Unser Weg und Ziel! - DIR
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ungen der Menschen selbst, die in normaler<br />
Weise erzeugen <strong>und</strong> frei geniessen.<br />
Für uns ist die Zukunft n i c h t eine<br />
künstlich aufgebaute Form, die unabänderlich<br />
ist oder bleiben muss. Nein, die freie G e <br />
sellschaft der Zukunft wird sein das Werk<br />
spontan wirkender Individualitäten, die ihre<br />
Formen bilden <strong>und</strong> schaffen, die sich aber<br />
unaufhaltsam verändern <strong>und</strong> weiter entwickeln<br />
werden, wie alles Aussprüche des Lebens es<br />
tut. Doch was wir wissen, für uns als Lebenspostulat<br />
aufstellen, ist d i e s :<br />
Solange die ökonomische- Gleichheit für<br />
alle Menschen n i c h t etabliert ist — bleiben<br />
wir: i n t e r n a t i o n a l e A n a r c h i s t e n ,<br />
K o m m u n i s t e n , d i e d i e U n v e r m e i d <br />
l i c h k e i t d e r s o c i a l e n R e v o l u t i o n<br />
v e r k ü n d e n !<br />
(Übersetzt aus den; Französischen von J u s t<br />
S e r g e j e v).<br />
Syndikalismus*) <strong>und</strong> Parlamentarismus.<br />
Die Gegner des anarchistischen Generalstreiks<br />
stehen auf einem falschen Standpunkt,<br />
verstehen nicht die geschichtliche Rolle <strong>und</strong><br />
die historische Mission der gewerkschaftlichen<br />
Arbeiterorganisationen. In ihrer Beurteilung<br />
des anarchistischen Generalstreiks sehen sie<br />
blos, dass er den Einfluss des Parlamentarismus<br />
abschwächt. Darum sagte die hollandische<br />
Socialdemokratin Roland Holst in<br />
ihrer Broschüre „Generalstreik <strong>und</strong> Socialdemokratie"<br />
auch, dass der Gr<strong>und</strong>stein der<br />
Gewerkschaften, im Gerensatz zu der politischen<br />
Organisation, die angeblich auf den<br />
gemeinsamen Interessen der ganzen Arbeiterklasse<br />
beruht, die Gemeinschaft der engen<br />
Fachinteressen der Arbeiter eines bestimmten<br />
Faches sei. Aufgabe der Gewerkschaften solle<br />
aber nur sein, der Kampf gegen einzelne<br />
Kapitalisten oder gegen Gruppen der Kapitalisten.<br />
Dieser Gesichtspunkt ist falsch. Die<br />
Gegner des Generalstreiks, die Socialdemokraten,<br />
indem sie somit den Gewerkschaften<br />
keine tiefere Bedeutung beilegen, tun es aus<br />
folgenden Gründen. Sie behaupten, dass n u r<br />
d i e p o l i t i s c h e O r g a n i s a t i o n , die bei<br />
ihnen nichts ist, als die parlamentarische<br />
Fraktion, die Gemeinschaftlichkeit der Interessen<br />
d e r g a n z e n Arbeiterklasse vertrete;<br />
alle übrigen Erscheinungen des proletarischen<br />
Kampfes haben bei ihnen nur soviel Bedeutung,<br />
als sie zum Forlschrift des Parlamentarismus<br />
mitwirken. Damit zeigen sie, dass<br />
sie nur politische Parlamentarier sind, ihr<br />
Unverständnis für die sociale Kraft der Arbeiterbewegung.<br />
Es wäre Unwissenheit, wenn ich behaupten<br />
möchte, dass die Arbeitervereine<br />
nur die Früchte der Neuzeit seien. Arbeiter-<br />
*) Das französische Wort „Syndikalismus" bedeutet<br />
in deutscher Übertragung etwa dasselbe wie<br />
Gewerkschaft oder Berufsgenossenschaft. In Frankreich<br />
wiici dieses Wotf für die gesamte Gewerkschaftsbewegung<br />
angewandt. Das bedeutendste revolutionäre<br />
Gewerkschaftsorgan Frankreichs „La<br />
voix du peuple" („Volksstimme") redigiert von<br />
unseren Genossen E m i l e Pouget, Griffclhuis usw.,<br />
spricht deshalb immer auch in unterschiedlichem<br />
Sinne von einem „r e v o l u t i o n ä r e n Syndikalismus",<br />
„gelben Syndikalismus" (Streikbrecherorganisationen),<br />
„ r e f o r m i s t i s c h e n Syndikalismus"<br />
(socialdemokratische Gewerkschaftsorganisationen).<br />
Die für uns massgebende Gewerkschaftsorganisation<br />
Frankreichs ist jene der r e v o l u t i o n ä r e n Gewerkschaftsbewegung,<br />
die den Generaltitel „Arb<br />
e i t s k o n f ö d e r a t i o n " führt, <strong>und</strong> diese bezeichnen<br />
