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Rundbrief 1/2012 - Evangelische Akademikerschaft in Deutschland

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<strong>Rundbrief</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

<strong>Evangelische</strong> <strong>Akademikerschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Landeverband Rhe<strong>in</strong>land e.V.<br />

Seite 1<br />

Foto: Rita Thielen, pixelio.de


EDITORIAL<br />

Liebe Freund<strong>in</strong>nen und Freunde des Landesverbandes Rhe<strong>in</strong>land,<br />

es ist nach den frostigen W<strong>in</strong>tertagen nicht zu übersehen und auch nicht zu<br />

überhören: Überall regt sich neues Leben! Auch wir Menschen können dies <strong>in</strong> diesen<br />

Vorfrühl<strong>in</strong>gstagen <strong>in</strong> uns selbst wieder ganz deutlich wahrnehmen. Mit der steigenden<br />

Sonne spüren wir, dass wirkliches Leben <strong>in</strong> uns ist. Aber was ist das eigentlich: Leben?<br />

Es gibt vielfältige Erklärungsversuche. Doch selbst für die Wissenschaft ist das Leben<br />

heute nach wie vor e<strong>in</strong> Rätsel. Dem Geheimnisvollen des Lebens e<strong>in</strong> wenig auf die<br />

Spur zu kommen, war das Anliegen e<strong>in</strong>er Kooperationstagung unseres Landesverbandes<br />

mit der <strong>Evangelische</strong>n Akademie im Rhe<strong>in</strong>land im Dezember vergangenen Jahres.<br />

Experten der synthetischen Biologie und der Evolutionsbiologie kamen hierzu ebenso<br />

zu Wort wie die der Theologie, aber auch Studierende anderer Wissenschaftsdiszipl<strong>in</strong>en<br />

wie Jurisprudenz, Mediz<strong>in</strong>, Soziologie. Wir möchten Sie <strong>in</strong> dieser <strong>Rundbrief</strong>ausgabe<br />

mit dem Abdruck zweier Vorträge teilhaben lassen an den Impulse, die von dieser<br />

Tagung ausgegangen s<strong>in</strong>d.<br />

Prof. Dr. Michael Roth von der Universität Bonn entfaltet <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Beitrag theologische<br />

Zugänge zum Thema Leben und Dr. Frank Vogelsang, der Akademiedirektor,<br />

fasst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag zum Begriff des Lebens die Antwortversuche der verschiedenen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en zusammen. In den Gesprächsgruppen kamen auch die Lebenserfahrungen<br />

der Teilnehmer zu Wort. Dabei wurde deutlich, dass Leben mit se<strong>in</strong>en<br />

vielfältigen Facetten immer auch das Leben ist, das wir - hier und jetzt - leben und<br />

erleben.<br />

E<strong>in</strong> Akzent besonderer Art wurde im Januar mit e<strong>in</strong>em ökumenischen Abend <strong>in</strong> Essen<br />

gesetzt, an dem - erstmalig <strong>in</strong> der Geschichte unseres Landesverbandes - zusammen<br />

mit dem Katholischen Akademikerverband <strong>Deutschland</strong>s e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer Gottesdienst<br />

mit anschließendem Vortrag veranstaltet worden war. Geme<strong>in</strong>sames Anliegen<br />

der Veranstalter für diesen Abend war, den geschwisterlichen Umgang im Dialog zu<br />

thematisieren. In se<strong>in</strong>em Vortrag, der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zusammenfassung <strong>in</strong> diesen <strong>Rundbrief</strong><br />

aufgenommen wurde, näherte sich Prof. DDr. Hans Waldenfels, Emeritus für Katholische<br />

Fundamentaltheologie und Religionsphilosophie an der Universität Bonn, dem<br />

Thema sowohl im H<strong>in</strong>blick auf den <strong>in</strong>nerkatholisch angestoßenen Dialogprozess als<br />

auch <strong>in</strong> ökumenischem Zusammenhang. Es war e<strong>in</strong> sehr lebendiger Gesprächsabend<br />

und damit e<strong>in</strong> ermutigender Auftakt für weitere geme<strong>in</strong>same Aktivitäten.<br />

Seite 2<br />

Im Namen der <strong>Rundbrief</strong>-Redaktion<br />

Ihr Rudolf Diersch


INHALT<br />

EDITORIAL 2<br />

INHALTSVERZEICHNIS 3<br />

BESINNUNG<br />

Jean Lasserre: Die Christenheit vor der Gewaltfrage 4<br />

BEITRÄGE<br />

Leben verstehen heißt, am Leben teilhaben 7<br />

Leben als Schöpfung - Theologische Zugänge 9<br />

Geschwisterlich - ganz Ohr 17<br />

AUS DEM BUNDESVERBAND<br />

Neuwahlen im Bundesvorstand 22<br />

Abschied von Frau Mar<strong>in</strong>a Meier 24<br />

BERICHTE<br />

Mitgliederversammlung am 09.12.2011 25<br />

AUS DEN HAUSKREISEN<br />

Halbjahresprogramm Hauskreis Heyde, Bonn 28<br />

Was ist e<strong>in</strong>e gute Predigt? 29<br />

Kölner Hauskreis ist gerade mal 51 Jahre alt 30<br />

VON UNSEREN MITGLIEDERN<br />

Wir begrüßen neue Mitglieder 32<br />

VORSCHAU UND TERMINE<br />

- Evangelisch <strong>in</strong> Essen 33<br />

- Innovationen für unsere Gesellschaft 34<br />

- Themenabend Heiliger Geist 35<br />

- Thementag Reformation und Musik 36<br />

VORSCHAU UND TERMINE<br />

Herbstwanderung 37<br />

Impresssum 37<br />

VORSTAND UND BEIRAT 38<br />

Seite 3


BESINNUNG<br />

JEAN LASSERRE, Die Christenheit vor der Gewaltfrage<br />

LIT Verlag, Münster 2010, 127 S. ISBN 978-3-643-10689-6.<br />

Dr. Wieland Zademach<br />

E<strong>in</strong>e echte Perle unter den Publikationen der Friedensarbeit ist hier anzuzeigen: die<br />

Neuauflage e<strong>in</strong>es lange Zeit vergriffenen Werkes e<strong>in</strong>es fast ebeno lange <strong>in</strong> Vergessenheit<br />

geratenen Friedensaktivisten und zugleich e<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerung an Dietrich Bonhoeffer<br />

und dessen Rolle im damaligen „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“.<br />

Als junge Stipendiaten für e<strong>in</strong> Jahr am Union Theological Sem<strong>in</strong>ary <strong>in</strong> New York treffen<br />

beide 1930 aufe<strong>in</strong>ander, werden zu Freunden und bereichern e<strong>in</strong>ander theologisch<br />

ihr Leben lang.<br />

Als Pfarrer der reformierten Kirche Frankreichs, vorwiegend <strong>in</strong> Arbeitergeme<strong>in</strong>den<br />

wie viele Jahre lang als Reisesekretär für den Internationalen Versöhnungsbund, ist<br />

Lasserre vertraut mit der Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Ebenso sah er sich herausgefordert<br />

durch den unauflöslichen Widerspruch von christlicher Friedenspredigt<br />

und praktischer Kriegsteilnahme. Se<strong>in</strong>e Dissertation „Der Krieg und das Evangelium“<br />

1953 - als Buch 1956 - nimmt diese Thematik umfassend auf und macht ihn <strong>in</strong>ternational<br />

bekannt. Die Frage nach dem Verhältnis von Christentum und Gewalt beschäftigt<br />

ihn kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Reise- und Vortragstätigkeit. Daraus entsteht schließlich<br />

1965 dieses Buch, dessen Sprachstil noch erfrischend deutlich den Ursprung im konkreten<br />

Dialog widerspiegelt.<br />

S<strong>in</strong>d wir treue Zeugen Christi mit unserer Haltung gegenüber der Gewalt - oder verraten<br />

wir ihn? Wie konnte es dazu kommen, dass Theologen über Jahrhunderte die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

zweier Realitäten propagieren, die doch schlechterd<strong>in</strong>gs unvere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d?<br />

Auf diese Grundfragen sucht Lasserre nach e<strong>in</strong>er Antwort und f<strong>in</strong>det sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

christologischen Begründung des Pazifismus, die zeigen will, dass nur der gewaltfreie<br />

Kampf e<strong>in</strong>e dem Evangelium gemäße Haltung darstellt. Was diese Ausführungen so<br />

überzeugend und hilfreich macht, s<strong>in</strong>d ebenso die exegetischen wie systematischen<br />

Überlegungen wie auch manche - damit zusammenhängende und en passant e<strong>in</strong>gestreute<br />

- Denk-Anstöße: gleichsam Widerhaken für die eigene Friedensarbeit.<br />

„War Jesus der Friedensfürst?“ Dieser Frage geht Lasserre im ersten Kapitel nach<br />

und zieht den Bogen von den messianischen Prophezeiungen im Alten Testament<br />

über die Bergpredigt und die „Erfüllungsh<strong>in</strong>weise“ <strong>in</strong> den Evangelien bis h<strong>in</strong> zu<br />

den Kirchenvätern und deren Aufnahme des christologisch begründeten jesuanischen<br />

Friedenszeugnises. Für e<strong>in</strong>en Cyprian, Tertullian oder Laktanz war wie für alle<br />

„Kirchenväter der ersten drei Jahrhunderte völlig klar, dass Christen nicht töten und<br />

ke<strong>in</strong>en Kriegsdienst leisten“ (S.28). Clemens von Alexandrien hat dies wohl am deutlichsten<br />

zusammengefasst (sprachlich so, dass se<strong>in</strong>e Klientel ihn nicht missverstehen<br />

konnte): „Wir exerzieren für den Frieden, nicht für den Krieg. Wir s<strong>in</strong>d Soldaten für<br />

Seite 4


BESINNUNG<br />

den Frieden, e<strong>in</strong> unblutiges Heer, das Christus durch Se<strong>in</strong> Blut und Se<strong>in</strong> Wort rekrutiert<br />

hat, um Ihm das Himmelreich zu übergeben. Ziehen wir also die Rüstung des<br />

Friedens an!“ (S.29).<br />

Und heute? Warum s<strong>in</strong>d die Christen nicht auf diesem Weg der ersten Jahrhunderte<br />

geblieben? Warum haben sie durch ihre Gewalttätigkeiten die Botschaft ihres Herrn<br />

verraten und entstellt? Warum ersche<strong>in</strong>t Christus <strong>in</strong> den Augen der amerikanischen<br />

Indianer, der Inder, Araber, Buddhisten und Kommunisten als Kriegsfürst? Warum<br />

wird „die Hiroshima-Bombe <strong>in</strong> Japan `christliche` Bombe genannt?“ (S.30). Um diese<br />

Fragen kreisen die folgenden Kapitel, <strong>in</strong> denen Lasserre nach dem Verhältnis Jesu<br />

zur Gewalt fragt, den heidnischen Charakter des Krieges entlarvt, die konstant<strong>in</strong>ische<br />

Häresie schonungslos benennt und den gewaltfreien Kampf als evangeliumsgemäße<br />

Haltung anschaulich und plausibel erläutert.<br />

Durchaus fe<strong>in</strong>s<strong>in</strong>nig, wie am Beispiel von Jesu „Tempelre<strong>in</strong>igung“ die Ambivalenz<br />

von Sanftmut und Gewalt durchgespielt und gleichzeitig aufgelöst wird: „Sicherlich<br />

schätzen die Christen die Sanftmütigkeit Jesu; sie mögen aber auch die Gewalt der<br />

Hartherzigen, der Starken; sie würden gern ersteren anbeten, ohne aufzuhören, die<br />

letzteren nachzuahmen und zu bewundern“ (S.33). Der peitschenschw<strong>in</strong>gende Jesus<br />

eignet sich dafür aber ganz und gar nicht. Denn, wie Lasserre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er brillanten<br />

Exegese zeigt und jahrhundertelange (absichtliche?) Missverständnisse hoffentlich<br />

endgültig beseitigt: Mitnichten hat sich Jesus an den Händlern vergriffen! Mit der Peitsche<br />

hat er ausschließlich die Tiere h<strong>in</strong>ausgetrieben; die Händler werden nicht e<strong>in</strong>mal<br />

aufgefordert, wegzugehen, vielmehr dazu, Jesus beim Aufräumen zu helfen...<br />

Das vierte Jahrhundert war <strong>in</strong> der Geschichte der christlichen Kirche der Beg<strong>in</strong>n des<br />

großen Abfalls von der Treue zum Evangelium. Mit Recht spricht Lasserre nicht<br />

vom konstant<strong>in</strong>ischen Zeitalter oder von der konstant<strong>in</strong>ischen Wende, sondern von<br />

der konstant<strong>in</strong>ischen Häresie, denn „es hat sich eben doch die Haltung der Kirche<br />

grundlegend gewandelt und nicht ihre Situation“ (S.57). Oder wie anders soll man es<br />

bezeichnen, wenn im Jahre 314 auf e<strong>in</strong>em vom Kaiser (!) <strong>in</strong> Arles e<strong>in</strong>berufenen Konzil<br />

die versammelten Bischöfe beschließen, „dass von nun an Soldaten, die zu Friedenszeiten<br />

ihre Waffen wegwerfen oder sich den Befehlen ihrer Oberen widersetzen, zu<br />

exkommunizieren seien“ (S.55)?<br />

Nicht mehr ganz so aktuell wie noch zu „Kaisers Zeiten“ ist - Gott sei Dank und<br />

hoffentlich! - das, was Lasserre über den heidnisch-sakralen Charakter des Krieges<br />

sehr anschaulich artikuliert. Und dennoch ist man noch <strong>in</strong> der Rückschau erschrocken<br />

darüber, wie Mars - immer zusammen mit dem höllischen Dreigespann Eros, Bachus,<br />

Mammon - se<strong>in</strong> Unwesen auch <strong>in</strong> christlichen Kreisen treiben konnte: „Und die Christen...<br />

s<strong>in</strong>gen weiter ihre Loblieder auf den Sieg ihre Erlösers, während ihr Herz sich<br />

schon widerstandslos der allmächtigen Herrschaft des Gottes Mars ausgeliefert hat...<br />

Sie preisen Christus, fühlen sich aber geschmeichelt, wenn Fahnen der Veteranen ihre<br />

Heiligtümer schmücken..., wenn Militärseelsorger <strong>in</strong> Offiziersuniformen statt im Talar<br />

Seite 5


BESINNUNG<br />

predigen“ (S.69). Leider ist diese Zustandsbeschreibung (an dieser Stelle sei e<strong>in</strong>mal<br />

die sprachlich e<strong>in</strong>fühlsame Übersetzung hervorgehoben) immer noch ebenso wenig<br />

gegenstandslos wie der H<strong>in</strong>weis, „dass man den Soldaten bei der E<strong>in</strong>berufung die<br />

Preislisten der Heeresbordelle zusammen mit den Gottesdienstzeiten bekannt gibt“<br />

(S.35f.)...<br />

Das Kapitel über den gewaltfreien Kampf gehört sicher zu den zukunftsweisenden<br />

Äußerungen <strong>in</strong> diesem Band, deren Potenzial es noch auszuschöpfen gilt. Neben der<br />

Differenzierung gegenüber e<strong>in</strong>er Haltung der Widerstandslosigkeit oder dem passiven<br />

Widerstand wie auch e<strong>in</strong>er puren Gewaltlosigkeit besticht hier die deskriptive Def<strong>in</strong>ition<br />

des gewaltlosen Kampfes. Fundamental ist die Unterscheidung zwischen dem<br />

Verbrechen und dem Verbrecher, die eben nicht dem Irrtum erliegt, mit dem Angriff<br />

auf den Verbrecher als Person würde das Unrecht beseitigt: „Gewaltlosigkeit ist e<strong>in</strong>e<br />

