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Rundbrief 1/2012 - Evangelische Akademikerschaft in Deutschland

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BESINNUNG<br />

JEAN LASSERRE, Die Christenheit vor der Gewaltfrage<br />

LIT Verlag, Münster 2010, 127 S. ISBN 978-3-643-10689-6.<br />

Dr. Wieland Zademach<br />

E<strong>in</strong>e echte Perle unter den Publikationen der Friedensarbeit ist hier anzuzeigen: die<br />

Neuauflage e<strong>in</strong>es lange Zeit vergriffenen Werkes e<strong>in</strong>es fast ebeno lange <strong>in</strong> Vergessenheit<br />

geratenen Friedensaktivisten und zugleich e<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerung an Dietrich Bonhoeffer<br />

und dessen Rolle im damaligen „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“.<br />

Als junge Stipendiaten für e<strong>in</strong> Jahr am Union Theological Sem<strong>in</strong>ary <strong>in</strong> New York treffen<br />

beide 1930 aufe<strong>in</strong>ander, werden zu Freunden und bereichern e<strong>in</strong>ander theologisch<br />

ihr Leben lang.<br />

Als Pfarrer der reformierten Kirche Frankreichs, vorwiegend <strong>in</strong> Arbeitergeme<strong>in</strong>den<br />

wie viele Jahre lang als Reisesekretär für den Internationalen Versöhnungsbund, ist<br />

Lasserre vertraut mit der Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Ebenso sah er sich herausgefordert<br />

durch den unauflöslichen Widerspruch von christlicher Friedenspredigt<br />

und praktischer Kriegsteilnahme. Se<strong>in</strong>e Dissertation „Der Krieg und das Evangelium“<br />

1953 - als Buch 1956 - nimmt diese Thematik umfassend auf und macht ihn <strong>in</strong>ternational<br />

bekannt. Die Frage nach dem Verhältnis von Christentum und Gewalt beschäftigt<br />

ihn kont<strong>in</strong>uierlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Reise- und Vortragstätigkeit. Daraus entsteht schließlich<br />

1965 dieses Buch, dessen Sprachstil noch erfrischend deutlich den Ursprung im konkreten<br />

Dialog widerspiegelt.<br />

S<strong>in</strong>d wir treue Zeugen Christi mit unserer Haltung gegenüber der Gewalt - oder verraten<br />

wir ihn? Wie konnte es dazu kommen, dass Theologen über Jahrhunderte die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />

zweier Realitäten propagieren, die doch schlechterd<strong>in</strong>gs unvere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d?<br />

Auf diese Grundfragen sucht Lasserre nach e<strong>in</strong>er Antwort und f<strong>in</strong>det sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

christologischen Begründung des Pazifismus, die zeigen will, dass nur der gewaltfreie<br />

Kampf e<strong>in</strong>e dem Evangelium gemäße Haltung darstellt. Was diese Ausführungen so<br />

überzeugend und hilfreich macht, s<strong>in</strong>d ebenso die exegetischen wie systematischen<br />

Überlegungen wie auch manche - damit zusammenhängende und en passant e<strong>in</strong>gestreute<br />

- Denk-Anstöße: gleichsam Widerhaken für die eigene Friedensarbeit.<br />

„War Jesus der Friedensfürst?“ Dieser Frage geht Lasserre im ersten Kapitel nach<br />

und zieht den Bogen von den messianischen Prophezeiungen im Alten Testament<br />

über die Bergpredigt und die „Erfüllungsh<strong>in</strong>weise“ <strong>in</strong> den Evangelien bis h<strong>in</strong> zu<br />

den Kirchenvätern und deren Aufnahme des christologisch begründeten jesuanischen<br />

Friedenszeugnises. Für e<strong>in</strong>en Cyprian, Tertullian oder Laktanz war wie für alle<br />

„Kirchenväter der ersten drei Jahrhunderte völlig klar, dass Christen nicht töten und<br />

ke<strong>in</strong>en Kriegsdienst leisten“ (S.28). Clemens von Alexandrien hat dies wohl am deutlichsten<br />

zusammengefasst (sprachlich so, dass se<strong>in</strong>e Klientel ihn nicht missverstehen<br />

konnte): „Wir exerzieren für den Frieden, nicht für den Krieg. Wir s<strong>in</strong>d Soldaten für<br />

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