Magazin 197709
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Horst PIeper<br />
Die Diplomatische Konferenz In Genf<br />
Zusatzprotokolle zu den Genfer Konventionen regeln<br />
nun auch die Stellung der Zivilschutzorganisationen<br />
Blaues Dreieck auf orangefarbenem Grund wird als internationales ZS-Zelchen gefuhrt<br />
Zwei umfangreiche Zusatzprotokolle<br />
hat die " Diplomatische Konferenz<br />
über die Neubestätigung und Weiterentwicklung<br />
des in bewaffneten Kon·<br />
flikten anzuwendenden Völkerrechts"<br />
nach ihrer abschließenden vierten<br />
Session und langen vorbereitenden<br />
Expertengesprächen verabschiedet.<br />
109 Regierungsdelegationen, darunter<br />
auch die von Botschafter Dr. Robert<br />
geleitete Delegation der Bundesrepublik<br />
Deutschland, nahmen an den<br />
Schlußsitzungen teit, als nach den<br />
vier Sitzungsperioden - mit einer Zeit·<br />
dauer von insgesamt acht Monaten<br />
seit Beginn der Konferenz im Februar<br />
1974 - beide Protokolle verabschiedet<br />
wurden.<br />
Genau 102 Artikel und zusätzlich 16<br />
Artikel im technischen Anhang umfaßt<br />
das erste Protokoll, das sich mit dem<br />
Schutz von Opfern internationaler<br />
bewaffneter Konflikte beschäftigt.<br />
Das zweite Zusatzprotokoll über nichtinternationale<br />
Konflikte hingegen<br />
wurde weit weniger umfangreich. Weil<br />
vor allem Staaten der Dritten Welt<br />
eine Beeinträchtigung ihrer Souveränität<br />
befürchteten, konnten nur 28 Artikel<br />
verabschiedet werden. Insgesamt<br />
hatten sich, vornehmlich in der ersten<br />
Sitzungsperiode im Jahr 1974, 120<br />
Regierungsdelegationen an den Beratungen<br />
beteiligt. Die bei den Vereinbarungen<br />
sind in französischer, englischer,<br />
spanischer, russischer und<br />
arabischer Sprache abgefaßt worden.<br />
Auch eine chinesische Fassung wird<br />
als Novum gefertigt.<br />
Die Delegation der<br />
Bundesrepublik<br />
Vertreter des Auswärtigen Amtes, des<br />
Innen- und des Verteidigungsministeriums<br />
sowie des Ministeriums für Jugend,<br />
Familie und Gesundheit hatten<br />
die Delegation der Bundesrepublik<br />
Deutschland gebildet. Ministerialrat<br />
Josephi vom Bundesinnenministerium<br />
, der sich vor allem um die Vorschriften<br />
des Zivilschutz-Kapitels im<br />
Zusatzprotokoll bemüht hatte: .. Wir<br />
wollten diesen Bereich geregelt sehen,<br />
nachdem im letzten Jahr noch die<br />
Gefahr bestanden hatte, daß dieses<br />
4<br />
Thema ausgeklammert würde. Dabei<br />
legten wir großen Wert darauf, die<br />
Festlegung eines Zivilschutzzeichens<br />
mit internationaler Anerkennung zu<br />
erreichen. "<br />
Zivilschutzaufgaben definiert<br />
Das sechste Kapitel des ersten Zusatzprotokolls<br />
behandelt In mehreren Artikeln<br />
den Zivilschutz und seine völkerrechtlich<br />
anzuerkennenden Aufgaben.<br />
So müssen nach den Genfer Protokollen<br />
humanitäre Maßnahmen, die unter<br />
den Begriff " Zivilschutz" fallen, das<br />
Ziel haben, die Zivilbavölkerung gegen<br />
Kriegsgefahren und Katastrophen<br />
zu schützen und sie zu unterstützen,<br />
deren unmittelbare Auswirkungen<br />
zu überstehen Außerdem können<br />
diese Maßnahmen dem Zweck der<br />
Überlebensvorsorge dienen und entsprechende<br />
Vorkehrungen darstellen.<br />
Der Artikel 61 enthält einen Katalog<br />
von völkerrechtlich zu respektierenden<br />