Kampfesmethode, mit der man Unrecht, Invasion und Unterdrückung zu beenden<br />

versucht, ohne jedoch denen Böses zuzufügen, die sich zum Werkzeug dieser Übel<br />

gemacht haben“ (S.99). In Anlehnung an das h<strong>in</strong>duistische „ahimsa - nicht schaden“<br />

wird der Gegner als Mensch behandelt und an dessen Gewissen appelliert. Im Unterschied<br />

zum passiven Widerstand gehört zu e<strong>in</strong>er gewaltlosen Aktion die gezielte Nichtbefolgung<br />

der Gesetze des Gegners als ziviler Ungehorsam: Aus Selbstachtung werde<br />

ich mich eurem schlechten Gesetz nicht fügen. Der Gegner braucht ke<strong>in</strong>e Angst zu<br />

haben aber se<strong>in</strong> Verhalten wird mit großem Ernst <strong>in</strong> Frage gestellt durch e<strong>in</strong>en Ungehorsam,<br />

der gesund und heilsam ist: „Gewaltlosigkeit ist auf der horizontalen, zwischenmenschlichen<br />

Ebene die Awendung der Methode, mit der Gott <strong>in</strong> Jesus Christus<br />

die normale vertikale Beziehung zwischen sich selbst und den Menschen wieder hergestellt<br />

hat“ (S.103).<br />

Die konstant<strong>in</strong>ische Häresie dauert bis heute ungebrochen an. Im Gefängnis dieser<br />

Häresie waren zwangsläufig alle Missionsbemühungen aus westlich-weißer Perspektive<br />

kompromittiert, zumal wenn sie sich im Rahmen kolonialistischer Bestrebungen<br />

abspielten: „Solange e<strong>in</strong> Bündnis zwischen Säbel und Weihrauchkessel besteht... ist<br />

nicht nur die Achtung vor den Weißen bedroht, sondern auch die Wahrheit des Evangeliums<br />

der Liebe <strong>in</strong> Frage gestellt“ (S.112f.). Und auch alles angebliche Streben nach<br />

E<strong>in</strong>heit bekommt „e<strong>in</strong>en falschen Klang, solange die Christen der Ökumene nicht<br />

Kriegsdienstverweigerer geworden s<strong>in</strong>d“ (S.113).<br />

Was wir brauchen ist e<strong>in</strong>e neue Reformation - aber e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Tradition der Waldenser<br />

und Hussiten, nicht so sehr im S<strong>in</strong>ne Luthers und Calv<strong>in</strong>s, die „ihre Kirchen fest <strong>in</strong> der<br />

Zwangsjacke des konstant<strong>in</strong>ischen Denkens“ hielten (S.118): „Die zweite Reformation<br />

muss das Liebesgebot <strong>in</strong> den Mittelpunkt rücken (a.a.O.)... Es ist noch nicht zu spät,<br />

aber dr<strong>in</strong>gend“ (S.121).<br />

Den Herausgebern der Reihe FRIEDENSWISSENSCHAFT s<strong>in</strong>d Mut und Mittel zu<br />

wünschen für die Veröffentlichung weiterer solch wegweisender Arbeiten.<br />

Seite 6


BEITRÄGE<br />

Zum Begriff des Lebens<br />

Dr. Frank Vogelsang<br />

Wie verstehen wir das Leben? Für die Beantwortung dieser Frage ist e<strong>in</strong>e Wissenschaft<br />

besonders prädest<strong>in</strong>iert, die Biologie. Doch ist der Begriff des Lebens <strong>in</strong> der<br />

Biologie mit wissenschaftlichen Mitteln vollständig erfassbar? Ich möchte hier darauf<br />

h<strong>in</strong>weisen, dass e<strong>in</strong>e Ursache für diese anhaltenden Diskussionen um den Begriff<br />

des Lebens dar<strong>in</strong> zu suchen ist, dass se<strong>in</strong> Verständnis auf erkenntnisleitende Metaphern<br />

angewiesen bleibt. Diese Metaphern s<strong>in</strong>d nicht willkürlich, sondern ergeben sich<br />

aus der Erkenntnissituation. Das soll kurz am Beispiel der Evolutionstheorie deutlich<br />

gemacht werden. Denn e<strong>in</strong>e solche Metapher ist der Überlebenskampf (struggle for<br />

existence), <strong>in</strong> den alle Lebensformen e<strong>in</strong>gebunden s<strong>in</strong>d.<br />

Die moderne Biologie ist als empirische und analytische Wissenschaft auf die Auswertung<br />

von Erfahrungen angewiesen. Sie beschreibt Organismen, <strong>in</strong>dem sie die<br />

Funktionsabläufe von Teile<strong>in</strong>heiten untersucht. Die grundlegenden Prozesse s<strong>in</strong>d physikalisch-chemische<br />

Prozesse <strong>in</strong> den Zellen. In der Analyse dieser Vorgänge gibt es für<br />

die Molekularbiologie Übergänge zu den Nachbarwissenschaften Physik und Chemie.<br />

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Wissen gerade <strong>in</strong> diesem Bereich erheblich<br />

erweitert. Besonders schnell wächst das Wissen überall dort, wo moderne Analysetechniken<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden können, neben der Molekularbiologie auch <strong>in</strong> den Neurowissenschaften.<br />

Die Biologie als etablierte Wissenschaft beschreibt aber nicht nur identifizierbare Teilprozesse<br />

des Lebens (Zellbiologie, Molekularbiologie), sondern sie beschreibt zum<br />

Beispiel <strong>in</strong> der Botanik und <strong>in</strong> der Zoologie die Systematik der unterschiedlichen Arten<br />

und <strong>in</strong> der Evolutionstheorie, das Verhältnis, <strong>in</strong> welchen die Lebensformen zue<strong>in</strong>ander<br />

stehen und wie sie sich entwickelt haben. Damit erhebt letztere e<strong>in</strong>en umfassenden<br />

Deutungsanspruch der Lebensformen auf der Erde. Diese umfassende Bedeutung<br />

ist von e<strong>in</strong>em ihrer wichtigsten Forscher, Theodosius Dobzhansky, so zum Ausdruck<br />

gebracht worden: „Nichts <strong>in</strong> der Biologie hat e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, außer im Licht der Evolution.“<br />

Die umfassende Bedeutung der Evolutionstheorie spiegelt sich <strong>in</strong> der Vielzahl<br />

von wissenschaftlichen Diszipl<strong>in</strong>en, die von Beg<strong>in</strong>n an zu ihrer Entwicklung beitrugen.<br />

Deshalb muss die Evolutionstheorie als Theorie über die Entwicklung von Lebensformen<br />

sich auch zu der Vorstellung verhalten, die wir vom Leben haben. Es war gerade<br />

die epochale Erkenntnis Darw<strong>in</strong>s, dass durch die Annahme e<strong>in</strong>es Überlebenswillens<br />

und e<strong>in</strong>es Vermehrungs<strong>in</strong>teresses der Lebensformen bei vorausgesetzten knappen<br />

Seite 7


BEITRÄGE<br />

Ressourcen <strong>in</strong> der Umwelt und steter Variation <strong>in</strong> der Vererbung sich zwanglos e<strong>in</strong>e<br />

Erklärung für die Entstehung der kaum zu überschauenden Formenvielfalt von Lebewesen<br />

ergibt. Die Lebensformen s<strong>in</strong>d nicht e<strong>in</strong>fach komplexe und kausal determ<strong>in</strong>ierte<br />

Materiehaufen, die durch zufällige äußere Bed<strong>in</strong>gungen an e<strong>in</strong>er bestimmten<br />

Stelle zu liegen kommen. Ihnen wird zum<strong>in</strong>dest hypothetisch das Bestreben, überleben<br />

zu wollen, zugesprochen. Sie s<strong>in</strong>d Akteure und nicht nur der Ort der Konzentration<br />

kausaler Prozesse. Dies unterscheidet Lebewesen von Feuerflammen oder Wasserwirbeln.<br />

Wenn man nun die Lebewesen als komplexe biochemische Systeme beschreibt, dann<br />

bleibt unklar, wieso sie überhaupt auf etwas aus s<strong>in</strong>d, was überhaupt das Interesse ist,<br />

welches sie antreibt, sei es e<strong>in</strong>e Maximierung des Nachwuchses, sei es das Überleben im<br />

Kampf um knappe Ressourcen. Der „Wille“ (das Streben, das Interesse, der Drang),<br />

der hier angenommen wird, ist ja nicht e<strong>in</strong>er analytischen Beobachtung zugänglich.<br />

Denn was kann man aus der analytischen Beobachtung ableiten? Beobachten kann<br />

man das Verhalten von Lebewesen und man kann weiterh<strong>in</strong> die Größen bestimmen,<br />

die e<strong>in</strong> Verhalten determ<strong>in</strong>ieren. E<strong>in</strong> Löwe, der bei Trockenheit nach Wasser sucht,<br />

tut dies nur, weil bestimmte Signalstoffe <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Körper die Suche anstoßen. Der<br />

Löwe <strong>in</strong> der Beschreibung der analytischen Beobachtung, die alle<strong>in</strong> auf die Funktion<br />

der Teilprozesse se<strong>in</strong>es Körpers achtet, „will“ eigentlich gar nichts. Nach den Größen,<br />

die man beobachten kann, ist er ähnlich determ<strong>in</strong>iert wie e<strong>in</strong>e Uhr, die an der Wand<br />

hängt, wenn auch durch die vielfach rückgekoppelten Systeme und Interaktionen mit<br />

der Umwelt wesentlich komplexer und unberechenbarer. Wenn man aber die Tierwelt<br />

so beschreibt, dann ist sie lediglich e<strong>in</strong> unendlich komplexer physikalisch-chemischer<br />

Prozess. Dann kann man aber der E<strong>in</strong>heit „Löwe“ auch nicht mehr den Drang zusprechen,<br />

dass sie sich selbst erhalten will. Man kann höchstens beschreiben, dass sie sich<br />

de facto stabilisiert, also „am Leben erhält“. Aber niemand nimmt <strong>in</strong> dieser Perspektive<br />

an e<strong>in</strong>em Überlebenskampf teil.<br />

Die zum<strong>in</strong>dest hypothetische Annahme des Willens zu überleben ist also für die Evolutionstheorie<br />

von großer hermeneutischer Bedeutung. Sie führt mit der gleichzeitigen<br />

Erkenntnis e<strong>in</strong>es notorisch knappen Angebots der Umwelt zu dem zentralen Theorieelement<br />

Darw<strong>in</strong>s, zu der natürlichen Selektion. Die Evolutionstheorie nimmt aber<br />

dabei zusätzlich zu den analytischen Untersuchungen e<strong>in</strong>e weitere Erkenntnisquelle<br />

auf: Wir, die wir über die Entwicklung von Leben nachdenken, haben selbst am Leben<br />

Anteil. So speist sich der Erklärungswert des Willens zu überleben nicht aus analytisch-<br />

empirischen Befunden, sondern auch aus unserer Beteiligtenperspektive. Ist die Tatsache,<br />

dass derjenige, der über das Leben nachdenkt, selbst am Leben teilhat, e<strong>in</strong>e<br />

zufällige Konstellation? Ne<strong>in</strong>, denn Denkprozesse basieren auf Lebensprozessen.<br />

Wer auch immer die Wissenschaft Biologie betreibt, muss notwendigerweise selbst<br />

Seite 8


BEITRÄGE<br />

leben und dieses Leben ist Voraussetzung se<strong>in</strong>es Denkens und somit auch Voraussetzung<br />

jeder biologischen Theorie, die sie ihrerseits methodisch nicht mehr vollständig<br />

beschreiben kann.<br />

Was bedeutet aber nun diese unausweichliche Beteiligung am Leben derer, die über<br />

das Leben nachdenken? Wir s<strong>in</strong>d als Beteiligte <strong>in</strong> der Lage, das Leben aus verschiedenen<br />

Perspektiven zu betrachten. Dies führt zu ke<strong>in</strong>er Lösung der Def<strong>in</strong>itionsfrage<br />

des Lebens, reichert aber e<strong>in</strong>en methodisch reduzierten Begriff des Lebens <strong>in</strong> der<br />

Biologie an. Die natürliche Ordnung, die die Evolutionstheorie so gut erklären kann,<br />

basiert auf der Annahme des Überlebenskampfes (struggle for existence). Dann kann<br />

man nämlich zeigen, dass die hypothetische Annahme e<strong>in</strong>es „Willens“ oder „Strebens“<br />

wohlbegründet ist. Jedoch muss man dazu den Blick von der empirischen und objektiven<br />

Analyse weiten und andere Perspektiven berücksichtigen, nämlich unsere eigene<br />

Beteiligung.<br />

Leben als Schöpfung - Theologische Zugänge<br />

Prof. Dr. Michael Roth<br />

Mir wurde die Aufgabe gestellt, unter dem Titel „Leben als Schöpfung“ theologische<br />

Zugänge zu dem Thema „Leben“ vorzustellen. Was aber kann der Theologe unter dem<br />

Stichwort „Schöpfung“ zu der Frage des Lebens beitragen? Me<strong>in</strong>e Antwort lautet: Der<br />

Theologe verantwortet den Glauben. Der Glaube ist e<strong>in</strong>e bestimmte Art, se<strong>in</strong> Leben<br />

zu leben, e<strong>in</strong>en bestimmten Lebensvollzug. Über diesen Lebensvollzug gibt der den<br />

Glauben verantwortende Theologe unter anderem Auskunft, <strong>in</strong>dem er zu erläutern versucht,<br />

was Glaubende damit ausdrücken, wenn sie von der Welt als Gottes Schöpfung<br />

sprechen. Um dies zu tun, werde ich im Folgenden <strong>in</strong> drei Schritten vorgehen: Im<br />

ersten Schritt werde ich mich dem Phänomen „Glauben“ und der Sprache des Glaubens<br />

widmen, um dann im zweiten Schritt den Fokus auf den Schöpfungsglauben zu<br />

legen. In e<strong>in</strong>em dritten Teil möchte ich das Wesentliche dieses Schöpfungsglaubens<br />

näher <strong>in</strong> den Blick nehmen.<br />

1. Glaube und Glaubenssätze<br />

Bevor ich mich der Rede von dem Glauben an die Welt als Schöpfung Gottes zuwende,<br />

möchte ich zunächst ganz allgeme<strong>in</strong> nach dem Wort „Glauben“ fragen. Die reformatorische<br />

Tradition versteht unter Glauben <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie „Vertrauen“ (fiduzia). Dies<br />

Seite 9


BEITRÄGE<br />

zeigt bereits die Synonymisierung von „Glaube“ und „Vertrauen“ im Großen Katechismus<br />

und von „fiduzia“ im late<strong>in</strong>ischen Text der Confessio Augustana und „Glaube“ im<br />

deutschen Text. So bezeichnet Luther im Großen Katechismus den Glauben als e<strong>in</strong>e<br />

„Zuversicht des Herzens“ 1 , die sich auf Christus richtet. Wenn Luther formuliert: „Der<br />

glawb hanget alleyn dem wort blos und lautter an, wendet die augen nicht darvon, sihet<br />

keyn ander d<strong>in</strong>g an“ 2 , dann ist deutlich, dass Glaube als e<strong>in</strong> Lebensvollzug verstanden<br />

wird, als e<strong>in</strong>e das Leben - <strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Dimensionen - bestimmende Bewegung des<br />

ganzen Menschen. Unüberbietbar deutlich wird dies <strong>in</strong> Luthers Auslegung des Ersten<br />

