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Unser Weg und Ziel! - DIR

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lichsozialen o d e r umgekehrt nur ein kleiner<br />

Schritt, denn die Herren sind im Wesen<br />

eins, verschieden nur in der Form. Beide<br />

sind, wie alle übrigen politischen Parteien<br />

schließlich auch, in ihren reformativen oder<br />

weiterliegenden Forderungen nichts als Dem<br />

a g o g e n . Beide reichen sich" einmütig <strong>und</strong><br />

versöhnt die H ä n d e in ihrem Kampf gegen<br />

den Anarchismus <strong>und</strong> wollen die D u m m e n<br />

glauben machen, daß Anarchismus nichts<br />

als Gewalt sei, w ä h r e n d der Anarchismus<br />

gerade die Lehre des Friedens, der Gewaltlosigkeit<br />

ist, selbst die soziale Revolution<br />

nur im Sinne der Verteidigung <strong>und</strong> Abw<br />

e h r auffaßt, nie im Sinne des Angriffes.<br />

Dem Anarchismus ist die soziale Revolution<br />

n i c h t die Diktatur des Proletariats<br />

(Marx) oder die Gewalt die Geburtshelferin<br />

jeder neuen Gesellschaft (Marx), sondern<br />

sie ist ihm diejenige soziale Verteidigung<br />

der Gesellschaftsgruppierungen, die die von<br />

ihnen vollzogene <strong>und</strong> aus ihrer gemeinschaftlichen<br />

Tätigkeit erwachsene U m w a n d -<br />

lung der Lebensverhältnisse gewahrt <strong>und</strong><br />

von den Mächten der Reaktion unberührt<br />

sehen will.<br />

G e r a d e letzterer Standpunkt ist denn<br />

auch der p r i n z i p i e l l e Unterschied zwischen<br />

uns <strong>und</strong> der Sozialdemokratie in<br />

Sachen des Antimilitarismus. Herr Schuhmeier<br />

<strong>und</strong> die Seinen wollen die Erringung<br />

der Staatsgewalt, dazu bedarf es eines Militärsystems,<br />

darum die Miliz, die a l l e , selbst<br />

die Jugend, zum Soldatenideal erziehen will<br />

<strong>und</strong> soll. Die Anarchisten hingegen bekämpfen<br />

den Staat, w e i l er die organisierte<br />

Militärgewalt, sie wollen volle Freiheit für sich<br />

<strong>und</strong> alle gesellschaftlichen G r u p p e n auf<br />

G r u n d l a g e sozialistischer Harmonie. D a r u m<br />

treten sie ein für die Aufhebung des Militarismus<br />

— k e i n e r sei Soldat, alle freie Menschen:<br />

die Gesellschaft der Autoritätslosigkeit.<br />

Funken vom Amboß der<br />

Anarchie.<br />

Die wissenschaftliche G r u n d l a g e der<br />

Philosophie <strong>und</strong> Lehre des Anarchismus<br />

findet sich im selbständigen Denken <strong>und</strong><br />

allgemeinen Kulturstreben des Individuums<br />

nach Entfaltung seiner Persönlichkeit <strong>und</strong><br />

Befreiung von den diese b e e n g e n d e n<br />

Hemmnissen des Staates <strong>und</strong> der wirtschaftlichen<br />

A u s b e u t u n g gegeben. In der Heranbildung<br />

eines Menschengeschlechtes, dessen<br />

individuelle Eigenschaften sich in dieser<br />

historischen, sozialen <strong>und</strong> ethischen Richt<br />

u n g äußern <strong>und</strong> dem E m p o r k o m m e n einer<br />

Menschheitsgeneration, die des bestehenden<br />

Druckes in jeder Hinsicht überdrüssig gew<br />

o r d e n <strong>und</strong> ihn dann auf G r u n d höchster<br />

geistiger Erkenntnis abschüttelt, ist die<br />

Zukunft unserer Zeit, ist die g r o ß e Kulturmöglichkeit<br />

der Zukunft gelegen. Der<br />

Anarchismus betrachtet somit das Erziehungswesen,<br />

die pädagogische Unterweisung der<br />

Jugend als ein H a u p t m o m e n t jener Bew<br />

e g u n g , die sich der A n b a h n u n g eines<br />

gesellschaftlichen Zustandes widmet, in dem<br />

die einzelnen Individuen geistig, politisch<br />

<strong>und</strong> ökonomisch frei sind. Freie Menschen<br />

werden nur gebildet durch die Befreiung<br />

ihres Geistes von allen W a h n i d e e n der<br />

Autorität <strong>und</strong> des Aberglaubens.<br />

Darin hat vornehmlich unsere m o d e r n e<br />

Erziehung — <strong>und</strong> die allgemein obligatorische<br />

Erziehung ist sozusagen erst Sache<br />

