Leseprobe als PDF herunterladen - Cursed Side
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»Den gibt es wohl nicht.« Hat bei uns anscheinend Tradition.<br />
»Und deswegen sollst du das jetzt entscheiden?«<br />
»Sieht ganz so aus. Momentan ist sie bei irgendeiner Nachbarin<br />
untergebracht. Und es geht darum, wo sie in Zukunft sein soll. Ob<br />
sie in ein Heim kommt, in eine Pflegefamilie oder…«<br />
Ich nehme einen Esslöffel, forme zwei Nocken aus meinem Thunfisch-Tomaten-Tartar<br />
und richte sie V-Förmig auf dem Teller an.<br />
Dann drehe ich mich rüber zur Arbeitsplatte, auf der mein Toaster<br />
steht, nehme die Packung aus dem Brotkasten, schiebe zwei Scheiben<br />
hinein und drücke den Hebel nach unten. Ein paar Sekunden<br />
starre ich das verchromte Teil an und beobachte, wie die Heizstäbe<br />
in seinem Inneren anfangen, zu glühen. Vielleicht, weil ich<br />
hoffe, dass meine mittelmäßig rührselige Ansprache ihn zu dem<br />
Vorschlag bewegt, dass sie doch erstmal hier bleiben kann. Auch<br />
wenn's total idiotisch ist und, realistisch betrachtet, vermutlich<br />
nicht mal ansatzweise funktionieren würde.<br />
Trotzdem hab' ich mich heute ein paar Mal dabei erwischt, darüber<br />
nachzudenken. Weil diese Scheiß-Sache mit dem Heim mich<br />
nicht loslässt. Weil ich weiß, wie es da ist. Und das ist definitiv<br />
keine Erfahrung, auf die ich nicht verzichten kann.<br />
Aber Michael wird das nicht vorschlagen. Er ist nicht der Typ<br />
für so was. Nicht der sagenumwobene Gemeinsam-schaffen-wirdas-schon-ich-liebe-dich-Kerl,<br />
von dem ich mit siebzehn mal geträumt<br />
hab', bis ich meinen ersten Freund mit einem anderen im<br />
Bett erwischt hab'. Und auch danach hab' ich ihn komischerweise<br />
nie getroffen. Und, ehrlich gesagt, auch nicht mehr wirklich gesucht.<br />
Für Typen, die so sind, bin ich vermutlich ein bisschen zu<br />
beschäftigt.<br />
»Pflegefamilie ist doch gut«, sagt er, <strong>als</strong> ich mich wieder umdrehe.<br />
»Nur leider gibt es keine.«<br />
»Nicht?«<br />
»Nein. Jedenfalls sagt das die Tante vom Amt.«<br />
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