wir auch stets, wenn wir der Kürze halber<br />
nur das Wort Syndikalismus — also für uns die<br />
r e v o l u t i o n ä r e G e w e r k s c h a f t s b e w e g u n g —<br />
gebrauchen. (Anmerkung der Redaktion).<br />
vereine existierten schon bei den mittelalterlichen<br />
Handwerkern. Die modernen Gewerkschaften<br />
aber haben ihre eigene Form der<br />
Entwicklung angenommen. Sie entstanden als<br />
Waffe des Kampfes für unmittelbare Verbesserung<br />
der Lage des Proletariats. So lange<br />
die socialistischen Führer — die künftigen<br />
Parlamentarier — nicht die Absicht hatten,<br />
ins Parlament einzudringen, beschäftigten sie<br />
sich ausschliesslich mit der Agitation unter<br />
den Unterdrückten, auch unter der Bauernschaft<br />
<strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage des Kampfes<br />
für momentane Interessen organisierten sie<br />
das Proletariat für sein Endziel — für die<br />
Abschaffung des Kapitalismus <strong>und</strong> dessen<br />
Ersetzung durch den Socialismus. Damals<br />
sangen sie andere Liedchen als heutzutage.<br />
Der deutsche Socialdemokrat Liebknecht führte<br />
seinerzeit deutlich aus, dass der Parlamentarismus<br />
eine nutzlose Plauderei <strong>und</strong> eine Beschäftigung<br />
für „socialistische Phantasiepolitiker"<br />
sei.<br />
So propagierten auch die russischen Socialisten,<br />
die jetzigen Socialdemokraten in den<br />
70er Jahren. In der Zeitung „ C z e r n i j P e <br />
r e d e l " i n einem „ B r i e f e a n d e n e h e <br />
m a l i g e n G e n o s s e n " schrieb der Autor:<br />
„Die historische Erfahrung lehrt uns, dass<br />
die Reorganisierung der Gesellschaft auf gerechteren<br />
Gr<strong>und</strong>lagen nur mit Hilfe der ö k o <br />
n o m i s c h e n s o c i a l e n R e v o l u t i o n möglich<br />
ist, dass die politischen Umwälzungen<br />
n i r g e n d s <strong>und</strong> n i e m a l s die ökonomische<br />
<strong>und</strong> politische Freiheit garantieren konnten.<br />
Die Ideen uer politischen Freiheit — sowie<br />
die Souveränität des Volkes, das allgemeine<br />
Wahlrecht — in deren Namen die politischen<br />
Revolutionen vollbracht worden waren, verloren<br />
jede Macht <strong>und</strong> Bedeutung".<br />
Plechanow, der russische Marxist <strong>und</strong><br />
Socialdemokrat, schrieb in Nr. 1 „Czerneij<br />
Peredel" im Leitartikel: „jede social-revolutionäre<br />
Partei muss das Volk dazu bewegen,<br />
dass es, statt des passiven Versprechens auf<br />
die Verteilung des Bodens, die von „ o b e n " , von<br />
der Regierung vollbracht werden soll, zu<br />
aktiven Forderungen zu greifen, Boden <strong>und</strong><br />
Freiheit zu verlangen, von „unten", vom<br />
Volke selber, erkämpft werden muss. Nur<br />
darin besteht die Aufgabe <strong>und</strong> sind die möglichen<br />
Grenzen ihrer revolutionären Beeinflussung<br />
des Volkes gegeben. Alle anderen<br />
Handlungen, wie radikal sie auch scheinen<br />
mögen, wie viel sie auch dem Volke versprechen<br />
mögen, werden in ihrem Wesen<br />
reaktionär sein, weil sie — die Handlungen —<br />
nicht nur die U n v e r l e t z l i c h k e i t des<br />
Staates bedingen, s o n d e r n a u c h s e i n e n<br />
B e i s t a n d v o r a u s s e t z e n " .<br />
Doch diesen Herrn fing das Parlament<br />
zu lächeln an, <strong>und</strong> sie änderten ihre Meinungen.<br />
Je mehr diese Herren sich hinreissen<br />
Hessen, mit, nach dem Ausdruck Liebknechts,<br />
den „socialistischen Phantasiepolitikern" zu<br />
buhlen, desto mehr vernichteten sie die wichtige<br />
Bedeutung der Arbeiterbewegung <strong>und</strong><br />
ordneten diese dem Parlamentarismus unter.<br />
Alles, was nicht dem Nutzen des Parlamentarismus<br />
dienen konnte, verstümmelten sie<br />
oder kämpften leidenschaftlich dagegen. D e s <br />
halb ist es, dass die Gewerkschaften Deutschlands<br />
<strong>und</strong> Österreichs, wo die Socialdemokraten<br />