Gebots im Großen Katechismus: „Also daß e<strong>in</strong> Gott haben nichts anders ist, denn ihn<br />

vom Herzen trauen und gläuben, wie ich oft gesagt habe, daß alle<strong>in</strong>e das Trauen und<br />

Gläuben des Herzens machet beide Gott und Abgott. Ist der Glaube und Vertrauen<br />

recht, so ist auch De<strong>in</strong> Gott recht, und wiederümb, wo das Vertrauen falsch und unrecht<br />

ist, da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwei gehören zuhaufe [geme<strong>in</strong>t: zusammen],<br />

Glaube und Gott. Worauf du nu (sage ich) De<strong>in</strong> Herz hängest und verlässest,<br />

das ist eigentlich De<strong>in</strong> Gott“ 3 . So versteht Luther den Glauben als Erfüllung des Ersten<br />

Gebotes; denn er ist das Vertrauen auf Gottes Zusage „Ich b<strong>in</strong> der Herr, de<strong>in</strong> Gott!“.<br />

Im Großen Katechismus legt Luther diese Zusage so aus: „ICH, ich will dir gnug geben<br />

und aus aller Not helfen, laß nur De<strong>in</strong> Herz an ke<strong>in</strong>em andern hangen noch rugen<br />

[geme<strong>in</strong>t: ruhen]“ 4 . Die angemessene Antwort auf e<strong>in</strong>e solche Zusage ist nicht, sie<br />

zu „wissen“, sie „anzuerkennen“ oder „für wahr zu halten“, sondern im Modus des<br />

Vertrauens im eigenen Leben wirksam werden zu lassen. Christen s<strong>in</strong>d nicht dadurch<br />

ausgezeichnet, dass sie Aussagesätze für wahr halten, die andere bestreiten, sondern<br />

dadurch, dass sie an e<strong>in</strong>em bestimmten Lebensvollzug teilnehmen, der ihr ganzes Leben<br />

orientiert.<br />

Der als „Glaube“ bezeichnete Lebensvollzug wird <strong>in</strong> den verschiedenen Dimensionen<br />

menschlichen Lebens, dem Fühlen und Erleben, dem Wollen und Handeln und dem<br />

Denken und Reflektieren aktuell. Als über sich selbst nachdenkender und sprechender<br />

Mensch br<strong>in</strong>gt der Mensch se<strong>in</strong>en Lebensvollzug auch <strong>in</strong> Gesagtem und Gedachtem<br />

zum Ausdruck und kommt damit zu konstatierender Sprache („ich glaube, dass“). Insofern<br />

hat dann e<strong>in</strong> religiöser Satz wie „Die Welt verdankt sich dem schöpferischen<br />

Wirken Gottes“ die gleiche syntaktische Struktur wie die Äußerung „Der Tisch ist zwei<br />

Meter lang“. Allerd<strong>in</strong>gs darf diese gleiche Struktur nicht verdecken, dass dieser Satz<br />

anders „funktioniert“, er kann nicht im S<strong>in</strong>ne von Behauptungen über „Tatsachen“ aufgefasst<br />

werden. Denn dieser Satz der christlich-religiösen Rede gibt ke<strong>in</strong>em empirischen<br />

Wissen Ausdruck, sondern ist als Versprachlichung e<strong>in</strong>es Lebensvollzuges zu verstehen.<br />

Mit anderen Worten: Diese christlich-religiösen Sätze werden nur dann angemessen verstanden,<br />

wenn man die Fundamentalebene bedenkt, deren Versprachlichung sie s<strong>in</strong>d.<br />

Weil „Inhalte“ des Glaubens Versprachlichung des christlichen Lebensvollzugs s<strong>in</strong>d,<br />

würde der Glaube „sich und se<strong>in</strong>e Inhalte missversteh[en], sobald er der Me<strong>in</strong>ung ist,<br />

se<strong>in</strong> Reden sei re<strong>in</strong> gegenständliches Reden ‚über‘ die Inhalte, sei also von der Rede über<br />

Seite 10


BEITRÄGE<br />

sich selbst zu isolieren“ 5 . Die konstatierenden Sätze, <strong>in</strong> denen sich der Glaube artikuliert,<br />

haben nicht die Aufgabe, die Welt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten H<strong>in</strong>sicht zu charakterisieren,<br />

sondern <strong>in</strong> diesen Sätzen lokalisieren wir uns <strong>in</strong> der Welt, sie haben daher ke<strong>in</strong>e<br />

semantisch-deskriptive, sondern e<strong>in</strong>e pragmatisch-performative Funktion. Folglich s<strong>in</strong>d<br />

gegenständliche Aussagen des Glaubens erst dann angemessen verstanden, wenn man<br />

klärt, was mit diesen Inhalten über die Art und Weise gesagt ist, <strong>in</strong> der e<strong>in</strong> Mensch se<strong>in</strong><br />

Leben führt.<br />

2. Leben als Schöpfung<br />

Das über den Glauben Gesagte gilt auch für den Glauben an die Welt als Gottes<br />

Schöpfung zu beachten, um ihn nicht als e<strong>in</strong>e bestimmte kosmologische Auffassung<br />

über die Entstehung bzw. den Uranfang der Welt misszuverstehen oder ihn gar mit<br />

fragwürdigen, das erwachsende Denken beleidigenden Theorien wie Intelligent-Design<br />

oder dem Kreationismus zu verwechseln. Wenn der Glaube von der Schöpfung spricht,<br />

dann macht er damit ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> gegenständliche Rede über die Welt (weder über die<br />

Strukturen der Erfahrungswelt noch über die Ursache dieser Strukturen), die er von der<br />

Rede über sich selbst isolieren könnte. In der Prädikation der Welt als Schöpfung br<strong>in</strong>gt<br />

der Sprecher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Weise zum Ausdruck, wie er se<strong>in</strong> Leben führt, nicht<br />

welche These für die Entstehung der Welt er für wahr hält.<br />

Bereits die Po<strong>in</strong>te der priesterschriftlichen Schöpfungserzählung (Gen 1,1-2,4a) liegt<br />

nicht dar<strong>in</strong>, dass sich die Welt Gott verdankt. Mit e<strong>in</strong>er solchen „Information“ hätte<br />

der priesterschriftliche Erzähler wohl kaum irgende<strong>in</strong> Interesse beanspruchen können;<br />

denn das Erschaffense<strong>in</strong> von Welt und Mensch ist e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Voraussetzung der<br />

gesamten altorientalischen Welt. Die Po<strong>in</strong>te kommt vielmehr erst dann <strong>in</strong> den Blick,<br />

wenn man fragt, wie <strong>in</strong> der priesterschriftlichen Erzählung von der Welt als Schöpfung<br />

gesprochen wird. Wenn wir uns mit dieser Frage dem Text nähern, fällt zunächst die<br />

besondere Stellung des Menschen auf, die <strong>in</strong> der Erzählung auf unterschiedliche Weise<br />

betont wird. Die Welt ersche<strong>in</strong>t als der von Gott dem Menschen zugesagte Lebensraum.<br />

Aus dem Tohuwabohu (Gen 1, 2), das den Zustand vor dem schöpferischen<br />

Wirken Gottes beschreibt, ordnet Gott den Lebensraum des Menschen. Gott erstellt<br />

dem Menschen e<strong>in</strong> „Lebenshaus“ 6 . Die Welt ist dem Menschen zum Leben zugesagt<br />

(Gen 1, 28; 9, 1.7). Nach der Flut wird von der Priesterschrift die Schöpfungszusage<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Bund umgewandelt - e<strong>in</strong>e unverbrüchliche, vom menschlichen Fehlverhalten<br />

unabhängige Verheißung (vgl. auch Jes 54, 9f). Lässt bereits Gen 1,1 - 2, 4a dem Wortbericht<br />

e<strong>in</strong>en Tatbericht folgen, der auf Gottes kont<strong>in</strong>uierliche Schöpferkraft verweist,<br />

so sehen <strong>in</strong> besonderer Weise die so genannten Schöpfungspsalmen (Ps 8; 19A; 104)<br />

mehr auf e<strong>in</strong>e stets erneuerte und sich erneuernde als auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

erfolgte Handlung. Die Schöpfungspsalmen br<strong>in</strong>gen daher zur Geltung, dass die Rede<br />

von Gott dem Schöpfer ke<strong>in</strong>e Rede über e<strong>in</strong>en Uranfang der Welt ist, sondern Gegen-<br />

Seite 11


BEITRÄGE<br />

wartserfahrungen zum Thema macht: Die Welt wird als von Gott dem Menschen zum<br />

Leben zugesagt erfahren. Der Glaube an den Schöpfer wird damit zu e<strong>in</strong>em Vertrauen<br />

<strong>in</strong> die Weltgegenwart des Schöpfers, der <strong>in</strong> der Not zu helfen vermag (Ps 121,1f) und<br />

damit zu e<strong>in</strong>em Vertrauen auf das Dase<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> dem Menschen zugesagtes „Lebenshaus“.<br />

Diese Po<strong>in</strong>te des im Alten Testaments bekundeten Schöpfungsglaubens ist vor allem <strong>in</strong><br />

Luthers Auslegung des 1. Artikels des Glaubensbekenntnisses im Kle<strong>in</strong>en Katechismus<br />

aufgenommen und vertieft:<br />

„Der erste Artikel von der Schepfung.<br />

Ich gläube an Gott, den Vater allmächtigen, Schepfer Himmels und der Erden.<br />

Was ist das? Antwort.<br />

Ich gläube, daß mich Gott geschaffen hat sampt allen Kreaturn, mit Leib und Seel,<br />

Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle S<strong>in</strong>ne gegeben hat und noch erhält,<br />

dazu Kleider und Schuh, Essen und Tr<strong>in</strong>ken, Haus und Hofe, Weib und K<strong>in</strong>d, Acker,<br />

Viehe und alle Güter, mit aller Notdurft [geme<strong>in</strong>t: notwendigen Bedarf] und Nahrung<br />

dies Leibs und Lebens reichlich und täglich versorget, wider aller Fährlichkeit beschirmet<br />

und für allem Ubel behüt und bewahret, und das alles aus lauter väterlicher,<br />

göttlicher Güte und Barmherzigkeit ohn alle me<strong>in</strong> Verdienst und Wirdigkeit, des alles<br />

ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu se<strong>in</strong> schüldig<br />

b<strong>in</strong>; das ist gewißlich wahr“ 7 .<br />

Sehen wir den Text genauer an, so fällt zunächst auf, dass Luther die Gegenwart des<br />

Schöpfers und die Gegenwärtigkeit se<strong>in</strong>es Handelns hervorhebt. Nach dem E<strong>in</strong>satz mit<br />

dem Perfekt (‚geschaffen hat‘) wird nur noch das Präsens gebraucht: „erhält“, „versorget“,<br />

„beschirmt“, „behütet und bewahrt“. Der Wechsel des Tempus im Gefälle zum<br />

Präsens h<strong>in</strong> ist überaus aufschlussreich für Luthers Glauben an Gott den Schöpfer. Für<br />

Luther ist entscheidend, dass der Schöpfer se<strong>in</strong>e Schöpfung „noch erhält“ und „täglich“<br />

für sie „sorgt“. Gott der Schöpfer ist unentr<strong>in</strong>nbar gegenwärtig.<br />

Die Betonung der Gegenwart des Schöpfers und der Gegenwärtigkeit se<strong>in</strong>es Handelns<br />

steht <strong>in</strong> engem Zusammenhang zu e<strong>in</strong>er zweiten Auffälligkeit: Der <strong>in</strong> dieser Auslegung<br />

des Apostolischen Glaubensbekenntnisses Redende isoliert sich nicht, <strong>in</strong>dem er distanziert<br />

über „etwas“ redet, sondern er macht sich selbst zum Thema: „Ich gläube, daß<br />

mich Gott geschaffen“, „mir Leib und Seel,…“, „ohn alle me<strong>in</strong> Verdienst und Wirdigkeit“,<br />

„des alles ich ihm zu danken …“. Man würde Luthers Auslegung verkürzen,<br />

wenn man hier Aussagen über die Welt gemacht sieht, von denen derjenige, der das<br />

Bekenntnis spricht, bekundet, dass er sie für wahr hält. Vielmehr br<strong>in</strong>gt sich hier e<strong>in</strong><br />

Lebensvollzug zur Sprache, der die wahrgenommene Welt auf sich bezieht, um sich<br />

<strong>in</strong> ihr zu f<strong>in</strong>den. Die gesamten Lebensbereiche des Menschen, se<strong>in</strong>e ihn konstituierenden<br />

Sphären des Handelns, werden als Gaben der Schöpfung verstanden. Dies wird<br />

Seite 12


BERICHTE<br />

auch deutlich an der - an die Listensprache der alttestamentlichen Weisheit er<strong>in</strong>nernden<br />

- Aufzählung der e<strong>in</strong>zelnen Schöpfungsgaben deutlich, die das eigene Weiterdenken<br />

eröffnen. Der <strong>in</strong> das Bekenntnis e<strong>in</strong>stimmende Mensch ist e<strong>in</strong>geladen, sich <strong>in</strong> der wahrgenommenen<br />

Welt - je auf se<strong>in</strong>e Weise, <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>es konkreten Ortes - zur Sprache<br />

zu br<strong>in</strong>gen.<br />

E<strong>in</strong>e dritte Auffälligkeit will bedacht werden: die Formulierung „ohn alle me<strong>in</strong> Verdienst<br />

und Wirdigkeit“. Diese Formulierung überrascht im Kontext der Rede von der<br />

Welt als Schöpfung, sie hat ihren Ort <strong>in</strong> der Rechtfertigungslehre, <strong>in</strong> der die Annahme<br />

des Menschen ohne se<strong>in</strong>e eigene Leistungen, Fähigkeiten und Qualitäten thematisiert<br />

wird. Me<strong>in</strong>e Herkunft und die Gewährung der Gegenwart ist ungeschuldet. Auch die<br />

Gabe der Schöpfung ist nach Luther alle<strong>in</strong>e Gottes Werk, <strong>in</strong>sofern auch die Gewährung<br />

von Leben von menschlichem Verhalten unabhängig gemacht wird.<br />

3. Lustvolle H<strong>in</strong>wendung zum Leben<br />

An die Schöpfung zu glauben, bedeutet, auf die Welt als mir zugesagtem Lebensraum<br />

zu vertrauen und die Gegenwart als für mich gegeben wahrzunehmen. Der <strong>in</strong> dieser<br />

Weise von der Schöpfung sprechende Mensch versteht sich eben nicht (bloß) als Element<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es (von Gott <strong>in</strong> Gang gesetzten) Naturzusammenhanges, sondern<br />

begreift die Welt als ihm persönlich zugesagt und daher die Gegenwart als den ihm<br />

von Gott eröffneten Möglichkeitsraum des Handelns. Mit dem Glauben an die Welt als<br />

Schöpfung Gottes ist daher e<strong>in</strong>er bestimmten Form der Wahrnehmung der Gegenwart<br />

Ausdruck gegeben. „Das Wahrnehmen des Gewährten im Nehmen, Essen und Leben<br />

- das ist Glaube“ 8 .<br />

Wie ist nun die Form der Wahrnehmung der Gegenwart genauer zu verstehen? Ich<br />

versuche e<strong>in</strong>e Antwort zu geben, <strong>in</strong>dem ich auf Kohelet blicke. Dieser steht am Ende<br />

der weisheitlichen Tradition, die versucht, der Wirklichkeit durch das Beobachten von<br />

