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THEMA Wenig positive Markenprofile im Anwaltsmarkt Neben der weit übersättigten Nachfrage zumindest bei den Standardrechtsgebieten dürfte vor allem die fehlende zeitliche und qualitative Kontinuität der Hauptgrund dafür sein, weshalb Anwaltskanzleien nach Ansicht von Prof. Dr. Hommerich als Marken so selten positiv in Erscheinung treten. Sein Urteil: „Markenprofile sind unter den deutschen Anwaltskanzleien bislang Mangelware. Viele Großkanzleien stehen zwar für schiere Größe, die allerdings zur Markenprofilierung nicht reicht; viele kleinere stehen für Verzettelung und eher diffuse Leistungskataloge. Es fehlt an klarer strategischer Ausrichtung, systematische Kundenbindungsprogramme sind Mangelware, konsequente Dienstleistungsorientierung aller Mitarbeiter der Kanzleien ist eher Traum statt Wirklichkeit. Die Kommunikation vieler Kanzleien ist oft provinziell und selbstverliebt und nach wie vor zu wenig kundenorientiert“, legt Hommerich den Finger in die Wunde. Wert- und Leistungsbewusstsein aufbauen Doch so berechtigt die Kritik auch sein mag viele Kanzleien in ländlichen Regionen kämpfen nicht nur gegen die nachlassende Kaufkraft ei Die Gebote der Markenführung in der Anwaltskanzlei 1. Weniger ist mehr Nach wie vor versuchen viele Kanzleien über das Internet oder in den Kanzleibroschüren, sich als Full-Service-Rechtsberater zu präsentieren. Die grenzenlose Ausdehnung führt aber nur zur Verwässerung der Kanzleimarke. Markentechnisch wäre der umgekehrte Weg richtig: Die Kompetenzen müssen auf ihren Kern zurückgeschraubt werden, um damit groß rauszukommen, d.h. in den regionalen Märkten eine beherrschende Stellung in lukrativen Teilrechtsgebieten zu erlangen. 2. Der Erste in der jeweiligen Produktkategorie sein In zahlreichen regionalen Märkten wissen die Mandanten genau, zu welchem Anwalt sie gehen, wenn sie sich scheiden lassen wollen oder ein arbeitsrechtliches Problem haben. „Der Dr. Wagner hat schon viele rausgeboxt“, heißt es dann. Häufig sind diese Platzhirsche als erste Kanzlei vor Ort gewesen und haben die entsprechenden Rechtsgebiete besetzt. Umso wichtiger ist es dann, sich mit einer neuen Pro- anwaltsreport 2 / 2007 ner immer älter werdenden Gesellschaft. Sie müssen vor allem ständig gegen das negative Vorurteil ankämpfen, die anwaltliche Dienstleistung sei zu teuer. Prof. Deichsel rät allerdings dazu, nicht in das gefährliche Preisdumping einzusteigen. Doch wie lässt sich das negative Vorurteil in der Bevölkerung abbauen? „Indem die angebotenen und erbrachten Leistungen den geforderten Preis wert sind. Preispositionen richten sich nach dem Wert und Leistungsbewusstsein der Kanzlei, entspringen einer eigenen Kalkulation und sollten sich nicht nach Meinungen im Markt richten“, sagt Deichsel. Die einzelne Kanzlei sollte an ihrem positiven Vorurteil umso mehr festhalten, als das Image des Berufsstandes in der Bevölkerung nachlässt. „Durch ihre Leistungen, durch ihre Anwälte, wird sie sich eine eigene Reputation aufbauen und ihre Mandanten werden von ihr entsprechend ihrer Erfahrungen berichten. Sicherlich gibt es auch in dieser Branche schwarze Schafe. Um die sollte man sich aber nicht kümmern. Stärken stärken heißt das eigene Programm!