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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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Auch der zweite Beitrag der historischen Sektion widmete sich der Schatzkunst und damit<br />

einem potentiellen Transfermedium, das zwischen dem höfischen und dem kirchlichen<br />

Bereich vermittelt konnte wie kaum ein anderes. Im Zentrum des Vortrags von Carola FEY<br />

(Gießen) standen „Fürstliche Kultinnovationen im Spiegel sakraler Schätze“, die sie an drei<br />

illustren Beispielen kenntlich zu machen suchte. Sie begann mit dem – vollständig verlorenen<br />

– Reliquienschatz des Ruprecht von der Pfalz für die Liebfrauenkirche in Neustadt a.d.W., da<br />

dessen bedeutendster Teil einer Schenkung König Ludwigs von Ungarn entstammte, der sich<br />

wiederum in seinem Stifterverhalten am französischen Königshaus orientierte. Auf diese<br />

Weise kam es zur Verehrung der in Deutschland sonst kaum anzutreffenden ungarischen<br />

Nationalheiligen Ladislaus, Stephan oder Emmerich. Zugleich könne diese Schenkung als<br />

Ausdruck des politischen Bündnisses Ruprechts und Ludwigs gegen das deutsche Königshaus<br />

der Luxemburger gewertet werden. Als nächstes richtete sie den Blick auf ein Altarretabel,<br />

das sich in der Burgkapelle der Trausnitz ob Landshut erhalten hat und das auf eine<br />

Stiftung Herzog Heinrichs des Reichen von Bayern von ca. 1425/30 zurückgeht. Bemerkenswert<br />

sei hier die exakte, durch eine hinzugemalte Authentik bekräftigte Wiedergabe der hl.<br />

Lanze, die sich von der unmittelbar zuvor erfolgten ersten Weisung der Reichsheiltümer in<br />

Nürnberg herleiten lasse und die zugleich als Ausdruck der Praxis einer „quantifizierenden<br />

Frömmigkeit“ zu werten sei. Abschließend galt der Blick der umfangreichen Memorialstiftung<br />

Herzog Ludwigs des Gebarteten in der Ingolstädter Marienkirche: Einen Kern des<br />

dort angesammelten Heiltums bildete eine Schenkung des französischen Königshofs, dem<br />

seine Gattin entstammte, und bestand aus kostbaren Partikeln der Dornenkrone und des Kreuzes<br />

Christi. Obwohl in aufwendigen Reliquiaren geborgen, ist keinerlei öffentliche Weisung<br />

überliefert, so daß – neben der sakralen Fundierung einer Grablege – auch die Übernahme<br />

einer gleichsam privaten Reliquienkultur des europäischen Hochadels gesprochen werden<br />

könne.<br />

Ute KÜMMEL (Greifswald) führte schon im Titel ihres Vortrags – „Heirat, Reise, Beute.<br />

Zum Problem des Kulturtransfers anhand von spätmittelalterlichen Fürstenschätzen“ – erneut<br />

die Schatzkunst ins Feld, hier auch mit dem Anspruch, den Kulturtransfer in einem idealen<br />

Prozedere (Ausgangskultur – vermittelnde Instanz – Zielkultur) auf die Hauptbereiche ihres<br />

Vortrags zu projizieren. Auch hier freilich zeigte sich, daß angesichts der meist verlorenen<br />

Schätze oder von Beschreibungen durch unkundige Hand dieser ideale Dreisprung nirgends<br />

innerhalb ein und derselben Beispielgruppe exemplarisch nachzuvollziehen ist, sondern daß<br />

jeweils mit Analogiebeweisen verfahren werden muß. Als impulsgebend stellte sie die höfische<br />

Festkultur heraus, wie an einigen illustren Beispielen – etwa die Heirat der Isabella von<br />

Bayern mit dem französischen König Karl VI. – anschaulich wurde. Maßgeblich waren<br />

hierbei – sofern archivalisch überliefert – vor allem die Aussteuern der Bräute sowie das<br />

Gefolge, das den Wechsel an den fremden Hof mitvollzog. Ferner boten fürstliche oder<br />

adelige Reisende in ihren Beschreibungen immer wieder Schilderungen von Neuem und<br />

Fremdartigen. Immer wieder trat Venedig dabei als beliebter Ort von Zusammenkünften in<br />

Erscheinung, zugleich auch als ein zentraler Umschlagplatz für exotische Handelsware und<br />

Vorort einer weltberühmten Glasproduktion, wie sie etwa Pfalzgraf Ottheinrich im Jahre<br />

1521 besichtigte. Das Phänomen exotischer Beutestücke trat naturgemäß vor allem seit der<br />

Entdeckung der Neuen Welt in Erscheinung, greifbar etwa im Inventar und etlichen erhaltenen<br />

Exotica, die Margarethe von Österreich in ihrer Brüsseler Bibliothek als Trophäen<br />

ausgestellt hatte.<br />

Einen Höhepunkt bildete der Abendvortrag von Birgit FRANKE und Barbara WELZEL<br />

(Dortmund). Da mit dem entfallenen germanistischen Beitrag zu den Gedächtnisprojekten<br />

Kaiser Maximilians dieses Thema am wichtigsten deutschen Hof um 1500 nicht mehr vertreten<br />

war, bot ihr Vortrag über „Morisken für den Kaiser: Kulturtransfer?“, der sich mit der<br />

Herleitung und Ikonographie des berühmten Innsbrucker „Goldenen Dachls“ befaßte, die<br />

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