Lebensvorgängen Regeln, Strukturen und Ordnung abzulauschen. Kohelet ist weisheitlichem<br />

Denken <strong>in</strong>sofern verpflichtet, als auch er Lebenserfahrungen reflektiert und<br />

nach e<strong>in</strong>er Erkenntnis der Ordnung des Lebensganzen fragt. Allerd<strong>in</strong>gs widerspricht<br />

Kohelet der Weisheit entschieden, da er zu der E<strong>in</strong>sicht gelangt, dass es selbst für e<strong>in</strong>en<br />

Weisen auf die Frage nach e<strong>in</strong>er Ordnung des Lebensganzen ke<strong>in</strong>e überzeugende Antwort<br />

gibt (vgl. Koh 8, 16 f). Der Weise hat letztlich ke<strong>in</strong>en „Vorzug“ (vgl. Koh 6,8), sondern<br />

stirbt wie der Tor. Es gibt Fromme, denen es wie den Gottlosen ergeht, Gottlose,<br />

denen es wie den Frommen ergeht; der Tun-Ergehen-Zusammenhang vermag nach<br />

Kohelet das Leben nicht zu erklären (vgl. Koh 9, 11; vgl. auch 8, 14; 7, 15). Dass es<br />

e<strong>in</strong>e Antwort auf die Frage nach e<strong>in</strong>er Ordnung des Lebensganzen nicht gibt, verbittert<br />

Kohelet zutiefst: „Da dachte ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Herzen: Wenn es denn mir geht wie<br />

dem Toren, warum habe ich dann nach Weisheit getrachtet? Da sprach ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Herzen: Auch das ist eitel. Denn man gedenkt des Weisen nicht für immer, ebensowenig<br />

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BERICHTE<br />

wie des Toren, und <strong>in</strong> künftigen Tagen ist alles vergessen. Wie stirbt doch der Weise<br />

samt dem Toren. Darum verdroß es mich zu leben, denn es war mir zuwider, was unter<br />

der Sonne geschieht, daß alles eitel ist und Haschen nach W<strong>in</strong>d“ (Koh, 2, 15 ff).<br />

Nach Kohelet ist es nicht möglich, die Strukturen der Erfahrungswelt zu durchschauen.<br />

Und daher können wir unser Leben auch nicht absichern, <strong>in</strong>dem wir im Durchschauen<br />

der Zusammenhänge des Ganzen und unseres eigenen Teilse<strong>in</strong>s die angemessene Rolle<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Erfahrungswelt e<strong>in</strong>nehmen. Jeder Versuch e<strong>in</strong>er (selbstmächtigen) Kontrolle<br />

ist bei Kohelet abgewiesen; denn jeder Versuch, den e<strong>in</strong>zelnen Widerfahrnissen im<br />

Leben e<strong>in</strong>en übergeordneten S<strong>in</strong>n abzugew<strong>in</strong>nen, ersche<strong>in</strong>t ihm als unmöglich: „Programme“<br />

zur Sicherung des Lebens werden abgewiesen (vgl. Koh 9, 11). So kommt<br />

Kohelet zu der programmatischen Aussage, die den Anfang und das Ende des Buches<br />

zusammenhält: „Es ist alles eitel“ (Koh 1,2; 12,8).<br />

Nun darf allerd<strong>in</strong>gs die Aussage, dass alles eitel ist, nicht falsch verstanden werden.<br />

Falsch verstanden würde sie, wenn man denkt, die Abweisung e<strong>in</strong>es erkennbaren S<strong>in</strong>nes<br />

im Leben führe Kohelet dazu, das Leben zu verachten oder ger<strong>in</strong>g zu schätzen. Mit<br />

der Aussage „Alles ist eitel!“ trifft Kohelet vielmehr das Unendlichkeitsgelüste des Menschen,<br />

se<strong>in</strong>e Begierde, das Endliche unendlich zu sichern und festzuhalten oder <strong>in</strong><br />

unendlichem Fortschritt vollkommen zu machen. Die Skepsis des Kohelet sorgt für<br />

die Ausnüchterung solcher Totalansprüche, und gerade diese Ausnüchterung sche<strong>in</strong>t<br />

nüchtern zu machen für die Gegenwart. Kohelets Skepsis führt so zu e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>wendung<br />

zur Gegenwart: „Es ist eitel, was auf Erden geschieht: es gibt Gerechte, denen<br />

geht es, als hätten sie Werke der Gottlosen getan, und es gibt Gottlose, denen geht es,<br />

als hätten sie Werke der Gerechten getan. Ich sprach: Das ist auch eitel. Darum pries<br />

ich die Freude, daß der Mensch nichts Besseres hat unter der Sonne, als zu essen und<br />

zu tr<strong>in</strong>ken und fröhlich zu se<strong>in</strong>. Das bleibt ihm bei se<strong>in</strong>en Mühen se<strong>in</strong> Leben lang, das<br />

Gott ihm gibt unter der Sonne“ (Koh 8, 14). Die Skepsis gegenüber jeder Möglichkeit,<br />

das Leben abzusichern und gegenüber jedem Versuch, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ordo der Güter alles auf<br />

e<strong>in</strong> Höheres h<strong>in</strong> zu bestimmen und e<strong>in</strong>em übergeordneten Zweck dienstbar zu machen,<br />

sche<strong>in</strong>t dazu zu befähigen, die Güter des Lebens <strong>in</strong> ihrer Eigentlichkeit wahrzunehmen.<br />

Wer nicht alles „auffs ku(e)nfftig [...] meystern und regiren“ will, „der lesst begnu(e)gen<br />

an dem das fur handen gegenwertig ist“ 9 , der wird für die Gegenwart aufgeschlossen.<br />

Wenn dieses Diktum Luthers an dieser Stelle zitiert wird, hat dies se<strong>in</strong>en guten Grund;<br />

denn Luther hat es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Auslegung von Kohelet formuliert. Es verdeutlicht, dass<br />

der Skepsis Kohelets der Rat folgt, sich dem h<strong>in</strong>zugeben, was uns gegenwärtig <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Anmutungsqualität ergreift: „So geh h<strong>in</strong> und iß de<strong>in</strong> Brot mit Freuden, tr<strong>in</strong>k de<strong>in</strong>en<br />

We<strong>in</strong> mit gutem Mut; denn dies de<strong>in</strong> Tun hat Gott schon längst gefallen. Laß de<strong>in</strong>e<br />

Kleider immer weiß se<strong>in</strong> und laß de<strong>in</strong>em Haupte Salbe nicht mangeln. Genieße das<br />

Leben mit de<strong>in</strong>em Weibe, das du liebhast, solange du das eitle Leben hast, das dir Gott<br />

unter der Sonne gegeben hat; denn das ist de<strong>in</strong> Teil am Leben und bei de<strong>in</strong>er Mühe, mit<br />

der du dich mühst unter der Sonne“ (Koh 9, 7 ff).<br />

Seite 14


BERICHTE<br />

Die D<strong>in</strong>ge des Dase<strong>in</strong>s um ihrer selbst willen zu begehren und zu genießen, ist aus dem<br />

Grund für Kohelet ke<strong>in</strong>e Konkurrenz zu Gott oder ke<strong>in</strong>e Absage an Gott, weil Gott<br />

die D<strong>in</strong>ge des Dase<strong>in</strong>s genau zu diesem „Zweck“ bestimmt hat. So darf nach Kohelet<br />

die Intention, We<strong>in</strong> zu tr<strong>in</strong>ken, das Brot zu genießen, se<strong>in</strong>e Kleider weiß se<strong>in</strong> zu<br />

lassen und das Haupt mit Salbe zu versehen, <strong>in</strong> diesen Handlungen selbst liegen, sie<br />

müssen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en ordo der Zwecke e<strong>in</strong>geordnet werden, die sie e<strong>in</strong>er außerhalb liegenden<br />

Intention dienstbar macht. Es geht nicht darum, das Endliche <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>em<br />

Unendlichkeitsgelüste dem Unendlichen dienstbar zu machen, sondern im Endlichen<br />

wird das Unendliche genossen, weil sich das Unendliche im Endlichen gibt: Nimm h<strong>in</strong><br />

und iss! Die Ehre des Unendlichen f<strong>in</strong>det nicht anders statt als so, dass das Endliche<br />

als Endliches und um se<strong>in</strong>er selbst willen genossen wird. Gerade daher überrascht es<br />

nicht, dass Luther auf diese Stelle bei Kohelet positiv Bezug nimmt. „Darum“ - so<br />

gibt Luther <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Vorrede auf den Prediger Salomo wieder - „mustu nicht dis buch<br />

also verstehen, alls schellte es die creaturn Gottes, wenn es spricht, es sey alles eyttel<br />

und iamer etc. Denn Gottes creaturn s<strong>in</strong>d alle gut, Gene 1. und 2. Timo 4. Auch leret<br />

es selbst, das eyner soll guten mut haben mit seym weybe, und des lebens brauchen<br />

etc.“ 10 . Für Luther ist diese Stelle bedeutsam, weil sie auch vor der Ger<strong>in</strong>gschätzung<br />

der Gegenwart und ihrer Möglichkeiten warnt. Entscheidend ist für ihn das Vertrauen<br />

darauf, dass die Welt von Gott zum Leben zugesagt ist. So <strong>in</strong>terpretiert er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Schrift „Von den guten Werken“: „Das kleid alletzeit weisz se<strong>in</strong>, das ist: alle unsere werg<br />

gut se<strong>in</strong>, wie sie mugen genandt werden, on alle unterscheit. Dan se<strong>in</strong> sie aber weisz, ich<br />

gewizs b<strong>in</strong> und gleub, sie gefallen got“ 11 . Das Vertrauen auf Gottes Zusage lässt uns die<br />

D<strong>in</strong>ge um ihrer selbst willen annehmen. Er provoziert daher auch nicht die Frage, ob<br />

dieses oder jenes zu ger<strong>in</strong>g ist, wir nicht Größeres verwirklichen sollten. Dem Glauben<br />

- so Luther - „ist ke<strong>in</strong> unterscheidt <strong>in</strong> wercken. Thut das grosz, lang, vile szo gerne, als<br />

das kle<strong>in</strong>, kurtz, wenige“ 12 .<br />

Besonders e<strong>in</strong>drucksvoll kommt Luthers Auffassung des Vertrauens als Ermöglichung<br />

zur H<strong>in</strong>wendung zur Welt zum Ausdruck, wenn er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift „Vom ehelichen<br />

Leben“ davon spricht, dass Gott lacht, wenn der Mann (!) für se<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d die W<strong>in</strong>deln<br />

wäscht und dieser Tätigkeit ganz h<strong>in</strong>gegeben ist 13 . E<strong>in</strong> unglaubliches Bild! Gott schaut<br />

auf den Mann, der auf Grund se<strong>in</strong>er Liebe zu se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern die W<strong>in</strong>deln wäscht,<br />

und lacht! Hier ist ke<strong>in</strong> Gott, der neidisch auf den Menschen, der ganz bei der Sache<br />

ist, blickt und sich <strong>in</strong> dieser selbstvergessenen Aktivität des Menschen um se<strong>in</strong>e Ehre<br />

gebracht sieht, weil der Mensch nicht ganz bei Gott ist. Im Gegenteil: Gott lacht, wenn<br />

der Mensch ganz dem Dase<strong>in</strong> h<strong>in</strong>gegeben ist, ganz hier aufgeht. Gott lacht, wenn der<br />

Mann ganz dem Wohl und der Freude an se<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern h<strong>in</strong>gegeben ist und ihnen<br />

sogar die W<strong>in</strong>deln wäscht. Gott lacht, wenn der Mensch die K<strong>in</strong>der um ihrer selbst<br />

willen liebt, er bedarf es nicht, dass sich der Mensch verlogen e<strong>in</strong>redet, diese im Blick<br />

auf e<strong>in</strong> höchstes Gutes zu lieben, dass er se<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der bloß „gebraucht“ für die fruitio<br />

dei. Gott gibt sich selbst <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>dern und daher fragt er sich bei se<strong>in</strong>em Blick auf den<br />

Seite 15


BERICHTE<br />

ganz der Sache h<strong>in</strong>gegebenen Mann nicht: „Wo komme ich hier eigentlich vor?“ Jede<br />

heidnische Angst, die den Neid und die Eifersucht der Götter fürchtet ist fehl am Platz.<br />

Gott sieht, dass im Ja zu dem K<strong>in</strong>d, dem sich der Mensch h<strong>in</strong>gibt, das Ja der Wirklichkeit<br />

<strong>in</strong>sgesamt erlebt wird, das <strong>in</strong>, mit und unter den D<strong>in</strong>gen des Dase<strong>in</strong>s gegeben ist.<br />

Ich fasse zusammen: Der Glaube und der den Glauben verantwortende Theologe br<strong>in</strong>gen<br />

ke<strong>in</strong>e solchen „Tatsachen“ über das Leben ans Licht, die <strong>in</strong> Konkurrenz oder auch<br />

nur auf der Ebene von Tatsachenbehauptungen anderer Wissenschaften liegen. Der<br />

Glaube ist auch ke<strong>in</strong>e esoterische Erkenntnis, sondern e<strong>in</strong> bestimmter Lebensvollzug.<br />

Glaube heißt nicht, „etwas“ über das Leben zu „wissen“, sondern auf e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Art am Leben teilzunehmen, nämlich im Vertrauen auf die <strong>in</strong>, mit und unter den<br />

D<strong>in</strong>gen des Dase<strong>in</strong>s gegebene Zusage „Für dich gegeben!“ Die Welt als Schöpfung zu<br />

preisen, heißt, dieser Zusage zu vertrauen und im Vertrauen auf diese Zusage befähigt<br />

zu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der Gegenwart zu leben und damit die Gegenwart und ihre Möglichkeiten<br />

entdecken zu können. Die Welt wird <strong>in</strong> ihrem Reichtum sichtbar.<br />

1 Mart<strong>in</strong> Luther, Der große Katechismus, <strong>in</strong>: Die Bekenntnisschriften der evangelischlutherischen<br />

Kirche. Hg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Gött<strong>in</strong>gen<br />

1986, S. 560.<br />

2 Mart<strong>in</strong> Luther, Predigten des Jahres 1522, <strong>in</strong>: D. Mart<strong>in</strong> Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe<br />

Bd. 10/III, Weimar 1905, S. 423.<br />

3 Der große Katechismus, S. 560.<br />

4 Ebd.<br />

5 Notger Slenczka, Der Tod Gottes und das Leben des Menschen. Glaubensbekenntnis<br />

und Lebensvollzug, Gött<strong>in</strong>gen 2003, S. 11.<br />

6 Erich Zenger, Gottes Bogen <strong>in</strong> den Wolken, Untersuchungen zur Komposition und<br />

Theologie der priesterschriftlichen Urgeschichte, Stuttgart ²1987, S. 114.<br />

7 Mart<strong>in</strong> Luther, Der kle<strong>in</strong>e Katechismus, <strong>in</strong>: Die Bekenntnisschriften der evangelischlutherischen<br />

Kirche. Hg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, Gött<strong>in</strong>gen<br />

1986, S. 510f.<br />

8 Oswald Bayer, Leben als Gabe, <strong>in</strong>: H. Chr. Knuth (Hg.), Angeklagt und anerkannt.<br />

Luthers Rechtfertigung <strong>in</strong> gegenwärtiger Verantwortung, Erlangen, S. 133-154, S.150.<br />

