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Absatzfinanzierung für Anwälte - Anwalt-Suchservice

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ERUFsREcHT<br />

Lockvogelangebote<br />

nehmen kein Ende<br />

Wider jede Vernunft tragen<br />

Teile der <strong>Anwalt</strong>schaft in regionalen<br />

Märkten einen erbitterten<br />

Preiskampf mit Dumpingpreisen<br />

aus. Das belegen zahlreiche instanzgerichtliche<br />

Entscheidungen aus der letzten<br />

Zeit. Den vorläufigen Höhepunkt dieser<br />

Entwicklung markiert eine Entscheidung<br />

des Landgerichts Freiburg vom 11.10.2006<br />

(Az.: 10 O 72/06). Darin verbieten die<br />

Richter aus dem Breisgau einer <strong>Anwalt</strong>skanzlei<br />

per einstweiliger Verfügung die<br />

Werbung <strong>für</strong> die außergerichtliche Beratung<br />

zum Pauschalpreis von 9,99 €.<br />

Hanebüchenes<br />

Rechtsverständnis<br />

Zuvor waren die beklagten Rechtsanwälte<br />

von der zuständigen Rechtsanwaltskammer<br />

auf Unterlassung in Anspruch genommen<br />

worden, nachdem sie in einem<br />

Werbeblatt unter der fett gedruckten Zeile:<br />

„Leisten Sie sich den <strong>Anwalt</strong> Ihrer<br />

Wahl!“ folgende Aufforderung abdrucken<br />

ließen: „Vereinbaren Sie <strong>für</strong> eine erste Beratung<br />

mit uns in allen Rechtsgebieten<br />

ein Honorar von 9,99 €!“ Die Anzeige<br />

enthielt den Hinweis, dass das Honorar<br />

von 9,99 € nur <strong>für</strong> die erste mündliche<br />

Beratung gelten solle. Die Rechtsuchenden<br />

sollten zudem die Originalanzeige<br />

abgeben und vor der Beratung eine Barzahlung<br />

gegen Rechnung und Quittung<br />

leisten. Doch die Rechtsanwälte weigerten<br />

sich, die geforderte Unterlassungserklärung<br />

abzugeben. Begründung: Sie hätten<br />

lediglich „dazu aufgefordert, mit uns<br />

eine Vereinbarung über eine Beratung<br />

zu einem solchen Preis zu schließen“.<br />

Es bestehe kein Anspruch, ihre Dienste<br />

<strong>für</strong> einen Betrag von 9,99 € zu kaufen.<br />

„Mitnichten müssen wir jemanden<br />

mit einem schwierigen Testament oder<br />

im Rahmen einer AGB­Prüfung hier<strong>für</strong><br />

beraten“, schrieben sie der Kammer. Die<br />

Anzeige stelle „lediglich eine Aufforderung<br />

zur Abgabe eines Angebots dar“.<br />

Selbstverständlich behielten sich die <strong>Anwälte</strong><br />

im jeweiligen Einzelfall vor, „dies<br />

zu tun oder abzulehnen“.<br />

Keine invitatio ad offerendum<br />

War es ganz einfach Chuzpe oder schlichte<br />

Unkenntnis, die die <strong>Anwälte</strong> zu dieser<br />

unsinnigen Argumentation getrieben<br />

10 anwaltsreport 2 / 2007<br />

hatte? Jedenfalls hielten die Freiburger<br />

Richter mit ihrer Meinung über das juristische<br />

Potenzial der Kanzlei nicht hinter<br />

dem Berg: „Auf die Frage, dass hierin<br />

nicht ein Angebot im eigentlichen<br />

Sinne liegt, kommt es nicht an, da bei<br />

jeglicher Werbung das Angebot zum Abschluss<br />

eines Vertrags erst vom Kunden<br />

ausgeht. Behält sich der Werbende jedoch<br />

vor, dieses Angebot im Einzelfall<br />

deshalb nicht anzunehmen, weil ihm der<br />

beworbene Preis <strong>für</strong> die Leistung zu niedrig<br />

ist, so wirbt er irreführend. Der irreführende<br />

Charakter der Werbung liegt<br />

angesichts der Einlassung der Beklagten<br />

so offenkundig auf der Hand, dass der<br />

auf Zurückweisung des Antrags auf Erlass<br />

einer einstweiligen Verfügung gerichtete<br />

Antrag der Beklagten kaum noch<br />

nachzuvollziehen ist“, fomulierten die<br />

Freiburger Richter fast schon süffisant.<br />

