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Allenstein. Rap macht Schule<br />
„Rap ist eine intelligente Art,<br />
sich auszudrücken“, behauptet<br />
der deutsche Rap-Künstler<br />
Christian Weirich alias Doppel-U.<br />
Und das bewies er am 28. April<br />
in Allenstein den Deutschlehrern<br />
beim Workshop „Rap macht<br />
Schule“ und dem Publikum beim<br />
Konzert „Klassik rappt“.<br />
Das Deutsch-polnische<br />
Zentrum der<br />
Jugend Europas am<br />
Schloss in Allenstein<br />
bebt im Takt. Die<br />
Töne kommen nicht<br />
von außen, etwa von<br />
einem zu laut aufgedrehten<br />
Autoradio,<br />
sondern aus dem Gebäude<br />
selbt. Im Saal<br />
im ersten Stock versuchen<br />
sich Deutschlehrer<br />
daran, klassische<br />
deutsche Lyrik zu rappen. Sie sollen<br />
am eigenen Leib erfahren, wie<br />
sie Rap in ihrem Unterricht einsetzen<br />
können. Der wichtigste Tip von<br />
Christian Weirich alias Doppel-U:<br />
„Versuchen Sie im Unterricht nicht,<br />
selbst zu rappen. Lassen Sie sich<br />
überraschen von der Kreativität Ihrer<br />
Schüler.“ Den Raum geben, um<br />
einzeln oder im Wettbewerb gegeneinander,<br />
etwa Jungen gegen<br />
Mädchen, die Texte zu erfahren<br />
und zu interpretieren. Die Teilnehmer<br />
der Werkstatt vertiefen sich<br />
zunächst in Schillers „Punschlied“,<br />
Goethes „Erlkönig“, oder die „Ode<br />
an die Freude“. Letztere hat Doppel-U<br />
<strong>201</strong>0 einmal bei einer Veranstaltung<br />
mit 7519 Menschen vier<br />
Minuten gerappt, ein Weltrekord.<br />
Ganz so hohe Ziele haben die Lehrerinnen<br />
und Lehrer nicht, als es in<br />
die zweite Hälfte geht. Während<br />
im Hintergrund die ganze Zeit das<br />
Motiv einer kurzen Melodie mit<br />
10 5/<strong>201</strong>2<br />
jUGENdSEITE<br />
Klassik rappt<br />
viel Beat läuft, versuchen sie sich<br />
an kreativer, dichterischer Arbeit.<br />
Es gilt, einen eigenen Rap zu erschaffen.<br />
Manchmal stört die Musik,<br />
manchmal hilft sie, auf jeden<br />
Fall macht sich keiner die Mühe,<br />
sie auszuschalten. Die Ergebnisse,<br />
die danach präsentiert werden,<br />
können sich sehen, pardon: hören<br />
lassen. Und hoffentlich schaffen es<br />
die Teilnehmer, dass ihre Schüler<br />
die Texte und den Rhythmus genauso<br />
aus dem Unterricht mitnehmen<br />
wie sie aus der Werkstatt.<br />
Einige Stunden später kommt der<br />
künstlerische Teil des Projekts, das<br />
Yvonne Joachim, die Kulturmanagerin<br />
des Instituts für Auslandsbeziehungen<br />
beim Verband der deutschen<br />
Gesellschaften in Ermland<br />
und Masuren, und Sylwia Bialecka,<br />
die Betreuerin der deutschen Bibliothek<br />
in der Wojwodschaftsbibliothek<br />
in Allenstein, auf die Beine gestellt<br />
haben. Doppel-U präsentiert<br />
im Saal unter dem Amphitheater<br />
in Allenstein gerappte Klassik und<br />
eigene Werke. Eineinhalb Stunden<br />
energiegeladene Rhythmen, mal<br />
schneller und kämpferischer, mal<br />
langsamer und gefühlvoller. Aber<br />
immer mit intelligenten Texten.<br />
Die Schublade für Rap sieht anders<br />
aus. „Rapper haben nur drei Themen:<br />
Sex, Gewalt, Drogen“, meint<br />
Doppel-U ironisch, „wenn eine<br />
schöne Frau einen Rapper verlässt,<br />
dann gibt es ein Lied voller Hass.<br />
Ich bin da eher wie Friedrich Schiller.“<br />
Und bringt dessen zartes „An<br />
Minna“, an die geliebte Frau,<br />
die ihn nicht will, auf die<br />
Bühne. Eine „rappige Ballade“<br />
klingt eigentlich unmöglich,<br />
aber „An Minna“<br />
sowie Doppel-Us eigene<br />
Lieder „Das Monster“ über<br />
das Problem Großstadt<br />
und „Schicksalsschläge“<br />
beweisen das Gegenteil.<br />
Gerade in ihnen zeigt sich<br />
der Respekt gegenüber<br />
anderen, das Mit-Fühlen,<br />
das sich wie ein roter Faden<br />
durch das Werk von<br />
Doppel-U zieht und in<br />
markanten Formulierungen<br />
verständlich auf den Punkt gebracht<br />
wird. Rap ist eben eine intelligente<br />
Art, sich auszudrücken.<br />
Text: Uwe Hahnkamp<br />
Bild: Yvonne Joachim<br />
Das Projekt wurde ermöglicht<br />
durch die Kooperation des Instituts<br />
für Auslandsbeziehungen,<br />
der Wojwodschaftsbibliothek<br />
in Allenstein, des Städtischen<br />
Kulturzentrums Allenstein, des<br />
Verbandes der deutschen Gesellschaften<br />
in Ermland und<br />
Masuren und des Kunst- und<br />
Kulturcafés „Stary Zaułek“. Finanzielle<br />
Unterstützung gab es vom<br />
Generalkonsulat der Bundesrepublik<br />
Deutschland in Danzig,<br />
der Stiftung für deutsch-polnische<br />
Zusammenarbeit und dem<br />
Deutsch-polnischen Zentrum<br />
der Jugend Europas.