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Unterrichtung Umweltgutachten 1978 - Deutscher Bundestag

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Drucksache 8/1938 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 8. Wahlperiode<br />

Freiland benutzt. Auf Veränderungen der Milieufaktoren,<br />

z. B. das Auftreten eines Schadstoffes,<br />

reagieren die jeweiligen Arten mit Verschwinden<br />

oder auch Vermehrung, während die Gesellschaften<br />

Veränderungen der artenmäßigen Zusammensetzung<br />

erkennen lassen. Die Indikatorgesellschaften<br />

haben besondere Bedeutung bei<br />

der Aufdeckung subletaler Schadwirkungen.<br />

B. Bioindikatoren in Landlebensräumen<br />

92. Bioindikatoren werden zur Aufdeckung von<br />

Ökosystemschäden im weitesten Sinne eingesetzt,<br />

sowie zur Erfassung von Schadstofftyp und -menge,<br />

zur Immissionsüberwachung und zur Kennzeichnung<br />

von Belastungszonen verwendet. Mit ihrer Hilfe<br />

können Wirkungskataster für bestimmte Schadstoffe<br />

in belasteten Gebieten aufgestellt werden, die zusammen<br />

mit Immissions- und Emissionskatastern<br />

wichtige Planungsgrundlagen darstellen. Pflanzen<br />

eignen sich hierfür oft besser als Tiere, weil sie<br />

standortgebunden sind und gewöhnlich in größerer<br />

Individuenzahl vorkommen; außerdem lassen sich<br />

ihre Umweltansprüche meist besser erfassen, so daß<br />

die Wirkungsanalyse genauer ist. Häufig verwendete<br />

Bewertungskriterien für pflanzliche Bioindikatoren<br />

sind Entwicklungsstörungen, Zell- und Gewebeschäden,<br />

Absterben von Pflanzenteilen, Veränderungen<br />

in Artenzahl und Häufigkeit des Vorkommens.<br />

Bei Testorganismen spielen darüber hinaus<br />

noch meßbare Veränderungen des Stoffhaushaltes<br />

oder von enzymatischen Prozessen eine Rolle. Eine<br />

besondere Bedeutung für die Schadstofferfassung<br />

hat die Akkumulation von Schadstoffen in Organismen,<br />

da hierdurch die Nachweisbarkeit zunimmt.<br />

93. Als pflanzliche Monitororganismen (STEU-<br />

BING, 1976) dienen z.B. Graskulturen, die für eine bestimmte<br />

Zeitspanne in Kübeln in die zu untersuchende<br />

Region gebracht und dann auf Schäden oder auf angereicherte<br />

Schadstoffe hin untersucht werden, oder Flechten,<br />

die auf einer geeigneten Unterlage befestigt im Testgebiet<br />

ausgebracht (exponiert) werden. Die Absterberate<br />

beispielsweise dieser exponierten Flechten kann die<br />

Grundlage für Wirkungskataster (SCHOLL u. SCHÖN -<br />

BECK, 1974 u. a.) darstellen. Kartendarstellungen derartiger<br />

Befunde haben Eingang in eine Reihe von Veröffentlichungen<br />

gefunden, z. B. Luftreinhalteplan Rheinschiene<br />

Süd (Köln), 1976.<br />

94. Mit den meisten Monitororganismen ist die<br />

Erfassung einzelner Schadstoffe und die Quantifizierung<br />

einer Schadstoffbelastung nicht möglich. Tabakpflanzen<br />

z. B. zeigen typische Blattveränderungen<br />

unter der Einwirkung von photochemischem Smog;<br />

die Höhe der Immission läßt sich aber nicht erkennen.<br />

Bei bestimmten Flechtenarten (sensible Monitororganismen)<br />

ist bei Einwirkung von Schwefeldioxid<br />

und Fluorwasserstoff der Schaden am Vegetationskörper<br />

der Schadstoffimmission proportional,<br />

so daß quantitative Abschätzungen möglich sind.<br />

95. Schadstoffakkumulierende Monitororganismen<br />

