Unser Weg und Ziel! - DIR
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<strong>und</strong> sein Verteidiger eine abwehrende Handbewegung<br />
gemacht <strong>und</strong> rufen fast gleichzeitig: „Aber<br />
wir verlangen ja keine mildernden Umstände".<br />
Die Geschworenen ziehen sich 45 Minuten zur<br />
Beratung zurück. Und weil sie dabei sehr menschenfre<strong>und</strong>lich<br />
waren <strong>und</strong> dachten, man müsse den<br />
Angeklagten auch ein Weihnachtsgeschenk machen,<br />
so kommen sie zu folgender Liebesgabe für unsere<br />
wackeren Kameraden: Hervé 1 Jahr Gefängnis <strong>und</strong><br />
3000 Frc. Geldstrafe, Almereyda 5 Jahr Gefängnis<br />
<strong>und</strong> 3000 Frc. Geldstrafe, Merle 5 Jahr Gefängnis<br />
<strong>und</strong> 3000 Frc. Geldstrafe.<br />
Die bedrohte Gesellschaft ist wieder einmal<br />
gerettet. Aber wir glauben, dass jene Weihnachtsbescheerung<br />
trotz <strong>und</strong> gerade wegen ihrer Reichlichkeit<br />
total ihren Zwek verfehlen dürfte. Sie wird<br />
neuen Hass säen. Und dieser Hass wird eines Tages<br />
aufgehen <strong>und</strong> Ernte halten. Wie? weil einige Männer<br />
den Mut besessen haben, laut zu sagen, was tausende<br />
nur leise zu denken wagten, deswegen schickt<br />
man sie 11 Jahre ins Gefängnis? Wir haben nur<br />
ein kopfschüttelndes Bedauern für die Blindheit der<br />
roten Roben <strong>und</strong> die Philisterangst der Geschworenen.<br />
Wann werden sie endlich begriffen haben,<br />
dass Druck immer Gegendruck erzeugen m u s s ?<br />
Eine erste Enttäuschung der Machthabenden<br />
von h e u t e : „La guerre sociale" hat seine Auflage<br />
vergrössern müssen; in den Tagen des Prozesses<br />
ist dieses Wochenblatt sogar täglich erschienen.<br />
Die Reklame durch den Prozess war gratis <strong>und</strong><br />
einträglich. Und es ist dafür gesorgt, dass jenes<br />
kühne Blatt, von Parteienhass <strong>und</strong> persönlichem<br />
Hader ungeschwächt, nach wie vor den Kampf<br />
gegen menschliche Dummheit <strong>und</strong> Kriegslust führen<br />
wird. Nicht mit Gott für König <strong>und</strong> Vaterland, sondern<br />
mit freiem Geiste für Abrüstung <strong>und</strong> Frieden<br />
<strong>und</strong> Wohlstand für Alle.<br />
Armand Fernau.<br />
Briefe unserer Leser.<br />
l.<br />
E i n P r o t e s t .<br />
Werte Kameraden! Vor mir liegt die e r s t e<br />
Publikation des internationalen, anarchistischen Bureaus,<br />
betitelt „ R e s o l u t i o n e n d e s a n a r c h i -<br />
s t i s c h e n K o n g r e s s e s i n A m s t e r d a m " ,<br />
<strong>und</strong> ich bedauere lebhaft, konstatieren zu müssen,<br />
dass dieser e r s t e Akt des Bureaus bereits einen<br />
Akt a u t o r i t ä r e r E x e k u t i v m a c h t in sich<br />
schliesst, wider welchen jeder Anarchist, der die<br />
Meinungsfreiheit innerhalb unserer Bewegung gewahrt<br />
sehen will, Protest einlegen muss.<br />
Ich habe auf dem Kongress die folgenden<br />
zwei Resolutionen eingebracht:<br />
1. Der vom 24. bis 30. August tagende, internationale<br />
anarchistische Kongress zu Amsterdam<br />
schlägt den Gruppen aller Länder vor, sich zusammenzuschliessen<br />
zu ländlich-lokalen <strong>und</strong> geographischen<br />
Föderationen.<br />
Wir erklären, dass wir diesen Vorschlag machen<br />
in Uebereinstimmung mit den Prinzipien des<br />
Anarchismus, indem wir die Betätigung <strong>und</strong> Initiative<br />
des Individuums nur im socialen Verbände begreifen<br />
können <strong>und</strong> in den so gearteten Vereinigungen<br />
die Gr<strong>und</strong>möglichkeiten für die freie Entfaltung<br />
des Individuums erblicken.<br />
