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Unterrichtung Umweltgutachten 1978 - Deutscher Bundestag

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Drucksache 8/1938 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 8. Wahlperiode<br />

116. Starke Algenentwicklung kann zum Auftreten von<br />

Phytotoxinen führen, d. h. Schadstoffen, die von der<br />

Pflanze entweder ins Wasser abgegeben werden und andere<br />

Organismen schädigen oder über die Nahrungskette<br />

in Tiere, z. B. Muscheln, gelangen und dabei Endkonsumenten<br />

schädigen.<br />

117. Von besonderer Bedeutung für alle Überlegungen<br />

zum Einsatz von Bioindikatoren ist die Feststellung,<br />

daß sowohl unter den bei günstigen Verhältnissen<br />

leicht abbaubaren als auch unter den<br />

schwer abbaubaren Stoffen Verbindungen vorkommen,<br />

die von bestimmten Konzentrationen an toxisch<br />

wirken. Das gleiche gilt für Salze und<br />

Schwermetallverbindungen, und auch die Abwärmebelastung<br />

kann für Organismen tödliche Folgen<br />

haben. Für die abbaubaren toxischen Stoffe sei noch<br />

angemerkt, daß sie einmal durch direkte Beeinträchtigung<br />

auf mehr oder weniger viele Arten wirken<br />

und zum anderen indirekt über Sauerstoffzehrung<br />

während des Abbaus das System belasten.<br />

Auch bei anderen Belastungsgruppen findet sich<br />

eine derartige Trennung in direkte und indirekte<br />

Wirkungen.<br />

118. Die letzten Ausführungen sollten zeigen,<br />

welch ein komplexes Beziehungsgefüge in abwasserbelasteten<br />

Ökosystemen vorliegt. Bei dieser Vielfalt<br />

von möglichen Schadwirkungen kann nicht mit<br />

einem einzelnen Bioindikator gearbeitet werden,<br />

vielmehr scheint ein gangbarer Weg nur über die<br />

Verwendung verschiedener Bioindikatortypen zu<br />

führen, wobei toxikologische Tests bei der Untersuchung<br />

abwasserbelasteter Gewässer im mitteleuropäischen<br />

Raum besondere Bedeutung haben.<br />

119. Die denkbare Alternative, bei dieser Kompliziertheit<br />

auf die Benutzung von Bioindikatoren zugunsten<br />

chemischer Analysen zu verzichten, ist<br />

nicht sinnvoll. Analysendaten allein lassen in den<br />

meisten Fällen keine befriedigende Aussage über<br />

die Wirkung bestimmter Belastungen auf Organismenbestand<br />

und Stoffhaushalt eines Ökosystems zu.<br />

Andererseits bedarf die Identifikation eines Schad- -<br />

stoffes in der Regel der Hilfe des Chemikers. Aus<br />

diesen Andeutungen ergibt sich die Notwendigkeit<br />

der Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen bei<br />

der Gewässerüberwachung.<br />

120. Berücksichtigt man die in den vorhergehenden<br />

Absätzen gemachten Feststellungen, so lassen sich<br />

Bioindikatoren der drei in Abschnitt 1.1.3.5 erläuterten<br />

Typen zur Erfassung der fünf Belastungsgruppen<br />

wie folgt einsetzen:<br />

Die Fähigkeit zur Bioakkumulation läßt sich bei<br />

Monitororganismen zur qualitativen und<br />

quantitativen Erfassung von Schwermetallverbindungen<br />

(Pb, Hg, etc.) und schwer<br />

abbaubaren Stoffen (DDT, PCB u. a.) benutzen,<br />

soweit diese resorbiert und in Organismen<br />

festgelegt werden. Von der Fragestellung her muß<br />

unterschieden werden zwischen der Schadstoffanreicherung<br />

im einzelnen Organismus und derjenigen<br />