“, so Prof. Deichsel. Qualität hat ihren Preis Wer Herzbeschwerden hat, geht zum Kardiologen und nicht zum Hausarzt. An dieser Qualitätsvorstellung der Patienten ist ebenso etwas dran wie an derjenigen der Mandanten, im Fall einer duktkategorie in der Bevölkerung durchzusetzen. Statt Arbeitsrecht könnte das auch der Begriff Kündigungsschutzklage sein. Dann folgern die Adressaten: „Wenn mir gekündigt wird, gehe ich nicht zu Dr. Wagner, sondern zu Dr. XY“. Mit anderen Worten: Wer mit seiner Dienstleistung unter „ferner liefen“ rangiert, sollte eine neue Liga ins Leben rufen, um dort eine Vorreiterrolle zu spielen. 3. Im Gedächtnis der Mandanten ein Schlagwort besetzen Statt in der öffentlichen Wahrnehmung an vielen Fronten zu kämpfen, sollte der Einzelanwalt bzw. die Kanzlei mit einer positiven Assoziation verbunden werden. So steht BMW in der Automobilindustrie für „sportliches Fahren“ und Mercedes für „Prestige“. Um amerikanischen Kunden eine Erklärung dafür zu geben, dass Mercedes zeitweilig doppelt so teuer wie vergleichbare amerikanische Wagen war, ließen sich die Stuttgarter den Slogan „Engineered like no other car in the world“ einfallen. Auch Anwälten lassen sich bestimmte Attribute zuordnen (kämpferisch, besonnen, lösungsorientiert, konzentriert, vertrauensvoll, unabhängig, versiert...). Scheidung einen Fachanwalt für Familienrecht aufzusuchen. Nur: Wenn alle Anwälte Fachanwälte werden und sich spezialisieren, reicht die Qualität allein nicht mehr aus, um einen Markenwert aufzubauen. Fatal ist auch der Schluss, den viele Anwälte ziehen, Spitzenqualität zu günstigen Preisen anbieten zu wollen. Damit drohen letztlich auch sie, in der Flut der Kanzleien mit ähnlichem Preisgefüge unterzugehen. Der umgekehrte Weg ist richtig: Qualität hat ihren Preis. Deshalb sollte das Honorar auch weit über dem Durchschnitt liegen. Nur so erreicht man die Mandanten, die mit Qualität auch die obere Preiskategorie verbinden und innere Befriedigung daraus ziehen, sich einer Elitemarke angeschlossen zu haben. Um allerdings den höheren Preis zu rechtfertigen, muss sich der (Fach)Anwalt fragen, was er seiner Marke zusätzlich mit auf den Weg geben kann, um den höheren Preis zu rechtfertigen. Die RolexUhr läuft eben auch nicht besser als andere Uhren, ist aber dennoch um ein Vielfaches teurer. Und das nur deshalb, weil das RolexUhrwerk in einem wesentlich größeren Gehäuse lebt. Linkhinweise: Institut für Markentechnik, Genf www.markentechnik.ch Die 100 wertvollsten Marken im Jahre 200 www.interbrand.ch . Ein Identitätsmerkmal definieren Um die Authentizität der Marke und damit die Glaubwürdigkeit der Kanzlei zu steigern, muss die Öffentlichkeit von der Spitzenqualität der eigenen Beratungsleistung überzeugt werden. Das gelingt am besten dadurch, dass die Kanzlei in einem bestimmten Marktsegment die Marktführung übernimmt. Dies ist der direkteste Weg, um die Glaubwürdigkeit der Beratungsdienstleistungen zu untermauern. Warum sollte man dann in der Werbung nicht schreiben „Die führende Kanzlei im Arbeitsrecht“? Ist das Feld Arbeitsrecht in der Region schon durch die Konkurrenz besetzt, muss man spitzer formulieren – etwa: „Die führende Kanzlei in Kündigungsschutzfragen“. . Vorreiterrolle kommunizieren Wer mit der eigenen Dienstleistungsmarke wahrgenommen werden möchte, sollte die identifizierte Vorreiterrolle dann auch über PR und Werbung kommunizieren. Dazu eignen sich Begriffe wie „federführend“, „Vorreiter“, „Pionierprodukt“, „Original“, „Exklusivität“ „wissenschaftlich fundiert“ oder auch „Streben nach Vollendung“.
