sonnseitig leben sonnseitig leben - vita sana Gmbh
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Eine Frage – drei drei<br />
persönliche Antworten<br />
Antworten<br />
Was sagt Ihnen der Begriff «Genussfähigkeit»?<br />
Susanne Tschanz,<br />
<strong>vita</strong> <strong>sana</strong> <strong>sonnseitig</strong> <strong>leben</strong>-<br />
Leserin, Hausfrau und Teilzeit-Mitarbeiterin<br />
in einem<br />
Kiosk, Grosshöchstetten.<br />
Ich bin eindeutig ein Genussmensch,<br />
manchmal mit<br />
einem Hang zur Masslosigkeit.<br />
Essen ist für mich Genuss,<br />
vor allem dann, wenn ich<br />
mit mir wohl gesinnten Menschen<br />
zusammen sein darf.<br />
Die Mahlzeit braucht aber<br />
nicht aus fünf raffinierten<br />
Gängen zu bestehen, gutes<br />
Brot und Käse genügen.<br />
Bewusst als Genuss erlebe<br />
ich die täglichen Spaziergänge<br />
im Wald mit meinen beiden<br />
Hunden. Ich nehme die jahreszeitlichen<br />
Veränderungen in<br />
der Natur wahr, mich begeistern<br />
Gerüche, der Gesang der<br />
Vögel. Ich kann es geniessen,<br />
auf einem Bänklein zu sitzen<br />
und den Sonnenschein zu spüren<br />
– und dies ohne schlechtes<br />
Gewissen über vertane Zeit.<br />
Ich muss gestehen, dass<br />
auch das Autofahren und das<br />
Erlebnis der Beschleunigung –<br />
im gesetzlichen Rahmen! – für<br />
mich Genuss bedeutet.<br />
Oskar Marti,<br />
führt als ideenreicher Kochkünstler<br />
den Gasthof «Moospinte»<br />
in Münchenbuchsee<br />
und bringt in seinen Kochbüchern<br />
die Philosophie einer<br />
natürlichen und saisongerechten<br />
Küche zur Geltung, in<br />
der auch Wildpflanzen ihren<br />
berechtigten Platz haben.<br />
Genussfähigkeit halte ich<br />
für eine Philosophie, die eine<br />
tiefe Wurzel hat, die Achtung<br />
vor dem Leben nämlich. Leider<br />
ist es derzeit so, dass etwa<br />
85% von uns Schweizerinnen<br />
und Schweizern nicht mehr<br />
geniessen, sondern bloss noch<br />
konsumieren. Konsumieren<br />
bedeutet nach meinem Dafürhalten:<br />
Man möchte über alles<br />
verfügen können, überall und<br />
zu jeder Zeit. Im Trend ist die<br />
Schnäppchenjagd, Aktionen, 3<br />
für 2-Angebote usw.<br />
Ich meine, Genussfähigkeit<br />
habe mit «Warten können» zu<br />
tun. Wer warten kann, bis es<br />
Frühling wird, bis der Apfelbaum<br />
blüht, Frucht ansetzt und<br />
in 120–150 Tagen Äpfel zur<br />
Reifung bringt, wird den voll<br />
gereiften Apfel mit Genuss essen.<br />
Nicht der Apfel wartet auf<br />
uns, wir sollten auf den Apfel<br />
warten – gleich wie auf die<br />
Erdbeere oder die Kirsche.<br />
Yvonne Kurzmeyer,<br />
Murten. Hausfrau und Mutter,<br />
Gründerin der Stiftung<br />
«Hoffnung für Menschen»,<br />
die unverkaufte, aber einwandfreie<br />
Lebensmittel an<br />
soziale Institutionen wie<br />
etwa Gassenzimmer oder<br />
Notschlafstellen zur Verwertung<br />
weiterleitet.<br />
Genussfähgikeit hängt weitgehend<br />
davon ab, ob man mit<br />
dem Vorhandenen zufrieden<br />
sein kann und sich nicht den<br />
Genuss verdirbt, weil man<br />
schon an dessen Steigerung<br />
denkt. «Sieh, das Gute liegt so<br />
nah» – das trifft auch bei meinem<br />
sozialen Engagement zu.<br />
Das Hilfsprojekt «Schweizer<br />
Tafeln», das bisher in Zürich,<br />
Bern, Solothurn, Biel und Basel<br />
angelaufen ist, nimmt sich<br />
der Bedürftigen in der Schweiz<br />
an, es schlägt eine Brücke zwischen<br />
Überfluss und Mangel<br />
und schafft so einen Ausgleich:<br />
Lebensmittel, die Genuss und<br />
Sättigung bringen, sollen nicht<br />
weggeworfen und vernichtet<br />
werden.<br />
Wer sich für ein Sponsoring<br />
oder Mitarbeit interessiert –<br />
auch tatkräftige Hilfe ist in gewissem<br />
Sinn Genuss – meldet<br />
sich bei Tel. 0848 848 033<br />
(www.schweizer-tafeln.ch)<br />
<strong>vita</strong> <strong>sana</strong> <strong>sonnseitig</strong> <strong>leben</strong> 4/2003 19