der Modernität — gesündigt. Und so ist es<br />

denn etwas ungemein Eigenartiges, eine<br />

Erscheinung beobachten zu können, die,<br />

a u s g e h e n d von einer rein akademischphilologischen<br />

Diskussion über den Wert<br />

oder U n w e r t des klassischen Sprachenunterrichtes,<br />

bei u n s in Österreich allmählich<br />

die Dimensionen eines großen Kulturp<br />

r o b l e m s a n g e n o m m e n hat, das da lautet:<br />

W e l c h e E r z i e h u n g ist d i e g e e i g n e t s t e ,<br />

u m e i n e M e n s c h h e i t z u T a g e z u f ö r -<br />

d e r n , d i e i n g e i s t i g e r w i e a u c h<br />

p h y s i s c h e r H i n s i c h t i m S t a n d e ist,<br />

d e n g r o ß e n L e b e n s f r a g e n d e s Einz<br />

e l m e n s c h e n u n d d e r G e s e l l s c h a f t<br />

i n s A n t l i t z z u b l i c k e n u n d i h n e n<br />

e i n e z u f r i e d e n s t e l l e n d e L ö s u n g z u<br />

b r i n g e n ?<br />

Wie es gewöhnlich geht in der bürgerlichen<br />

Welt — sie tastet am Äußerlichen,<br />

Oberflächlichen herum, <strong>und</strong> es mangelt ihr<br />

an jenem tieferen Blick, der auf den G r u n d<br />

der D inge zu dringen vermag. Und so hat<br />

die Gesamtdiskussion, die sich über dieses<br />

T h e m a in den Hörsälen der Universitäten,<br />

in der Presse <strong>und</strong> von der Kanzel der Öffentlichkeit<br />

herab überhaupt erhob, eigentlich<br />

ein recht dürftiges Resultat ergeben. D e n n<br />

die Diskussion verrammelte sich in lauter<br />

leeren <strong>und</strong> höchst relativen W ü r d i g u n g e n der<br />

einzelnen Lehrfächer, die in den Hochschulen<br />

gelehrt werden, wollte durchaus<br />

nicht die eine gewichtige Frage beantworten,<br />

die sich förmlich gewaltsam aufdrängt: was<br />

soll denn eigentlich der Z w e c k der Erz<br />

i e h u n g sein oder w e r d e n ? Kein W u n d e r ,<br />

daß das g a n z e g r o ß e Geistesringen in nichts<br />

a n d e r e m auslief, als in den Vorbereitungen<br />

für eine E n q u e t e auf diesem Gebiete, die<br />

aber e b e n s o wenig wie sonst etwas Klärung<br />

<strong>und</strong> Klarheit zu bringen vermag, das sich<br />

an den toten Buchstaben klammert <strong>und</strong><br />

d a r o b den lebenden Geist — Gemüt, Vernunft<br />

<strong>und</strong> Charaktereigenschaften des werd<br />

e n d e n Menschen — total vergißt.<br />

Glücklicherweise gibt es weiße R a b e n ;<br />

M ä n n e r der Bourgeoisie <strong>und</strong> sogenannte<br />

höhere Kreise, die, vielleicht auch nur instinktiv,<br />

aber d e n n o c h mit großem Verständnis,<br />

eine eminente A u s n a h m e von ihren Klassen-<br />

<strong>und</strong> Gesinnungsgenossen, wenigstens<br />

in solchen Spezialfragen der Wissenschaft<br />

— w e r weiß, ob auch des Lebens? — bilden.<br />

Sie begreifen das Problem <strong>und</strong><br />

kennen dessen Beantwortung. Wissen, daß<br />

e s gilt, M ä n n e r <strong>und</strong> M e n s c h e n d . h .<br />

Charaktertypen des männlichen <strong>und</strong> weiblichen<br />

Geschlechtes zu erziehen, nicht nur<br />

Zunftgelehrte <strong>und</strong> gute Schacherer. Und das<br />

Merkwürdigste ist dies: Sobald sie einmal<br />

ihr geistiges Leben von den Scheuklappen<br />

der Voreingenommenheit, des Vorurteiles<br />

befreit <strong>und</strong> eingesehen haben, daß es gilt,<br />

Individuen heranreifen zu lassen, die auch<br />

außermateriellen, nicht nur tierischmateriellen<br />

Interessen <strong>und</strong> Zwecken, also jenen des<br />

G e l d e r w e r b e s gewachsen sein sollen, in<br />

denen die Geistesflamme von harmonisch<br />

d e n k e n d e n <strong>und</strong> empfindenden Vollpersönlichkeiten<br />

lodern müßte <strong>und</strong> die somit<br />

einen Wiederauferstehungstypus der Antike<br />

darbieten w ü r d e n — am merkwürdigsten<br />

ist d i e s : dann m ü s s e n jene Männer, um so<br />

g r o ß <strong>und</strong> w a h r <strong>und</strong> frei denken zu können,<br />