9 Mart<strong>in</strong> Luther, Vorrede auf den Prediger Salomo (1524), <strong>in</strong>: D. Mart<strong>in</strong> Luthers Werke.<br />

Kritische Gesamtausgabe. Die deutsche Bibel Bd. 10/II, Weimar 1957, S. 106.<br />

10 Ebd.<br />

11 Mart<strong>in</strong> Luther, Von den guten Werken (1529), <strong>in</strong>: D. Mart<strong>in</strong> Luthers Werke. Kritische<br />

Gesamtausgabe Bd. 6, Weimar 1888, S. 205.<br />

12 A. a. O., S. 207.<br />

13Mart<strong>in</strong> Luther, Vom ehelichen Leben (1522), <strong>in</strong>: D. Mart<strong>in</strong> Luthers Werke. Kritische<br />

Gesamtausgabe Bd. 10/II, Weimar 1907, S. 296.<br />

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BERICHTE<br />

Geschwisterlich - ganz Ohr<br />

Prof. DDr. Hans Waldenfels<br />

Dialog - um Gottes willen<br />

Mitten <strong>in</strong> Würzburg steht an e<strong>in</strong>em der belebtesten Plätze der Stadt die Marienkapelle<br />

aus dem 14./15. Jahrhundert. Schon der <strong>in</strong> Kaiserswerth bei Düsseldorf geborene<br />

Friedrich Spee hat sie besungen:<br />

„Dich Würzburg ganz im Herzen hat,<br />

de<strong>in</strong> Kirch‘ steht mitten <strong>in</strong> der Stadt;<br />

die schöne Kirch‘, Kapell‘ genannt,<br />

sich de<strong>in</strong> und dir geweiht erkennt.<br />

Darum, o Mutter, de<strong>in</strong>e Hand<br />

halt über uns im Frankenland!“<br />

Man muss um die Kapelle herumgehen, um auf der Nordseite im Tympanon das wunderbare<br />

Relief der Verkündigung zu entdecken. Diese bildliche Darstellung ist e<strong>in</strong>e<br />

e<strong>in</strong>drucksvolle Begründung, warum Christenmenschen e<strong>in</strong>ander geschwisterlich im<br />

Dialog begegnen müssen: Um Gottes willen.<br />

Aus dem Mund Gott Vaters kommt<br />

das Pneuma Gottes, der Geist, wie e<strong>in</strong><br />

Schlauch und br<strong>in</strong>gt den Logos Gottes,<br />

das Wort, zu Maria. Das Wort erreicht als<br />

kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d mit dem Kopf nach unten<br />

das l<strong>in</strong>ke Ohr Marias, wo der Geist<br />

<strong>in</strong> Gestalt e<strong>in</strong>er Taube dargestellt ist. Das<br />

Bild illustriert die mittelalterliche Vorstellung<br />

der Menschwerdung Gottes. Maria,<br />

die Repräsentant<strong>in</strong> des Menschengeschlechts,<br />

ist ganz Ohr, und „das Wort ist<br />

Fleisch geworden“. Gottes Wort f<strong>in</strong>det<br />

Antwort <strong>in</strong> Marias Ja. Die Menschwerdung<br />

ist das Ergebnis e<strong>in</strong>es Dialogs zwischen<br />

Gott und Mensch.<br />

Der dreifaltige Gott, der <strong>in</strong> sich selbst<br />

Kommunikation und Dialog ist, nimmt<br />

den Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Dialog h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

und schließt ihn für e<strong>in</strong>en wechselseitigen<br />

Dialog auf. Wo Gott der Vater aller<br />

Menschen ist, müssen Menschen e<strong>in</strong>an-<br />

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BERICHTE<br />

der als Geschwister begegnen, müssen sie im S<strong>in</strong>ne des Doppelgebotes der Liebe ganz<br />

Ohr für Gott und füre<strong>in</strong>ander se<strong>in</strong>.<br />

Dialog statt Streit<br />

Vielleicht hat der neuzeitliche Mensch zu lange auf dem Ich alle<strong>in</strong> bestanden („Ich<br />

denke, also b<strong>in</strong> ich“ - Descartes). Von Mart<strong>in</strong> Buber und anderen Denkern der Neuzeit<br />

s<strong>in</strong>d wir daran er<strong>in</strong>nert worden, das wahres Menschse<strong>in</strong> sich im Mite<strong>in</strong>ander von Ich<br />

- Du - Wir verwirklicht. Der Mensch ist nicht Monolog, sondern Dialog oder - wie<br />

Friedrich Hölderl<strong>in</strong> es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nebensatz se<strong>in</strong>es hymnischen Gedichts Friedensfeier<br />

ausgedrückt hat: „Seit e<strong>in</strong> Gespräch wir s<strong>in</strong>d und hören vone<strong>in</strong>ander“, s<strong>in</strong>d wir erst<br />

wahrhaft Mensch. In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der die verschiedensten Menschen mite<strong>in</strong>ander<br />

<strong>in</strong> Berührung kommen, dürfen wir nicht länger <strong>in</strong> Konkurrenzkämpfen, Konflikten<br />

und Kriegen mite<strong>in</strong>ander umgehen. Wir s<strong>in</strong>d gezwungen, neue Umgangsformen zu<br />

entwickeln. E<strong>in</strong>e wesentliche Ausdrucksform dieses Umgangs ist der Dialog. Ohne<br />

Dialog ist Friede <strong>in</strong> unserer globalisierten Welt nicht mehr denkbar.<br />

Das gilt auch im religiösen Bereich; <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, dem Land, <strong>in</strong> dem es Anfang des<br />

16. Jahrhunderts zur Reformation und zur jahrhundertelangen Spaltung der Kirchen<br />

kam, ganz besonders zwischen den beiden großen christlichen Kirchen. Viel zu lange<br />

haben wir <strong>in</strong> getrennten Räumen gelebt. Dabei s<strong>in</strong>d wir uns fremd geworden. Ich kann<br />

mich gut er<strong>in</strong>nern, wie schockierend es westfälische katholische Dörfer empfunden<br />

haben, als nach dem 2. Weltkrieg die ersten Protestanten aus dem Osten kamen und<br />

nach e<strong>in</strong>iger Zeit am Ortsrand ihre Kirche bauten. In evangelischen Gegenden war es<br />

umgekehrt nicht anders. Großstädte wie die des Ruhrgebiets kannten das Nebene<strong>in</strong>ander<br />

der Kirchen seit der Zeit der Industrialisierung. Nur viel gesprochen wurde nicht<br />

mite<strong>in</strong>ander.<br />

Das änderte sich erst <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten, <strong>in</strong> denen weitere Migrationswellen<br />

uns Nachbarn aus Osteuropa, Griechenland, der Türkei, Italien, aber auch Nordafrika<br />

und dem Nahen Osten <strong>in</strong>s Land brachten. Wir haben es seither mit Orthodoxen, Muslimen,<br />

selbst H<strong>in</strong>dus und Buddhisten zu tun. Die religiöse Szene ist neu aufgemischt.<br />

Bei vielen deutschen Mitbürgern verblasst zudem der Glaube, und der Unglaube<br />

nimmt zu. E<strong>in</strong> friedvolles Mite<strong>in</strong>ander ruft nach neuen Umgangsformen.<br />

Wort -Antwort - Verantwortung<br />

Der Theologe Karl Rahner hat den Menschen „Hörer des Wortes“ genannt. Das<br />

lässt sich unabhängig von den e<strong>in</strong>gangs beschriebenen religiösen Motivationen ganz<br />

allgeme<strong>in</strong> vom Menschen sagen: Wir leben grundsätzlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sprachlichen Mite<strong>in</strong>ander.<br />

Die deutsche Sprache ist <strong>in</strong> diesem Punkt anderen Sprachen gegenüber privilegiert.<br />

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BERICHTE<br />

- Wir sprechen vom Wort, das auf die Gegenrede wartet:<br />

- Wort ruft nach Antwort.<br />

- Es geht aber noch weiter: Wort und Antwort gehen über <strong>in</strong> Verantwortung und<br />

Verantwortlichkeit.<br />

Die Abfolge von Wort - Antwort - Verantwortung markiert die eigentümliche Gestalt,<br />

<strong>in</strong> der der Mensch den Schöpfungsauftrag erfüllt. Der schlangenhaft egozentrisch <strong>in</strong><br />

sich selbst verkrümmte Mensch - <strong>in</strong> der Sprache Mart<strong>in</strong> Luthers der „homo <strong>in</strong>curvatus<br />

<strong>in</strong> seipsum“ - ist der Mensch der Sünde. Der dialogische Mensch dagegen öffnet sich<br />

für den anderen. Zweifellos macht Offenheit wehrlos und verletzlich. Wenn Menschen<br />

e<strong>in</strong>ander die Hand geben oder sich umarmen, geben sie sich immer e<strong>in</strong> Stückweit preis.<br />

Das f<strong>in</strong>det im Gottesdienst Ausdruck im Friedensgruß.<br />

Wenn der Mensch sich öffnet, wachsen Vertrauen, Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit.<br />

Dann verstehen sich Menschen und s<strong>in</strong>d füre<strong>in</strong>ander da. Es kommt zu jener<br />

Verschränkung von Wort und Antwort, die wir „Verantwortung“ nennen. Verantwortung<br />

ist mehr als e<strong>in</strong> Wort, es ist Wort und Tat, im biblischen S<strong>in</strong>n „wirksames Wort“,<br />

wie es <strong>in</strong> der Schöpfungsgeschichte heißt: „Gott sprach, und es geschah so.“ Was aber<br />

geschieht, ist dann gut. Aus Wort und Antwort erwächst verantwortliches Tun zum<br />

Wohl des Ganzen.<br />

Das Dialogische hat verschiedene Tiefenschichten. So ist im strengen S<strong>in</strong>ne des<br />

Wortes nicht jeder „Wortwechsel“ schon e<strong>in</strong> „Dialog“, auch nicht jeder Gedankenaustausch<br />

oder jede Informationsvermittlung. Der Begriff wird heute zu oft und daher<br />

<strong>in</strong>flationär gebraucht.<br />

Wo Menschen sich wirklich im Dialog begegnen, ist Augenhöhe erforderlich. Jeder<br />

muss bereit se<strong>in</strong>, etwas und am Ende sich selbst e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen und mitzuteilen. Die<br />

zeitgenössische Theologie beider Großkirchen spricht sogar im H<strong>in</strong>blick auf Gottes<br />

Offenbarung <strong>in</strong> der Menschwerdung Jesu von Gottes radikaler „Selbstmitteilung“.<br />

„Augenhöhe“ ist e<strong>in</strong> anderes Wort für wahre „Geschwisterlichkeit“. E<strong>in</strong> Dialog, der <strong>in</strong><br />

diesem S<strong>in</strong>ne geführt wird, br<strong>in</strong>gt uns e<strong>in</strong>ander näher und führt uns zue<strong>in</strong>ander. Re<strong>in</strong>e<br />

Rechthaberei führt zu nichts. Die Wahrheit und die rechte Tat s<strong>in</strong>d immer gute Ziele.<br />

Da wir Menschen auf dem Weg der Suche und des Lernens s<strong>in</strong>d, solange wir leben,<br />

ergibt es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, e<strong>in</strong>en Dialog zu eröffnen mit der Überzeugung, man werde und<br />

brauche sich nicht zu ändern. Wo e<strong>in</strong> Dialog verantwortlich geführt wird, schließt er<br />

am Ende immer Verb<strong>in</strong>dlichkeit e<strong>in</strong> und führt zu weiterführenden Ergebnissen. Weil<br />

es aber ke<strong>in</strong> Ende des Suchens gibt, kann man zwar Dialoge offiziell eröffnen, doch ist<br />

es wenig e<strong>in</strong>leuchtend, e<strong>in</strong>em begonnenen Dialog von vornhere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Schlussterm<strong>in</strong><br />

zu setzen. Wer so verfährt, hat den Frust zugleich vorprogrammiert.<br />

Seite 19


BERICHTE<br />

Offene Felder im Bereich der Ökumene<br />

In der katholischen Kirche werden heute - <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiten Verständnis von „Dialog“<br />

- vielfach vier Dialogfelder unterschieden:<br />

- Dialog des Lebens<br />

- Dialog des Handelns<br />

- Dialog theologischen bzw. wissenschaftlichen Austausches<br />

- Dialog der religiösen Erfahrung.<br />

Der Dialog des Lebens lehrt uns <strong>in</strong> den alltäglichen Begegnungen mit Menschen,<br />

sie <strong>in</strong> ihrer Andersheit und Fremdheit wahrzunehmen, zu respektieren und kennenzulernen.<br />

Achtsamkeit ist e<strong>in</strong>e wesentliche Seite dieses Dialogs. Dabei wächst zugleich<br />

die Bereitschaft zu nachbarschaftlicher Hilfeleistung. Diese Hilfsbereitschaft ist heute<br />

zwischen den Kirchen groß und richtet sich geme<strong>in</strong>sam auch auf die Not <strong>in</strong> aller Welt.<br />

Drittwelt-Gruppen s<strong>in</strong>d häufig ökumenisch.<br />

Andere Formen der Kooperation s<strong>in</strong>d vielerorts nicht zuletzt <strong>in</strong> der Diakonie und<br />

Caritas erkennbar. Vertiefung könnte die Kooperation <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, im politischen<br />

Bereich, <strong>in</strong> der Medienarbeit erfahren. Hier müsste auf den lokalen Ebenen<br />

weiter nachgedacht werden.<br />

E<strong>in</strong>ige <strong>in</strong>haltliche Problemfelder seien im H<strong>in</strong>blick auf weitere Diskussionen bei<br />

geme<strong>in</strong>samen Gesprächen und Gesprächsveranstaltungen eher beispielhaft genannt;<br />

sie bedürfen der Ergänzung und Erweiterung:<br />

- Familien: Die Familie ist heute ganz allgeme<strong>in</strong> gefährdet und bedarf daher des aktiven<br />

E<strong>in</strong>satzes. Im <strong>in</strong>terkonfessionellen Bereich wird die Rede von „Mischehen“ heute<br />

vielfach vermieden zugunsten der Rede von „konfessionsverb<strong>in</strong>denden Ehen“. Hilfreich<br />

ist daher der gezielte Austausch über die Erfahrungen, die Familien <strong>in</strong> diesem<br />

Sektor machen. Er ist schon deshalb notwendig, weil sie die kle<strong>in</strong>sten Zellen kirchlichen<br />

Lebens s<strong>in</strong>d. Wenn es zu E<strong>in</strong>übung von religiösem Leben und Wissen kommen<br />

soll, muss sie hier beg<strong>in</strong>nen. In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der Religion immer mehr zu e<strong>in</strong>er<br />

Sache persönlicher Entscheidung wird, müssen die Grundlagen hier gelegt werden.<br />

Der erschreckende Verlust religiösen Grundwissens geht nicht unwesentlich auf den<br />

mangelnden E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> den Familien zurück. Der Austausch über diese Situation muss<br />

dann auch die Frage nach dem Umgang mit „Ausgetretenen“, den Verwundeten und<br />

Fernstehenden e<strong>in</strong>schließen und auch das Generationenproblem thematisieren.<br />

- Kirchenlehre: Die immer noch offenen Lehrfragen, die zwischen den Kirchen<br />

bestehen, dürfen nicht den Kirchenleitungen und den Theologen alle<strong>in</strong> überlassen<br />

bleiben, sondern müssen, zumal sie häufig e<strong>in</strong>e Belastung im Leben der Menschen darstellen,<br />

auch <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>den weiter besprochen werden. Gerade weil von katholischer<br />