Die föderative Organisation ist die organische<br />
Kampfesform des anarchistischen Proletariats <strong>und</strong><br />
dieser Bewegung. Sie vereinigt die schon bestehenden<br />
Gruppen zu einem Organisationsgan/en <strong>und</strong><br />
gliedert die neu gegründeten dem Ganzen an. Sie<br />
ist an ti autoritär, indem sie keine legislative Macht<br />
annerkennt, die bindend für die einzelnen Mitglieder<br />
oder die Gruppen wäre; indem sie — die Föderation<br />
— das Recht eines jeden einzelnen Individuums,<br />
wie jeder Gruppe innerhalb unserer gemeinschaftlichen<br />
Bewegung anerkennt, sich im Sinne des<br />
Anarchismus <strong>und</strong> seiner wirtschaftlichen Systeme<br />
zu betätigen, ohne gegenseitige Beherrschung oder<br />
Störung. Die Föderation schliesst keine anarchistische<br />
Gruppe aus, jeder Gruppe ist es hingegen<br />
gestattet, mit Rückziehung ihres kollektiven Eigentums,<br />
aus der Föderation auszuscheiden.<br />
Wir empfehlen den Genossen, sich nach<br />
ihren nationalen Bedürfnissen oder Bewegungsnotwendigkeiten<br />
zu vereinigen, doch stets dessen eingedenk<br />
zu sein, dass die Macht der nationalen Bewegung<br />
des Anarchismus von seinem internationalen<br />
Zusammenschluss abhängig ist, denn die Befreiungsmethoden<br />
des Anarchismus müssen i n t e r n a t i o n a l<br />
zusammenwirken.<br />
Kameraden aller Länder, organisiert Euch in<br />
autonomen Gruppen, vereinigt Euch zur autonomen<br />
Föderation der anarchistischen Internationale!"<br />
Diese Resolution ist vom anarchistischen Bureau<br />
unterdrückt <strong>und</strong> in seiner Broschüre nicht<br />
gebracht worden, trotzdem dass sie 17 Stimmen auf<br />
sich vereinigte, welch letzterer Umstand für Anarchisten,<br />
die kein Majoritäts- oder Minoritätsvotum<br />
als bindend betrachten, ja nur relative Bedeutung<br />
besitzt. Angeführt sei, dass der „Vrije Communist"<br />
in seiner Ausgabe vom 5 Oktober das Obige als<br />
eine „Prinzipienerklärung" der neuen Internationale<br />
hinstellt.<br />
Weit schädlicher für die geistige <strong>und</strong> praktische<br />
Harmonie unserer Bewegung ist jedoch die<br />
Unterdrückung der zweiten Resolution, die eingebracht<br />
wurde von den Genossen Baginski, Emma<br />
Goldmann <strong>und</strong> mir Sie lautet:<br />
2. „Der internationale Kongress beschliesst die<br />
Begründung der anarchistischen Internationale.<br />
Die anarchistische Internationale ist eine Föderation<br />
autonomer Gruppen, die jedes zentrale<br />
Bureau ausschaltet <strong>und</strong> deren internationale Beziehungen<br />
geschaffen werden durch die Ernennung<br />
zweier Korrespondenzsekretäre durch jedes Land,<br />
die sich, gemäss den Bestimmungen ihrer resp.<br />
Gruppen oder Föderationen, gegenseitig In internationale,<br />
regelmässige Verbindung zu setzen haben,<br />
Die Internationale ist vollkommen öffentlich,<br />
<strong>und</strong> die Namen sämtlicher internationalen Sekretäre<br />
müssen fortlaufend in allen anarchistischen Zeitungen<br />
erscheinen mit Angabe der Adressen.<br />
Beschlossen, ein internationales Bulletin herauszugeben."<br />
Diese Resolution stellt die gegensätzliche<br />
Richtung innerhalb des Kongresses einem internationalen<br />
Bureau gegenüber dar. Ob sie im Rechte<br />
oder nicht, ist hier bedeutungslos; auf keinen Fall<br />
hat ein anarchistisches Bureau das Recht, sie zu<br />
unterdrücken.<br />
Ich erachte es für durchaus notwendig, den<br />
Genossen diese erste Unterdrückung des Gr<strong>und</strong>prinzips<br />
jeder anarchistischen Auschauung durch<br />
das Bureau zur Kenntnis zu bringen. Wenn wir<br />
