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VORAUSGEREIST | BRITISCH-IRISCHE KÜSTEN<br />
IRISCH ELEGANT Das Lough Eske Hotel hat sich seit seiner<br />
Restaurierung zu einer beliebten Hochzeitslocation entwickelt<br />
Englisches Landleben – unverfälscht<br />
Von Uta Petersen<br />
Um es gleich vorwegzunehmen: Die typischen Fernsehfilmrosen<br />
ranken an den wenigsten Landsitzen in<br />
Cornwall. Aus einem ganz einfachen Grund – sie mögen<br />
keinen Wind. Der zerzaust die Haare und reißt gern<br />
die Landkarte mit sich, auf der man sich gerade zurechtfinden<br />
möchte. Denn die Wegweiser durch den<br />
Südwesten bleiben rätselhaft: Entweder sind sie vom<br />
Grün überwuchert, vom Wind in richtungslose Schräglage<br />
gebracht oder weisen gleich gen Himmel. Doch<br />
egal, wo man bei seinen Erkundungen landet, jedes Cottage<br />
oder Castle, jedes Fischerdorf, jede schwindelerregende<br />
Steilküste und jeder Strand befriedigen die tiefe<br />
Sehnsucht nach unverfälschter Natur und malerischem<br />
Country-Life. Gründliches Verirren auf den schmalen<br />
Landstraßen mit den mannshohen Hecken gehört dazu.<br />
WUCHERND GRÜN<br />
Wer ohne Umwege sein Ziel erreichen möchte und lieber<br />
über die Hecken hinwegschaut, nimmt ohnehin die geselligen<br />
kleinen Linienbusse. Die freundlichen Fahrer<br />
wissen zwar meist auch, wo wieder mal ein ZDF-Team<br />
eine neue Pilcher-Folge dreht, aber vor allem, wo gerade ein schöner<br />
Gasthof eröffnet hat und es die besten Galerien gibt. In der Formel<br />
1 wären sie auch gut aufgehoben. Schrecksekunden, wenn sie urplötzlich<br />
heftig für Fahrgäste bremsen, die an irgendwelchen Ecken<br />
zu- oder aussteigen. Zwei Stunden dauert die Fahrt von Newquay in<br />
das Künstlerdorf St. Ives, wo man aus dem Fenster der dortigen<br />
Tate-Gallery-Dependance die Surfer beobachten kann. Nur wenige<br />
Schritte weiter hat die Künstlerin Barbara Hepworth einen bezaubernden<br />
Skulpturengarten geschaffen. Durch die großlöchrigen, Botero-ähnlichen<br />
Bronzefiguren schmeichelt das Windspiel, man<br />
40<br />
PASSAGEN | AUSGABE 4.2011<br />
berühmten Sängerin Enya und Besitzer einer der beiden Bars im<br />
Ort Meenaleck, der aus nur vier Häusern besteht. Auch wenn die<br />
Wände mit Enyas Goldenen Schallplatten geschmückt sind – freitagabends<br />
gibt es immer noch Livemusik, und die Lebensfreude<br />
der Musiker und Einheimischen ist so ansteckend, dass man alle<br />
Sorgen auch ohne Alkohol vergisst. Ebenso verschrobene wie<br />
herzliche Charaktere kann man hier treffen, wie überhaupt fast<br />
überall in Donegal – und vor seiner Küste: Auf Tory Island, der<br />
nordwestlichsten bewohnten Insel Europas, die man in 45 Fahrtzeit<br />
mit der Fähre von Bunberg aus erreicht, „regiert“ Inselkönig<br />
Patsy Dan, der einzige „Monarch“ Irlands. So wundersam wie Patsy<br />
muss auch der Künstler Derek Hill gewesen sein, der es durch<br />
sein Bohème-Leben zu mehr Berühmtheit brachte als durch seine<br />
Bilder. Sein Wohnhaus und Atelier, eine Art intellektuelle Villa<br />
Kunterbunt, sind auf dem Weg zum Glenveagh National Park zu bestaunen.<br />
Letzterer beherbergt eine neogotische Schlossburg, deren<br />
Bewohner wohl nicht weniger exzentrisch waren. Wie ihre<br />
Heimat eine einzigartige Synthese: sanft und wild, offen und geheimnisvoll,<br />
mystisch und irdisch – irisch eben.<br />
STATT ROSEN Die Blumenkönigin zieht sich an Cornwalls Küste meist vor dem<br />
Wind zurück. Blühende Wiesen (hier bei Church Cove) finden sich trotzdem genug<br />
möchte ewig verweilen – und vergisst bei all dem Grün von Brombeerbüschen<br />
und Ginster, Palmen und Farnen fast, dass Cornwall<br />
lange Zeit Zinn- und Kupferrevier war. Geblieben sind überwucherte<br />
Maschinenhäuser, Fördertürme und geheimnisvolle Pfade wie der<br />
ehemalige Tinners Way von St. Ives nach St. Just. Cornwall erschließt<br />
sich überall fabelhaft zu Fuß. Ein Klippenweg an der Südküste bei<br />
Porthcurno endet am The Minack, einem entzückenden Freilichttheater<br />
am Steilhang, ein anderer zwischen Looe und Seaton führt<br />
vorbei an einem kleinen Labyrinth, wo man beim meditativen Gang<br />
durch die Windungen auch zur eigenen Mitte findet.