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INsOLVENzVERWALTER<br />
Für eine strengere Auswahl der<br />
Insolvenzverwalter<br />
Seit Jahren hagelt es in der Öffentlichkeit<br />
Kritik am Auswahlverfahren<br />
der Insolvenzverwalter. Nach<br />
§ 56 Absatz 1 der Insolvenzordnung hat<br />
das Gericht zum Insolvenzverwalter eine<br />
<strong>für</strong> den jeweiligen Einzelfall geeignete,<br />
insbesondere geschäftskundige und von<br />
den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige<br />
natürliche Person zu bestellen.<br />
In der ganz überwiegenden Zahl der<br />
Fälle sind das Rechtsanwälte. Und bei<br />
den Unternehmensinsolvenzen, so die<br />
Kritik, würden immer wieder dieselben<br />
Verwalter bestellt, so dass es <strong>für</strong> junge<br />
Insolvenzverwalter nahezu aussichtslos<br />
sei, an lukrative Pleiten heranzukommen,<br />
selbst wenn sie den Fachanwaltstitel<br />
<strong>für</strong> Insolvenzrecht absolviert haben.<br />
Das Bundesverfassungsgericht brachte<br />
zwar etwas Bewegung in die Diskussion,<br />
indem es sich in einer ersten Entscheidung<br />
aus dem Jahre 2004 zur Bestenauswahl<br />
unter mehreren Bewerbern<br />
bekannte und die Gerichte dazu anhielt,<br />
zunächst mehr oder weniger jeden Verwalter<br />
in die Vorauswahllisten einzutragen.<br />
Wegen des Zeitdrucks aber, der im<br />
Fall einer Firmenpleite einsetze, sei den<br />
Gerichten dann bei der Verwalterauswahl<br />
ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen.<br />
2006 entschieden die Verfassungsrichter<br />
zudem, dass eine Anfechtung der<br />
Bestellung zum Insolvenzverwalter durch<br />
nicht zum Zuge gekommene Mitbewerber<br />
ebenso ausgeschlossen sei wie die Verhinderung<br />
einer Bestellung im Wege vorläufigen<br />
Rechtsschutzes.<br />
1 anwaltsreport 2 / 2007<br />
Gesetzgeber zögert<br />
Damit aber steckt die Bestellpraxis der<br />
Insolvenzverwalter in einem Dilemma.<br />
Zwar sollen sich die Gerichte an der Bestenauswahl<br />
orientieren. Nachprüfbare<br />
Auswahlkriterien stehen aber weder im<br />
Gesetz noch werden die ungeschriebenen<br />
Auswahlgrundsätze bundeseinheitlich<br />
angewandt. Vor allem in den ländlichen<br />
Regionen, wo wegen des geringeren Anfalls<br />
von Insolvenzverfahren noch keine<br />
Gerichtskonzentrationen und Schwerpunktbildungen<br />
stattgefunden haben,<br />
sehen Kritiker die ärgsten Probleme. Das<br />
Bundesjustizminsterium hat zwar Mitte<br />
2006 im Rahmen einer MiniReform<br />
an einigen Stellschrauben der Insolvenzordnung<br />
gedreht – Kriterien <strong>für</strong> die Insolvenzverwalterauswahl<br />
fehlen aber weiterhin<br />
im Gesetz. Vielmehr beschränkte<br />
sich die Regierung darauf, klarzustellen,<br />
„dass die Verwendung so genannter geschlossener<br />
Listen unzulässig ist, wie sie<br />
die Praxis bei der Auswahl von Insolvenzverwaltern<br />
zum Teil heranzieht. In diese<br />
Listen werden neue Bewerber nur aufgenommen,<br />
wenn eine andere Person ausgeschieden<br />
ist. Stattdessen müssen die<br />
Gerichte künftig die Insolvenzverwalter<br />
aus dem Kreis aller Personen auswählen,<br />
die sich zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen<br />
bereit erklärt haben.“, fordert<br />
