24.08.2013 Aufrufe

Download - ethikzentrum.de

Download - ethikzentrum.de

Download - ethikzentrum.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Deutscher Bun<strong>de</strong>stag – 15. Wahlperio<strong>de</strong> – 23 – Drucksache 15/3700<br />

Für die vorab erklärte Verweigerung lebensverlängern<strong>de</strong>r<br />

Behandlung gibt es in Dänemark ein Standardformular,<br />

das zwei ankreuzbare Alternativen vorgibt, ohne Raum<br />

für individuelle Bemerkungen zu lassen:<br />

a) „Ich möchte keine lebensverlängern<strong>de</strong> Behandlung in<br />

einer Situation, in <strong>de</strong>r ich unvermeidlich sterben<br />

wer<strong>de</strong>.<br />

b) Ich möchte keine lebensverlängern<strong>de</strong> Behandlung,<br />

wenn fortgeschrittene Demenz, ein Unfall, Herzstillstand<br />

o<strong>de</strong>r Ähnliches mich so schwer behin<strong>de</strong>rt, dass<br />

ich nie wie<strong>de</strong>r physisch o<strong>de</strong>r geistig in <strong>de</strong>r Lage sein<br />

wer<strong>de</strong>, mich selbst um mich zu kümmern.“ 116)<br />

Liegt eine Patientenverfügung <strong>de</strong>r Variante a vor, ist <strong>de</strong>r<br />

behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Arzt daran gebun<strong>de</strong>n. Im Fall b hängt die<br />

Behandlung <strong>de</strong>s Patienten vom Ermessen <strong>de</strong>s behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />

Arztes ab (Artikel 17 Abs. 5 Patientenrechtsgesetz)<br />

Durch die Gesetze wur<strong>de</strong> ein lan<strong>de</strong>sweites Register für<br />

Patientenverfügungen installiert. Es untersteht <strong>de</strong>m Gesundheitsministerium<br />

und wird am Kopenhagener Universitätsklinikum<br />

(Rigshospitalet) geführt. Bevor ein Arzt<br />

bei einem nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten<br />

eine Behandlung beginnt, <strong>de</strong>r sich in einer <strong>de</strong>r relevanten<br />

Situationen befin<strong>de</strong>t, muss er beim Patientenverfügungsregister<br />

anfragen, ob dort eine Patientenverfügung hinterlegt<br />

ist. 117) Für die Registrierung einer Patientenverfügung<br />

wird die einmalige Zahlung einer Gebühr von<br />

50 Kronen verlangt (ca. 6,65 Euro). Im Moment sind<br />

ca. 73 000 Patientenverfügungen registriert. 118) Pro Woche<br />

gibt es zwei bis drei Anfragen von Ärzten beim Register.<br />

119)<br />

Wenn jemand seine Patientenverfügung wi<strong>de</strong>rrufen will,<br />

muss er <strong>de</strong>m Patientenverfügungsregister schriftlich mitteilen,<br />

dass seine Patientenverfügung nicht mehr gültig<br />

sei. Die Annullierung ist kostenfrei und vom Moment <strong>de</strong>r<br />

Registrierung ab gültig. Ein Patient kann aber auch während<br />

einer aktuellen Krankheit seinem behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Arzt<br />

unmissverständlich schriftlich o<strong>de</strong>r mündlich mitteilen,<br />

dass er seine Patientenverfügung zurückzieht. (Diese Regelung<br />

nimmt Verordnung 663 vom 14. September 1998<br />

vor.) 120)<br />

4.3 Frankreich<br />

Patientenverfügungen sind in <strong>de</strong>r französischen Diskussion<br />

bekannt und wer<strong>de</strong>n als „testament <strong>de</strong> (fin <strong>de</strong>) vie“<br />

o<strong>de</strong>r „directives anticipées“ bzw. „directives préalables“<br />

bezeichnet. 121) Eine spezifische gesetzliche Regelung <strong>de</strong>r<br />

Patientenverfügungen existiert bislang allerdings<br />

nicht. 122) Patientenverfügungen wer<strong>de</strong>n von Vereinigungen<br />

wie <strong>de</strong>r ADMD propagiert123), nach überwiegen<strong>de</strong>r<br />

116) Hybel (2000), 526.<br />

117) Vergleiche Hybel (2000), 509 f.<br />

118) Stand: Januar 2004.<br />

119) Vergleiche Livstestamenteregistret (2004).<br />

120) Vergleiche Hybel (2000), 509 f.<br />

121) Vergleiche Einführung bei Picard (1998).<br />

122) Vergleiche CDBI (2003).<br />

123) Vergleiche Association (2004).<br />

Meinung haben sie zurzeit aber keine Rechtswirkung 124).<br />

Allerdings sollen sie als unverbindliche „Orientierungshilfe“<br />

(feuille <strong>de</strong> route) ihre Berechtigung haben. 125) In<br />

<strong>de</strong>r Praxis sind sie kaum verbreitet. 126)<br />

Grundsätzlich ist in <strong>de</strong>n letzten Jahren die Patientenautonomie<br />

im Gesetzbuch <strong>de</strong>r öffentlichen Gesundheit (Co<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong> la santé publique CSP) gestärkt wor<strong>de</strong>n. 127) Dem Erfor<strong>de</strong>rnis<br />

