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PDF-Format - Residenzen-Kommission - GWDG

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höfische Strukturen, auf die zentrale Stellung des Fürsten innerhalb des Hofes und auf die<br />

zwischenhöfische Konkurrenz hin.<br />

Die Zusammenführung struktureller und biographischer Aspekte zeichnete die Tagung<br />

insgesamt aus. Beide Ansätze sollten nicht als Gegensatz begriffen werden, sondern als komplementäre<br />

Perspektiven, die jeweils andere Facetten sichtbar machen. In diesem Sinne verstellen<br />

Fürst und Hof auch nicht gegenseitig die Sicht aufeinander, sondern sind zwei Seiten<br />

derselben (methodischen) Medaille: Biographik und Hofforschung sollten sich ergänzen, sind<br />

im Idealfall eng miteinander verwoben. Reflektiert wird damit die Beschaffenheit des Phänomens<br />

selbst: Der Hof ist auf den Herrn ausgerichtet, dieser wiederum ist auf den Hof als<br />

politi-sches Instrument wie als sozialen und kulturellen Resonanzraum angewiesen (vgl. oben<br />

zu Jan Hirschbiegel und Reinhardt Butz).<br />

Der nachwirkende Ertrag einer Tagung ergibt sich nicht zuletzt aus den Fragen, zu denen<br />

sie anregt. Aus Vorträgen und Diskussionsbeiträgen resultierten für den Berichterstatter mehrere<br />

solcher Fragen, von denen nur einige kurz gestreift seien.<br />

1. Wie lassen sich fürstliche Biographien beschreiben? Wichtiger als die abstrakte ‚Bedeutung‘<br />

von Fürsten zu bestimmen erscheint es, konkrete fürstliche Handlungsspielräume zu<br />

ermessen, in denen sich strukturelle und individuelle Bedingungen verschränken. Eine trotz<br />

vieler Einzel- und Teilstudien in weiten Teilen noch zu erarbeitende Sozialgeschichte der<br />

Reichsfürsten muß das einzelne Exemplum vor dem Hintergrund der Gruppe beschreiben und<br />

damit einerseits zwischenfürstliche Beziehungen aufzeigen, andererseits inner- und zwischendynastische<br />

Vergleiche vornehmen (vgl. oben zu Stephan Selzer). Einzubeziehen sind<br />

auch die Bedingungen, denen das Handeln und das Rollenverhalten von Fürstinnen unterlag<br />

(vgl. oben zu Eva Schlotheuber).<br />

2. Inwieweit sind individuelle Exempla verallgemeinerbar? Daß sich die Tagung auf prominente<br />

Fürstengestalten konzentrierte (besonders prägnant, wenn Vorträge einzelne Fürsten<br />

in den Mittelpunkt rückten, vgl. oben beispielsweise zu Jörg Schwarz, Gabriel Zeilinger und<br />

Andreas Rüther), war als gewählte Perspektive legitim, im Hinblick auf den wiederholt<br />

thematisierten historiographiegeschichtlichen Diskurs geboten und teilweise durch den Forschungsstand<br />

erzwungen. Gerade daraus resultiert aber die Frage, wie das fürstliche „Durchschnittshandeln“<br />

(Stephan Selzer) zu bestimmen ist, wie es um die vielen ‚kleinen‘, in der<br />

späteren Rezeption oftmals ‚unbedeutend‘ erscheinenden Fürsten bestellt war. Daß sie nach<br />

außen oft nicht oder nur bedingt politisch eigenständig handeln konnten, ist bekannt. Doch<br />

auch hier wäre nach individuellen Strategien im Verhältnis zu den ‚Systemführern‘ zu fragen,<br />

zudem nach den Möglichkeiten und Formen der Repräsentation, für die sich verschiedene<br />

Interpretationsmuster zwischen Imitation und Kompensation anböten, wobei stets auch der<br />

finanzielle Spielraum einzubeziehen wäre (vgl. oben zu Matthias Steinbrink). Diese und ähnliche<br />

Fragen ergeben sich ebenso für die ‚großen‘ Reichsfürsten, sobald eine europäische<br />

Vergleichsebene gewählt wird.<br />

3. Läßt sich die durch die Tagung thematisierte „Zeitenwende“ zwischen der Mitte des 15.<br />

und der Mitte des 16. Jahrhunderts als eigene ‚Epoche‘ charakterisieren? In diesem Fall wäre<br />

danach zu fragen, was dieses „Zeitalter der Fürsten“ (Gabriel Zeilinger) von der vorhergehenden<br />

und der nachfolgenden Zeit unterschied. Die Referate haben – auch unter Aufgreifung<br />

vieler der eingangs angeführten Stichworte zur Forschung – zahlreiche Charakteristika<br />

fürstlichen Handelns in dieser Zeit herausgearbeitet. So hat die Tagung wichtige<br />

Beiträge zu der Frage geliefert, ob die von Teilen der Forschung herausgestellte Häufung<br />

‚bedeutender‘ Fürstenpersönlichkeiten in den Jahrzehnten um 1500 Kennzeichen einer Ära<br />

Ergebnis neuer, in der Rezeption lange nachwirkender Repräsentationsstrategien oder überhaupt<br />

Produkt der Historiographie (insbesondere des 19. und 20. Jahrhunderts) ist – eine<br />

umfassende Antwort war in diesem Rahmen nicht zu erbringen. Als fruchtbar erwies sich die<br />

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