Seite die Eucharistie für das zentrale gottesdienstliche Ereignis gehalten wird, darf<br />

Seite 20


BERICHTE<br />

die Frage der eucharistischen Gastfreundschaft nicht unberücksichtigt bleiben. Die<br />

Diskrepanz zwischen offiziellen kirchenamtlichen Anweisungen und vielfach erlebbarer<br />

Praxis belastet die Glaubwürdigkeit. Es fällt auf, dass auf der e<strong>in</strong>en Seite <strong>in</strong><br />

grundsätzlichen Fragen des Glaubensbekenntnisses ganz allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zunehmende<br />

Verflachung und Verständnislosigkeit sich ausbreitet, dafür andererseits die organisatorischen<br />

Fragen (Ämter etc.) e<strong>in</strong>en breiten Raum e<strong>in</strong>nehmen. Das paul<strong>in</strong>ische „nicht<br />

Mann und Frau“ (Gal 3,28) bedarf aus der Sicht vieler Frauen e<strong>in</strong>er Antwort.<br />

Hier schließen sich Fragen nach dem schulischen Religionsunterricht und der Katechese<br />

an. Weitere Bereiche der Kirchenlehre s<strong>in</strong>d die ethischen Fragestellungen sowohl<br />

im <strong>in</strong>dividuell-privaten wie auch im sozialethischen Bereich.<br />

- Kirchenpraxis: Vieles, was die Lehre betrifft, hat se<strong>in</strong>en Bezug zur Praxis. Entsprechend<br />

fließend ist der Übergang von der Lehre zur Ethik. Konkrete Fragen schließen<br />

an: Die Sonntagspraxis und -kultur, der Umgang mit „Fremden“ <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de, die<br />

„Gastfreundschaft“, die Rolle der Frauen, <strong>in</strong>terreligiöse Begegnungen mit Nichtchristen<br />

u.a. s<strong>in</strong>d Themen.<br />

Zu fragen ist nach den Begegnungsorten <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, außerhalb der eigentlich<br />

kirchlichen Räume. Interessant s<strong>in</strong>d überörtlichen Veranstaltungen („Events“ wie Kirchentage,<br />

neuerd<strong>in</strong>gs Wallfahrten u.ä.) <strong>in</strong> ihren Auswirkungen auf das Geme<strong>in</strong>deleben<br />

und die konkrete Ökumene.<br />

Die Diskussion <strong>in</strong> den hier angeschnittenen und sich weiter anschließenden Fragen<br />

müssen dr<strong>in</strong>gend - bei offenen Türen und E<strong>in</strong>ladungen an möglichst viele Interessierte,<br />

Fragende und Sympathisanten - geführt werden. Letztlich gilt doch: „ER steht<br />

vor der Tür und klopft“ (vgl. Offb 3,20). S<strong>in</strong>d wir selbst es nicht oft, die IHM und den<br />

anderen im Weg stehen?<br />

Seite 21


AUS DEM BUNDESVERBAND<br />

Pressemitteilung<br />

Neues Führungsduo mit bürgergesellschaftlichem Auftrag<br />

<strong>Evangelische</strong> <strong>Akademikerschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wählt<br />

Dorothee Teschke und Eberhard Cherdron<br />

zu neuen Bundesvorsitzenden<br />

Fulda. Die Energiewende ist beschlossen - aber bei der Umsetzung stellen sich neue<br />

Aufgaben, die nur mit e<strong>in</strong>er breiten Bürgerbeteiligung angegangen und gelöst werden<br />

können. Dies ist das Fazit der Delegiertenversammlung der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> e.V. (EAiD), die am vergangenen Wochenende <strong>in</strong> Fulda zum<br />

Thema „Die Energiewende und der verantwortliche Bürger“ tagte. Die Versammlung<br />

wählte dort auch e<strong>in</strong>en neuen Bundesvorstand - u.a. mit dem Auftrag die Beteiligung<br />

der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong> an e<strong>in</strong>em solchen Partizipationsprozess zu organisieren.<br />

Die Delegiertenversammlung ist das höchste Beschlussorgan der EAiD. Sie setzt sich<br />

aus Delegierten der 12 Landesverbände, dem Bundesvorstand und Beauftragten für<br />

e<strong>in</strong>zelne Arbeitsgebiete zusammen. Satzungsgemäß wählte die Versammlung mit dem<br />

neuen Bundesvorstand e<strong>in</strong>e Frau und e<strong>in</strong>en Mann gleichberechtigt an die Spitze des<br />

Verbandes: Neue Bundesvorsitzende ist Dorothee Teschke (Rhe<strong>in</strong>bach bei Bonn),<br />

zugleich Vorsitzende des Landesverbands Rhe<strong>in</strong>land. Zum neuen Bundesvorsitzenden<br />

wurde der ehemalige Kirchenpräsident der Ev. Kirche der Pfalz Eberhard Cherdron,<br />

zugleich Vorsitzender des Landesverbands Pfalz-Saar, gewählt. Als weitere Mitglieder<br />

des Bundesvorstands wurden wiedergewählt: Dr. Hans Birkel (Nürnberg), Horst Pageler<br />

(Hünstetten-Kesselbach) und Dr. Bertram Salzmann (Tüb<strong>in</strong>gen).<br />

Das Hauptreferat zum Tagungsthema hielt Dr. Hans-Jochen Luhmann vom Wuppertaler<br />

Institut für Klima, Umwelt und Energie. Er betonte, dass durch die Energiewende<br />

zwar e<strong>in</strong> Konsens über den Ausstieg aus der Atomenergie <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

hergestellt worden sei, dass aber weder über das Tempo des Umstiegs auf erneuerbare<br />

Energien noch über den bis zum Jahr 2050 zu erreichenden Anteile regenerativer<br />

Energien <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> E<strong>in</strong>igkeit bestehe. Zudem seien durch den Ausstiegsbeschluss<br />

Sicherheitsmängel <strong>in</strong> den bestehenden Atomkraftwerken erstaunlicherweise plötzlich<br />

ke<strong>in</strong> Thema der öffentlichen Debatte mehr. Dadurch könne sich die Sicherheitslage<br />

<strong>in</strong> den nächsten Jahren sogar verschlechtern. Sowohl für den Umstieg auf e<strong>in</strong>e Strom-<br />

Seite 22


AUS DEM BUNDESVERBAND<br />

versorgung aus 100% erneuerbaren Energien als auch für die E<strong>in</strong>forderung von notwendigen<br />

Sicherheitsnachrüstungen hält Luhmann e<strong>in</strong>e verstärkte Bürgerbeteiligung<br />

für entscheidend. So sollten sich Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger z.B. dafür e<strong>in</strong>setzen, dass<br />

im Zuge der Laufzeitverlängerung beschlossene Sicherheitsauflagen jetzt trotz des<br />

Ausstiegsbeschlusses erfüllt werden, sofern sie für die noch verbleibende Laufzeit der<br />

Atomkraftwerke vorgesehen waren. Gleichzeitig müsse im Dialog mit den Bürger<strong>in</strong>nen<br />

und Bürgern geklärt werden, ob e<strong>in</strong>e vollständige Stromversorgung aus erneuerbaren<br />

Energien bis 2050 nicht z.T. auch durch Verhaltensänderungen und E<strong>in</strong>sparungen<br />

statt nur durch den E<strong>in</strong>satz neuer Technologien gewährleistet werden könne.<br />

Die Delegiertenversammlung beschloss, dass die Gremien des Verbandes das Thema<br />

„Die Energiewende und der verantwortliche Bürger“ <strong>in</strong> den kommenden Monaten im<br />

größeren Zusammenhang des Themas „Nachhaltige Entwicklung“ weiter verfolgen.<br />

Herzlichen Glückwunsch<br />

Wir freuen uns, dass Frau Dorothee Teschke, die Vorsitzende unseres Landesverbandes,<br />

auf der Delegiertenversammlung <strong>in</strong> Fulda für die kommenden<br />

drei Jahre zur Bundesvorsitzenden der EAiD gewählt worden ist. Wir<br />

gratulieren ihr zu dieser Wahl ganz herzlich und wünschen ihr <strong>in</strong> dieser verantwortungsvollen<br />

Funktion e<strong>in</strong> segensreiches Wirken zum Wohl und zur<br />

Weiterentwicklung der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> im<br />

Geiste des EAiD-Leitmotivs: „GLAUBEN, DENKEN, HANDELN“.<br />

Im Namen von Vorstand und Beirat des Landesverbandes Rhe<strong>in</strong>land der EAiD<br />

Seite 23<br />

Dr. Rudolf Diersch, Vorsitzender


AUS DEM BUNDESVERBAND<br />

Abschied von Frau Mar<strong>in</strong>a Meier<br />

Margot Gilch<br />

Verabschiedung von Frau Meier durch Vertreter/<strong>in</strong>nen des Landesverbands Württemberg<br />

<strong>in</strong> Leonberg, Krähw<strong>in</strong>kelweg 11 (v. 1.: Margot Gilch, Gisela Bartelt, Cordula Rensch,<br />

Mar<strong>in</strong>a Meier, Dieter Unterbr<strong>in</strong>k, Christof Bartelt) Foto: C. Bartelt<br />

Zum 31. Dezember 2011 ist Frau Mar<strong>in</strong>a Meier als Verwaltungskraft <strong>in</strong> der<br />

Geschäftsstelle der EAiD <strong>in</strong> Leonberg ausgeschieden. Die Delegiertenversammlung<br />

2011 <strong>in</strong> Fulda hat beschlossen, den Umfang der Tätigkeit zu reduzieren - aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Gründen - und so ist Frau Meier gezwungen, e<strong>in</strong>e neue Tätigkeit zu suchen.<br />

Wir danken ihr für ihre treuen, zuverlässigen Dienste <strong>in</strong> den letzten 12 Jahren; sie war<br />

immer bereit zu helfen und zu raten, wenn Bedarf war. Für die Zukunft wünschen wir<br />

ihr alles Gute, vor allem e<strong>in</strong>e Tätigkeit, die sie befriedigt und von der sie auch leben<br />

kann.<br />

Seit 1. Januar <strong>2012</strong> ist nun Frau Andrea Wenz <strong>in</strong> unserer Geschäftstelle <strong>in</strong> Leonberg<br />

tätig. Sie wohnt mit ihrer Familie <strong>in</strong> der Nähe von Leonberg und ist bei uns ger<strong>in</strong>gfügig<br />

beschäftigt. Montags, dienstags und donnerstags ist sie von 9 - 12 Uhr <strong>in</strong> der Eugenstrasse<br />

anwesend; mittwochs ruft sie Nachrichten aus der EAiD von zu Hause ab. Sie<br />

ist e<strong>in</strong>e erfahrene Bürokauffrau und setzt sich mit viel Elan für die Belange der EA e<strong>in</strong>.<br />

Wir freuen uns, dass Frau Wenz nun unser ea-Schiff steuert und heißen sie herzlich <strong>in</strong><br />

unserer Mitte willkommen.<br />

Seite 24


BERICHTE<br />

Mitgliederversammlung am 9. Dezember 2011<br />

im Haus der Begegnung der <strong>Evangelische</strong>n Akademie<br />

im Rhe<strong>in</strong>land, Bonn<br />

Dorothee Teschke<br />

Im Mittelpunkt der Versammlung stand der Vorstandsbericht, der wie folgt gegliedert war:<br />

1. VERANSTALTUNGEN<br />

Alle geplanten Veranstaltungen für das Jahr 2011 fanden statt. Bei durchweg guten<br />

Besucherzahlen erhielten sie positive Resonanz. Die unterschiedlichen Veranstaltungsformen<br />

entsprechen dem Profil unserer Arbeit.<br />

- Thementag mit theologischem Schwerpunkt: „Ke<strong>in</strong>e Angst vor tiefen Wassern -<br />

Vom Freise<strong>in</strong> e<strong>in</strong>es Christenmenschen“, 15.10.11, Wuppertal<br />

- Vortragsveranstaltung: „Was ist Leben“, 28.09.2011, Düsseldorf<br />

- Akademietagung: „Das Rätsel des Lebens im Spiegel der Wissenschaften“,<br />

09./10. Dez. 2011 Bonn-Bad Godesberg<br />

- Vortrag und Reisebericht: „Bergk<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Dhad<strong>in</strong>g - Entwicklungsprojekte<br />

<strong>in</strong> Nepal“, 14.05.2011, Düsseldorf<br />

- Frauentagung: „Frauen mit Ideen“, 13.08.2011, Schloss Iburg, Osnabrück<br />

- Sommertagung <strong>in</strong> der Oberlausitz: „Via Regia - die größte Kulturstraße des<br />

Europarates, 03. - 09. Juli 2011, Seifhennersdorf<br />

- Kle<strong>in</strong>e Venn-Wanderung zum Brack-Venn bei Mützenich, 24.09.2011,<br />

Venn/Kornelimünster<br />

EA-Mitglieder waren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er angemessenen Anzahl vertreten.<br />

Insgesamt wurden im Jahr 2011 drei neue Mitglieder gewonnen.<br />

2. KOOPERATIONEN<br />

Es hat sich als s<strong>in</strong>nvoll erwiesen, Thementage und Vortragsveranstaltungen geme<strong>in</strong>sam<br />

mit Kooperationspartnern zu planen und durchzuführen (Organisation im größeren<br />

Team, Gew<strong>in</strong>nen kompetenter Referenten, Erreichen e<strong>in</strong>er größeren Zuhörerschaft,<br />

günstiger Tagungsort, Kostenersparnis).<br />

Zur bewährten, traditionsgemäß über viele Jahre bestehenden Kooperation mit der Ev.<br />

Akademie im Rhe<strong>in</strong>land kam <strong>in</strong> diesem Jahr die Ev. Stadtakademie Düsseldorf, Dr.<br />

Knapp, neu h<strong>in</strong>zu. Es besteht Übere<strong>in</strong>stimmung darüber, auch <strong>in</strong> Zukunft geme<strong>in</strong>sam<br />

zu planen.<br />

Die ESG Bonn beteiligt sich erstmalig mit drei Studierenden an e<strong>in</strong>er Tagung der Ev.<br />

Akademie im Rhe<strong>in</strong>land, die <strong>in</strong> Kooperation mit der EA, LV Rhe<strong>in</strong>land, durchgeführt<br />

wird.<br />

Seite 25


E<strong>in</strong> Treffen des Vorstandes des LV Rhe<strong>in</strong>land mit dem Vorstand des Landesverbandes<br />

Pfalz-Saar <strong>in</strong> Speyer am 30.9.2011 eröffnet Perspektiven für <strong>2012</strong>.<br />

Die Geme<strong>in</strong>schaft <strong>Evangelische</strong>r Erzieher (GEE) erteilt uns die Zusage, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

mehrtägigen Veranstaltung zum Thema „Chancen des Religionsunterrichtes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

säkularen Welt“ (Arbeitstitel), die vom 3.10. bis 6.10.2013 im Raum Dresden stattf<strong>in</strong>den<br />

soll, als Kooperationspartner mitzuwirken.<br />

3. RUNDBRIEF<br />

Er ersche<strong>in</strong>t zweimal pro Jahr. Er ist unverzichtbares Mittel zur Aufrechterhaltung von<br />

Kontakten und der Bewahrung des Zugehörigkeitsgefühls der Mitglieder.<br />

4. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT<br />

- Website: E<strong>in</strong>e umfangreichere <strong>in</strong>haltliche Ausgestaltung wird angestrebt.<br />

