Ein Wort zuvor
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erwärmt wurde. Großmutter hatte extra hart gekochte Eier ganz klein<br />
geschnitten und das Futter für die Kücken zusätzlich mit klein gehackten<br />
jungen Brennnesseln angereichert. Nun stand unsere Großmutter mitten auf<br />
dem Hofe im wärmenden Sonnenschein. Die Küchen liefen um ihre<br />
Hausschuhe herum und von einem kleinen Brettchen streute sie den kleinen<br />
Kücken liebevoll Futter zu, damit jedes Kücken etwas bekam, verstreute sie<br />
das Futter an verschiedenen Stellen. Urplötzlich bemerkte Großmutter hinter<br />
sich einen dunklen Schatten, sie drehte sich erschrocken um und vor ihr stand<br />
ein leibhaftiger Indianer. Erschreckt, stieß Großmutter noch einen Schrei aus<br />
und fiel in Ohnmacht. Großvater sprang schnell hinzu und half. Auf dem Hofe<br />
stand noch immer der Lortz in seiner Indianeruniform herum, er zitterte am<br />
ganzen Körper und so klein hatte noch niemand dieses Großmaul gesehen.<br />
Großvater half zuerst unserer lieben Oma, aber er war sehr empört und schrie<br />
den Lotz an, den er ohnehin nicht leiden konnte:<br />
„Zieh sofort diese Indianerklamotten aus! Lass dich in diesem Hause nie<br />
wieder als Indianer sehen! Nie wieder!"<br />
Beim hinfallen hatte Großmutter leider gleich drei Kücken mit ins Jenseits<br />
befördert. Das war damals mitten im Kriege ein sehr schmerzlicher Verlust,<br />
denn es fehlten gleich drei Suppenhühner im Topf.<br />
„So, wegen deinem Indianerquatsch, hast du uns auch noch drei Hühner zu<br />
ersetzen, das verlange ich von dir als Schadenersatz. Sonst zeige ich dich an!"<br />
Seit diesem Tag wurde bei uns nicht mehr über Indianer gesprochen. Als ich<br />
ein paar Tage später aus der Schule nach Hause kam, liefen drei fremde<br />
Rodeländer Hühner auf unserem Hof herum. Eigentlich hielt Großvater nur<br />
Italiener, weil die so schöne weiße Eier legen.<br />
„Mensch Opa, du hast wohl neue Hühner gekauft?"<br />
„Nee, nee! Gekauft habe ich keine. Die hat der Lorz organisiert. Weißt du es<br />
etwa nicht mehr, dass deine Oma gleich drei Kücken erschlagen hat, als sie im<br />
Hofe in Ohnmacht fiel, weil Lortz Indianer spielte.“<br />
„Ja, das stimmt! Als der Lortz Oma als Indianer erschreckte.“<br />
„Diese Rodeländer da, dass ist nur der Ersatz für die drei toten Kücken.“<br />
„Hat Lortz die Hühner gekauft? Ich denke, der hat überhaupt kein Geld.“<br />
„Gekauft? Da muss ich aber laut lachen!!<br />
„Opa! Etwa geklaut?“<br />
„Na, was denn sonst! Gekauft hat er sie nicht, das steht fest. Heute stand<br />
nämlich in unserer Zeitung, dass gestern in der Hühnerfarm auf dem<br />
Sülzenberg vier Hühner geklaut wurden."<br />
„Opa, da fehlt aber noch eins."<br />
„Das vierte Huhn schwimmt bei Lotz gerade in der Nudelsuppe herum."<br />
Großmutter hatte etwas vergessen<br />
Ich wollte wieder zum Spielen vor an die Pferdeschwemme, Lothar wartete<br />
schon auf mich. Aber meine liebe Oma stellte sich quer:<br />
„Deine Mutter hat mir gesagt, du sollst hier warten, bis sie wieder vom Arzt<br />
zurückgekommen ist.“<br />
„Wieso denn?“<br />
„Weil es mir deine Mutter mir so gesagt hat.“<br />
„Ich habe doch gar nichts gemacht.“<br />
„Ach nee? Sieh an, die reinste Unschuld! Hast du nicht schon wieder etwas<br />
ausgefressen? Deine Mutter will das noch mit dir klären."<br />
„Haha! Dazu ist doch heute Abend auch noch Zeit."<br />
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