<strong>de</strong>r Zustimmung <strong>de</strong>s aufgeklärten Patienten entspricht<br />

das Recht auf Ablehnung o<strong>de</strong>r Abbruch einer Behandlung<br />

(Artikel L. 1111-4 CSP). Wenn die Ablehnung<br />

aber das Leben <strong>de</strong>s Patienten gefähr<strong>de</strong>t, ist <strong>de</strong>r Arzt verpflichtet,<br />

je<strong>de</strong> Anstrengung zu unternehmen, um <strong>de</strong>n Patienten<br />

zu überzeugen, medizinische Grundversorgung zu<br />

akzeptieren. Der Patient hat nunmehr auch die Möglichkeit,<br />

eine Vertrauensperson (personne <strong>de</strong> confiance) zu<br />

bestimmen, die konsultiert wer<strong>de</strong>n muss, wenn er nicht<br />

im Stan<strong>de</strong> ist, seinen Willen auszudrücken und Informationen<br />

zu empfangen (Artikel L.1111-6 CSP). Die Vertrauensperson<br />

besitzt aber keinerlei Entscheidungsbefugnis,<br />

diese verbleibt vielmehr vollständig bei <strong>de</strong>n<br />

behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Ärzten. 128)<br />

Kommt das medizinische Team zu <strong>de</strong>r Überzeugung, dass<br />

weitere medizinische Behandlungen sinnlos wären, kann<br />

es, nach<strong>de</strong>m es zunächst die Vertrauensperson o<strong>de</strong>r die<br />

Familie bzw., falls dies fehlschlägt, nahe stehen<strong>de</strong> Personen<br />

konsultiert hat, die Therapie abbrechen. Dies kann<br />

durch ein Strafgericht überprüft wer<strong>de</strong>n, das dann zu entschei<strong>de</strong>n<br />

hat, ob nicht eine „Euthanasie“, d. h. ein<br />

Tötungs<strong>de</strong>likt vorlag. 129) Der Bereich <strong>de</strong>r zulässigen passiven<br />

„Euthanasie“ ist in Frankreich dabei außeror<strong>de</strong>ntlich<br />

klein130) und beschränkt sich auf Fälle, in <strong>de</strong>nen je<strong>de</strong><br />

weitere Therapie als aussichtslos einzuschätzen ist. Jegliche<br />

Beschleunigung <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>seintritts ist dabei ausgeschlossen.<br />

131) Bei Therapieabbruch ist zur palliativen<br />

Pflege überzugehen (vgl. Artikel 38 Ärztlicher Ethikko<strong>de</strong>x<br />

132) ).<br />

In seinem Bericht vom 27. Januar 2000 sprach sich das<br />

Nationale Ethik-Komitee für die Lebens- und Gesundheitswissenschaften<br />

(CCNE) 133) dafür aus, eine etwas<br />

weitergehen<strong>de</strong> „Euthanasie-Ausnahme“ im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Tötungs<strong>de</strong>likte zu schaffen, die es einem medizinischen<br />

Team ermöglichen wür<strong>de</strong>, auf die Wünsche eines Sterben<strong>de</strong>n<br />

zu reagieren, ohne dass zwangsläufig strafrechtliche<br />

Sanktionen daran geknüpft wür<strong>de</strong>n (CCNE 2000).<br />

Dies sei aber nur in „Extremfällen“ und unter Wahrung<br />

<strong>de</strong>r Autonomie <strong>de</strong>s Patienten ethisch vertretbar. Der<br />

glaubwürdige Wunsch nach Behandlungsabbruch könne<br />

sich dabei auch in einer früheren formellen Erklärung<br />

124) Vergleiche <strong>de</strong> Hennezel (2003), 111; Lelievre (2003).<br />

125) <strong>de</strong> Hennezel (2003), 112.<br />

126) Vergleiche Rodríguez-Arias (2003).<br />

127) Durch Artikel 11 Loi n° 2002-303 du 4 mars 2002 – Loi relative aux<br />

droits <strong>de</strong>s mala<strong>de</strong>s et à la qualité du système <strong>de</strong> santé.<br />

128) Näher: <strong>de</strong> Hennezel (2003), 111.<br />

129) Vergleiche CDBI (2003); Aumonier/Beignier/Letellier (2003), 101.<br />

130) Vergleiche Moret-Bailly (2000).<br />

131) Vergleiche Aumonier/Beignier/Letellier (2003), 102.<br />

132) Ministère <strong>de</strong> la santé publique (1995).<br />

133) Comité consultatif national d'éthique pour les sciences <strong>de</strong> la vie et<br />

<strong>de</strong> la santé.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!