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Unterrichtung Umweltgutachten 1978 - Deutscher Bundestag

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Drucksache 8/1938 <strong>Deutscher</strong> <strong>Bundestag</strong> — 8. Wahlperiode<br />

kannt, so daß eine Zuordnung von einer beobachteten<br />

Immission zu einem Bestandsrückgang oder<br />

Verschwinden bestimmter Arten nicht immer<br />

möglich ist.<br />

132. Selbst die Frage, was eigentlich eine nachteilige<br />

Wirkung für das Ökosystem ist, kann je nach<br />

Zielvorstellung unterschiedlich beantwortet werden.<br />

Damit eng verknüpft ist die Frage nach der Belastbarkeit<br />

von Ökosystemen; auch diese hängt von der<br />

Zielvorstellung ab.<br />

133. Im Bereich der aquatischen Ökosysteme ist<br />

eine derartige Zielvorstellung für den Komplex der<br />

leicht abbaubaren Stoffe durch das Ziel Wassergüteklasse<br />

II oder — bei reinen Trinkwassertalsperren<br />

— auch I fixiert; daraus kann die Belastbarkeit mit<br />

dieser Stoffgruppe abgeleitet werden. Ähnlich sieht<br />

es hinsichtlich der Belastbarkeit mit den übrigen Belastungsgruppen<br />

aus, wo genaue Angaben z. B. hinsichtlich<br />

der Belastbarkeit mit Abwärme oder Salzen<br />

möglich sind.<br />

134. Komplizierter sind die Dinge in Landlebensräumen,<br />

wo der Stoff- und Energiehaushalt schwieriger<br />

als im Gewässer zu erfassen ist und entsprechend<br />

geringere Datenmengen vorliegen. Außerdem<br />

ist die Vielfalt der Ökosysteme im terrestrischen Bereich<br />

größer. Hier sind noch umfangreiche Grundlagenforschungen<br />

nötig, um die Reaktion auf eine<br />

Belastung richtig einschätzen zu können. Dazu<br />

kommt die Schwierigkeit der Zielbestimmung. Während<br />

im Wasserbereich das Ziel Güteklasse II in der<br />

Regel ein Sanierungsziel darstellt, kommt es im<br />

Landbereich häufiger auf ein Erhalten des natürlichen<br />

Zustandes an — entsprechend umsichtig muß<br />

die Wirkung eines Schadstoffes oder eines Eingriffes<br />

bedacht werden. Hier kommt der Quantifizierung<br />

der erträglichen Belastung, eben der Belastbarkeit,<br />

besondere Bedeutung zu.<br />

135. Schwierigkeiten ergeben sich dabei aus den<br />

vielfältig möglichen Kombinationseffekten zwischen<br />

verschiedenen Schadstoffen und zwischen diesen<br />

und anderen menschlichen Eingriffen sowie den Einflüssen<br />

natürlicher Faktoren (Klima).<br />

136. Zur Überwachung der ökologischen Situation<br />

sind besondere ökologische Kataster sinnvoll, deren<br />

Erstellung gefördert werden sollte. Sie sollten umschließen:<br />

1. Artenkataster, die der Bestandsaufnahme des<br />

Arteninventars für Vergleichs- und Kontrollzwecke<br />

dienen;<br />

2. Faktorenkataster, die eine Übersicht über die Intensität<br />

möglichst vieler Umweltfaktoren bieten;<br />

3. Wirkungskataster, die Schadwirkungen erkennen<br />

lassen.<br />

Das System der Bioindikatoren muß zur Erstellung<br />

dieser Kataster verbessert und standardisiert werden.<br />

137. Nimmt man als Kriterien der Schadwirkung<br />

in Ökosystemen zum einen Störungen von Stoffund<br />

Energiehaushalt und zum anderen die Zahl der<br />

Arten und deren Bestandsdichten, so lassen sich<br />

unter Berücksichtigung der eben gemachten Vorbehalte<br />

folgende Festellungen für die gegenwärtige<br />

Situation der Schadstoffwirkungen in Ökosystemen<br />

treffen:<br />

Im aquatischen Bereich ist nach wie vor ein relativ<br />

großer Anteil der Ökosysteme überbelastet, d. h.<br />

die Selbstreinigungskraft ist überfordert, der Stoffkreislauf<br />

gestört und der Energiefluß gegenüber<br />

dem Naturzustand verändert. Da auch der Artenbestand<br />

starkem Wandel unterworfen ist, besteht<br />

im Sinne der verwendeten Kriterien kein Zweifel<br />

an einem Überschreiten der Belastbarkeit.<br />

138. In Landökosystemen liegen im Gegensatz zu<br />

den Gewässern nur vergleichsweise wenige flächendeckende<br />

Untersuchungen vor, die eine Abschätzung<br />

der Belastungssituation aus dem Stoffhaushalt<br />

heraus ermöglichen würden. Das liegt einmal an<br />

den erwähnten methodischen Problemen, zum anderen<br />

aber auch an der gegenüber den Gewässern<br />

sehr viel größeren Fläche und dem Fehlen einer<br />

der Gewässerüberwachung ähnlichen laufenden<br />

Kontrolle. In dieser Situation muß zur Abschätzung<br />

der Belastung auf das Arteninventar zurückgegriffen<br />

werden, das zumindest regional gut erfaßt ist.<br />

Veränderungen der Artenzahl und der jeweiligen<br />

Bestandsdichten können begründet sein in<br />

1) natürlichen Bestandsschwankungen;<br />

2) menschlichen Eingriffen, wie Veränderungen des<br />

Wasserhaushaltes oder der Bodenoberfläche;<br />

3) Schadstoffwirkungen.<br />

Es ist nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand nicht<br />

möglich, alle Wirkungen säuberlich zu trennen,<br />

nicht einmal die natürlichen Bestandsschwankungen<br />

sind in allen Details bekannt, da vielfach die notwendigen<br />

langen Beobachtungsreihen, die zur Abschätzung<br />

von natürlichen Schwankungsbreiten nötig<br />

sind, fehlen.<br />

So ist es nur möglich, den Anteil der Schadstoffe<br />

bei dem in den letzten Jahrzehnten in der Bundesrepublik<br />

Deutschland beobachteten Rückgang vieler<br />

Pflanzen und Tiere abzuschätzen.<br />

139. Ohne Zweifel muß den Herbiziden ein wesentlicher<br />

Effekt beim Rückgang der wildwachsenden<br />

Pflanzen im Umkreis von Agrarflächen, sowie<br />

an Wegrainen, Böschungen oder an und in kleinen<br />

Wasserläufen (Wiesengräben) zugeschrieben werden.<br />

Indirekt werden durch die Schädigung der Pflanzen<br />

auch diejenigen Tiere betroffen, die über die Nahrungskette<br />

mit ihnen verbunden sind. Die besondere<br />

Bedeutung der Herbizide ergibt sich vor allem<br />

aus der Größe der behandelten Fläche (20-25 %<br />

der Gesamtfläche) und der weiteren Absatzsteigerung<br />

im Bezugszeitraum (1972-1976 17 °/o).

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