Anarchisten sein wollen, müssen wir auch die nötige<br />
Energie haben, gegenüber den Methoden der<br />
heutigen Bourgeoismoral innerhalb unserer eigenen<br />
Bewegung Front zu machen.<br />
Pierre Ramus.<br />
P. S. Ich ersuche die Bruderblatter, Obige?<br />
zum Abdruck zu bringen.<br />
2.<br />
Geehrte Kameraden I . . . Wir in Klagenfurt<br />
begrüssen Euer Blatt mit brüderlicher Solidarität<br />
<strong>und</strong> werden Alles, was in unseren Kräften steht,<br />
für dasselbe tun. Wir haben schon eine Zusammenkunft<br />
betreffs des gründlichen Vertriebes unseres<br />
„W. F. A" gehabt; beschlossen wurde, eine grössere<br />
Anzahl von Exemplaren kommen zu lassen <strong>und</strong><br />
gleich in voraus zu bezahlen.<br />
Endlich wird es möglich sein, unseren Ideen<br />
auch in Deutsi hösterreich Verbreitung zu bieten.<br />
Wohl haben wir das Blatt des Genossen Prisching,<br />
den „G'roden Michl", aber dasselbe widmet sich<br />
mehr ausschliesslich ethischen u. hygienischenSpezialfragen<br />
des fr ien Gedankens <strong>und</strong> nicht so sehr dei<br />
Propaganda der ökonomischen <strong>und</strong> politischen<br />
Gr<strong>und</strong>lehren des Anarchismus. Gegenseitige Hilfe<br />
<strong>und</strong> Unterstützung können hier viel z u s t a n d e bringen.<br />
Wie gesagt, mit Liebe schliessen wir uns dem<br />
„W. F. A." an. Gleichzeitig senden wir Euch die<br />
folgenden Bezugsadressen von guten Abonnenten . . .<br />
Mit Brudergiuss J. N.<br />
3.<br />
W. K.! . . . Vor Weihnachten erhielt ich die<br />
erste Nummer des „W. F. A." <strong>und</strong> habe mich sehr<br />
über denselben gefreut. Ich gratuliere Ihnen allen<br />
zu dem Blatte . . . Veranlassen Sie, bitte, nochmalige<br />
Übersendung der ersten Nummer; die mir<br />
Gesandte hat sich nämlich mein Vater a n g e e i g n e t . . .<br />
Ich werde mein Mäglichstes für das Blatt tun <strong>und</strong><br />
darauf los agitieren, um demselben Abonnenten zuzuführen.<br />
Mit Fre<strong>und</strong>schaftsgruss.<br />
B . . . . in Ungarn. H.<br />
4.<br />
Prag .. . 1908.<br />
W. G . ! Teile Euch mit, dass W. F. A", unter<br />
den Prager Genossen grösster Sympathie begegnet..<br />
Der Eurige O. F.<br />
5.<br />
Prossnitz (Mähren).<br />
W. G.! Alles erhalten. Was ich für die Verbreitung<br />
des Blattes „W. f. A." tun werde können,<br />
wird geschehen, die erhaltenen Blätter habe ich teilweise<br />
verkauft. Ende dieser Woche sende Euch<br />
Geld. Ich bin es hier allein, der anarchistische Literatur<br />
studiert <strong>und</strong> kolportiert. Welchen schweren<br />
Stand ich unter den Sozialdemokraten habe, dies<br />
werdet Ihr begreifen. Ich trage mich mit den Gedanken,<br />
mir auf eigene Kosten billige Schiften, darunter<br />
auch freidenkerische schicken zu lassen, die<br />
ich vorerst zum Lesen ausborge <strong>und</strong> dann verkaufe.<br />
Wenn ihr mir dieselben billig verschaffen könnt,<br />
schreibet mir, damit ich Euch Geld für derartige<br />
Sendungen im vorhinein einschicken kann. Dass der<br />
Anarchismus nicht so leicht <strong>und</strong> bald viele ehrliche<br />
Vertreter finden wird, ist ja begreiflich. Nur auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Unwissenheit der Arbeiter, die nicht selbständig<br />
handeln <strong>und</strong> denken, können so viele sozial.-dem.<br />
Führei schön leben. Es ist klar, dass ein<br />
Mensch, der in der Partei seine Existenz hat, niemals<br />
wollen wird, dass ihm seine getreuen Schafe<br />
durch die anarchistische Propaganda untreu werden,<br />
i h m <strong>und</strong> seiner Partei den Rücken kehren sollen.<br />
Da Anarchisten selbständig handelnd Menschen<br />
