21.08.2013 Aufrufe

Download - WBC-INCO Net

Download - WBC-INCO Net

Download - WBC-INCO Net

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1.4 Demographie/ Geographie 51<br />

[85-F] Klaus, Daniela, Dr. (Bearbeitung); Nauck, Bernhard, Prof.Dr. (Betreuung):<br />

Sozialer Wandel und Geburtenrückgang in der Türkei: der 'Wert von Kindern' als Bindeglied auf<br />

der Akteursebene<br />

INHALT: Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit, für die das theoretische Modell Anwendung findet,<br />

bildet die Erklärung des Geburtenrückgangs in der Türkei im Verlauf des 20. Jahrhunderts. Keineswegs<br />

willkürlich ist das Erklärungsinteresse auf die Türkei gerichtet - sie erweist sich aus mehreren<br />

Gründen als besonders interessantes Untersuchungsobjekt: Einerseits unterscheidet sich ihr gegenwärtiges<br />

Geburtenniveau von dem der westlichen, insbesondere der europäischen Industrieländer, da<br />

die natürliche Reproduktion der Bevölkerung mit einer Gesamtfruchtbarkeitsrate (TFR) von 2.4 gewährleistet<br />

ist. Auf der anderen Seite rangiert die Fertilität in der Türkei bereits deutlich unter dem<br />

Niveau zahlreicher anderer Entwicklungs- und Schwellenländer, insbesondere auch unter den Geburtenraten<br />

ihrer Nachbarländer im Nahen Osten. Ursache hierfür ist ein konsequenter Geburtenrückgang<br />

in der Türkei, der sich weitgehend in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollzog. Auch<br />

wenn die Türkei derzeit noch von einem deutlichen Bevölkerungswachstum von 1.7 (2000; State Institute<br />

of Statistics 2004) geprägt ist, deuten jüngste demographische Trends für ihre Zukunft eine<br />

Annäherung an die europäische Bevölkerungsstruktur an. Derlei Prognosen kommt nicht zuletzt angesichts<br />

der umstrittenen Position der Türkei im politischen Aufbau Europas besondere Relevanz zu.<br />

Abgesehen von ihrer aktuellen demographischen Sonderstellung, die zu einem nicht unerheblichen<br />

Teil ihrer besonderen Lage im Grenzgebiet zweier unterschiedlicher Kulturräume geschuldet ist,<br />

zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie einer umfassenden empirischen Untersuchung unterzogen<br />

werden kann. Das ist der hervorragenden Datenlage zu verdanken, die einerseits eine detaillierte Betrachtung<br />

der historisch-demographischen und insbesondere fertilitätsbezogenen Veränderungen in<br />

der Türkei des letzten Jahrhunderts ermöglicht. Andererseits kann das im Rahmen der Arbeit entwickelte<br />

Erklärungsmodell auf seine empirische Evidenz hin geprüft werden. Die Arbeit gliedert sich in<br />

drei Teile: Einführend werden zentrale demographische Parameter für die Türkei, beginnend mit ihrer<br />

Staatsgründung, nachgezeichnet. Der Schwerpunkt wird hierbei auf der Geburtenentwicklung liegen.<br />

Neben sozial-strukturellen Statistiken werden auch landesweite Bevölkerungsumfragen zur entsprechenden<br />

Deskription herangezogen. Überdies erfolgt eine Zusammenstellung der sozialen, wirtschaftlichen,<br />

rechtlichen und institutionellen Entwicklungslinien, die den Geburtenrückgang in der<br />

Türkei begleitet haben. Ihnen wird im späteren Erklärungsmodell eine ursächliche Funktion zugeschrieben.<br />

Der theoretische Teil beginnt mit einem kritischen Abriss der populärsten Fertilitätstheorien,<br />

die zum VOC-Erklärungsmodell überleiten. Anschließend erfolgt die Formulierung von entsprechenden<br />

Arbeitshypothesen, die auf die eingangs erarbeiteten Rahmenbedingungen zurückgreifen.<br />

Der dritte Teil der Arbeit widmet sich der empirischen Prüfung: Zunächst werden die Studienanlage,<br />

die verwendete Stichprobe sowie zur Anwendung kommende Instrumente und generierte Indikatoren<br />

vorgestellt, gefolgt von der Präsentation der Ergebnisse. In einem abschließenden Kapitel werden die<br />

Befunde vor dem Hintergrund der eingangs formulierten Fragestellungen diskutiert: Was sind die Ursachen<br />

für den jüngsten Geburtenrückgang in der Türkei und welche Entwicklung ist für die Zukunft<br />

zu erwarten? GEOGRAPHISCHER RAUM: Türkei<br />

METHODE: Den Ausgangspunkt der theoretischen Modellbildung bildet eine überarbeitete Version des<br />

Value-of-Children Ansatzes (Arnold et al. 1975; Hoffman & Hoffman 1973). Der dort empirisch aufgefundene<br />

(v.a. Kagitcibasi & Esmer 1980) und im Rahmen eine rkonzeptuellen Erweiterung inzwischen<br />

theoretisch fundierte Wert, den (potentielle) Eltern ihren (zukünftigen) Kindern zuschreiben<br />

(Nauck 2001, 2005; Nauck & Kohlmann 1999) bildet das zentrale Erklärungsmoment für die individuelle,<br />

generative Entscheidung bzw. das darauf ausgerichtete Verhalten. Basierend auf einer Handlungstheorie,<br />

die in der Tradition rationaler Entscheidungsmodelle steht, wird behauptet, dass diejenige<br />

generative Handlungsstrategie gewählt wird, die angesichts des wahrgenommenen Wertes von<br />

Kindern (VOC) die maximale, individuelle Nutzenproduktion bzw. Bedürfnisbefriedigung verspricht.<br />

Der Wert von Kindern seinerseits wird, gemäß seiner Einbettung in ein Mehr-Ebenen-Design,<br />

von Faktoren auf verschiedenen Aggregationsebenen determiniert: Neben dem Handlungsrahmen,<br />

den institutionelle Vorgaben auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene bilden, sind spezifische<br />

Bedingungen des unmittelbaren Kontextes relevant sowie individuelle Merkmale des Entscheidungsträgers.<br />

Dieses Erklärungsmodell berücksichtigt somit die gesellschaftliche Einbettung der Akteure:<br />

Veränderungen relevanter Parameter sollten sich in Verhaltensanpassungen niederschlagen. Ermöglicht<br />

und theoretisch begründet wird diese Verknüpfung verschiedener Ebenen durch den Rückgriff<br />

auf die Theorie der sozialen Produktionsfunktionen (Esser 1999; Lindenberg 1984, 1990, 1991,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!