Die Präsentationen <strong>in</strong> unserer Website sollen die vielfältigen Aktivitäten unseres Landesverbandes<br />

widerspiegeln.<br />

- E<strong>in</strong>ladungsflyer: Konzeption und Layout werden aus Kostengründen von Vorstandsmitgliedern<br />

erstellt. Der preisgünstige Druck geschieht über e<strong>in</strong>e Internetfirma.<br />

Die Flyer haben e<strong>in</strong>e große Werbewirksamkeit.<br />

5. HAUSKREISE<br />

Sie bieten e<strong>in</strong> differenziertes Programm unter der Leitung von Dr. Heyde (Bonn) und<br />

dem Ehepaar Diersch (Essen). Seit mehr als 50 Jahren besteht der Kölner Hauskreis<br />

unter Leitung von Dr. Hans-Mart<strong>in</strong> Schmidt.<br />

6. SATZUNGSÜBERARBEITUNG<br />

1. Überarbeitung: MV am 23.10.2010<br />

Ergänzung: MV am 09.12.2011<br />

BERICHTE<br />

7. GREMIEN UND ARBEITSKREISE<br />

Die Mitglieder des LV Rhe<strong>in</strong>land s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vielen Gremien und Arbeitskreisen aktiv:<br />

Tätigkeit <strong>in</strong> Vorstand und Beirat, Mitarbeit <strong>in</strong> verschiedenen ESG-Beiräten und <strong>in</strong><br />

Arbeitskreisen auf Bundesebene (AK Gerechtigkeit, AK Bildung), Mitwirkung beim<br />

Kirchentag und im Redaktionsteam.<br />

Im Rahmen des Vorstandsberichtes erfolgte die Berichterstattung zur F<strong>in</strong>anzsituation<br />

durch den Schatzmeister, Herrn He<strong>in</strong>er Krückels. Er legte dar, dass die seriöse F<strong>in</strong>anzpolitik<br />

<strong>in</strong> den vergangenen Jahren e<strong>in</strong>e gute Grundlage für die vielfältigen Aktivitäten<br />

war und dass das Vermögen nur wenig abgenommen hat.<br />

Seite 26


BERICHTE<br />

Sehr herzlich wurde allen Mitgliedern, die an den vielfältigen Aktivitäten des Landesverbandes<br />

beteiligt waren, gedankt.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Tagesordnungspunkt befasste sich mit Satzungsänderungen. Durch das<br />

Amtsgericht Duisburg waren Empfehlungen zur Satzungsänderung von 2010 ausgesprochen<br />

worden, die Gegenstand der Aussprache waren. Nach Klärung noch offener<br />

Fragen mit dem Anwalt und mit dem Bundesverband wird die Synopse zu den<br />

Änderungen mit der E<strong>in</strong>ladung zur nächsten Mitgliederversammlung versandt, auf der<br />

die Änderungen verabschiedet werden sollen.<br />

Über die Konferenz der Landesverbandsvorsitzenden <strong>in</strong> Hamburg im Nov.<br />

2011berichtete Frau Teschke. E<strong>in</strong> Schwerpunkt war die Reduzierung der Verwaltungsstelle<br />

beim Bundesverband. Im Rahmen der erforderlichen Sparmaßnahmen des<br />

EAiD-Bundesverbandes wird zum 1.1.<strong>2012</strong> die Geschäftsstelle nur noch mit e<strong>in</strong>er<br />

Verwaltungskraft mit ger<strong>in</strong>gfügigem Beschäftigungsverhältnis (27,5 %) besetzt se<strong>in</strong>.<br />

Zu diesen Konditionen konnte die langjährige bisherige Geschäftsstellenleiter<strong>in</strong>, Frau<br />

Meier, nicht mehr arbeiten. So wurde Frau Andrea Wenz gewonnen, die an 3 Tagen<br />

<strong>in</strong> der Woche tätig wird. Die Aufgaben zwischen Bundesverband, Landesverband und<br />

Geschäftsstelle werden neu organisiert, wobei die größere Belastung auf dem Bundesverband<br />

liegen wird.<br />

E<strong>in</strong> zweiter Schwerpunkt auf dieser Konferenz war die Sicherung der Herausgabe<br />

unserer Verbandszeitschrift „evangelische aspekte“. Diese werden auch <strong>2012</strong> dank e<strong>in</strong>er<br />

zugesagten Spende als Druckausgabe ersche<strong>in</strong>en. Parallel dazu wird auch e<strong>in</strong>e Internet-Ausgabe<br />

erfolgen unter www.ev-aspekte.de. Alle Mitglieder werden zu Spenden<br />

aufgerufen, um über das Jahr <strong>2012</strong> h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Druckausgabe zu ermöglichen.<br />

Mit e<strong>in</strong>em Dank an alle Teilnehmenden und e<strong>in</strong>em Dank an die Vorsitzenden wurde<br />

die Mitgliederversammlung beendet.<br />

Seite 27


Liebe Freund<strong>in</strong>nen und Freunde,<br />

AUS DEN HAUSKREISEN<br />

Hauskreis Heyde <strong>in</strong> Bonn-Bad Godesberg<br />

der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong><br />

das Zusammenstellen des Programms für das 1. Halbjahr <strong>2012</strong> hat diesmal etwas gedauert.<br />

Hier erhalten Sie das Ergebnis. Ich freue mich auf bereichernde Referate und anregende<br />

Gespräche. Herzliche E<strong>in</strong>ladung zu allen Themen.<br />

Beg<strong>in</strong>n jeweils um 16.00 Uhr.<br />

15. Februar „Kriterien des Predigtpreises - im Wandel“<br />

Herr Dipl. Theol. Matthis ist u.a. Leiter des Arbeitnehmer-Zentrums<br />

Königsw<strong>in</strong>ter (AZK).<br />

In Verb<strong>in</strong>dung mit dem Verlag für die deutsche Wirtschaft hat er<br />

viele Jahre den Predigtpreis organisiert und ist jetzt noch Mitglied<br />

der Jury.<br />

21. März „E<strong>in</strong> Kirchenlied, das mir wichtig ist“<br />

Rundgespräch im Kreis im Kontext der kirchenmusikalischen<br />

Stafette der EKiR.<br />

11. April „E<strong>in</strong> Jahr Studierendenpfarrer <strong>in</strong> Bonn - Erfahrungen“<br />

Pfarrer Michael Pues, ESG Bonn<br />

16. Mai „Männer essen anders, Frauen aber auch! Zielgruppengerechte Ernährung“<br />

Diplom-Oecothropholog<strong>in</strong> Hilde Philippi-Struck, Wachtberg<br />

20. Juni „ Die altorientalischen Kirchen - zwischen Tradition und den Konflikten<br />

der Moderne“<br />

Pfr. em.Dr. Wieland Zademach, Unkel<br />

15. August Sommerlicher Nachmittag mit Programmplanung für das nächste Halbjahr<br />

Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen<br />

Ihr Wolfgang Heyde.<br />

Tel. 0228 - 32 14 24<br />

E-Mail wolfgang.heyde@gmx.de<br />

Seite 28


AUS DEN HAUSKREISEN<br />

Was ist e<strong>in</strong>e gute Predigt?<br />

E<strong>in</strong> Hauskreisgespräch zu e<strong>in</strong>em nachdenklichen Thema<br />

Dr. Dr. Harald Uhl<br />

Seit zwölf Jahren wird jährlich <strong>in</strong> der Bonner Universitäts-(Schloss-) Kirche am Buß-<br />

und Bettag der deutsche Predigtpreis verliehen, e<strong>in</strong>e Initiative des Bonner Verlags der<br />

Deutschen Wirtschaft, dessen Eigentümer, Dr. Norman Rentrop, als berufenes Mitglied<br />

der Landessynode der Ev. Kirche im Rhe<strong>in</strong>land angehört. Über die Entstehung und die<br />

Ziele dieses Predigtpreises berichtete im Februar d.J. Dipl. Theologe Karsten Matthis im<br />

Godesberger Hauskreis unter Leitung von Dr. Wolfgang Heyde. Karsten Matthis, der<br />

<strong>in</strong> der Ev. Kirchengeme<strong>in</strong>de Wachtberg bei Bonn als Prädikant wirkt, beruflich <strong>in</strong> der<br />

politischen Erwachsenenbildung tätig ist, hat als theologischer Referent im Verlag den<br />

Predigtpreis und se<strong>in</strong>e Kriterien mitgestaltet und ist Mitglied der Jury. Se<strong>in</strong> Fazit: E<strong>in</strong>e<br />

gute Predigt erkennt man <strong>in</strong> der Konzentration auf den Hörer.<br />

Das mag auf den ersten Blick erstaunen, hätte man doch als dem biblischen Wort<br />

verbundener Protestant erwartet, dass gründliche Exegese und deren aktualisierende<br />

Umsetzung <strong>in</strong> die gegenwärtige Situation das entscheidende Kriterium bilden. Beides<br />

s<strong>in</strong>d wichtige Voraussetzungen - aber sie bleiben wirkungslos, wenn sie den Hörer, die<br />

Hörer<strong>in</strong> nicht erreichen. Deshalb hat die Jury bisher und wird auch weiterh<strong>in</strong> die Wirkung<br />

auf die Hörerschaft als preiswürdige Grundlage beibehalten. Oder wie es e<strong>in</strong> Mitglied<br />

des Hauskreises zum Ausdruck brachte:“ E<strong>in</strong>e gute Predigt ist es, wenn ich etwas<br />

mitnehmen kann“.<br />

Dabei ist, wie Karsten Matthis berichten konnte, die deutschsprachige Predigtkultur<br />

vielfältig und <strong>in</strong> ständiger Entwicklung begriffen. Neben der traditionellen Schriftauslegung<br />

f<strong>in</strong>den sich erzählende Predigten, Predigten für Zielgruppen wie Jugendpredigten,<br />

Bildmeditationen, Hörfunkandachten und Predigten <strong>in</strong> Mundart - im Rhe<strong>in</strong>land zu<br />

Karneval auch <strong>in</strong> Reimform! - neben experimentellen Dialogpredigten. Predigten setzen<br />

sich mit Literatur, mit Film oder Fernsehproduktionen ause<strong>in</strong>ander. Selbst für Abiturfeiern<br />

oder Dorffeste gibt es Predigten - die s<strong>in</strong>d dann besonders situationsbezogen und<br />

hörernah. Auch heiße Eisen aus der <strong>in</strong>ternationalen Politik, den Gefahren des weltweiten<br />

Terrorismus, dem Auschwitz-Gedenktag oder der sozialen Spaltungen <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />

werden aufgegriffen.<br />

Mit se<strong>in</strong>en beiden Kategorien „beste Predigt des Jahres“ und „Lebenswerk“ würdigt der<br />

Predigtpreis nicht nur herausragende persönliche Leistungen - Preisträger waren bisher<br />

u.a. Hanns Dieter Hüsch, Schwester Isa Vermehren, Walter Jens, Jörg Z<strong>in</strong>k und Kurt<br />

Marti - sonder versucht, das Bewusstse<strong>in</strong> von PredigerInnen und HörerInnen <strong>in</strong>sgesamt<br />

auf die Bedeutung und das R<strong>in</strong>gen um Qualität <strong>in</strong> der Predigt zu lenken. Der Preis versteht<br />

sich, wie Karsten Matthis betonte, daher als Ermutigung für die haupt- und nebenamtlichen<br />

PredigerInnen, die Sonntag für Sonntag auf der Kanzel den unverzichtbaren<br />

und doch so schwierigen Dienst der Wortverkündigung versehen.<br />

Seite 29


AUS DEN HAUSKREISEN<br />

Kölner Hauskreis ist gerade mal 51 Jahre alt<br />

Hans-Mart<strong>in</strong> Schmidt<br />

Bei der Entrümpelung des Kellers kam es an den Tag: Ausweislich des endlich wiedergefundenen,<br />

von me<strong>in</strong>er Frau über 14 Abende akribisch geführten „Hauskreis-Buchs“<br />

(danach kamen drei K<strong>in</strong>der) fand unser 1. Hauskreisabend am 11.10.1960 <strong>in</strong> Köln-<br />

L<strong>in</strong>denthal mit 15 Teilnehmer<strong>in</strong>nen statt. Die nächsten Themen lauteten: „Was erwartet<br />

der Akademiker von der Kirche? - Was erwartet die Kirche vom Akademiker?“,<br />

„Weihnachtsbilder aus Köln“, „Christliche Verkündigung im Rundfunk“, „Die Offenbarung<br />

bei Karl Barth und Emil Brunner“ usw. Beim 10. Abend hieß es „Sich spielend<br />

kennen lernen“ und vor der Bundestags-Wahl 1961 machten alle damals existierenden<br />

vier Kölner Hauskreise e<strong>in</strong>en Vorwahl-Abend mit drei evangelischen Bundestags-<br />

Kandidatlnnen. (E<strong>in</strong>e Zeitung titelte damals: „An dem parteilichen „C“ schieden sich<br />

die Geister“). Der damalige Generalsekretär der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> Horst Bannach selbst hatte uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Teestunde am L<strong>in</strong>denthaler<br />

Kr<strong>in</strong>gsweg 11 se<strong>in</strong>en ermutigenden Segen gegeben. Und dann haben wir - o Wunder! -<br />

mit diesem offenen Hauskreis, ab 1963 <strong>in</strong> Sülz <strong>in</strong> der Morbacher Str. 53, e<strong>in</strong>fach immer<br />

weitergemacht, mit fremden und eigenen Referenten, mit e<strong>in</strong>igen Getreuen, aber auch<br />

mit „Schmetterl<strong>in</strong>gen“, die kamen und g<strong>in</strong>gen. Als „große“ Themen <strong>in</strong> den ersten 20<br />

Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung geblieben: „Ist die Bergpredigt praktikabel?“ (Pfr. Püschel),<br />

„Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen“ (D. Sölle) und „Die Veränderbarkeit<br />

des Menschen als theologisches Problem“ (Pfr. R. Schulz), alles Themen, über die ich<br />

auch heute gerne noch e<strong>in</strong>mal diskutieren würde. Die „Brot-Themen“ waren z.B. Predigtvorbereitungen<br />

und Buch-Referate, aber auch Darstellungen der eigenen Berufsproblematik.<br />

E<strong>in</strong>es Tages - es mag gegen Ende der 80er Jahre gewesen se<strong>in</strong> - saßen<br />

me<strong>in</strong>e Frau und ich mit zwei Gästen am monatlichen Hauskreisabend beisammen- wie<br />

wenige abgesagt hatten, weiß ich nicht mehr. Wir beschlossen, e<strong>in</strong>fach „mal Pause zu<br />

machen“ und abzuwarten, ob das den bisher E<strong>in</strong>geladenen auffallen würde. Nach e<strong>in</strong>iger<br />

Zeit meldete sich der E<strong>in</strong>e oder die Andere, aber da waren wir beiden Hauskreis-<br />

Gründer schon im Aufbruch zu neuen Ufern: Wir trafen uns mit sechs bis sieben<br />

befreundeten Leuten vom Stamm-Personal und stellten uns die Grundfragen: Wollen<br />

wir überhaupt noch etwas und, wenn ja, was wollen wir eigentlich? Wir gebaren e<strong>in</strong><br />

neues Konzept: E<strong>in</strong> fester Kreis mit abgesprochenen Term<strong>in</strong>en, abwechselnd <strong>in</strong> den<br />

Wohnungen der TeilnehmerInnen, <strong>in</strong> aller Regel mit Themene<strong>in</strong>führungen aus den<br />

eigenen Reihen. Und irgendwann haben wir dann auch das allgeme<strong>in</strong>e „Du“ vere<strong>in</strong>bart.<br />

