau gleichgeschaltet wer<strong>de</strong>n soll. Langsam aber wird<br />

vielen klar: Wir wer<strong>de</strong>n das unverwechselbare Profil dieser Kirche nicht mit einem<br />

<strong>de</strong>utschen Son<strong>de</strong>rweg verän<strong>de</strong>rn können. Das wäre Kirchenspaltung.<br />

Zum Bun<strong>de</strong>stag: Überall in <strong>de</strong>r Welt, wo Benedikt XVI. sprach, waren die Plätze<br />

überfüllt – egal ob Sportstadien, Flugfel<strong>de</strong>r, Kirchen und Marktplätze. Der einzige<br />

Raum, wo es noch freie Stühle gab, war <strong>de</strong>r Deutsche Bun<strong>de</strong>stag. Das ist ein Novum<br />

in <strong>de</strong>r Papstgeschichte wie in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>stages. Die Tatsache, dass<br />

<strong>de</strong>r Papst ausdrücklich auf Einladung aller Fraktionen <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages<br />

kam und <strong>de</strong>nnoch zahlreiche Abgeordnete <strong>de</strong>monstrativ wegblieben, ist ein Beleg<br />

dafür, dass es im Bun<strong>de</strong>stag <strong>de</strong>n Fraktionszwang wirklich nicht gibt. Der Abgeordnete<br />

ist frei und nur seinem Gewissen verpflichtet. „Gewissen“, so <strong>de</strong>r Papst im<br />

Bun<strong>de</strong>stag, ist „nichts an<strong>de</strong>res ist als das hören<strong>de</strong> Herz Salomons, als die <strong>de</strong>r Sprache<br />

<strong>de</strong>s Seins geöffnete Vernunft.“<br />

Am Abend sollte Benedikt mit <strong>de</strong>n Berliner Katholiken die Heilige Messe feiern.<br />

Bemerkenswerterweise war es hier genau an<strong>de</strong>rs als im Bun<strong>de</strong>stag. Zunächst bot<br />

die Verwaltung <strong>de</strong>s Erzbistums an, am Charlottenburger Schloss mit 40.000<br />

Gläubigen die Hl. Messe zu zelebrieren. Als aber erkennbar wur<strong>de</strong>, dass weit mehr<br />

Menschen das Verlangen hatten, <strong>de</strong>n Papst zu erleben, ging man endlich doch ins<br />

Olympiastadion. Als Benedikt XVI. predigte, waren nach Presseberichten 61.000<br />

bis 70.000 Gläubige im Berliner Olympiastadion und Hun<strong>de</strong>rte stan<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n<br />

Einlasstoren, weil sie keine Karten mehr erhalten hatten. 2,49 Millionen Menschen<br />

haben <strong>de</strong>n Gottesdienst am Fernseher verfolgt; das waren ca. 15 Prozent aller<br />

Zuschauer. Hinzu kamen noch <strong>de</strong>r Bericht <strong>de</strong>s Privatsen<strong>de</strong>rs SAT 1 mit einer Einschaltquote<br />

von 6,7 Prozent sowie ungezählte Zuhörer an <strong>de</strong>n Rundfunk -<br />

empfängern. Als am 29. August 2008 Madonna im Olympiastadion erschien,<br />

kamen 50.000 Besucher. So wur<strong>de</strong> die Pop-Queen vom Quoten-König Benedikt<br />

auch noch überboten.<br />

Was zählt, ist allerdings, was <strong>de</strong>r Papst mit seinem Besuch bewegt hat. Scheinbar<br />

echofrei blieben die Papstworte in <strong>de</strong>n online-Angeboten <strong>de</strong>r katholischen Verbän<strong>de</strong><br />

und Bistümer. Der <strong>de</strong>utsche Kulturkatholizismus hat sich sehr schnell vom Papst abund<br />

seinen Alltagsgeschäften zugewandt. Auf <strong>de</strong>m Katholikentag in Mannheim war<br />

von <strong>de</strong>r Botschaft Benedikts auf seinem Deutschlandbesuch nicht mehr die Re<strong>de</strong>.<br />

Der Autor: Dr. Michael F. Feldkamp ist<br />

Historiker und hat über 30 Bücher geschrieben.<br />

Er ist Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Ortsverbands <strong>de</strong>s<br />

KV in Berlin sowie Leiten<strong>de</strong>r Komtur <strong>de</strong>s<br />

päpstlichen Ritteror<strong>de</strong>ns vom Heiligen Grab<br />

zu Jerusalem in Berlin.<br />

ACADEMIA 5/2012 7

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