ihre Gedankenfunken aus dem A m b o ß<br />

der anarchistischen Ideenwelt schlagen! Ist's<br />

ein Fatum, ist's neckische Ironie? Wie<br />

immer d e m auch sein m ö g e : Es ist einmal so!<br />

Und für u n s Anarchisten, die wir den ganzen<br />

Glutidealismus unserer Gedankenwelt kennen<br />

; die wir wissen, daß in ihr das Edelwerdende,<br />

das Erhabenste <strong>und</strong> das Zukunftssichere<br />

einer höheren Kulturstufe sich befindet,<br />

ist solche seltsame Erscheinung<br />

nichts anderes als der erneuerte <strong>und</strong> ewig<br />

wiederkehrende Beweis dafür, daß das<br />

Geistesleben der Menschen, soweit es in<br />

Wahrheit der Freiheit dienstbar, sich mit<br />

unaufhaltsamer Kraft von einem auf ihm<br />

liegenden Banne befreit <strong>und</strong> die Ideale der<br />

Anarchie in einer krystallklaren Form erkannt,<br />

im oftmals u n b e w u ß t e n Streben nach<br />

ihr die Vorbereitungsstufen für ihre Verwirklichungsmöglichkeit<br />

erklimmt. Immer<br />

deutlicher erkennt der vorurteilslos forschende<br />

Menschengeist, daß das Freiheitliche das<br />

Individuelle ist, <strong>und</strong> daß das soziale, gesell-<br />

schaftliche Element des wirtschaftlichen Verbandes<br />

sich aus dem Z u s a m m e n s c h l u s s e<br />

solch freier <strong>und</strong> vertiefter Persönlichkeiten<br />

wie von selbst ergibt, das soziale Element,<br />

das uns Anarchisten die kommunistische<br />

G r u n d l a g e des produktiven <strong>und</strong> verbrauchenden<br />

Gesellschaftsprinzips ist.<br />

Um dieses g r o ß e Ideal realisieren zu<br />

können, dazu bedarf es der Vollmenschen.<br />

Mit ihrer Geburt stirbt die bürgerliche<br />

Welt <strong>und</strong> zwar an ihnen! G e w i ß ist es somit<br />

seltsam, zu beobachten, wie es Männer<br />

sind, die sonst zu den eifrigsten Förderern<br />

der bürgerlichen Gesellschaftsordnung gezählt<br />

werden, die aus d e m A m b o ß des Anarchismus<br />

diejenigen Gedankenfunken schlagen,<br />

die Feuer fangen werden, müssen <strong>und</strong><br />

ein Menschenmaterial ergeben, dem die<br />

bourgeoise W e l t o r d n u n g z u e n g <strong>und</strong> die<br />

es deshalb zu überwinden hat. Einer von<br />

den wenigen, die, ich weiß nicht, ob bew<br />

u ß t oder u n b e w u ß t , in den strittigen Fragen<br />

über Schulreform, Mittelschule oder Gymnasium<br />

sich von d e m Troß der Oberflächlichen<br />

unterscheiden, ist der bekannte H o f -<br />

r a t T h e o d o r F u c h s , Professor der P a -<br />

l ä o n t o l o g i e a n der Wiener Universität,<br />

der uns in einem demnächst zu erscheinenden<br />

Werke, aus dem uns ein Abriß vorliegt,<br />

den Entwurf zur Organisation einer<br />

einheitlichen h u m a n i s t i s c h e n Schule<br />

bietet, dessen Gr<strong>und</strong>prinzipien von der Ans<br />

c h a u u n g des Anarchismus sich nicht nur<br />

n i c h t unterscheiden, sondern die bereits<br />

von unserem französischen F r e u n d e Paul<br />

Robin in der alten »Internationale« vertreten<br />

wurden, gegenwärtig einzig <strong>und</strong> allein<br />

in den von anarchistischen Gr<strong>und</strong>prinzipien<br />