Sie erkannten in der Werbung zudem<br />

einen Verstoß gegen die Verpflichtung<br />

zur angemessenen Preisgestaltung (§ 49b<br />

I 1 BRAO i.V. mit § 4 II 3 RVG), der<br />

zu einem ruinösen Verdrängungswettbewerb<br />

führen könne. Schließlich handele<br />

es sich um ein Lockvogelangebot. Zwar<br />

sei es durchaus denkbar, dass in Einzelfällen<br />

mit überschaubarem Sachverhalt<br />

auch ein Erstberatungshonorar von 10 €<br />

durchaus angemessen sein könne.<br />

Darum gehe es allerdings im vorliegenden<br />

Fall nicht, „denn die Beklagten<br />

haben <strong>für</strong> jedes erdenkliche Rechtsgebiet<br />

und <strong>für</strong> jede erdenkliche Sachverhaltsgestaltung<br />

<strong>für</strong> ein erstes Beratungsgespräch<br />

eine Gebühr von 9,99 € beworben.<br />

Erst damit verstoßen sie gegen die<br />

Vorschriften der §§ 49b III 3 BRAO sowie<br />

gegen § 4 II 3 RVG“, so das Gericht.<br />

20 € Pauschale zulässig?<br />

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat dagegen<br />

am 28.12.2006 (Az.: 2 U 134/06)<br />

in einem weiteren Fall entschieden, dass<br />

§ 4 II 3 RVG im Rahmen des § 34 RVG<br />

überhaupt keine Anwendung finde. Der<br />

Gesetzgeber habe die Erstberatung gegenüber<br />

Verbrauchern ohne wenn und<br />

aber in die Dispositionsfreiheit der Parteien<br />

gestellt. Und dass die Verbraucher<br />

bei einer derart niedrigen Gebühr über<br />

das zu erwartende Leistungsspektrum<br />

der solchermaßen werbenden Kanzlei in<br />

die Irre geführt würden, da<strong>für</strong> sei nicht<br />

9,99 E – welcher <strong>Anwalt</strong> bietet weniger?<br />

genügend vorgetragen worden. Im Übrigen<br />

dürfe man einen ruinösen Wettbewerb<br />

nicht gleich unterstellen. Wörtlich<br />

heißt es: „Viele Verbraucher lassen<br />

sich daher bei ihrer Auswahlentscheidung<br />

vor allem von persönlichen Erfahrungen,<br />

die sie mit bestimmten Rechtsanwälten<br />

bereits gemacht haben, von<br />

dem guten Ruf bestimmter Rechtsanwälte<br />

oder Kanzleien und von konkreten<br />

Empfehlungen Dritter, aber auch von<br />

objektiv erkennbaren Qualifikationen<br />

des Rechtsanwaltes (Fachanwalt, Doktortitel<br />

etc.) leiten. „Dumpingpreisen“<br />

<strong>für</strong> anwaltliche Leistungen kommt daher<br />

nur ein beschränkter Anreizeffekt<br />

zu; manche Verbraucher werden durch<br />

solche Billigangebote sogar eher abgeschreckt,<br />

weil sie be<strong>für</strong>chten, <strong>für</strong> wenig<br />

Geld auch nur wenig Leistung zu erhalten.<br />

Vor diesem Hintergrund bedürfte es<br />

konkreten Vortrags der Kläger, warum<br />

das Angebot der Beklagten geeignet sein<br />

soll, sie oder andere Mitbewerber vom<br />

Markt zu verdrängen. Dieser fehlt“, stellte<br />

das Gericht abschließend fest. Doch<br />

bedarf es dieses konkreten Vortrags wirklich?<br />

Denn rein betriebswirtschaftlich gesehen<br />

darf eigentlich kein <strong>Anwalt</strong> einen<br />

niedrigeren Stundensatz als 150 € berechnen.<br />

Das belegen zahlreiche Studien.<br />

Ein Pauschalpreis von 20 € <strong>für</strong> jedwedes<br />

Rechtsproblem dürfte zudem auf Dauer<br />

gesehen einen erheblichen Marktverwirrungsschaden<br />

anrichten und die „Marke<br />

Rechtsanwalt“ in bestimmten Marktsegmenten<br />

zur Ramschware verkommen<br />

lassen. Ob die Stuttgarter Richter wohl<br />

ebenso entschieden hätten, wenn ein privates<br />

Gericht mit 20­€­Urteilen geworben<br />

hätte – jeden Mittwoch und Freitag<br />

von 9­12 Uhr auf dem Marktplatz in<br />

Stuttgart?

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