Kurskombinationen in der Oberstufe

Leistungskurs-Kombination Englisch/Geschichte 11
In allen drei Semestern wurden mehrwöchige Projektphasen
durchgeführt, in denen die Schülerinnen
und Schüler in Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen
Themenschwerpunkten arbeiteten. Wir Lehrer gingen
von Gruppe zu Gruppe und berieten oder halfen.
Es gab zwei deutliche Kennzeichen dieser Phasen:
• Die Arbeitsatmosphäre war entspannt und konstruktiv;
die Schülerinnen und Schüler achteten
untereinander auf gleichmäßige Arbeitsverteilung
und folgten bei ihren Pausen nicht mehr dem
Gong, sondern ihrem eigenen Arbeitsrhythmus.
• Die Schülerinnen und Schüler hatten „echte“
Fragen, die sie den Lehrern stellten; sie bemerkten
Wissenslücken selbständig, konnten sie füllen,
mußten Widersprüche in unterschiedlichen
Darstellungen bearbeiten und zum Teil auch innerhalb
der AG Diskussionen führen und Ergebnisse
sichern.
Die Aufgabe, die Ergebnisse in kopierfähiger und ansprechender
Form vorzulegen (alle Kursteilnehmer
erhielten ein Exemplar), motivierte zu echten Anstrengungen;
die im 1. und 2. Semester entstandenen
Broschüren können sich sehen lassen.
Während der drei Semester fächerübergreifenden
Arbeitens lernten die Schülerinnen und Schüler systematisch
die Herangehensweise an Quellen und
Sekundärliteratur. Als Arbeitsbuch wurde vorwiegend
verwendet:
Umgang mit Geschichte, hg. v. H. Bey u.a.,
Klett, Stuttgart 1992
Für die Arbeitsgruppenaufträge stand Material zur
Verfügung, das wir Lehrer besorgt hatten. Die
Schülerinnen und Schüler sollten jedoch auch selbst
etwas beitragen. Dies hätte etwas selbständiger erfolgen
können, als es der Fall war. Es muß allerdings
hervorgehoben werden, daß wirklich selbständiges
Forschen von unseren Schülerinnen und Schülern
vor Eintritt in die Studienstufe im Regelfall eher
nicht verlangt wird und die Übung darin gering ist.
Für einen anderen Versuch im fächerverbindenden
Arbeiten könnte man sich aber durchaus vorstellen,
nicht nur das Analysieren von Quellen, die Verarbeitung
von Sekundärliteratur und die adäquate Inbezugsetzung
der Materialien üben zu lassen, sondern
ein größeres Gewicht auf die Beschaffung und Sichtung
geeigneter Materialien selbst zu legen.
5 Beschreibung und Bewertung des Unterrichtsverlaufes
Erster Teil des 1. Semesters
In beiden Fächern lag der inhaltliche Schwerpunkt
der Arbeit im ersten Teil des 1. Semesters darauf,
Facetten des Selbstverständnisses der Amerikaner
als Nation und als Individuen zu beleuchten. Der
Englischunterricht ging von Crévecoeurs 1770 gestellter
Frage aus:
„What then is this new man, the American?“
Die Diskussion eigener Erfahrungen mit den USA
und „den“ Amerikanern (viele Schülerinnen und
Schüler des Kurses hatten dort ein Jahr verbracht)
auf der Folie einiger zeitgenössischer amerikanischer
Texte mit historischem Bezug sowie Kommentaren
aus europäischer Perspektive führte zu der Frage,
wo das überall präsente ausgeprägte Nationalbewußtsein
und der radikale Individualismus ihre historischen
Wurzeln haben. Mit dem Geschichtsunterricht
koordiniert, wurden einige puritanische, pragmatische
und aufklärerische Ursprünge des heutigen
Selbstverständnisses aufgespürt anhand von Äußerungen
John Winthrops (1630), Benjamin Franklins
(1750), J. H. John de Crévecoeurs (1770) und Hora-
ce Manns (1848). Ein spannendes Ergebnis der Textarbeit
war, daß sich viele der in den historischen
Texten vorhandenen Ideen in zeitgenössisch abgewandelter
(pervertierter?) Form in den gelesenen
Texten „von heute“ wiederfanden. Deutlich wurde
auch, wie ausgeprägt und ohne Scheu in den USA
Bezüge zur eigenen Geschichte für die Legitimation
gegenwärtiger Praktiken, zur kommerziellen und
politischen Werbung und zur Bloßlegung aktueller
Mißstände verwendet werden.
Methodisch stand, wie immer im 1. Semester eines
Englisch-Leistungskurses, die Sicherung des Textverständnisses
(durch gezielte Fragen, Inhaltsangaben,
usw.) und die Einübung von Verfahren zur selbständigen
Wortschatzarbeit im Mittelpunkt. Im textanalytischen
Aspekt lag der Schwerpunkt bei der historischen
Einordnung der Texte (Who talks to whom
in what situation with what intention?), also in der
Nähe der geschichtlichen Quellenanalyse. Im Bereich
persönlicher Bewertung bzw. Stellungnahme
verglichen die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen
Erfahrungen mit den in zeitgenössischen und historischen
Quellen deutlich werdenden Positionen. Bei
der über das Semester hinausgehenden Fragestel-