inspirierten Schulen Frankreichs, Spaniens,<br />

Hollands, jener Tolstois in Rußland u. s. w.,<br />

sich betätigen.<br />

Betrachten wir nur einmal die leitenden<br />

Gr<strong>und</strong>sätze, die Hofrat T h e o d o r Fuchs<br />

befolgt sehen will. Er sagt:<br />

„Das gemeinsame <strong>Ziel</strong> aller physischen <strong>und</strong><br />

geistigen Arbeit des (Menschengeschlechtes ist die<br />

Erhebung des Menschen zu immer höherer<br />

geistiger <strong>und</strong> sittlicher Freiheit.<br />

Die Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong> Quelle aller sittlicher <strong>und</strong><br />

geistiger Freiheit ist die S e l b s t e r k e n n t n i s , die<br />

Erkenntnis seiner physischen <strong>und</strong> psychischen Natur,<br />

die Erkenntnis seiner Stellung in der Natur <strong>und</strong> in<br />

der Gesellschaft, die Erkenntnis seiner Rechte <strong>und</strong><br />

seiner Pflichten.<br />

Die Erhebung zu höherer geistiger <strong>und</strong> sittlicher<br />

Freiheit ist nur möglich innerhalb einer auf sittlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen aufgebauten gesellschaftlichen Ordnung.<br />

Jeder Mensch hat ein unveräußerliches Recht<br />

auf seine Persönlichkeit. Jeder Mensch hat aber<br />

auch die Pflicht, seine Fähigkeiten <strong>und</strong> Kräfte zum<br />

besten seiner Mitmenschen zu verwenden <strong>und</strong> an<br />

der Erweiterung <strong>und</strong> Hebung der sittlichen Gr<strong>und</strong>lage<br />

der Gesellschaft tätigen Anteil zu nehmen."<br />

W a s ist dies anderes als die Ethik des<br />

Anarchismus, die sich hier vernehmbar<br />

macht, o b w o h l man sie gerade aus solchem<br />

M u n d e zuletzt vermutet hätte?<br />

Und daß es sich mir nicht etwa um eine<br />

willkürliche Verzerrung von Begriffen handelt,<br />

sondern um die B e h a u p t u n g eines unleugbaren<br />

Tatbestandes, das geht daraus<br />

hervor, daß ich kühn behaupten kann: Es<br />

gibt keinen einzigen der W e l t a n s c h a u u n g<br />

des Anarchismus huldigenden Menschen,<br />

der diese »leitenden G r u n d s ä t z e " des Professors<br />

nicht freudig unterschriebe!<br />

N e h m e n wir etwas anderes, was uns<br />

hauptsächlich interessiert. Die sittliche Charakterbildung<br />

will Professor Fuchs auf<br />

folgende Strebensziele richten:<br />

„Durch Weckung, Belebung <strong>und</strong> Erhaltung der<br />

L e b e n s f r e u d i g k e i t als der einzigen natürlichen<br />

Quelle alles menschlichen Wirkens <strong>und</strong> Strebens,<br />

als der Urquelle alles Guten <strong>und</strong> Schönen.<br />

Durch Weckung des E h r g e f ü h l s .<br />

Durch Weckung des P f l i c h t g e f ü h l s .<br />

Durch Anleitung zur W a h r h a f t i g k e i t .<br />

Durch Anleitung zur S e l b s t b e h e r r s c h u n g .<br />

Durch Weckung <strong>und</strong> Erhaltung eines die ganz<br />

e Schule umfassenden k o l l e g i a l e n G e i s t e s .<br />

Durch Herstellung <strong>und</strong> Pflege eines v e r -<br />

t r a u e n s v o l l e n E i n v e r n e h m e n s zwischen<br />

Lehrkörper <strong>und</strong> Schüler."

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