Aufgaben. Er reicht vom Warndienst<br />
über Evakuierungsmaßnahmen,<br />
Schutzraumverwaltung, Organisation<br />
von Verdunkelungsmaßnahmen, Sanitätsdienste,<br />
einschließlich Erster Hilfe<br />
und religiösem Beistand, Feuerbekämpfung,<br />
das Erkunden und Markieren<br />
von Gefahrenzonen, Dekontamination<br />
und ähnlichen Schutzmaßnahmen,<br />
die Bereitstellung von Notunterkünften<br />
und -vorräten, den Notdienst<br />
bei der Wiederherstellung der Ordnung<br />
in Katastrophengebieten, die<br />
behelfsmäßige Instandsetzung von<br />
unverzichtbaren Versorgungseinrichtungen,<br />
die behelfsmäßige Beisetzung<br />
von Toten, die Unterstützung bei der<br />
Erhaltung von überlebensnotwendigen<br />
Einrichtungen bis zu den notwendigen<br />
Planungs- und Organisationsmaßnahmen<br />
zur Durchführung dieser Schutzaufgaben.<br />
Der völkerrechtliche Schutz<br />
erstreckt sich auf Einrichtungen und<br />
Einheiten, die durch die zuständigen<br />
Behörden einer Konfliktpartei aufgestellt<br />
oder bevollmächtigt werden,<br />
Zivilschutzaufgaben wahrzunehmen<br />
und denen ausschließlich solche Aufgaben<br />
Übertragen werden. Der Schutz<br />
bezieht sich auch auf die Ausrüstung<br />
sowie Nachschub- und Transportmittel,<br />
die von diesen Zivilschutzorganisa-<br />
tionen zur Erfüllung der beschriebenen<br />
Aufgaben benötigt werden,<br />
Aufgaben weiterführen<br />
Die Bestimmungen des Artikels 62<br />
beziehen sich vor allem auf zivile Zivilschutzeinheiten,<br />
während Artikel 67<br />
Spezialregelungen tür militärische<br />
Einheiten mit ZIvilschutzaufgaben<br />
trifft. Besonders der Schutz für das<br />
Personal wird betont. Außerdem wird<br />
diesen Helfern ausdrücklich das Recht<br />
zugestanden, Zivilschutzaufgaben<br />
wahrzunehmen. Nur dominierende<br />
militärische Notwendigkeiten könnten<br />
die Ausübung dieser Befugnisse einschränken.<br />
Der Schutz dieser Vorschriften<br />
soll sich ebenfalls auf Zivilpersonen<br />
erstrecken, die zwar keiner<br />
Zivilschutzorganisation angehören,<br />
aber einem Auftrag der zuständigen<br />
Behörden nachkommen und ZivilsChutzaufgaben<br />
unter deren Kontrolle<br />
wahrnehm\'". Auch Zivilschutzeinrichtungen<br />
und Schutzräume für die Zivilbevölkerung<br />
dürfen als zivile Objekte<br />
nicht angegriffen werden. Einrichtungen,<br />
die für Zivilschutzzwecke genutzt<br />
werden, dürfen nicht zerstört werden.<br />
Zivilschutz in besetzten<br />
Gebieten<br />
Ausführlich beschäftigt sich das Zusatzprotokoll<br />
mit dem Zivilschutz in<br />
besetzten Gebieten. Danach sollen<br />
von den Behörden die nichtmilitärischen<br />
Zivilschutzorganisationen in<br />
die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben<br />
weiterhin durchzuführen. " Unter<br />
keinen Umständen darf das Personal<br />
dazu gezwungen werden, Tätigkeiten<br />
auszufuhren, die die eigentlichen Aufgaben<br />
und deren Durchführung beeinträchtigen<br />
könnten", formuliert der<br />
Artikel 63. Außerdem bestimmt das<br />
Zusatzprotokoll : " Der Besatzungsmacht<br />
ist es nicht erlaubt, den Aufbau<br />
oder die Helferschaft solcher Organisationen<br />
in einer Weise abzuändern,<br />
die die wirkungsvolle Durchführung<br />
ihres Auftrages gefährden könnte."<br />
Diese Organisationen dürfen durch<br />
die Besatzungsmacht nicht vorrangig<br />
zu Diensten für deren Staatsangehörige<br />
herangezogen werden. Die Besat-