Und wir waren bemüht, immer e<strong>in</strong>en theologisch gebildeten Menschen unter<br />

uns zu haben. (Gerne er<strong>in</strong>nern wir uns z. B. daran, dass wir geme<strong>in</strong>sam die Bücher<br />

von Hans Küng „Existiert Gott?“ und „Ewiges Leben?“ durchgearbeitet haben).<br />

Zwischendurch haben wir uns immer mal wieder gefragt, ob wir noch auf dem rich-<br />

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AUS DEN HAUSKREISEN<br />

tigen Weg s<strong>in</strong>d, und hatten dabei auch kle<strong>in</strong>ere Krisen zu bestehen. Die heute 13<br />

„Mitglieder“ zwischen 65 und 82 Jahren verstehen sich immer noch als lernender<br />

Gesprächskreis und s<strong>in</strong>d grundsätzlich gewillt, mite<strong>in</strong>ander alt zu werden, „bis dass<br />

der Tod uns scheidet“. (E<strong>in</strong>ige s<strong>in</strong>d schon von uns gegangen, darunter me<strong>in</strong>e Frau, die<br />

Mitgründer<strong>in</strong>). Wir sprechen auch weiterh<strong>in</strong> die Term<strong>in</strong>e und Orte ab, laden vorher<br />

noch e<strong>in</strong>mal mit Telefonkette e<strong>in</strong>; am Abend selbst probieren wir z.Zt. von 19.30 bis<br />

22.30 Uhr e<strong>in</strong> Drei-Phasen-Modell aus, auch um jeden Druck, wie z. B. „E<strong>in</strong>e(r) von<br />

uns müsse e<strong>in</strong> abendfüllendes Thema behandeln“, zu vermeiden: In der 1. Kurz-Phase<br />

(10-20 M<strong>in</strong>.?) spricht Jede(r), der /die möchte, zur Frage „Wie geht es mir (bzw.<br />

Anderen, die nicht kommen konnten) heute und jetzt?“ In der 2. Phase (20-30<br />

M<strong>in</strong>.?) kann Jede(r), der/die möchte, über Ereignisse seit dem letzten Treffen berichten,<br />

bei denen er/ sie bei e<strong>in</strong>igen anderen Teilnehmer<strong>in</strong>nen Interesse vermutet (z.B.<br />

familiäre Besonderheiten, Reisen, aktuelle Begebenheiten, Beispiele aus eigenen Projekten,<br />

sehenswerte oder nicht sehenswerte Theateraufführungen, K<strong>in</strong>ostücke oder.<br />

Fernsehsendungen). In der 3. Phase kann e<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>bartes Thema vorgetragen oder<br />

aber auch e<strong>in</strong> Buch (mit kurzen Leseproben) empfohlen oder e<strong>in</strong> Thema, das e<strong>in</strong>en<br />

gerade beschäftigt, angerissen oder e<strong>in</strong> Zeitungs- oder Zeitschriftenbeitrag vorgelesen<br />

werden (Letztere möglichst vorher bei dem/der Moderator<strong>in</strong> des Abends angekündigt).<br />

Größere vere<strong>in</strong>barte Themen waren z.B. <strong>in</strong> letzter Zeit: Geschichte des „Antichrist“,<br />

Probleme der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung, Warum ich - trotz allem<br />

- <strong>in</strong> der Kirche bleibe. Seit vier Jahren treffen wir uns (verstärkt durch zwei ehemalige<br />

Hauskreis-Mitglieder aus Berl<strong>in</strong>) im Herbst e<strong>in</strong>es Jahres zwei Tage lang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Eifel-<br />

Kloster. Auch dafür werden Themen vere<strong>in</strong>bart oder von den Teilnehmer<strong>in</strong>nen angemeldet<br />

(z. B. „Was ist mir heilig?“; „Me<strong>in</strong>e Vorbilder“; „Was hat mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben<br />

glücklich gemacht?“; „Wer ist Herta Müller?“; Was spricht eigentlich dafür, gerade<br />

während des Älter- und Alt-Werdens e<strong>in</strong>en regelmäßigen Gesprächskreis zu haben<br />

oder zu suchen? - Durch den Umgang mit unterschiedlichen Menschen und verschiedenen<br />

Me<strong>in</strong>ungen wird me<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schafts- und Kommunikationsfähigkeit gestärkt<br />

und das im Alter angesagte Intoleranter- und Ichbezogener-Werden möglicherweise<br />

verzögert. - E<strong>in</strong>en Abend lang mich an e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tensiven, tiefer gehenden Gespräch<br />

zu beteiligen, tut mir <strong>in</strong> der letzten Lebensphase mit ihren eigenen Schwierigkeiten<br />

gut; ich wüsste nicht, wo denn sonst noch über S<strong>in</strong>nfragen mite<strong>in</strong>ander gesprochen<br />

würde...<br />

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VON UNSEREN MITGLIEDERN<br />

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VORSCHAU UND TERMINE<br />

„Evangelisch <strong>in</strong> Essen - E<strong>in</strong> Fest zwischen Himmel und Erde“<br />

Hans-Georg Torkel<br />

Unter diesem Motto wird am 2. und 3. Juni <strong>2012</strong> das ganze, reiche Leben der <strong>Evangelische</strong>n<br />

Kirchengeme<strong>in</strong>den, der Werke und Dienste des Kirchenkreises Essen vorgestellt.<br />

Auf dem Programm stehen unter anderem: Interviews und Konzerte, e<strong>in</strong>e<br />

Bibelarbeit mit Prof. Dr. Dr. h. c. Margot Käßmann sowie e<strong>in</strong> Kabarettabend.<br />

In Themenzelten mit Präsentationen und Aktionen lädt die evangelische Jugend am<br />

Sonnabend, dem 2. Juni auf dem Kennedyplatz <strong>in</strong> Essen zum Mitmachen e<strong>in</strong>:<br />

Atem holen - Bibel entdecken - Frieden stiften - Herz zeigen - Lust machen - Verantwortung<br />

zeigen - Evangelisch buchstabieren - Anders machen - Familien stärken -<br />

Geme<strong>in</strong>schaft leben - Kultur schaffen - Stärken stärken - Worte f<strong>in</strong>den<br />

Am Sonntag, dem 3. Juni, wird e<strong>in</strong> großer Open-Air-Gottesdienst mit musikalischen<br />

Beiträgen von Chören, Bands und Instrumentalensembles gestaltet.<br />

Der Landesverband Rhe<strong>in</strong>land der EAiD ist e<strong>in</strong>geladen worden, an der Ausgestaltung<br />

e<strong>in</strong>zelner Themen <strong>in</strong> den Themenzelten mitzuwirken. Es war nicht e<strong>in</strong>fach, Ideen<br />

aus dem Blickw<strong>in</strong>kel der EAiD zu entwickeln. Schließlich haben wir <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit der Bildungsbewegung KIT-Initiative, (KIT steht für Kreativität, Innovation und<br />

Technik) folgendes Projekt vorgeschlagen:<br />

Unter der Überschrift „Verknüpfung von Bildung und Innovationen“ wird e<strong>in</strong>e KIT-<br />

Tra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> Jugendliche aus den Essener Kirchengeme<strong>in</strong>den zu Übungsleitern <strong>in</strong> der<br />

Handhabung des QR-Codes (QR bedeutet „Quick Response“) schulen. Der QR-Code,<br />

auf Dokumenten, Plakaten ausgedruckt und <strong>in</strong> Schaufenstern ausgehängt, enthält so<br />

wie der Barcode an der Supermarktkasse Informationen zum angepriesenen Thema.<br />

So kann der QR-Code mit dem Handy abfotografiert werden. Dieser Code ermöglicht<br />

es mit Hilfe e<strong>in</strong>er speziellen Software, weitere Informationen zu erhalten oder den<br />

Zugang zu <strong>in</strong>dividuellen Internetseiten zu erhalten.<br />

Mit dem Projekt entsteht e<strong>in</strong>e W<strong>in</strong>W<strong>in</strong> Situation für alle Beteiligten:<br />

1. Der Stadtkirchentag erhält so e<strong>in</strong>e ergänzende Werbewirksamkeit. Die gesamte<br />

Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenbezirks erhält mit der E<strong>in</strong>führung des QR-Codes<br />

e<strong>in</strong>en nachhaltigen Impuls.<br />

2. Junge Leute f<strong>in</strong>den den QR-Code cool und s<strong>in</strong>d mit ihrer Handyfertigkeit uns<br />

Älteren weit voraus. Sie bekommen aus der QR-Code-Schulung e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante<br />

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VORSCHAU UND TERMINE<br />

Besche<strong>in</strong>igung für ihre Bewerbungsmappe. Die EA Rhe<strong>in</strong>land freut sich, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>novatives<br />

Projekt <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Jung und Alt <strong>in</strong> die kirchliche Stadtteilarbeit e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.<br />

Die KIT-Initiative wird weiterh<strong>in</strong> Nachhaltigkeit <strong>in</strong> die Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis<br />

Essen br<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e Innovationswerkstatt Essen eröffnet wird, <strong>in</strong> der<br />

Jung und Alt soziale und technische Ideen entwickeln und umsetzen. In dieser Innovationswerkstatt<br />

ist als Projekt die Weiterentwicklung e<strong>in</strong>es Rollators vorgesehen, mit<br />

dem man Treppen besser überw<strong>in</strong>den kann. In e<strong>in</strong>em Handwerksbetrieb wird e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Serie davon gebaut. Die Nutzung dieses neuen Rollators wird von jungen Menschen<br />

<strong>in</strong> Altenheimen vorgestellt.<br />

Kontakt:Hans-Georg Torkel Tel.: 0208 / 740 30 85<br />

E-Mail: hans-georg.torkel@kit-<strong>in</strong>itiative.de<br />

Innovationen für unsere Gesellschaft<br />

Hans-Georg Torkel<br />

Unter der Überschrift „Den Menschen wieder e<strong>in</strong>e Perspektive geben“ präsentiert<br />

unser Vorstandsmitglied Hans-Georg Torkel mit dem Projekt „Heureka Europa“ e<strong>in</strong>e<br />

„Entdeckung“ zur Lösung der F<strong>in</strong>anzkrise. Man spricht von e<strong>in</strong>er Entdeckung, wenn<br />

etwas Neues mit Hilfe der Naturwissenschaften entwickelt wurde. Die EA-Rhe<strong>in</strong>land<br />

wird durch Herrn Hans-Georg Torkel am 26.04.12 um 18.00 Uhr auf der Hannover<br />

Messe e<strong>in</strong>en öffentlichen Raum schaffen, um <strong>in</strong> kritischer Reflexion die Entdeckung<br />

e<strong>in</strong>es neuen Ökonomiemodells der Öffentlichkeit vorzustellen. Tagsüber wird es e<strong>in</strong>en<br />

kostenlosen Rundgang auf der Hannover Messe geben. Herr Torkel hat es wieder<br />

e<strong>in</strong>mal geschafft, e<strong>in</strong>en würdigen Rahmen für die jährliche NiBB Innovationspreisverleihung<br />

zu schaffen, NiBB steht für „Netz <strong>in</strong>novativer Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger“. Der<br />

Entdecker Dieter Kreft aus Hamburg wird diesjähriger NiBB Preisträger se<strong>in</strong>. Herr<br />

Kreft wird e<strong>in</strong>en Impulsvortrag zum neuen Ökonomiemodell am bundesweiten „Tag<br />

des Ideen- und Innovationsmanagements“ <strong>in</strong> der NiBB Feier im Innovationsforum<br />

der Hannover Messe halten.<br />

Für das Jahr 2013 strebt Herr Torkel zum Thema die Zusammenarbeit der Ev. Akademien<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> und der Europavertretung der EKD an.<br />

Das Projekt soll Ev. Akademiker neugierig machen, um Mitglied <strong>in</strong> der EAiD zu<br />

werden.<br />

Kontakt: Hans-Georg Torkel Tel.: 0208 / 740 30 85<br />

E-Mail: hans-georg.torkel@kit-<strong>in</strong>itiative.de<br />

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VORSCHAU UND TERMINE<br />

Herzliche E<strong>in</strong>ladung zum Themenabend mit Vortrag und Gespräch<br />

Unfassbar?<br />

Der Heilige Geist im Neuen Testament<br />

am Donnerstag, dem 27.04.<strong>2012</strong>, 19.00-21.00 Uhr<br />

<strong>in</strong> der Melanchthonkirche <strong>in</strong> Essen-Holsterhausen, Melanchthonstr. 3<br />

Referent: Professor Dr. Kurt Erlemann, Bergische Universität Wuppertal<br />

„Der Heilige Geist ersche<strong>in</strong>t als etwas Unfassbares, Nebulöses, bei dem man nicht<br />

genau weiß, was er bewirkt und weshalb er im Glaubensbekenntnis gleichrangig mit<br />

dem Schöpfergott und se<strong>in</strong>em Sohn behandelt wird. Der Geist entzieht sich hartnäckig<br />

jedem Versuch, ihn zu def<strong>in</strong>ieren, <strong>in</strong> plakative Formeln zu packen und ihn damit<br />

anschaulich zu machen.“ So heißt es <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> Kurt Erlemanns Buch über<br />

den Heiligen Geist. Die neutestamentlichen Vorstellungen über den Heiligen Geist,<br />

se<strong>in</strong>e Funktionen und se<strong>in</strong>e Wirkungsweisen werden <strong>in</strong> dem Vortrag dargestellt<br />

Veranstalter:<br />

Ev. <strong>Akademikerschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> LV Rhe<strong>in</strong>land; Ev. Bildungswerk Essen;<br />

Ev. Erlöserkirchengeme<strong>in</strong>de Essen-Holsterhausen<br />

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VORSCHAU UND TERMINE<br />

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VORSCHAU UND TERMINE / IMPRESSUM<br />

S<strong>in</strong>d Sie diesmal mit dabei?<br />

Herzliche E<strong>in</strong>ladung<br />

zur Herbstwanderung <strong>2012</strong><br />

Leitung: Dietrich Eichstädt<br />

dietrich@eichstaedt.org<br />

Telefon: 2408-4004<br />

Ziel: Rund um den Stel<strong>in</strong>g, der höchsten<br />

Erhebung des östlichen Venn<br />

Zeitpunkt: Samstag, 1. September <strong>2012</strong>, 11 Uhr<br />

Treffpunkt: Mützenich, Eupener Str., am ehemal. Zoll auf deutscher Seite<br />

Länge: 8 km, ca. 2,5 Stunden, <strong>in</strong>sgesamt 140 m Steigung (sanft)<br />

E<strong>in</strong>kehr zur Mittagszeit<br />

Nach der Wanderung Besuch des reizvollen Eifelstädtchens Monschau<br />

und Führung durch die berühmte Senfmühle<br />

Impressum<br />

Der <strong>Rundbrief</strong> wird herausgegeben von der <strong>Evangelische</strong>n <strong>Akademikerschaft</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Deutschland</strong>, Landesverband Rhe<strong>in</strong>land e.V.,<br />

Virchowstr. 51, 45147 Essen<br />

Redaktion:<br />

Dorothee Teschke, Dr. Rudolf Diersch, Dr. Kar<strong>in</strong> Kauffmann, Dietrich<br />

Kauffmann, Dr. Wieland Zademach<br />

Layout & Satz:<br />

Dorothea Diersch<br />

Druck:<br />

LEO Druck, Stockach<br />

Bankverb<strong>in</strong>dung:<br />

KD-Bank eG Duisburg BLZ 350 601 90 Konto-Nr.: 1010 5000 16<br />

Internet:<br />

www.evangelische-akademiker.de<br />

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