zeigen äußerlich keine oder nur geringe Schäden,<br />

Typ und Menge des angereicherten Schadstoffs werden<br />

durch chemische Analyse bestimmt. Zu diesem<br />

Monitortyp gehören die standardisierten Weidelgraskulturen,<br />

die von der Landesanstalt für Immissionsschutz<br />

Nordrhein-Westfalen benutzt werden;<br />

sie zeigen die Immissionsraten von Zink-, Blei-,<br />

Cadmium-, Fluor-, Schwefel- und Chlorverbindungen<br />

an. Auch freilebende Tiere, insbesondere Säugetiere<br />

und Vögel reichern Schadstoffe im Körper an und<br />

lassen sich zur Abschätzung der Umweltbelastung<br />

mit bestimmten Stoffen verwenden (zusammenfassende<br />

Darstellung der bisherigen Befunde bei DRE-<br />

SCHER-KADEN, 1976).<br />

96. Monitororganismen sind eine wertvolle Ergänzung<br />

chemischer Meßsysteme. Sie zeigen Immissionswirkungen<br />

und/oder Immissionsraten, von denen<br />

sich Nutzungsansprüche für die Planung ableiten<br />

lassen und eignen sich zur Voruntersuchung<br />

größerer Gebiete mit unbekannter Immissionsbelastung.<br />

97. Eine Anzahl von Organismenarten aus Landökosystemen<br />

wird als Testorganismen verwendet,<br />

z. B. in der Humantoxikologie, bei der Immis<br />

sionsüberwachung und bei der Pflanzenschutzmittelprüfung.<br />

In den meisten Fällen dienen derartige<br />

Tests dazu, potentielle Gefahren für den Menschen<br />

aufzudecken. Wenn auch die zu den verschiedenen<br />

Zwecken verwendeten Testarten in gewissem Umfang<br />

als Repräsentanten bestimmter, für Ökosysteme<br />

wichtiger pflanzen- und tiersystematischer und ökologischer<br />

Gruppen aufgefaßt werden können, sind<br />

die erzielten Testergebnisse doch nicht ohne weiteres<br />

auf die komplexen Verhältnisse eines Ökosystems<br />

zu übertragen.<br />

98. Auch die verpflichtend vorgeschriebenen Pflanzenschutzmittelprüfungen<br />

garantieren keinen vollen<br />

Schutz der Ökosysteme und ihrer Lebensgemeinschaften<br />

vor unerwarteten ökologischen Nebenwirkungen<br />

amtlich zugelassener Pestizide. Besondere<br />

Bedeutung für Ökosysteme hat die obligatorische<br />

Prüfung der Pflanzenschutzmittel auf Bienenverträglichkeit,<br />

die zum Schutz der Honigbiene als wirtschaftlich<br />

wichtigem Blütenbestäuber und Honigproduzenten<br />

eingeführt wurde, weil sie auch wildlebenden<br />

Blütenbestäubern in gewissem Umfang zugute<br />

kommt; abgesehen davon stellt die Honigbiene<br />

selbst eine wichtige Komponente auch in naturnahen<br />

Ökosystemen dar.<br />

99. Von besonderem ökologischen Interesse sind<br />

die seit 1975 möglichen amtlichen Prüfungen der<br />

Auswirkung von Pflanzenschutzmitteln auf Nutzarthropoden<br />

(nützliche Gliederfüßer), die allerdings<br />

keine bindende Prüfungsverpflichtung darstellen,<br />

sondern freiwillig sind (HERFS 1975; HERFS u.<br />

FRANZ 1975). Diese speziellen Prüfungen sind vor<br />

allem in Zusammenhang mit ,der biologischen Schädlingsbekämpfung<br />

zu sehen, die nur möglich ist, wenn<br />

die zu diesem Zweck begünstigten oder eingesetzten<br />

Nutzarthropoden vor Schäden durch den notwendigen<br />

parallelen Einsatz von chemischen Mitteln bewahrt<br />

bleiben. Entsprechend diesem besonderen<br />

Ziel sind die Testobjekte parasitisch oder räuberisch<br />

speziell von Schadinsekten lebende Schlupfwespen,

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