04.06.2013 Aufrufe

Hexenbote Sonderausgabe - Brunoschneider.ch

Hexenbote Sonderausgabe - Brunoschneider.ch

Hexenbote Sonderausgabe - Brunoschneider.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Hexenbote</strong> <strong>Sonderausgabe</strong> Jul 2010<br />

O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />

Du kannst mir sehr gefallen!<br />

Wie oft hat s<strong>ch</strong>on zur Winterszeit<br />

Ein Baum von dir mi<strong>ch</strong> ho<strong>ch</strong> erfreut!<br />

O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />

Du kannst mir sehr gefallen!<br />

O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />

Dein Kleid will mi<strong>ch</strong> was lehren:<br />

Die Hoffnung und Beständigkeit<br />

Gibt Mut und Kraft zu jeder Zeit!<br />

O Tannenbaum, o Tannenbaum,<br />

Dein Kleid will mi<strong>ch</strong> was lehren!<br />

O Mägdelein, o Mägdelein,<br />

Wie fals<strong>ch</strong> ist dein Gemüte!<br />

Du s<strong>ch</strong>wurst mir Treu in meinem Glück,<br />

Nun arm i<strong>ch</strong> bin, gehst du zurück.<br />

O Mägdelein, o Mägdelein,<br />

Wie fals<strong>ch</strong> ist dein Gemüte!<br />

Die Na<strong>ch</strong>tigall, die Na<strong>ch</strong>tigall<br />

Nahmst du dir zum Exempel.<br />

Sie bleibt so lang der Sommer la<strong>ch</strong>t,<br />

Im Herbst sie si<strong>ch</strong> von dannen ma<strong>ch</strong>t.<br />

Die Na<strong>ch</strong>tigall, die Na<strong>ch</strong>tigall,<br />

Nahmst du dir zum Exempel.<br />

Der Ba<strong>ch</strong> im Thal, der Ba<strong>ch</strong> im Thal<br />

Ist deiner Fals<strong>ch</strong>heit Spiegel.<br />

Er strömt allein, wenn Regen fließt,<br />

Bei Dürr er bald den Quell vers<strong>ch</strong>ließt.<br />

Der Ba<strong>ch</strong> im Thal, der Ba<strong>ch</strong> im Thal<br />

Ist deiner Fals<strong>ch</strong>heit Spiegel.<br />

Das untreue Mägdelein beklagte Joa<strong>ch</strong>im August Zarnack 1819. Es gab zuvor ein<br />

s<strong>ch</strong>lesis<strong>ch</strong>es Volkslied „A<strong>ch</strong> Tannenbaum“, das ihm zur Vorlage diente. Er setzt die treuen,<br />

au<strong>ch</strong> im Winter beständigen Nadeln des Tannenbaumes als Kontrast ein zu dem launis<strong>ch</strong>en,<br />

unzuverlässigen Mäd<strong>ch</strong>en, das si<strong>ch</strong> wohl wie die Na<strong>ch</strong>tigall im Herbst von dannen gema<strong>ch</strong>t<br />

hat.<br />

Der verlassene Liebhaber hatte ni<strong>ch</strong>t einmal das Glück, dass sein Lied sehr bekannt<br />

geworden wäre. S<strong>ch</strong>on 1824 hat Ernst Ans<strong>ch</strong>ütz seine weihna<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Variante gedi<strong>ch</strong>tet. Die<br />

erste Strophe übernahm er unverändert. Heute würde ihm das viel Ärger wegen des<br />

Urheberre<strong>ch</strong>tes einbringen. Aber damals erfreute man si<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> an einem s<strong>ch</strong>önen Lied.<br />

Aus der Klage eines unglückli<strong>ch</strong> Liebenden wurde ein wesentli<strong>ch</strong> fröhli<strong>ch</strong>erer Text, der die<br />

S<strong>ch</strong>önheit des Tannenbaumes bes<strong>ch</strong>reibt. Die dritte Strophe weist auf die Hoffnung und<br />

Beständigkeit hin, an die man beim Anblick des immergrünen Baumes denken soll und die<br />

Mut und Kraft verleiht.<br />

Aber wenn man genau hinsieht: Es gibt ni<strong>ch</strong>t ein Wort im Text, dass mit Weihna<strong>ch</strong>ten direkt<br />

zu tun hat. Die englis<strong>ch</strong>e Fassung „O Christmas Tree“, ja, die hat ja das Wort<br />

Weihna<strong>ch</strong>tsbaum s<strong>ch</strong>on im Titel, aber Tannenbäume haben wir das ganze Jahr. Im Winter,<br />

wenn sie vers<strong>ch</strong>neit sind, erfreut der Anblick ebenso wie im Sommer, wenn die grünen<br />

Nadeln zu sehen sind. Man kann natürli<strong>ch</strong> annehmen, dass Ernst Ans<strong>ch</strong>ütz ges<strong>ch</strong>mückte<br />

Tannen als Weihna<strong>ch</strong>tsbäume kannte. Herzogin Dorothea Sybille von S<strong>ch</strong>lesien ließ s<strong>ch</strong>on<br />

1611 einen Tannenbaum mit Kerzen ges<strong>ch</strong>mückt in ihrem S<strong>ch</strong>loss aufstellen, Goethe<br />

bestaunte 1770 seinen ersten Weihna<strong>ch</strong>tsbaum und überhaupt breitete si<strong>ch</strong> dieser Brau<strong>ch</strong> in<br />

der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allmähli<strong>ch</strong> aus. S<strong>ch</strong>on zuvor waren vers<strong>ch</strong>iedene<br />

immergrüne Pflanzen im Winter in die Häuser geholt worden, um neues Leben und<br />

Heilkraft zu symbolisieren.<br />

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!