in ganzen Ökosystemen. Wie ausgeführt (Abschnitt<br />

1.1.3.4), ist zu trennen zwischen der direkten<br />

Aufnahme aus der Umwelt (hier: Wasser) und der<br />

indirekten über die Nahrung, wobei im Gewässer<br />

der erste Fall überwiegt.<br />

121. Eingeführte Standardverfahren liegen noch<br />

nicht vor. Speziell für die Prüfung der Akkumulationsrate<br />

von Schadstoffen in Einzelorganismen liegen<br />

aber genügend Erfahrungen vor, so daß größere<br />

Probleme bei einer Einführung solcher Tests nicht<br />

zu erwarten sind. Die Verwendung von Monitororganismen<br />

hat sich insbesondere bewährt bei der<br />

Ermittlung der regionalen Verbreitung von Schwermetallen<br />

in aquatischen Ökosystemen. Zusammenfassende<br />

Darstellungen lieferten KARBE (1977) für<br />

Schwermetalle und ERNST (1977) für chlorierte<br />

Kohlenwasserstoffe, PCB u. a.<br />

122. Die testmäßige Bearbeitung einer ganzen<br />

Nahrungskette als modellhaftem Ausschnitt aus<br />

einem Ökosystem ist in diesem Rahmen von besonderem<br />

Wert, da hierdurch Aussagen über Schadstoffakkumulation<br />

in , Nahrungsketten zu gewinnen<br />

sind. Auf diesem Gebiet liegen Ansätze vor, es bedarf<br />

aber weiterer Entwicklungsarbeit, um zu einem<br />

standardisierten Prüfverfahren an einem Modellökosystem<br />

zu kommen (CASPERS 1975; HUECK u.<br />

HUECK-van der PLAS 1976).<br />

123. Testorganismen sind geeignet, toxische<br />

Wirkungen aller fünf Bela<br />

stungsgr up p en nachzuweisen (Toxizitätstests<br />

im engeren Sinne). Außerdem können sie Verwendung<br />

finden beim Nachweis und der Kausalanalyse<br />

von Veränderungen des Stoffhaushalts, z. B. bei der<br />

Erfassung von Kenngrößen des Sauerstoffhaushalts<br />

(bio-assays, Biotests im engeren Sinne) sowie bei<br />

Tests zur biologischen Abbaubarkeit von Chemikalien.<br />

Im Rahmen von Toxizitätstests werden an geeigneten<br />

Organismen die akute (Kurzzeittests) oder<br />

chronische (Langzeittests) Toxizität unter standardisierten<br />

Bedingungen ermittelt (siehe: Ausgewählte<br />

Methoden der Wasseruntersuchung). Für die Ökosysteme<br />

ist die Ermittlung der chronischen Toxizität<br />

subletaler Schadstoffkonzentrationen von der<br />

größeren Bedeutung, da akut toxische Konzentrationen<br />

seltener auftreten. Da die Reaktion gegen<br />

Giftstoffe im allgemeinen artspezifisch ist, sollten<br />

mehrere Testorganismenarten Verwendung finden,<br />

die verschiedenen physiologischen und ökologischen<br />

Typen angehören (z. B. Protozoen, Algen,<br />

Kleinkrebse, Fische). Ermittelt werden die Grenzkonzentrationen<br />

als die höchste Konzentration, bei<br />

der die Testorganismen noch keine Schädigung zeigen,<br />

sowie die Schwellenkonzentration, bei der die<br />

ersten Schäden auftreten, und mittlere letale (LC50)<br />

und letale Konzentration. Die Prüfung der Toxizität<br />

der Stoffe der Belastungsgruppe 1 ist durch deren<br />

Sauerstoffzehrung erschwert, die ihrerseits<br />

Schadeffekte am Testorganismus hervorruft.<br />

124. Wertend ist festzustellen, daß den toxischen<br />

Tests große Bedeutung bei der Voraussage einer<br />

möglichen Schädigung bestimmter Organismen<br />

arten durch Abwasserinhaltsstoffe zukommt, d. h.<br />

sie sind zur Festlegung von Standards wichtig. Bei

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