sind, wollen sie, dass die Menschen so erzogen,<br />
gebildet werden, dass sie keinen Leithammel (Führer)<br />
brauchen. Die Schreibweise des „W. f. A." ist gut<br />
<strong>und</strong> leicht verständlich. Sendet mir mehr Blätter;<br />
die ineisten anderen Leser sind Textilarbeiter <strong>und</strong><br />
sind organisiert. Die Weberverhältnisse sind hier<br />
unter'm H<strong>und</strong>. Ich wünsche unserem Blatt so wie<br />
Euch allen Kameraden, ein glückliches 1908! Mit<br />
solid. Gruss R.<br />
6.<br />
Oppenbach a. Main.<br />
W. G.! Bitte mir als Abonnent des „W. f. A."<br />
einige Freiexemplare zu senden. Bin gerne bereit,<br />
unter hiesigen Landsleuten Abonnenten zu werben.<br />
Als Österreicher hocherfreut, auch in meinem Vaterlande<br />
ein Blatt wie den „W." erstehen zu sehen, mit<br />
dessen Hilfe meine Volksgenossen aus ihrem socialen<br />
Schlafe gerüttelt werden können. Bin auch<br />
gerne für manchen literarischen Beitrag zu haben.<br />
Glück auf! P.<br />
7.<br />
W. G.! Ein herzliches Neujahr Eurem „W. f.<br />
A.", um dessen Zusendung ich bitte. Leider fehlt der<br />
deutschsprachigen Bewegung gegenwärtig ein Blatt<br />
wie der frühere „Arme Temfel" des Genossen<br />
Albert Weidner. Mit revol. Gruss Carl Holtmann,<br />
Biendorf.<br />
Vereinskalender.<br />
Allgemeine G e w e r k s c h a f t s - F ö d e r a t i o n von<br />
Niederösterreich. Versammlungen finden jeden<br />
Sonntag abends statt, um 6 Uhr im VI. Bez. Einsiedlerg.<br />
60. Adresse des Obmanns: Wenzel H o r a z e k , V.<br />
Kohlg. 21. Wien.<br />
S a m s t a g 8 U h r :<br />
Bildungsverein „POKROK" (Fortschrift).<br />
XIV. H ü t t e l d o r f e r s t r a s s e 33.<br />
M o n t a g 8 U h r :<br />
Schuhmachergewerkschaft<br />
XIV. H ü t t e l d o r f e r s t r a s s e 33.<br />
S o n n t a g 9 Uhr vorm.: Zusammenkunft.<br />
Föderation der Bauarbeiter<br />
X. Bezirk W i e l a n d p l a t z Nr. 1.<br />
S a m s t a g 8 Uhr A . - Z u s .<br />
Bildungsverein „ROVNOST" (Gleichheit).<br />
X. Euger.gasse 9.<br />
S o n n t a g 4 Uhr N a c h m . : Zus.<br />
Allgemeine Gewerkschafts-Föderation<br />
V. E i n s i e d l e r g a s s e 60.<br />
Diskussionen <strong>und</strong> Vorlesungen.<br />
B r i e f k a s t e n .<br />
S c h w e b e r . Dank für Brief. An „Vrije Socialist"<br />
gesandt. Verkaufe viel <strong>und</strong> sende Geld dafür! Brudergruss!<br />
— Lorenz Gross. Der „W. f. A." ist das<br />
Eigentum der Kameraden <strong>und</strong> diese haben selbstredend<br />
jederzeit das Recht, ihre prinzipielle <strong>und</strong><br />
taktische Meinung in demselben zum Ausdruck zu<br />
bringen. Gruss! — H. Bauer. N. Y. Adresse konnte<br />
nicht früher angegeben werden. Bedauere! — Zeit<br />
W . Die Worte vom „ T r e i b e n d e r r e g i e r e n -<br />
d e n E x a n a r c h i s t e n " in Frankreich, sind natürlich<br />
eine grobe Fälschung der „Arbeiterzeitung",<br />
die b e w u s s t vorgenommen wurde. Briand war<br />
u n d i s t Socialdemokrat, desgleichen Viviani; Clemenceau<br />
war niemals mehr als ein radikaler Liberaler.<br />
— B u d a p e s t . Was soll das bedeuten: „H. P.<br />
rein wie Sonnenlicht?" Uns unverständlich. —<br />
S t e r n b e r g . Wir empfehlen vornehmlich den Massenbezug<br />
des „Anarchistischen Manifests". Gruss! —<br />
Otto N. Bezugsbedingungen aus dem Unterteil des<br />
Kopftitels des Blattes zu ersehen! — Krakau, Ibid.<br />
— Bourey. Wenden Sie sich selbst an den Verlag<br />
des „Fr. Gen." — Herbert. Herzensgruss Dir, Du<br />
tapferer Urwaldfäller des Geistes <strong>und</strong> der Natur<br />
<strong>und</strong> Dank von uns allen für prächtigen Abonnentenstrauss!