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„Eine intelligente Art, sich auszudrücken“<br />
Am 28. April leitete Christian<br />
Weirich alias Doppel-U in<br />
Allenstein den Workshop für<br />
Deutschlehrer„Rap macht Schule“<br />
und trat mit seinem Programm<br />
„Klassik rappt“ auf. Doch<br />
was steckt hinter diesen Ideen,<br />
wie sieht sich der Rap-Künstler?<br />
Wir haben mit ihm gesprochen.<br />
– Woher kommst Du? Wie kamst<br />
Du zum Rap?<br />
– Ich bin in Jena in Thüringen<br />
geboren und aufgewachsen, und<br />
lebe seit etwa 2 Jahre in Weimar.<br />
Zum Rap kam ich 1996 über den<br />
Basketball. Mich hat dieser Sport<br />
fasziniert und dadurch habe ich<br />
Hip-Hop kennengelernt. 1999<br />
habe ich dann angefangen, selber<br />
zu rappen, und mit der Zeit auch<br />
selber zu schreiben.<br />
– Goethe und Schiller gerappt,<br />
das legt die Vermutung nahe,<br />
Deine Wohnorte hätten mit der<br />
Idee „Klassik rappt“ zu tun...<br />
– Zuerst einmal, ich hatte die<br />
Idee nicht selber, denn – ehrlich<br />
gesagt, welcher junge Mensch<br />
würde schon freiwillig Goethe und<br />
Schiller rappen? Keiner. Mich hat<br />
ein sehr belesener Literat darauf<br />
aufmerksam gemacht. Ich habe<br />
den Zugang über eine Biographie<br />
gefunden, fand Schiller als Person<br />
sehr interessant und habe dann<br />
begonnen, Vertonungen zu machen.<br />
Diese Lyrik fand ich schlau,<br />
sie hat mich berührt, war für mich<br />
fühlbar. Das wollte ich weitergeben<br />
und habe deswegen das Projekt<br />
„Rap macht Schule“ entwickelt.<br />
Es geht um einen Einstieg in dieses<br />
Thema mit positiven Emotionen,<br />
mit Beats, integrativ. Daran kann<br />
man dann im Unterricht anknüpfen.<br />
Diese Sprache ist schwer, sie ist<br />
schließlich 200 Jahre alt, aber wenn<br />
man sie interessant präsentiert...<br />
jUGENdSEITE<br />
Interview mit Doppel-U<br />
– Apropos präsentieren – sind<br />
Klassik und Rap schwierig zu<br />
verknüpfen?<br />
– Überhaupt nicht. Die Gedichte<br />
sind in einem perfekten Versmaß<br />
geschrieben, die Reime kommen,<br />
wie wir im Hip-Hop sagen würden,<br />
komplett on point, auf die Snare,<br />
sie haben ungefähr ein Tempo von<br />
90-95 Beat pro Minute, es ist spit-<br />
ze, wirklich perfekt. Man sollte aber<br />
Gedichte wählen, die im Kreuzreim<br />
geschrieben wurden. „Die Bürgschaft“<br />
könnte man zwar rappen,<br />
doch es ist vom Sprachfluss her<br />
schwierig.<br />
– Mit der gerappten Klassik bist<br />
Du anders als das Klischee. Bei<br />
Rap denkt man an Skateboard,<br />
Kapuzenpullover, typische Schuhe<br />
und Handbewegungen, dazu<br />
textlich und oft auch im Alltag<br />
Drogen und Gewalt. Wie begegnest<br />
Du diesen Klischees? Und<br />
was hat es mit dem auf Deiner Internetseite<br />
betonten „Respekt“<br />
auf sich?<br />
– Manchmal habe ich das Gefühl,<br />
ich muss erst Entschuldigung sagen,<br />
bevor ich sage, dass ich Rapper<br />
bin oder Hip-Hop höre. Klar ist<br />
Rap in den Medien mit Sex und Ge-<br />
walt präsent, aber was wird denn<br />
bitte in einer Videothek am meisten<br />
ausgeliehen oder verkauft? Es<br />
gibt da draußen guten Rap und<br />
intelligenten Rap und die Handbewegungen<br />
gehören zu dieser Musik,<br />
jede Musik hat nun einmal ihre<br />
Bewegungen.<br />
Zum Respekt: jeder Rapper will<br />
Respekt bekommen, er möchte<br />
ihn aber oft, indem er alle anderen<br />
schlecht macht. Das kann ich nicht<br />
respektieren. Man kann Respekt<br />
nur dann bekommen, wenn man<br />
Respekt gibt. Das fehlt mir ein bisschen<br />
beim Hip-Hop, aber das finde<br />
ich bei Goethe und Schiller. Sie haben<br />
sich gegenseitig respektiert,<br />
haben den anderen aussprechen<br />
lassen, auch wenn es Meinungsverschiedenheiten<br />
gab. Auf meiner<br />
Internetseite wird das betont, weil<br />
es bei den Schulprojekten auch<br />
immer um Respekt und Toleranz<br />
geht.<br />
– Wie bringst Du den Respekt<br />
und Toleranz in Deinen Alltag?<br />
– Ich mache zum Beispiel als<br />
Botschafter für das Kinderhospiz<br />
Mittelthüringen darauf aufmerksam,<br />
dass es Geld braucht, um<br />
sterbenskranke Kinder zu pflegen<br />
und sich auch um ihre Familien zu<br />
kümmern. Mit meinem Programm<br />
„Rap macht Schule“ gehe ich mit<br />
Konzert und Workshop in die Klassen,<br />
und bringe dabei die Kinder<br />
mit Goethe und Schiller in Kontakt.<br />
Darüber hinaus wirkt das Projekt<br />
integrationsfördernd. Und daraus<br />
entstand ein Rap-Weltrekord: <strong>201</strong>0<br />
in Erfurt haben 7915 Schüler mit<br />
mir die komplette Ode an die Freude<br />
vier Minuten lang gerappt. Das<br />
war auch ein Zeichen gegen rechts,<br />
gegen Rassismus und Intoleranz.<br />
Interview: Uwe Hahnkamp<br />
Bild: Yvonne Joachim<br />
5/<strong>201</strong>2 11