Das Institut für Markentechnik in Genf beschäftigt sich meist mit großen Unternehmen und Konzernen. Doch in der Provinz sieht das Leben ganz anders aus. Kann man Ihre Markengrundsätze eins zu eins auf jeden regionalen Markt herunter brechen? Deichsel: Das Institut arbeitet in vielen Branchen und begleitet Unternehmen unterschiedlicher Größe, von Eigentümer geführten örtlichen Unternehmen bis zu Weltkonzernen. Markensysteme sind in ihrer Struktur homolog. Ob groß, ob klein, ob in der Provinz oder in der Stadt – immer geht es der Markentechnik darum, starke Markensysteme zu schaffen, wirtschaftlich gesunde Wirtschaftskörper zu erzeugen bzw. zu unterstützen. Da muss nichts heruntergebrochen werden, da muss allein ein Markensystem verstanden werden, um es zu kräftigen. Das Institut für Markentechnik hat dafür entsprechende Instrumente entwickelt und setzt sie erfolgreich ein. Was bedeutet es für eine moderne Anwaltskanzlei, ihr Markenprofil zu stärken und die Kanzleimarke zu führen? Deichsel: Der Zusammenhang ist umgekehrt: INDEM eine Kanzlei gut geführt wird, sich also beispielsweise spezialisiert, baut sie ihren Guten Namen auf bzw. kräftigt ihren Guten Ruf. Unternehmensführung erzeugt Markenwirkung – lädt also den aufgebauten Resonanzraum auf bzw. enttäuscht ihn und entkräftet damit seine Wirtschaftskraft. Jede Anwaltskanzlei, also auch eine moderne, baut sich auf diese alltagsgeschäftliche Weise ihren – mehr oder „Eine Kanzlei muss ihre Wertposition aufbauen!“ THEMA Nachgefragt bei Prof. Dr. Alexander Deichsel, Mitglied des Direktoriums beim Institut für Markentechnik, Genf weniger Guten Namen auf, stärkt also ihre Marke – oder schwächt sie. Wenn man an Marken denkt, fallen einem in erster Linie Produkte ein - von Coca-Cola über Persil bis hin zu Armani. Bei Dienstleistungsunternehmen fällt das schon schwerer. Woran liegt das? Deichsel: An der verbreiteten Unkenntnis dessen, was ein Markensystem ist. Marke ist der von einem Leistungszusammenhang aufgebaute Gute Name in der Bevölkerung. Ohne ihn kann keine unternehmerische Initiative wirtschaftlich arbeiten, denn er baut positive Vordispositionen im Markt auf und senkt die Transaktionskosten. Außerdem gibt er dem Unternehmen Kalkulationssicherheit. Wurde die Dienstleistungsmarke in der Vergangenheit vernachlässigt? Deichsel: Die Genfer Schule hat den Sachverhalt Marke in den letzten Jahren freigelegt und gezeigt, dass eine Bank oder ein Busunternehmen nach eben denselben Regeln funktioniert wie eine Brause oder eine Tütensuppe. Gute Dienstleistungsfirmen haben immer als Markensysteme gearbeitet und Erträge erwirtschaftet, auch wenn sie sich selber nicht als Marke verstanden haben. Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zu reinen Produktmarken? Deichsel: Allein in der Art der Leistung, nicht in der Struktur des Wirtschaftskörpers. Der bildet sich immer aus Leistung und Kundschaft. Auch der Anwaltsmarkt leidet unter dem über alle Branchen hinweg zu beobachtenden Preisverfall. Lässt sich das über die Markentechnik aufhalten und wie muss die Strategie aussehen? Deichsel: Wie jeder Markt ist auch der Anwaltsmarkt Ergebnis vieler Kanzleien, die mit unterschiedlichen Leistungen und Preispositionen arbeiten. Gute Leistungen sind ihren Preis wert. Auch eine Kanzlei muss ihre Wertposition aufbauen und ihre Preise durchsetzen, das gehört mit zum Markenaufbau. Der Preis ist ein wichtiges Element der Markenführung. Der Discount ist jedenfalls kein gesunder Wirtschaftswille. Wie sollte die Markenkommunikation einer Kanzlei ausgerichtet werden? Eher witzig-unterhaltsam oder rein informativ? Deichsel: Anwälte werden meist in ernsten Situationen aufgesucht. In der Schweiz werden sie auch mancherorts als Fürsprecher bezeichnet. Eine Kanzlei sollte ihre Leistungsfähigkeit kommunizieren. Dauerhafte, emotionale Bindungen entstehen am wirkungsvollsten durch seriöse Leistungen. Das gilt in allen Branchen. Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit Anwälten gemacht? Deichsel: Schlechte und Gute. Letztere veranlassen uns, mit ihren Erzeugern auch heute noch zusammenzuarbeiten. Ihre Leistungen haben uns geholfen, ihre Kompetenz überzeugt uns. Ihnen wollen wir treu bleiben bis zum Beweis des Gegenteils. Ein typischer Markenaufbau der entsprechenden Kanzlei(en). 2 / 2007 anwaltsreport
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