AKADEMIE -REPORT - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Form von Anpassung oder in Form von<br />
Distanz beziehungsweise Flucht oder<br />
Ausreise. Wobei viele Ausreisewillige<br />
von den eigenen Landsleuten als „Feiglinge“<br />
diffamiert wurden, weil sie angeblich<br />
kapituliert hätten. Die oft beschworene<br />
„Geborgenheit“ in der DDR<br />
in Abgrenzung zum bösen westlichen<br />
Imperialismus war aber letztlich nur<br />
ein Trugbild. Die berechtigte Furcht<br />
vor der Stasi gehörte zum Alltag, und<br />
die schlimmsten Vermutungen wurden<br />
nach Offenlegung der Stasi-Akten<br />
noch übertroffen. Wer sich heute wohlig<br />
an die angebliche „Geborgenheit“<br />
der DDR erinnere und diese lobe, habe<br />
all jene Erfahrungen aus der Erinnerung<br />
getilgt. Es sei traurig, dass die<br />
Wiedervereinigung nicht als Befreiung<br />
und Chance empfunden werde, meinte<br />
Wolle.<br />
Dass die DDR keinerlei Züge einer<br />
„kommoden Diktatur“ aufwies, wurde<br />
auch in dem Film „Es gab kein Niemandsland<br />
– ein Dorf im Sperrgebiet“<br />
von Hans Sparschuh und Rainer Burmeister<br />
deutlich. Am Beispiel einer Arbeiterfamilie<br />
aus der kleinen Gemein-<br />
28<br />
de Großburschla an der thüringischhessischen<br />
Grenze, die im Zuge der<br />
„Aktion Ungeziefer“ aus dem unmittelbaren<br />
Grenzgebiet nach Brandenburg<br />
zwangsumgesiedelt wurde, zeig-<br />
Stefan Wolle: „Das zentrale Lebensgefühl<br />
der DDR-Bürger war<br />
das Gefühl des Eingesperrtseins<br />
und der Angst“.<br />
ten die Filmemacher die Willkür und<br />
den zynischen und unmenschlichen<br />
Charakter der SED-Diktatur und ver-<br />
mittelten eindrucksvoll, wie die leidvollen<br />
Erfahrungen des Lebens im<br />
Sperrgebiet die Menschen bis heute<br />
berühren.<br />
Eckhard Jesse von der TU Chemnitz<br />
stellte die Frage: „Was war die DDR?“<br />
Nach seiner Meinung hat sich die DDR<br />
von einem totalitären in ein autoritäres<br />
System gewandelt. Nach dem Modell<br />
von Juan Linz erheben totalitäre<br />
Diktaturen den Anspruch, einen „neuen<br />
Menschen“ gemäß einer Ideologie<br />
zu formen, um damit in alle sozialen<br />
und privaten Verhältnisse hinein wirken<br />
zu können. Autoritäre Diktaturen<br />
begnügen sich damit, dass das Volk<br />
nicht gegen die Herrschenden aufbegehrt<br />
und der status quo bestehen<br />
bleibt. Totalitäre Diktaturen fordern<br />
die aktive Unterstützung der Beherrschten,<br />
um die soziale Wirklichkeit in<br />
Richtung der jeweiligen Ideologie weiterzuentwickeln.<br />
Die „Deutsche Demokratische<br />
Republik“ war weder<br />
deutsch, noch demokratisch, noch eine<br />
Republik, so Jesse. Es fehlte eine demokratische<br />
Legitimation des Systems.<br />
Zeichnung: Mester<br />
�<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 2/2007