das Bundesjustizministerium.<br />
Insolvenzverwalterverbände<br />
gründen Kommission<br />
Dessen ungeachtet fordern Insolvenzrechtler,<br />
Unternehmer und Verbände<br />
unisono strengere Qualitätskriterien <strong>für</strong><br />
die Auswahl von Insolvenzverwaltern.<br />
Ziel ist es, eine hohe Qualität der Insolvenzverwaltung<br />
im Interesse von Gläubigern<br />
und Arbeitsplätzen zu sichern.<br />
Die deutschen Insolvenzverwalterverbände<br />
haben da<strong>für</strong> eine Kommission ins<br />
Leben gerufen, die eindeutige Kriterien<br />
entwickeln soll, nach denen Insolvenzverwalter<br />
künftig ausgewählt werden sollen.<br />
Vorsitzender ist Prof. Dr. Wilhelm<br />
Uhlenbruck, ehemals Insolvenzrichter<br />
in Köln und einer der renommiertesten<br />
deutschen Insolvenzrechtsexperten. In<br />
ihrer konstituierenden Sitzung hat die<br />
Kommission bereits erste Grundsatzentscheidungen<br />
getroffen. Wichtigstes Ziel<br />
sei es, eine professionelle und optimale<br />
Verfahrensabwicklung zu gewährleisten.<br />
Dies könne u.U. nur über eine zahlenmäßige<br />
Beschränkung der Vorauswahllisten<br />
geschehen, in denen die zur Verfügung<br />
stehenden Insolvenzverwalter<br />
enthalten sind. Sonst könne nicht sichergestellt<br />
werden, dass die Verwalter über<br />
genügend Erfahrungen in der Insolvenzverwaltung<br />
verfügten.<br />
Qualitäts-Rating <strong>für</strong> Insolvenzverwalter<br />
entwickelt<br />
Derweil haben Juristen und Betriebswissenschaftler<br />
im Zuge eines Forschungsprojektes<br />
ein QualitätsRating <strong>für</strong> Insolvenzverwalter<br />
entwickelt. Der vom<br />
RheinAhrCampus in Remagen, einem<br />
Standort der Fachhochschule Koblenz<br />
und dem Deutschen Institut <strong>für</strong> angewandtes<br />
Insolvenzrecht (DIAI) entwickelte<br />
Kriterienkatalog stellt die Qualität des<br />
Insolvenzverwalters auf den Prüfstand.<br />
Hiermit wird erstmals in Deutschland<br />
den InsolvenzGerichten, aber auch den<br />
Gläubigern und der Öffentlichkeit ein<br />
objektives RatingVerfahren <strong>für</strong> die Auswahl<br />
des Insolvenzverwalters nach messbaren<br />
Qualitätskriterien an die Hand gegeben.<br />
Der von den Wissenschaftlern<br />
entwickelte RatingFragebogen erfasst<br />
Kriterien wie etwa die persönliche Qualifikation,<br />
operative Kenndaten (Zahl der<br />
eröffneten Verfahren und Quoten, Aufwand<br />
und Ertrag, Erhalt von Arbeitsplätzen<br />
etc.) bis hin zur Infrastruktur des<br />
Verwalterbüros und der Transparenz der<br />
Abwicklung. Durch die messbaren und<br />
überprüfbaren Kriterien können Verwalter<br />
künftig anhand eines Punktesystems<br />
von ‚single A’ <strong>für</strong> gut bis ‚triple A’ <strong>für</strong><br />
hervorragend eingestuft werden. Ob sich<br />
dieses Verfahren allerdings durchsetzt,<br />
bleibt abzuwarten. Die Vielzahl der Fragen<br />
dürfte renommierte Insolvenzverwalter<br />
eher abschrecken. Letztlich ungeklärt<br />
bleibt zudem, wie man junge Insolvenzverwalter<br />
an die Praxis heranführen will.<br />
Linkhinweise:<br />
Verband Insolvenzverwalter<br />
Deutschlands e.V. · www.vid.de<br />
Deutsches Institut <strong>für</strong> angewandtes<br />
Insolvenzrecht e.V. · www.diai.org