bezirkbludenz - Mein kleines Blatt
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10 menschen von nebenan<br />
2. DEZEMBER 2011<br />
Hannelore Tschabrun:<br />
Scheinwelt der Drogen<br />
Vor 14 Jahren begann die ausgebildete Psychotherapeutin<br />
in der ambulanten Drogenarbeit im Clean Bregenz zu<br />
arbeiten. Viel hat sich seitdem geändert. Zugenommen<br />
hat nicht nur der Konsum der Drogen, sondern auch deren<br />
Vielfalt und Abhängigkeitspotenzial.<br />
Von Heidi Rinke-Jarosch<br />
Aufgewachsen ist sie in Linz.<br />
Mitten in der Hippiezeit, die<br />
jedoch – so sagt sie – spurlos<br />
an ihr vorübergezogen sei.<br />
1965 übersiedelte sie nach<br />
Vorarlberg. Jahrelang war sie<br />
im Medienbereich tätig, bis sie<br />
sich für die Psychotherapie-<br />
Ausbildung entschlossen hatte.<br />
Nach dem Abschluss war<br />
sie beim Verein Dowas in der<br />
Wohngemeinschaft in Lauterach<br />
beschäftigt und hielt nebenbei<br />
Kurse in Autogenem<br />
Training bei der Arbeiterkammer<br />
ab.<br />
Als sie vor 14 Jahren in der zur<br />
Stiftung Maria Ebene gehörenden<br />
ambulanten Beratungsstelle<br />
Clean Bregenz zu arbeiten<br />
begann, wurden vorrangig<br />
„harte“ Drogen, wie Herion,<br />
LSD und Kokain konsumiert.<br />
Dann waren Partydrogen wie<br />
Extasy und das Amphetamin<br />
Speed à là mode. Und jetzt<br />
bereiten ihr große Sorgen die<br />
neuen Drogen, die sich seit<br />
zwei Jahren im Land etabliert<br />
haben. Sie heißen z.B. „Charge“,<br />
„Mojo“ und „Krokodil“,<br />
sind leicht herzustellen, weil<br />
das Material legal und billig<br />
erwerbbar ist, und machen die<br />
Konsumenten extrem schnell<br />
abhängig. „Es macht mich betroffen,<br />
wenn ich zuschauen<br />
muss, wie sich immer mehr<br />
jüngere Menschen von der<br />
Scheinwelt der Drogen verführen<br />
lassen und sich bereitwillig<br />
selbst zerstören.“<br />
Nur wenige Leute kommen<br />
aus freien Stücken in die Drogenberatungsstelle,<br />
um sich<br />
dort Hilfe zu holen. Viele<br />
werden geschickt – unter anderem<br />
von Angehörigen. „Ein<br />
Großteil unserer Klienten hat<br />
eine gerichtliche Aufl age oder<br />
ist mit dem Gesetz in Konfl ikt<br />
geraten.“<br />
Hannelore Tschabruns Arbeitsschwerpunkt<br />
liegt neben<br />
der Beratung Abhängiger in<br />
der Psychotherapie: „Viele<br />
Drogenkonsumenten kommen<br />
mit psychiatrischen Diagnosen,<br />
wie Ängste und Depressionen.“<br />
Bedenklich sei, wie<br />
stark die Spielsucht zugenommen<br />
habe. „Bemerkt wird<br />
diese Sucht meist erst dann,<br />
wenn durch angehäufte Schulden<br />
Familien zerstört werden,<br />
wenn Menschen verwahrlosen<br />
und wenn soziale Kontakte<br />
gegen Spielautomaten eingetauscht<br />
werden.“ Gemeinsam<br />
mit einer Kollegin bietet sie<br />
sowohl eine Spielsuchtgruppe<br />
als auch Einzeltherapie an.<br />
Für die Psychotherapeutin<br />
gibt es auch ein Leben jenseits<br />
der Drogenwelt. Sie fotografi<br />
ert, schreibt Gedichte, tankt<br />
Kraft in der Natur. „Und wenn<br />
ich in Pension bin, werde ich<br />
dauernd auf Reisen sein.“ Bis<br />
dahin ist aber noch ein <strong>kleines</strong><br />
bisschen Zeit.<br />
��Zur Person<br />
Hannelore Tschabrun<br />
Wohnt in: Bregenz<br />
Familienstand: Mutter von<br />
zwei erwachsenen Töchtern<br />
Sternzeichen: Fisch<br />
Motto: Auch gegen den<br />
Strom schwimmen, nicht nur<br />
mit ihm.<br />
Foto: hjr