grösseren Einfluss besitzen, ihre richtige<br />
Bedeutung verloren <strong>und</strong> allmählich sich<br />
aus einer Waffe des Proletariats in eine Waffe<br />
für die Parlamentarier umgewandelt haben.<br />
Die proletarische Bewegung stösst sie<br />
aber überall dort zurück, wo sie selbstbewusst<br />
ist. Der Parlamentarismus verliert<br />
immer mehr an Einfluss. Die Arbeiter fühlen<br />
<strong>und</strong> begreifen, dass sie damit ihre Herr-<br />
schende <strong>und</strong> Schmarotzer unterstützen, der<br />
Parlamentarismus sie von ihrem unmittelbaren<br />
Kampfe, von ihrer echten parlamentarischen<br />
Bewegung, der direkten Aktion abhält. Und<br />
je mehr sie dies fühlen <strong>und</strong> begreifen, desto<br />
mehr überzeugen sie sich von der Notwendigkeit<br />
des von anarchistischen Ideen inspirierten<br />
Generalstreiks.<br />
Auf dem italienischen socialistischen<br />
Parteitag von 7. — 10. Oktober 1907 trugen<br />
die revolutionären Syndikalisten einen moralischen<br />
Sieg davon, durch die Propagierung<br />
des Antimilitarismus <strong>und</strong> der Generalstreiksidee.<br />
Auf dem Gewerkschaftskongress in Amiens<br />
vom 9. — 12. Oktober 1906, errang die Idee<br />
des Generalstreiks <strong>und</strong> des Antiparlamentarismus,<br />
die die revolutionären Gewerkschaftler<br />
predigten, den vollsten Sieg. Die Resolution,<br />
die Griffuelhes vorgeschlagen <strong>und</strong> die alle<br />
Syndikalisten unterzeichneten, wurde angenommen<br />
mit 830 Stimmen gegen 8. Unter<br />
anderem wird in dieser Resolution gesagt:<br />
„Er (der Syndikalismus) b e r e i t e t d i e v o l l <br />
s t ä n d i g e B e f r e i u n g v o r , die sich nur<br />
durch die E x p r o p r i a t i o n des Kapitals<br />
vollziehen kann. Er erklärt als Kampfesmittel<br />
den Generalstreik".<br />
In Deutschland, wo die Agitation der<br />
Idee des Generalstreiks erst durch Dr. Friedeberg<br />
einen einigermassen anspornenden Einfluss<br />
gewann, hat sie auch ihre Anhänger.<br />
15.000 Arbeiter, die Mitglieder der Freien<br />
Vereinigung deutscher Gewerkschaften, schlossen<br />
sich prinzipiell dieser Idee an. Obzwar<br />
diese Anzahl im Vergleich zu der Million<br />
in den zentraustischen Gewerkschaften klein<br />
ist, ist dennoch mit ihr das F<strong>und</strong>ament einer<br />
revolutionär-syndikalistischen Bewegung gelegt<br />
worden.<br />
Gruppieren wir die Unterschiede zwischen<br />
Parlamentarismus <strong>und</strong> Syndikalismus.<br />
Der Parlamentarismus konstatiert, dass<br />
die Eroberung der poetischen Macht der<br />
socialökonomischen Umwälzung vorausgehen,<br />
die Socialisten die politische Macht erobern,<br />
durch ihre Vermittlung diese Umwälzung sich<br />
vollziehen soll. Die parlamentarischen Sozialisten<br />
versuchen darum, durch die Ausnützung des<br />
Wahlrechtes, die politische Macht zu erobern.<br />
Der Syndikalismus (also das revolutionäre<br />
Gewerkschaftsprinzip) sagen im Gegenteil, dass<br />
die Befreiung der Arbeiter die Sache der<br />
Arbeiter selbst sein muss. Der Syndikalismus<br />
hat die Aufgabe, die Arbeiter mittels der direkten<br />
Aktion revolutionär zu erziehen, um<br />
dann durch den socialrevolutionären Generalstreik<br />
die sociale Revolution vorzubereiten,<br />
die das kapitalistische Wirtschaftssystem <strong>und</strong><br />
den Staat abchaffen, die freie Produktion <strong>und</strong><br />
den Austausch durch freie Vereinigungen, wie<br />
sie das Ideal des Anarchismus bilden, einführen<br />
soll.<br />
Da der Syndikalismus erkennt, dass die<br />
Befreiung des Proletariats von dem Proletariate<br />
selbst <strong>und</strong> durch seine Organisationen<br />
entstehen muss, nicht aber durch eine revolutionäre<br />
Regierung, darum bezeichnet er den<br />
Parlamentarismus als nutzlos für das P r o <br />
letariat. J. L a n d a u .<br />
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